Warhammer Fantasy – Spielleiter-Handbuch

… und da ist auch schon die Besprechung des zweiten Warhammer-Regelwerks, des Spielleiterhandbuchs. Wie von den Warhammer-Hardcovern her vollfarbig, absolut stabil und übersichtlich und dennoch irgendwie „stylisch“ gestaltet.

System: Warhammer Fantasy (3. Edition)
Autoren: Jay Little et. al.
Übersetzer: Daniel Schumacher, Oliver Hoffmann
Verlag: Heidelberger
Seiten: 194 Seiten (gebunden, vollfarbig)
Erscheinungsjahr: 2011
Preis: 29,95 Euro
ISBN: 978-3-942-857017

Warhammer ist ja auch etwas für seinen etwas hemdsärmeligen Humor bekannt, aber direkt auf den Buchrücken „Spieleiter-Handbuch“ zu schreiben, finde ich dann doch etwas zu eklig… 
Aber ich kann trotzdem vorausschicken, dass Übersetzung und Lektorat vergleichsweise saubere Arbeit geleistet haben und nicht viele solcher unfreiwilligen Schulmädchenkicherer vorkommen. Das gibt schon das erste Fleißkärtchen.

In insgesamt 16 Kapiteln wird man in die Welt des Spielleitens, aber ebenso auch in die Welt von Warhammer Fantasy eingeführt, bevor im letzten Kapitel mit Auge um Auge ein ziemlich ausführliches Beispielabenteuer bereit steht, vom frisch gebackenen SL geleitet zu werden. Anschließend gibt es noch gut zusammengestellte Anhänge mit Tabellen und zusammengefassten Infos und einen kleinen Index. Der Aufbau ist schonmal vorbildlich.
Kapitel 1 nimmt dann tatsächlich den Spielleiter an der Hand und versucht, ihm die Grundlagen zu vermitteln. Vielleicht etwas zu handwedelig für meinen persönlichen Geschmack, aber da habe ich schon Schlimmeres gelesen. Auch Klassiker wie die Trennung aus Spieler- und Charakterwissen oder wie man die Gruppe zusammenhält, wird besprochen. Okay – auf 11 Seiten kann man da einem alten Fuchs nicht mehr viel erzählen, aber für absolute Neulinge ist hier einiges Brauchbares zu finden.

Mein persönlicher Favorit ist das folgende Kapitel, in dem auf den (möglichen) Aufbau von Warhammer-Abenteuern eingegangen wird. Hier bekommt nicht nur der Neuling viele sinnvolle Impulse und Werkzeuge an die Hand. Hier seien nur kurz der Aufbau in Episoden und Akten genannt oder beispielhafte Erzählstrukturen wie auch Hinweise zur zeitlichen Gestaltung. Natürlich dürfen bei solch praktischen Themen auch drei Beispiele nicht fehlen. An dieser Stelle habe ich mich gleich mal für mein kleines Wettbewerbsabenteuer inspirieren lassen.

Auch das dritte Kapitel strotzt vor praktischen Hinweisen – wie gehe ich mit meinen Ressourcen (namentlich Schicksalspunkte, Erfahrungspunkte, Reichtum, Erschöpfung/Stress, Glück/Pech, Gruppenanspannung und Ruhm) um und wie deute ich die Würfelergebnisse der vielen verschiedenfarbigen und merkwürdig aussehenden Würfel?


Kapitel 4 widmet sich dann einem sehr coolen Mechanismus, der Fortschrittsleiste. Das Ding ist wirklich vielseitig einsetzbar – mit ihm hat man ein vielseitiges Werkzeug an der Hand, mit dem man alles zwischen wilder Verfolgungsjagd, Streitgespräch und Bibliotheksrecherche regeltechnisch abbilden kann, ohne sich des Verdachts der „Meisterwillkür“ schuldig zu machen. Geniales Teil!

Habe ich schon erwähnt wie viele praktisch verwendbare Tipps das Buch bietet? Auch jetzt, wenn es um Kampagnen geht, lernt man als Spielleiter einiges über Logistik und Kampagnenaufbau. Welche Abenteuerauslöser biete ich an, wie verknüpfe ich Einzelabenteuer, wie binde ich die Charaktere ein? Wenn dieses Kapitel noch etwas sinnvoller gegliedert wäre, hätten wir hier ein absolutes Highlight der Spielleiterkunst vorliegen – ich weiß leider nicht inwieweit gerade Neulinge hier mehr Infos als „Bahnhof“ oder „Kraut und Rüben“ rauszuziehen vermögen, wenn auf wenigen Seiten Schlagworte verwurstet werden, die irgendwo im Bereich zwischen Kampagnenkonzepten, Charakterverknüpfungen, Elementen einer Kampagne, der Frage „High Fantasy oder Realismus?“, Tod & Kampagnenstil und Kampagnenhöhepunkten liegen, in aller Kürze abgehandelt werden. Hier hätte fas schon jeder kleine Punkt ein eigenes Kapitel verdient gehabt.

Ganz anders ist es mit dem Abschnitt zu Feinden und Gegenspielern. Der hat die richtige Länge und gibt wichtige Anregungen ebenso zum Verhalten und Spielen von Feinden, wie auch zu deren spielpraktischer Verwaltung.

Für mich bildet das nun folgende siebte Kapitel eine Art Einschnitt. Bisher hatten wir ziemlich reine Infos zum Spielleiten, ab hier vermischt sich dieser Teil mit Elementen der Hintergrundwelt.

Hier wird für mich der Finger in die Wunde gedrückt, dass es keinen eigenen Settingband zu Warhammer Fantasy gibt. Klar, die alten Hasen haben jede Menge Material aus den vorhergehenden Editionen oder dem Tabletopspiel, aber als Neuling steht man doch zuerst einmal mit runtergelassenen Hosen da und weiß eigentlich so gut wie nichts über die Welt, in der man nun seine Runden leiten soll.
Okay – zwischen Regeln und Setting schwebend gibt es hier die Verderbnisregeln und im folgenden Kapitel 8 gleich noch Krankheitsregeln. Auch hier gibt es wieder einheitliche Mechanismen für Verderbnis und Krankheiten – durch bestimmte Aktionen und Ereignisse (verderbliche Einflüsse) erhält man Verderbnispunkte, die einen in den Wahnsinn reiben, mutieren lassen oder mit einem Chaosmal belegen – was jeweils andere, zumeist eher unerfreuliche Auswirkungen hat, obwohl die Chaosmale auch Macht verleihen, einen aber sozial doch das eine oder andere Mal in Probleme bringen sollten.

Ein ganz kurzes Kapitel widmet sich den Göttern, speziell dem imperialen Pantheon – genial ist hier einer der vielen Ingame-Einschübe und zwar ein Reikländisches Volkslied, das alle Götter mit ihren Herrschaftsbereichen nennt und erklärt. Super.

Deutlich mehr Raum erhalten die imperialen Kulte und jeder Kult wird mit Ingame-Quelle, Infotext und kurzer Box mit beispielhaften Geboten des Kultes vorgestellt. Dass mein persönlicher Favorit Myrmidia ist, dürfte wohl jedem klar sein, strebe ich doch mit jeder Faser meiner Existenz nach Wahrheit, Ehre und Künsten.

Nach den imperialen Religionen gibt es andere Religionen – wieder irgendwo im Niemandsland zwischen Nichtssagend und genial. Geil sind die „seltsamen Festivitäten und Rituale des Reiklands“. Solche kleinen Details füllen eine Welt erst mit Leben. Und es wird wohl niemand geben, der seinen ersten Unkenruf vergessen wird. Auch ich werde das nicht tun, denn in diesem Abschnitt gibt es einen fiesen das/dass-Fehler.

Ein kurzes Kapitel widmet sich nun Verderbnis und Ketzerei. Warum stand das nicht zuvor schon bei den Verderbnisregeln? Oder hat man wirklich krampfhaft versucht einen Spielleiterteil und einen Settingteil so gut wie möglich voneinander zu trennen? Sei es wie es sei – für mich als braven Hörer der Söhne Sigmars sind Khorne, Nurgle (von seinen Fans auch „Nörgel“ genannt), Slaneesh und Tzeentch die heimlichen ´“Stars“ des Settings. Sie definieren für mich die Warhammer-Welt und geben ihnen ein „anderes“ Spielgefühl als es viele andere Settings haben.

Die nächsten vier Kapitel widmen sich der Magie – wie funktioniert sie, wie wird sie gelehrt, was hat es mit den acht Orden auf sich?
Die Magie in Warhammer ist in 8 „Winde“ eingeteilt, die jeweils eine eigene Ausbildungsakademie haben – der Grundgedanke ist der, dass niemand die geistigen Voraussetzungen hat, mehr als eine Art der Magie zu beherrschen. Es gibt allerdings auch unerlaubte – also nicht vom Staat abgesegnete Magie, und die Schlawiner des Sigmartempels werden jedem die Hölle heiß machen, der ohne Magierpatent einfach so vor sich hin zaubert. Und womit? Mit Recht!

(Fast) Abschließend gibt es ein wirklich außergewöhnlich ausführliches Beispielabenteuer „Auge um Auge“. Von der Sache her ist die Lage schnell geklärt – es geht darum, einen Kult auszuräuchern. Scheint ein bei Warhammer immer wieder zurückkehrendes Element zu sein – da kann man sich direkt schonmal dran gewöhnen.
Was neben den Klischees (auf die ich sowieso stehe) gut ist, ist, dass etliche der im Regelteil abgehandelten Mechanismen auftauchen, wie die Fortschrittsleiste in ihrer Verwendung im Kampf oder bei Nachforschungen. An die zuvor vorgeschlagene Einteilung in drei Akte hat man sich hier selbstverständlich ebenfalls gehalten. Auch gibt es etliche nützliche Hinweise wie welche NSC zu spielen sind und am Ende sind alle spielrelevanten Informationen nochmal komprimiert zusammengefasst. Alles in allem ein gute Beispiel, das einem Spielleiterneuling zeigt, aus welchen Elementen man sein Abenteuer zusammensetzen kann. So muss es sein.

Den Abschluss bilden Tabellen zu schönen Spielerquälern wie: Kritische Wunden, Wahnsinn, Zauberpatzer, Mutation und Krankheiten.

Nun wirklich den Abschluss (nur noch gefolgt vom Index) bilde ein geniales kleines Konzept, das fast schon in Richung FATE geht, wo auch Örtlichkeiten Aspekte haben, die ausgelöst werden können. Die Geschichte heißt hier „Schauplätze“ und es gibt je nach dem Ort, an dem man sich befindet kleine Spezialregeln. So lässt sich leicht abbilden warum ein befestigter Eingang gut zu verteidigen ist, wie es sich mit Festplätzen verhält und wie ich es ohne Handwedeln schaffe, die Charaktere aus einem brennenden Gebäude entkommen zu lassen (oder auch nicht).

Fazit: 

Ein hervorragendes Buch, dessen einziger Makel (neben seinem teils etwas mysteriösen Aufbau) darin besteht, dass es versucht (versuchen muss!) gleichzeitig Spielleiterhandbuch und Settingband zu sein. Für Spielleiter (und auch Spieler) von Warhammer Fantasy definitiv ein Pflichtkauf, aber auch Spielleiter anderer Systeme können sich das gute Stück bedenkenlos zulegen, gibt es doch so manchen Mechanismus, den man locker auf andere Systeme aufpfropfen kann – ich sage nur: Fortschrittsleiste, Schauplätze oder Verderbnismechanismus…

[Dämmerstunden] Die Nacht der geifernden Mäuler

Nach Geisterjahrmarkt sehe ich mir auch Abenteuer Nummer 2 an – Die Nacht der geifernden Mäuler von Dominic Hladek.

Ich habe lange nicht mehr geschrieben, dass ich den Burschen „entdeckt“ habe! 😉

Rezi 1: Geisterjahrmarkt

ACHTUNG! SPOILER – oder wie der DSAler sagt: MEISTERINFORMATIONEN!

… und hier bekommt DSA seine eigene – derzeit so hippe – Zombie-Apokalypse. Okay – nicht direkt, aber ersetzt man „Zombie“ durch „Ghul“ , dann haut es locker hin. Auch handelt es sich eher um eine örtlich beschränkte Apokalypse, spielt doch das ganze Abenteuer im kleinen Dörfchen Notacker.
Erfreulich für DSA-Verhältnisse ist der extrem sparsame Plot: „Nach kurzem Vorgeplänkel gilt es die Nacht zu überleben. Fertig.“
Über den Namen „Bruder Boronifatius“ decken wir an dieser Stelle das Mäntelchen des Schweigens, denn er ist es, der die Helden anwirbt und durch das Abenteuer (ge)leitet.

Nach der Anwerbung entfaltet sich das Abenteuer langsam und das „große Böse“ wird zwar von Bori und den Helden zerstört, das führt aber dazu, dass nun die „Ghul-Dämmerung“ eintritt und droht, das Dorf und seine Bewohner erst recht zu vernichten. Toll ist hier, dass ich alle Informationen zu dem kleinen Dörfchen bekomme und ohne Handwedelei vernünftig leiten kann.
Mein persönlicher Schwachpunkt des Abenteuers ist eine merkwürdige Zwischensequenz, in der der Meister seine Spieler aus dramaturgischen Gründen etwas foppt – das Element werden einige sehr cool finden, ich persönlich aber würde es weglassen, wenn ich das Abenteuer leiten sollte.

Im Zuge der Ghuldämmerung sind zuerst die Meitserpersonen beschrieben und wie sie die Gruppe unterstützen können und werden. Sehr gut. Auch hier kann der Spielleiter sich auf eine solide Basis verlassen und sieht sich keinen Vorwürfen der Gängelung gegenüber.

Neben der Location, an der der Showdown stattfindet, wird genau geschildert wann genau was passiert und welche Auswirkungen es hat. Echt elegant gelöst. Neben der Tatsache, dass man sich durch Horden an Untoten schnetzeln muss (wo DSA vielleicht als System etwas zu „träge“ ist, um einen ordentlich gruseligen Flow einhalten zu können), gibt es auch noch etliche kleine Rätsel und liebevolle Details, bis dann endlich die Flucht gelingt und/oder die ersten Sonnenstrahlen sich den Weg durch die „ravenloftigen“ Wolken bahnen.

Wie immer gebe ich die obligatorischen DSA4-Forums-Punkte und pendele mich bei soliden 4 von 5 Punkten ein. So ist noch Luft nach oben und das merkwürdige Intermezzo ist nun wirklich so obskur, dass ich den Punkt Abzug locker vor mir vertreten kann.
Wer also ein hervorragend zu leitendes „Zombie“-Abenteuer haben will, das alle wichtigen Informationen und etliche gute Ideen enthält, sollte sich alleine für dieses Abenteuer schon die Anthologie zulegen.

[Rezension] NOVA Regelwerk

Wenn ich mich recht entsinne, ist dies ein historischer Moment, denn ich glaube dies ist der erste Gastbeitrag auf der Seifenkiste. Vielen Dank an Xiam aus dem DnD-Gate!

NOVA-Basisbuch
Autor: Daniel Scolaris
Format: 496 Seiten, Hardcover
ISBN: 9783941077058
Preis: 49,95€

Im Oktober 2012, rechtzeitig zur Essener Spiele Messe, erscheint bei Prometheus Games das Science-Fiction-Rollenspiel NOVA in seiner zweiten Edition. Fast 500 Seiten stark ist das mächtige Buch, wobei ich die tatsächliche Dicke und Schwere des Buches eigentlich gar nicht beurteilen kann, denn zu Rezension liegt es mir vorab nur als e-Book im pdf-Format vor. Zur Qualität der Verarbeitung des fertigen Buches kann ich also kein Urteil abgeben. Meine Aussagen bezüglich des Aussehens beschränken sich daher auf die Qualität der Schriftbildes, des Layouts und der Illustrationen in dieser elektronischen Vorabversion.

Erster Eindruck
„Wer soll denn das alles lesen?“ war mein erster Gedanke als ich die Datei das erste Mal öffnete um mir einen Überblick zu verschaffen. Wie bei allen Rollenspiel-Grundregelwerken ist aber natürlich eigentlich gar nicht vorgesehen, dass man das Buch von vorne bis hinten durch liest. Von der schieren Masse an Text sollte man sich daher nicht einschüchtern lassen.
Insgesamt macht das Buch einen sehr hochwertigen Eindruck, wobei ich zum Druck und zur Bindung des fertigen Produkt ist natürlich nicht sagen kann.
Das Cover ist in kühlen Farben, von weiß um den Titel herum über Blautöne bis hin zu Schwarz gehalten, Farben die meiner Meinung nach die Thematik eines Science-Fiction-Rollenspiel gut wiederspiegeln. Zu sehen sind zwei Planeten, zwischen denen eine winzige Raumstation mit noch kleineren Raumschiffen schwebt. Wie drohend sind im Hintergrund fremd erscheinen die Gesichtszüge, vielleicht auch eine Maske, angedeutet – die mich persönlich ein wenig an die Maske von Darth Vader aus Star Wars erinnern.
Über jeder Seite findet sich einheitlich die Kapitelüberschrift so wie am rechten bzw. linken Rand die Überschrift des Unterabschnittes, in dem man sich gerade befindet. Das Layout ist sachlich-kühl und sparsam und unterstreicht damit die Atmosphäre des Rollenspiels. Die Seiten sind nicht farbig sondern in Grautönen koloriert. In der Regel ist der Text zweispaltig, was für einen größeren Lesekomfort sorgt. An manchen Stellen, im Textboxen z.B. oder in größeren Abschnitten mit Flavour-Text, wird der Text jedoch einspaltig abgesetzt.
Die Illustrationen sind ebenfalls in Grautönen gehaltenen. Sie sind stimmungsvoll und passend und verschaffen einen guten Eindruck von der Atmosphäre des Spiels. Sie sind außerdem meiner Meinung nach qualitativ sehr hochwertig, definitiv aus der Feder eines professionellen oder zumindest eines sehr talentierten Illustrators.
Alles in allem war mein erster Eindruck überaus positiv. Tatsächlich habe ich hier nichts zu beanstanden gefunden. Es ist also Zeit zum Inhalt zu kommen.

Inhalt
Was steht er nun in den 500-Seiten-Wälzer? Kurze Antwort: Alles, was man zu spielen und zum leiten einer Kampagne im NOVA-Universum benötigt. Der Text ist in drei Abschnitte eingeteilt: Genesis, Kosmos und Elemente. Am Ende finden sich eine Reihe von Dokumenten (Charakterbogen, Schiffsbogen etc.) sowie eine Karte des bekannten Universums.

Kapitel 1 – Genesis
Dies ist mit knapp 50 Seiten das mit Abstand kürzeste Kapitel, in dem allerdings nicht nur die Charaktererschaffung sondern auch die grundlegenden Spielmechaniken erläutert werden. Die einzelnen Völker werden genauso vorgestellt wie typische Charaktere beschrieben werden. Die erste Begegnung mit den spielbaren Völkern findet anhand von Flavour-Texten statt, die direkt aus dem Universum von Nova stammen. Bei der Charaktererschaffung wird im Anschluss ausführlich auf dem Hintergrund eingegangen, der für eine Nova-Charakter eine wichtige Rolle spielt.
Im zweiten Teil dieses Kapitels werden die grundlegenden Spielmechaniken beschrieben. Beide Nova handelt es sich um ein W6-System, das heißt Proben werden ausschließlich mit sechsseitigen Würfeln gewürfelt, deren Anzahl sich aus der Höhe der benutzten Fertigkeit errechnet. An dieser Stelle bin ich direkt über die erste Unstimmigkeit im Regelsystem gestolpert. Um zu errechnen, wieviele Würfel für eine Probe zur Verfügung stehen, werden die Punkte, mit denen ein Charakter diese Fertigkeit beherrscht durch vier geteilt. Dennoch ist es kein Pool-System, sondern man addiert alle Augen um damit einen Mindestwurf zu erreichen, und hier knarrt es etwas im Getriebe. Nicht alle Zahlen sind durch 4 zu teilen, so dass eventuell übrige Punkte als Bonus auf die Probe aufaddiert werden. Ein Charakter, der eine Fertigkeit mit 12 beherrscht, würde eine Probe auf diese Fertigkeit also mit 3W6 würfeln. Beherrscht er die Fertigkeit mit 13, dann werden daraus 3W6+1, bei 14 dann 3W6+2, bei 15 3W6+3 und bei 16 dann plötzlich 4W6. Ohne die Wahrscheinlichkeiten jetzt genau ausgerechnet zu haben, meine ich hier einen Bruch zwischen 15 und 16 zu erkennen, oder anders ausgedrückt, die Progression der Wahrscheinlichkeiten ist nicht linear. Das ist ein Problem, das nahezu alle Würfelsysteme haben, bei denen Würfelaugen zusammengerechnet werden. Mich persönlich stört es nicht allzu sehr, Das ist ihr nicht ganz linear zu geht, andere mögen hier jedoch größere Schwierigkeiten haben.
Interessant ist der Ansatz, das Regelsystem modular aufzubauen, d.h., es gibt ein sehr schlankes und schnell zu lernendes Grundset an Regeln die je nach Geschmack und Wunsch nach Komplexität um weitere Module wie z.B. Spezialisierung in Feritgkeiten, Training, Bonuspunkte etc. erweitert werden können. Mit NOVA hat man hier also die Möglichkeit geboten von schlank bis komplex nahezu alle Ansprüche an die Regelvielfalt abzudecken. Das haben die Autoren sehr geschickt hinbekommen.

Kapitel 2 – Kosmos
Wie der Name des Kapitels bereits vermuten lässt, geht es hier um die Beschreibung der Hintergrundwelt. NOVA spielt im 27. Jahrhundert. Im Mittelpunkt des Universums steht das so genannte Terranische Imperium, ein Sternenimperium der Menschen, welches sich über zahlreiche Planetensysteme erstreckt (darunter das Sol-System) und das mehr oder weniger friedliche Kontakte zu seinen Nachbarn unterhält. Von der Boshaftigkeit abgesehen erinnert das terranische Imperium mit seinem umfassenden Herrschaftsanspruch ein wenig an das galaktische Imperium aus Krieg der Sterne. Die bekannte Galaxie ist eingeteilt in die innere Sphäre, die Exosphäre und das Marginum.
Ich möchte an dieser Stelle gar nicht weiter ins inhaltliche Detail gehen. Die drei Galaxiebereiche und ihre Bewohner sind in diesem Kapitel über 200 Seiten sehr plastisch und mit viel Liebe zum Detail ausgearbeitet worden. Zeitweise erschlägt den Leser die Fülle an wissenswertem Material schlicht, so dass ich mich selbst manchmal dabei ertappt habe, dass ich beim Lesen überlegte, was ich für mein erstes Spiel benötige und was ich erst einmal weglassen kann, weil ich sowieso in einem anderen Bereich der Galaxie spielen würde.
Spielbare Völker umfassen diverse menschliche Kulturen, verschiedene Alienvölker (von denen einige ihrerseits auch wieder unterschiedliche Fraktionen bilden), Mutanten, Artifikanten (Roboter) u.a. und manche der Völker oder einzelne Individuen können dann auch noch über paranormale Kräfte verfügen, so dass am Ende jede Menge Möglichkeiten stehen, sich seinen Wunschcharakter zu erschaffen. Und leider stellt diese Vielfalt auch einen Schwachpunkt der Hintergrundwelt dar: Es ist meines Erachtens nach für Einsteiger einfach zu viel. Wie bereits oben angemerkt, erstreckt sich die Beschreibung der Galaxie, die mit den Beschreibungen der Spielervölker verflochten ist, über ca. 200 Seiten. Einsteiger oder Casual-Gamer werden da erst einmal aufstöhnen. Für den SL empfiehlt sich hier einfach, die Auswahl zu Beginn etwas einzuschränken, indem man schlicht vorgibt, in welchem Teil der Galaxie die angehende Kampagne spielen soll und welche Völker dort als Spielervölker zur Verfügung stehen. Empfohlen werden die Terraner (Menschen) für Einsteigerrunden, da diese das Standard-Volk von NOVA sind und damit als Vergleichsbasis für die anderen Völker dienen. Am Ende des Kapitels findet sich eine Kurzgeschichte, die der Illustration dient.

Kapitel 3 – Elemente
Im dritten Kapitel finden sich die Spielelemente wieder: Ausrüstung, Spezialregeln für Kampf, Raumschiffe und Raumkampf, Kybernetik, Paranormik, Mutationen etc., Beschreibungen von Fertigkeiten usw. Sehr übersichtlich und klar werden die Elemente dargelegt, auch hier überwiegt wieder der Fluff-Anteil in den Beschreibungen, die teilweise aus Texten bestehen, welche der NOVA-Welt selbst entstammen. Einige bekannte Strukturen findet man wieder, hier haben sich die Autoren aus anderen Rollenspielsystemen bedient bzw.  inspirieren lassen, aber das ist schon in Ordnung, denn gut neu zu kombinieren hat schließlich seinen eigenen Reiz. Gerade an Spiele wie Shadowrun fühlt man sich z.B. im Unterkapitel über Kybernetik doch irgendwie erinnert.

Am Ende des Kapitels findet sich erneut eine Kurzgeschichte und dann folgt ein erstes Einstiegsabenteuer namens „Nanodämerung“ inklusive des äußerst detailliert ausgearbeiteten Schauplatzes.

Fazit

NOVA ist gute und schmackhafte Kost auf dem heiß umkämpften Markt der Rollenspiele. Man bekommt mit dem Basisbuch ein wirklich gutes Science-Fiction Regelwerk, das zwar die eine oder andere kleine (in meinen Augen nicht ins Gewicht fallende) Schwäche aufweist, im Allgemeinen aber aufgrund seiner liebevollen da detaillierten Ausarbeitung massiv punkten kann. Der Fluff-Anteil des Buches überwiegt deutlich. Man merkt fast überall, dass die Hintergrundwelt nicht erst seit gestern von den Autoren bespielt wird sondern wirklich „ihr Baby“ ist, in dem viel Herzblut steckt. Ja, man sieht stellenweise auch, wo sich die Autoren haben inspirieren lassen, aber dennoch macht NOVA nicht den Eindruck eines zusammengestückelten Patchwork-Hintergrundes sondern fühlt sich wie aus einem Guss an, und das ist das wichtigste.
Die modulare Bauweise des Regelsets macht es Einsteigern besonders leicht, einen Anfang zu finden und sich nicht zu überfordern. Das Buch ist ansprechend und hochwertig illustriert, das Layout ist schlicht und dem System angemessen, und Sprache und Schrift sind gut gewählt.
Alles in allem kann ich nur eine Kaufempfehlung aussprechen.

[DÄMMERSTUNDEN] Geisterjahrmarkt

Ich habe ja dem Herrn Bandredakteuer versprochen, zu den in DÄMMERSTUNDEN enthaltenen Abenteuern ein paar Takte zu schreiben und komme dieser moralischen Verpflichtung natürlich sehr gerne nach.
Ich werde mich also durch die Anthologie hindurch fräsen und meine Eindrücke schildern, wenn ich die einzelnen Abenteuer durchgelesen habe.
Falls ihr euch das Teil kaufen wollt, empfehlen sich (wenn schon nicht der Laden nebenan oder ein Messestand des Verlags) der F-Shop oder Rolando, der Sphärenmeister…
Kurzinfo zum Abenteuerband:
Titel: Dämmerstunden
Enthaltene Abenteuer:
Geisterjahrmarkt (Muna Bering und Jan Bratz)
Die Nacht der geifernden Mäuler (Dominik Hladek)
Das letzte Stündlien (Martin John)
Hinter dem Spiegel (Muna und Roman Bering)
Format: 116 Seiten, A4, gebunden
ISBN: 978-3-86889-234-5
Preis: 20 Euro
Zum Cover will ich nur sagen, ich mag die Komposition der neuen DSA-Cover und da schnenken sich Markus Koch und Karsten Schreurs nicht viel. Ich kann es nicht genau festmachen, aber im Vergleich gewinnt Markus bei mir immer. So finde ich hier beispielsweise das Mädchen ganz gelungen, aber der „undefinierte Schrecken“ im Hintergrund ist so undefiniert und flächig, dass sich dann doch keine zitternden Knie einstellen wollen. Wo wir gerade beim Mosern sind – auch der Titel „Dämmerstunden“ lässt nicht eben Angstschweiß meinen Rücken hinabrinnen, sondern hat eher etwas von englischen Gentlemen, die sich um 5:32 p.m. bei einer Tasse Earl Grey im Diogenes Club „The Raven“ vorlesen. Aber okay – vielleicht ist der DSA-Grusel ja etwas elaborierter – let’s see…
Noch eine kleine Anmerkung zu meinen DSA-Abenteuerbesprechungen: Trotz aller Bemühungen bin ich noch immer alles andere als ein DSA 4(.1)-Regelcrack und beziehe mich in meinen Besprechungen eher auf mechanische Kriterien und darauf, ob das Abenteuer so, wie es da steht, zu leiten sein sollte und merke an, welche Informationen mir fehlen.
ACHTUNG! AB HIER KÖNNTE DER EINE ODER ANDERE SPOILER VORKOMMEN!
Gruseln wir uns doch warm mit Abenteuer 1: Geisterjahrmarkt von Muna Bering und Jan Bratz. Der Plot ist schnell erzählt – ein fieser Kobold hat die Schausteller eines Jahrmarkts wahlweise dazu getrieben, sich gegenseitig umzubringen oder gefangen genommen. Nun hat er auch zwei Kinder des Nachbardorfes in seine Gewalt gebracht, da hört der Spaß auf. Die Helden schauen nach dem Rechten, versohlen ihm den Hintern und machen dem Spuk ein Ende. Die Grundidee erinnert also schonmal sehr stark an Jahrmarkt der Tränen für Pathfinder. Sieht man sich das Cover des PF-Teils an, sieht man, dass der Bösewicht etwas vom Clown aus ES in noch kleiner und fieser hat – sieht man sich auf Seite 18 den Bösewicht aus Geisterjahrmarkt an, sieht er eher aus wie ein Sohn von Pumuckl und einem irischen Leprechaun. Bei wem ich mich da lieber grusle, sollte man leicht erraten können.
Insgesamt fällt auf, dass wir hier des deutsche Pendant zum amerikanischen Abenteuer vorliegen haben – wird dort der Fokus auf knackige Kämpfe gelegt und eine gute Ermittlungsarbeit und kluges Vorgehen der Gruppe, so konzentriert sich unser deutsches Autorenpaar darauf, interessante Szenen und viel Interaktion im Abenteuer unterzubringen.
Nach der Interaktion mit den Dorfbewohnern führt der Weg schnell auf den Jahrmarkt und es gibt direkt mal ein kleines Kästchen mit den „Geheimnissen des Jahrmarkts“. Das ist mal hilfreich und man spart sich viel Rumgeblätter.
Direkt nach dem Betreten des Geländes, regiert Stimmung, Stimmung und nochmal Stimmung. Es gibt Geistererscheinungen, die ersten Treffen mit dem Kobold, Aufgaben, die der Kobold stellt, damit er die Gefangenen befreit…
Apropos: „Aufgaben“. Diese Aufgaben bilden das eigentliche Herzstück und es wird sicher so einiges geschehen, was sich den Spielern noch einige Zeit lang im Gedächtnis einbrennen wird. Zuerst gilt es einen „unterhaltsamen Seiltanz“ zu absolvieren, dann folgt der ungeregeltste, aber wahrscheinlich denkwürdigste Part des Abenteuers. Die Helden müssen ein Marionettentheater planen und durchführen. Geniale Idee und Gruppen, die an so etwas Spaß haben, werden zu wahrer Hochform auflaufen. Im Anschluss heißt es nur noch sich die „Bestien“ des Kuriositätenkabinetts anzusehen und dabei den Kobold zu amüsieren.
Aufgabe 4 ist dann gaaanz einfach – man muss „nur“ in die Geister“bahn“ hineinzugehen und zum Ausgang wieder herauszukommen. Dass es hier Geister, Rätsel und fiese Sachen gibt, sollte jedem klar sein.
Witzig ist hier die Idee, die Geister die immer mal wieder die einzelnen Elemente das „wahren Koboldnamens“ pantomimisch darstellen zu lassen, oder anderweitig Hinweise in gezeichneter Form zu geben, sodass die Helden am Schluss nicht auf einen übermächtigen Gegner treffen, sondern auf einen, mit dem sie es auch aufnehmen können. Dieser Machtverlust ist recht elegant geregelt und ebenso wie diese regeltechnische Festlegung muss ich dem Abenteuer ein großes Lob aussprechen – bis auf völlig freestylige Elemente wie die Bewertung des Marinettenthaters, sidn alle Vorkommnisse im Abenteuer regeltechnisch abgedeckt, wie beispielsweise die Behandlung von Illusionen.
Insgesamt schonmal ein gelungener Auftakt, der sich mit der richtigen Gruppe sicher hervorragend spielt. Das darf gerne so weitergehen.
Würde der Kobold mich zwingen, ihm in DSA4-Forums-Style eine Note zu geben, so wären das vorsichtige 3 von 5 Punkten. Ich will ja für die folgenden 3 Abenteuer noch Luft nach oben und nach unten haben.

[Kurz-Rezi] J. E. Holmes – The Maze of Peril

Hammer! Das war mal wieder eine richtig erfrischende Fantasy-Lektüre! Und zwar nicht, weil sie unfassbar modern war, sondern herrlich altmodisch und einem einen guten Einblick gibt wie in den späten 70ern Rollenspiele gespielt wurden.
… und ich muss euch direkt daran teilhaben lassen.
Es handelt sich um ein kleines Büchlein mit gerade mal 147 Seiten, in dem John Eric Holmes, der Designer der legendären D&D-Box aus dem Jahr 1977 augenscheinlich eine seiner Spielrunden in Romanform transformiert hat. Dieses Unterfangen gelingt nur in den seltensten Fällen, aber da Holmes als Sprachwissenschaftler doch auch halbwegs vernünftig schreiben kann, ist fast etwas wie ein „echter“ Roman daraus geworden.
Zur Handlung verrate ich nicht viel, außer, dass eine klassische Abenteurergruppe (zunächst noch verstärkt durch zwei angeheuerte Kämpfer) in einen Dungeon vordringt, einen scheinbar verlassenen Tempel und eine amtliche Goldstatue findet.
Zurück im Dorf ist man zwar stinkreich, aber es zeigt sich, dass man in den Dungeon zurückkehren muss, um einen gefallenen Kameraden zu „befreien“ der vom Kult mit untotem Leben erfüllt wurde und wohl bei einem unheiligen Ritual einen Platz in der ersten Reihe sicher zu haben scheint.
Das Ding hat alles, was zu einem amtlichen Old-School-Abenteuer gehört – einen Dungeon, eine Heimatstadt, einen Detektiv-Part, einen Friedhof, kreative Lösungen, bei denen man das Spielergehirn durchblitzen sieht, Streit in der Party, interessante Gruppenmitglieder (Halbling, Dunkelelf, Kleriker, teilweise Paladin, Zentaur, eine Amazone…)…
Einfach toll – und für mich als historisch interessierten Rollenspieler besinders genial ist der Einblick in „Wie spielte man damals?“. Beispielsweise war mir noch nicht klar, dass die Zaubersprüche (zumindest in Holmes‘ Gruppe) auch in gereimter – zumeist lateinischer – Form gewirkt wurden.
Auch interessant ist das Büchlein in Hinblick auf die Religion, die vorkommt – so ist der Paladin ganz klar „Christ“ – wird auch als solcher bezeichnet, dazu gibt es einen Dagon-Kult und diverse cthuloide Elemente.
Ich kann gar nicht aufhören zu schwärmen – im Nachhinein fallen mir immer mehr abgefahrene Elemente auf wie der „Anführer der Gruppe“, der Halbling Boinger, der einen amtlichen Schlag bei Frauen hat und zwischendruch sowohl die Bardame als auch die Amazonen-Kapitänin mitnimmt oder die geniale Lösung einen Fleisch-Golem durch einen Mini-Basilisk (von der Beschreibung her eine Cockatrice) zu besiegen, was natürlich nur dazu führt, dass man es nun mit einem Steingolem zu tun hat, der fast ganz alleine mit dem Dagon-Kult den Boden aufwischt…
… P.S.: Das Ding ist unfassbar schlecht zu bekommen, aber der Papa hat gerade eine kleine, aber charmante eBay-Auktion am laufen…

Warhammer Fantasy – Spieler-Handbuch

Ich höre ja seit der ersten Stunde den Söhne Sigmars-Podcast – irgendwann ist es dann doch vonnöten, sich mal etwas genauer mit dem System auseinanderzusetzen – außerdem hat Warhammer genug Old-School-Appeal, um auch seinen Platz auf der Seifenkiste zu finden. Leider konnte ich das System noch nicht spielen, werde aber ganz sicher auf der DreieichCon mal die Chance nutzen einen der Heidelbär-Supporter zu einem Ründchen zu zwingen – dann folgt eine Zweitbesprechung, in der ich sicher in fast allen Punkten zurückrudern muss.
Ich starte mal (sinnvollerweise) mit dem Spieler-Handbuch, das in seiner aktuellen Edition bei den Heidelbären erscheint:
System: Warhammer Fantasy (3. Edition)
Autoren: Jay Little et. al.
Übersetzer: Daniel Schumacher, Oliver Hoffmann, Constantin Künzl, Marcus Lange
Verlag: Heidelberger
Seiten: 330 Seiten (gebunden, vollfarbig)
Erscheinungsjahr: 2011
Preis: 34,95 Euro
ISBN: 978-3- 942-857000

Ein schönes wuchtiges Teil mit dem man seine Spielgruppe amtlich in Schach halten kann. Und dazu noch vollfarbig. Das weiß schonmal zu gefallen. Von außen schon ein sehr beeindruckendes Werk, mit einem manowartypisch – Sorry! – warhammertypisch martialischen Cover. 

… wenn da nur nicht der schnuffige Bär unten rechts in der Ecke meine Gewaltfantasien brutalst ausbremsen würde. „Immersion“ scheint schonmal nicht das Haupt-Designziel des Systems zu sein.
Layout und Illus schaffen relativ souverän den Spagat zwischen 80er Jahre Games Workshop-Flair und modernem, gut strukturiertem System. Der nächste Pluspunkt. Besonders viele Fehler finden sich nicht,

Was gibt es also auf den 330 Seiten zu sehen, außer lässig, brutalen Farb-Illus und kleine bunte Wertkästchen, die dezent an D&D 4 erinnern?
Rollenspielbesprechungen, in denen die Kapitel kurz zusammengefasst werden, sind voll out – ich versuche also einen etwas anderen Weg zu gehen.

Hier also die Zusammenfassung in kurz: Werte & Fähigkeiten, Spielercharakterrassen, Charaktererschaffung, Erfahrung & Steigerungen, Das Spiel, Aktionen & Manöver, Spielmodi, Kampf, Schaden & Heilung, Zustände & Effekte, Wirtschaft & Ausrüstung, Magieregeln, Göttliche Regeln, Das Imperium, WFRSP Light, Anhänge, Die Geschichte des Rattenfängers.
Punkt.

Hier empfehle ich drei Folgen der Söhne Sigmars:
Episode 1 – Charaktereschaffung
Episode 2 – Charaktersteigerung & Das Spiel
Episode 3 – Aktionen, Manöver & Kampf

Ich habe eben schon vom Spagat gesprochen  – neben dem Illustrations-Spagat gibt es auch noch einen Design-Spagat. Ähnlich wie D&D 4 versucht WF die Brücke zwischen Rollen- und Brettspiel zu schlagen, um die „typischen“ FFG oder Heidelberger-Fans für das Rollenspiel zu gewinnen. Man kann das Spiel zwar auch mit dem in Kapitel 14 ausformulierten WFRSP Light ohne Karten und anderen Schnickschnack spielen, für die volle Dröhnung benötigt man allerdings die zusätzlich angebotenen Arsenale, die unterschiedliche Karten und die speziellen Warhammer.Würfel enthalten, um in den Genuss des kompletten Spiels zu kommen.

Mir gefallen besonders die Seiten 10-16 hervorragend, denn hier werden alle vorkommenden Karten, Spielelemente und Würfel in Form von Fotos abgedruckt und erklärt. Richtig gut und didaktisch schön gemacht.
In den einzelnen Kapiteln sind die Reihenfolgen, in denen etwas eingeführt wird, oftmals etwas merkwürdig, denn im Kapitel „Werte & Fähigkeiten“ werden die Werte nur äußerst kurz gestreift und dann kommen Wunden und das Verderbnislimit, bevor es zu den Fertigkeiten geht, sehr verwirrend.

An dieser Stelle sei gesagt, dass ich Anfang der Neunziger mal eine oder zwei Runden Warhammer Fantasy gespielt habe, der Eindruck aber nicht ausreicht, um zu sagen, ob Freunde alter Warhammer-Editionen auf ihre Kosten kommen, oder ob sie komplett abgeschreckt sein dürften – keine Ahnung! 

Jetzt aber mitten rein ins Geschehen!
Man wählt zuerst eine der Rassen – angeboten werden Menschen, Zwerge, Hochelfen und Waldelfen.
Nun zieht man 3 Karrierekarten und wählt eine davon aus – Hardliner wie ich würden natürlich eine ziehen und diese müsste genommen werden.
Anschließend verbaut man Erschaffungspunkte auf die Eigenschaftswerte Stärke/Intelligenz – Widerstand/Willenskraft – Gewandtheit/Charisma, seinen Reichtum, Fertigkeiten und Talente.
Ab hier kickt dann das Brettspiel noch mehr ein und ich bekomme Aktionskarten, bestimme meine Haltung und wähle einen Gruppenbogen aus.
Fertig.

Nicht ganz – das System gibt einem noch 10 Fragen an die Hand, mit denen man dem Charakter etwas mehr Tiefe geben kann. Ein nettes Detail und auf jeden Fall Wasser auf die Mühlen derer, die das Spiel gerne auf der Brettspiel-Rollenspiel-Skala lieber näher an den Bereich Rollenspiel gerückt hätten.

Habe ich schon öfters erwähnt, dass einem viele Hilfestellungen gegeben werden? So gibt es beispielsweise auf S.38 eine Box, die die Charaktererschaffung zusammenfasst und nebenan auf Seite 39 wird ganzseitig ein Karrierebogen vorgestellt – wirklich gut gemacht. 

Müsste ich die drei großen Pluspunkte des Systems aufzählen, so müsste ich mich ganz klar entscheiden für:
– gute optische Darstellung, mit der viele Unklarheiten gar nicht erst auftreten
– viele nette kleine Details und Mechanismen (wie die Haltungensleiste, mit der man das Aggressionspotential seines Charakters angeben kann, die Manöver, um den Kampf abwechslungsreicher zu gestalten oder den Gruppenbogen, mit dem man der Gruppe eine eigene Identität mit zusätzlichen Optionen gibt) – Beispiel gefällig für ein Detail? In der Tabelle, die angibt wovür man Schicksalspunkte erhält und wofür nicht, ist extra angegeben, dass man für Monty Python-Zitate keine SP bekommt. Das wird einige Rollenspieler in ihrer Entwicklung etwas zurückwerfen, aber ich finde es wichtig, das auch schriftlich festzuhalten.
– die gut verständlichen und leicht extravaganten Würfel (seht euch mal S. 60 an)

Mein persönliches Highlight des Bandes sind die Anfangskarrieren – wo sonst kann ich zufällig bestimmen, dass mein Abenteurer das erste Kapitel seiner Saga als Hafenarbeiter schreibt, bevor er Binnenschiffer wird, um schließlich die Welt als Kurier rettet.
Mit den Karrieren Hand in Hand geht der kurze Hintergrundteil, in dem man auf 14 Seiten durch die Geschichte des Imperiums gepeitscht wird – aber schon in diesem kurzen Abschnitt wird einem klar, dass es zwar grim & gritty zugeht, aber immer noch Zeit für ein Augenzwinkern ist – sehr sympathisch.

Fazit: 
Wir haben es mit einem deutlich brettspieligen Rollenspiel zu tun, das gegenüber beispielsweise D&D 4 aber mit einem schmutzigeren Setting punkten kann. 
Will man mit allen Büchern und Arsenalen spielen, ist man gleich eine ganze Stange Geld los, aber als Spieler sollte es reichen, wenn man sich einen Satz Würfel organisiert und darauf hofft, dass der Spielleiter wenigstens Spieler- und Spielleiter-Arsenal besitzt.
Ich freue mich auf jeden Fall darauf, eine Runde zu spielen – und wenn es nicht mit dem Support-Team klappt, verdonnere ich meine Heimatrunde dazu, dem System zumindest 2-3 mal eine Chance zu geben.
Ich tippe mal, dass die Hintergrundwelt ihnen noch oldschoolig genug sein dürfte, um ihnen zu gefallen und das System übersichtlich genug, um sie nicht abzuschrecken.

[Einsamer Wolf Mehrspielerbuch] Bestiarium

Konnte das gute Stück auf dem MantiCon abgreifen und habe in den letzten 1,5 Tagen etwas blättern können. Genug immerhin, um euch ein wenig den Mund wässrig zu machen.
Bestiarium
System: EW Mehrspielerbuch
Autor: Darren Pearce
Übersetzer: Alex Kühnert
Verlag: Mantikore
Seiten: 236 Seiten (Softcover, ca. A5, farbige doppelseitige Karte)
Erscheinungsjahr: 2012
Preis: 14,95 Euro
ISBN: 978-3-939-212201
Außen: 
Anscheinend qualifiziert mich meine EW-Toilettenlektüre nicht ausreichend, um alle Monster auf dem Cover zu erkennen. Ich tippe schwer auf Giak-Wolfsreiter und eine Zlan-Bestie, aber den fiesen Grünling im Vordergrund kann ich auch nach Lektüre des Bandes nicht genau einordnen – Vorschläge in Kommentarform sind herzlich willkommen.
Innen:
Wo Alex Kühnert draufsteht, ist immer Qualität zu finden – zumindest was Sprache und Fehlerhäufigkeit angeht. Für eventuell auftretende Struktur- oder Textprobleme kann Deutschlands Spielbuchexperte Nummer 1 ja nun wirklich nichts. Kurz: Die Übersetzung ist wirklich gelungen.
Erstmals positiv überrascht bin ich schon direkt beim Vorwort – da hat Joe Dver eigens für die deutsche Ausgabe eines verfasst und ein paar lobende Worte für seine deutschen Partner und seine Fans gefunden. Ein feiner Zug vom großen alten Mann des Spielbuchs.
Direkt zu Beginn findet sich ein echter Mehrwert gegenüber der englischsprachigen Ausgabe, denn man wird von einer doppelseitigen Karte des nördlichen Magnamund begrüßt und auch die aus den Spielbüchern bekannte Urkunde, in der man seinen Namen eintragen kann, fehlt im Gegensatz zur Originalausgabe hier nicht. Weitere Boni gibt es am Ende, wo zusätzlich eine Kampfbegegnungs- und eine Zufallszahlen-Tabelle befinden.
Auch im Gegensatz zu den vorhergehenden 4 Bänden des Mehrspielerbuchs wird einiges mehr geboten, ist das gute Stück doch fast doppelt so dick.
Inhaltlich startet der Autor mit für Rollenspiel-Spielleiter selbstverständlichem Schnickschnack wie dem Hinweis, dass man seine Monster nicht einfach beim Namen nennen soll, sondern sie lieber möglichst präzise beschreiben soll. Für altgediente Spielleiter lächerlich, aber für Neu-Spielleiter, die über das Lesen von Spielbüchern an das Hobby geraten sind, doch wieder ein sinnvoller Hinweis.

Der Mini-Spielleiterteil bietet noch die zwei Tipps, das Spiel nicht aus der Hand zu geben und intelligente Monster auch intelligent zu spielen, dann geht es an das Beschreiben der Kreaturen.
Glaubt man dem Index am Ende des Buches, so werden nun 159 Monster vorgestellt, die in die Rubriken 
  • Gewöhnliche Kreaturen
  • Intelligente Kreaturen
  • Menschen und Humanoide
  • Untote
  • Elementare und Konstrukte
  • Dunkelbrut
  • Agarashi
  • Mutanten
  • Außerweltliche Kreaturen
unterteilt sind.
Fans der Spielbücher werden vor Freude Herzklopfen bekommen, wenn sie alle ihre Lieblingsgegner in dieser Dichte präsentiert bekommen. Neben den Guten (Kai-Mönchen) machen für mich persönlich auch die Bösen (Darklords und ihre Schergen) den Reiz des Magnamund-Settings aus. Dieser Monsterband ist also in weiten Zügen gleichzeitig auch ein Quellenband, der das Setting weiter beschreibt.
Das ist nicht nur vom Gefühl her begründet, auch die Unterteilung der Monster gibt immer wieder Aufhänger, die dem Spielleiter die Chance geben, den Spielern Magnamund näher zu bringen. Jedes Monster wird nämlich beschrieben in Hinblick auf Aussehen, Geschichte und Kampf und abschließend gibt es immer noch Rollenspielhinweise.
Ich weiß also wie die Kreatur aussieht, wie sie in die Welt Magnamund eingebunden ist, wie sie sich im Kampf verhält und wobei ich beim Spielen der Kreatur achten muss. Die Aufteilung finde ich wirklich mustergültig. Da kann man sich kurz und knackig auf den Einsatz des Monsters vorbereiten – und gerade der geschichtliche Abschnitt gibt immer den einen oder anderen Rollenspielaufhänger.
Die Illustrationen sind old-schoolig und versetzen einen in die glorreiche Zeit der EW-Veröffentlichungen bei Goldmann zurück, es gibt aber für meinen Geschmack zu wenige davon – eigentlich hätte jede einzelne Kreatur eine eigene Abbildung verdient – aber das wäre wahrscheinlich unerschwinglich gewesen. Schade drum, denn der Zweck Magnamund weiter zu beschreiben, wird so etwas eingeschränkt.
Es ist zwar wahrscheinlich Geschmackssache, aber ich persönlich finde diese thematische Einteilung der Kreaturen eher störend, denn beim Durchblättern findet man Monster deutlich langsamer, weil man nie weiß, in welcher Rubrik man sich gerade befindet. Da wäre eine Tabelle mit den Rubriken am Ende des Buches nützlicher gewesen.
Verstehen könnte ich die Maßnahme, wenn zu Beginn jeder Rubrik ein einleitender Text zu finden wäre, der weitere Informationen gibt – das ist aber nicht der Fall.

Fazit: 
Ein schickes Monsterhandbuch im Taschenbuchformat. Gerade für Magnamund-Verrückte ein Muss, wird doch einiges vom Flair des Settings über die Kreaturen und Monster transportiert. Mir persönlich schmeckt die thematische Unterteilung nicht so sehr, aber vom Gedanken her soll es wohl unerfahrene Spielleiter an der Hand nehmen und ihnen dabei Hilfestellung leisten, thematisch zusammenhängende Abenteuer zu entwerfen.
Wer tatsächlich ambitioniert EW Mehrspieler leiten will, braucht dieses Teil. Word.

Finsterland – Handbuch der Technologie

Jawollja! Ich war einer der ersten, die den dritten Finsterland-Band in Händen halten durften und nun bin ich auch einer der ersten, die ein paar Worte dazu verlieren … 
Zuvor habe ich mir schon das Regelwerk und den Magieband angesehen.
System: Finsterland
Autoren: Georg Hugo Donatus Pils, Gregor Eisenwort, Michael Prammer
Verlag: Eigenverlag
Seiten: 164 Seiten (gebunden)
Erscheinungsjahr: 2012
Preis: 25 Euro
ISBN: 978-3-9503270-1-4

Schon
seit langem freue ich mich ja auf das Technologiehandbuch – aber auf den
ersten Blick wurden meine Hoffnungen mehr als untertroffen. Ih rechnete
mit einem Buch voller cooler Cybertech-Gadgets auf Dampfmaschinenbasis,
den sich die Charaktere einbauen lassen können und bekam …

… etwas völlig anderes.

Aufmachung:

Schon
das Cover ist zwar wirklich cool – ich kann es immer nur gebetsmühlenartig wiederholen – für Amateuerverhältnisse ist die gesamte Finsterland-Kiste extrem
professionell aufgezogen – aber nicht das, was ich erwartet habe. Die
Illustration zieht sich über Vorder- und Rückseite und im Hintergrund
tobt irgendein Krieg mit Feuer und allem, was dazu gehört, aber die
eigentlichen “Helden” des Covers sind diverse Flugmaschinen von
Doppeldeckerflugzeug bis hin zu gewaltigen Zeppelinen. Aha! Ein Handbuch
der Flugtechnologie?
Das
Zentrum der Vorderseite nehmen zwei Männer ein, die sich in bester
Holmes- und Moriarty-Manier nicht gegenseitig die Rheinfälle von
Schaffhausen herunterstürzen wollen, sondern das Ziel verfolgen, ihren
Konterpart von den oberen Tragflächen eines Flugzeugs zu befördern. Auch
die sind nicht die Spur vercybert – bahnt sich da wirklich eine
gewaltige Enttäuschung an? Ich will Handgelenksklingen, die mit einer
Dampfmaschien im Rucksack betrieben werden und Computer, die aus
monströsen Zahnradkonstruktionen bestehen.
Ansonsten wirken die Illus nicht mehr so „zusammengewürfelt“ wie in den ersten beiden Teilen, ich meine da einen größeren Zusammenhalt im Gesamtprodukt erkennen zu können. Die einzelnen Köpfe der NSC im Beispielabenteuer lassen sogar etwas Pegasus-Cthulhu-Feeling aufkommen und das meine ich absolut positiv. 
Das Layout entspricht dem der beiden Vorgängerbände (zweispaltig, Zierleiste an der Seite und unten, wenige aber passende Illustrationen) – wobei ich da bei der Zierleiste am Rand endlich meine Zahnräder, Ventile und andere Maschinenteile bekomme. Geht doch! 😉
Zum Lektorat kann man nicht viel sagen, insgesamt finden sich echt wenige Fehler – im Gegenteil. Die Sprache („Österreichisch“) ist so „anders“ und irgendwie so passend zum Setting, dass es wirklich Spaß macht, sich durch das Buch zu pflügen.

An dieser Stelle sei festgestellt: Aus meiner Sicht ist die (aus Sicht des Durchschnittdeutschen äußerst exotische) Sprache das große Pfund, mit der die Finsterland-Reihe wuchern kann! Es macht einfach Spaß die 3 Bücher zu lesen – auch wenn man kein großer Fan des WoD-Heartbreaker-Systems ist. Das zweite große Plus ist das Setting, aber dazu später mehr …
Inhalt:
Ich sagte es schon vorweg – es gibt KEIN Dampfmaschinen-Cyber-Gear. Schade, aber irgendwas anderweitig Sinnvolles wird sich doch finden?
Absolut!

Man erfährt (nach der obligatorischen Intro mit Tipps zu Literatur, Musik und Filmen) mehr zur Geschichte und den Kriegen des Kaiserreichs – direkt in diesem ersten Kapitel ist mein Highlight des Bandes – die berühmten Einheiten sind einfach Weltklasse (und wie alle Texte zu Finsterland immer mit Abenteuerideen versehen).
Schon im ersten Kapitel fällt eine Sache auf, an der ich immer wieder reibe – es wird sehr, sehr viel regeltechnisch nicht untermauert und einfach fluff-mäßig geregelt. Nehme ich mal den Abschnitt zu den Fliegenden Festungen – geile Teile und auch schön beschrieben, aber dann keine einzige Zahl, keine Angabe zu Stärken/Schwächen, Preis, Komponenten …
Know what I mean?
Positiv daran ist natürlich, dass man das Regelwerk auch ohne größere Probleme mit anderen Systemen verwenden kann – eine Konversion auf das LL-Regelwerk wäre mal eine absolut verschärfte Sache, denn ich habe echt eine Schwäche für diese wahnsinnige Magie-meets-Steam (ohne -punk)-meets-crazy-Europe-Sache. Das war es dann auch schon zum vorher angesprochenen zweiten Plus. Ich mag einfach diese merkwürdige „alternate history Europe“-Masche, die absolut konsequent und bis in die kleinsten Details durchgezogen wird.

Weiterhin wird Folgendes geboten: Technologie. Und zwar in Bezug auf Kommunikation, Verkehr, Industrie und Medizin. Schrieb ich eben „Details“? Zu jeder Technologie gibt es einige Unternehmen mit kurzer Beschreibung, die archetypisch für diese Technologie stehen. Ich würde ja gerne für „Dr. Obsthofers Pharmazie“ arbeiten. Zwischen meine Begeisterung für die kleinen Pflänzchen des Buches mischt sich immer wieder etwas Entgeisterung wie das Buch gegliedert ist. Beispiel gefällig? Mitten zwischen den Technologien mit Unternehmen verstecken sich ein paar „Neue Materialien“. Warum haben die kein eigenes Kapitel? Warum wurden sie nicht genauer ausgearbeitet? Warum haben die keine genauen Anwendungsgebiete und „Werte“? Auch gibt es nach dem Kapitel „Technologie“ etwas zur Politik und dann gibt es Infos zu „Technologie für Spieler“ und „Technologie für Spielleiter“. Warum zum Henker steht die Politik nicht als zweites Kapitel, passt sie doch eigentlich nicht übel zur Rubrik „Geschichte und Kriege“. Das war aber auch schon das zweite und gleichzeitig letzte Gemecker. Am Ende des Technologie-Kapitels gibt es dann etliche Akademien und Universitäten. Genial und inspirierend – aber warum versteckt man so etwas im Technologie-Kapitel? Das ist ein völlig eigener Stiefel, der ein eigenes Kapitel verdient hat. Merkwürdigerweise folgen dann nach den Unis wieder ein paar Unternehmen – Jungs (und Mädels), die hätten zur Technologie etwas weiter nach vorne gehört.

Die Politik-Abteilung ist dann eher kurz gehalten und ergänzt größtenteils die Infos, die man schon im Grundregelwerk erhielt.

Weiter geht’s im Schweinsgallopp mit Technologie für Spieler. Aber jetzt gibt es doch meinen Cyber…

Pustekuchen.

Das Kapitel beginnt damit, dass es neue Beispielcharaktere vorstellt und neue Spezialmanöver auflistet. Zwar noch kein „Steamcyber“, aber immerhin ein paar handfeste Regeln. Analog zum Regelwerk gibt es danach ein paar neue Organisationen und hier gibt es endlich die ersten Technologie-Infos: Meine liebste Organisation ist der „Automatistenverband“. Auch der kleine Abschnitt „Ausrüstung“ bietet nicht das, was ich mir erhoffte, sondern „moderne“ Waffen und besondere Kampfregeln.

Aber dann doch sicher in Technologie für Spielleiter

Nada! Zilch!

Aber ich werde für mein unerfülltes Verlangen dadurch entschädigt, dass es tolle Kampagnentipps zum großen Gebiet: Kriege, gibt und dass wieder schicke Details wie Untergrundbahnen und verseuchte Gebiete näher beleuchtet werden.

Bevor wir zum abschließenden Abenteuer kommen widmet sich noch ein ausführliches Kapitel neuen Gegnern, die ich meinen Charakteren entgegen schleudern kann. In Bezug auf technische Gadgets ist dies der heimliche Höhepunkt des Bandes, Automaten, Autonome Minen (die wie schnuffige Spinnen aussehen) und Kataphrakte sind ungefähr das, was ich erwartet habe und ich kann mir gut vorstellen, dass sie eine Finsterland-Kampagne schön ins Chaos stürzen können.

Die Höllenfahrt der Engel HX schließlich zeigt im Rahmen eines Abenteuers wie man die in diesem Band vorgestellten Elemente in eine FInsterland-Kampagne einbetten kann. All in all ist das Abenteuer (aufgrund der Zug-basiertheit) doch recht linear, aber immerhin gibt es interessante NSC, ein Geheimnis, viel Interaktion und Ideen zu Anschlussabenteuern.

 

Fazit: 
Tja… Am Schluss  kommt dann doch noch ein durchdachtes (wenn auch nicht immer perfekt strukturiertes) Rollenspielprodukt raus, das sich super liest und das uns weitere Einblicke in ein absolut ungewöhnliches und interessantes Setting gibt – mit der kleinen Schwäche, dass der Hintergrund nur sehr wenig regeltechnisch untermauert ist.
Ein fettes Plus gibt es allerdings für das weitere Ausarbeiten des wirklich interessanten Settings und eine wirklich hervorragend dazu passende Sprache.
Gut, das Abenteuer trifft erneut nicht so ganz meinen Geschmack – zu schwammig, zu wenig Alternativen, aber immerhin ist die erzählte Geschichte interessant. An den Abenteuern (auch an denen, die in regelmäßigen Abständen gratis in der Facebook-Gruppe zur Verfügung gestellt werden) erkennt man dann beispielhaft, dass das Augenmerk des Systems doch eher auf dem Erzählen schöner Geschichten liegt, als am Simulieren einer Welt.

Schlagt zu, ihr unterstützt ein tolles Projekt, das das Zeug zu Größerem hat. Ihr bekommt die Finsterland-Sachen beim Sphärenmeister oder in der allergrößten Not beim großen Bruder Amazon.

Dunkle Saat (Savage Worlds-Abenteuer im Hellfrost-Setting)

Es gibt seit etwa 2 Wochen wieder Abenteuerfutter aus dem Hause Prometheus – das zweite von Wiggy Williams‘ Kurzabenteuern zum Hellfrost-Setting wurde übersetzt und erscheint vorerst im PDF-Format, in Kürze dann auch als gedrucktes Softcover. Zu einer Rezension fehlt mir die Zeit, daher stelle ich das gute Stück einfach kurz vor – zumindest bis die Print-Fassung erschienen ist.
Titel: Dunkle Saat
Autor: Wiggy Williams
Übersetzung: Gunnar Liepins
Verlag: Prometheus Games
Format: 49 Seiten, PDF
Preis: 4,95€
 
Dunkle Saat richtet sich an Anfänger-Charaktere mit 2 oder 3 Aufstiegen und wer auf dunkle Druiden, fiese Pflanzenwesen und sinistre Wälder steht, ist hier bestens bedient. Das eigentliche Abenteuer vom „großen Meister“ (dessen Abenteuer mir allerdings immer, immer und absolut immer zu linear sind, aber wirklich stark darin sind, Atmosphäre aufzubauen und denkwürdige Momente zu beiten ist nur 26 Seiten lang und es gibt etliche Seiten mit neuen Monstern.
 
Im Anschluss findet sich allerdings als Bonus zur englischsprachigen Fassung noch das Kurzabenteuer Zwei Gräber des frischgebackenen deutschen SW-Chefredakteurs Sebastian Deutsch. Absolut klassisch gilt es zwei verschwundene Kinder zu suchen und zu finden, während die Helden sich in einem eiskalten, von der Außenwelt abgeschnittenen Dörfchen aufhalten. Warum lernen es aber auch Fantasy-Heroen einfach nicht, auf den Wetterbericht zu hören und nur bei günstigen Witterungsbedingungen zu reisen?
Und was noch als richtig, richtig positiv erwähnt werden sollte – alle benötigten Monster gibt es als farbige Trifold-Aufstellerfiguren zum Selberbasteln und auch die Schablonen für belebte Pflanzen sind enthalten.
Ich denke für knapp 5 Euro kann man da kaum was falsch machen – alleine die Aufsteller lohnen sich schon wirklich. Schlagt zu und zeigt den Jungs (und Mädels) von Prometheus, dass Deutsche sehr wohl PDFs kaufen – ich habe immer den Eindruck ich bin der einzige, der diesen – in den USA riesigen – Markt bedient.

[Rezension] Servants of Gaius

Bevor es losgeht, möchte ich noch kurz schildern wie ich in den Besitz dieses Buches gekommen bin. In einem Thread im Aktion-Abenteuer-Forum habe ich geschrieben, dass ich das Buch bestellen wollte, es aber derzeit bei den „üblichen verdächtigen Online-Händlern“ ausverkauft sei. Wenig später meldete sich dort Verlagschef Brendan zu Wort und wollte mir helfen. Nach einem wirklich netten E-Mail-Wechsel versprach er mir dann sogar ein Rezensionsexemplar über den großen Teich zu schicken – das ist gerstern angekommen und ich habe es mir mal direkt zur Brust genommen.
Autor: Brendan Davis
Cover-Illustration: Michael Prescott
Verlag: Bedrock Games
ISBN: 978-0-9841026-6-2
Format: 114 Seiten, Softcover
Preis: $19.99
Endlich mal ein System wo ich meine kurze Besprechung direkt mit dem grundlegenden Spielprinzip beginnen kann, denn das ist unfassbar simpel und selbst ich verstehe es beim ersten Anlauf – ihr würfelt zwischen 1 und 6 W10. Von allen Würfen ist lediglich das allerhöchste Würfelergebnis von allen von Interesse und das muss einen bestimmten Zielwert treffen oder überschreiten. Bumm. So einfach ist das.
Die Anzahl der W10, die ihr werfen könnt, richtet sich nach den Werten, die ihr in den bestimmten Attributen oder Fertigkeiten habt.
Schön ist, dass auch die anderen Settings von BG, namentlich Terror Network, Crime Network und Horror Show, dieses Würfelsystem verwenden, was es leicht macht, Abenteuer mit den Schwestersystemen vorzubereiten und zu leiten.

Zurück zu SoG:
Das wirklich Spannende ist in diesem Fall das Setting. In einem alternativen Rom des Jahres 38 n. Chr. ist Caligula an der Macht (JA! Das „Gaius“ im Titel bezieht sich nicht auf DEN Gaius, den ihr vermutet habt.) und er ist nicht der durchgeknallte Irre, zu dem ihn die Geschichte gemacht hat, sondern er stemmt sich mit Hilfe seiner in Zellen organisierten Truppe „Servants of Gaius“ gegen Neptun und seine Schergen, die versuchen, die Welt – und natürlich zuerst Rom – unter ihre Knute zu bringen. Neben dieser völlig durchgeknallten Prämisse wird das Rom zu Zeiten des Caligula knapp, aber sehr treffend zusammengefasst, dazu gibt es Spielwerte wichtiger Verbündeter, der Schergen des Neptun, normale Gefahren in Tierform und ein paar spezielle Monster der Zeit – beispielsweise die Furcht erregenden Hippocampi (Julian, ich blicke in deine Richtung!).
Ferner gibt es Kapitel zu Göttern, zur bekannten Welt des Jahres 38 und – mein geheimer Favorit – eine alternative Timeline, die den Fortgang des römischen Reiches und die Geschichte, die bis zu dem bespielten Zeitpunkt hin führt, in aller gegebenen Kürze vorgestellt werden.

Der extrem einfache Regelkern – in diesem Fall mal nicht auf die Kampfregeln zentriert, eher im Gegenteil – bietet sich vor allem an, um Investigations- oder Intrigenabenteuer zu leiten, aber auch Explorations- oder Eroberungskampagnen sind möglich und werden kurz vorgestellt.

Wie der Titel des Spiels vermuten lässt, spielen die Charaktere der Spieler Mitglieder dieser absolut geheimen Spezialeinheit, bei der eine Zelle nicht von der Existenz der nächsten weiß. Sämtliche Mitglieder werden von Caligula handverlesen und persönlich in den Orden eingeführt.
Neben klassischen Kampf- und Verteidigungs-Werten, besitzt jeder einzelne Charakter die unterschiedlichsten sozialen, körperlichen und mentalen Fertigkeiten sowie einen (äußerst wichtigen) sozialen Rang und einen Wert in „Auctoritas“, der für die meisten sozialen Interaktionen eine Rolle spielt.
Bei der Charaktererschaffung wird ein Kompromiss zwischen einem zufallsbasierten und einem Kauf-System eingegangen. Nur in der ersten Phase der Erschaffung spielt der Zufall eine Rolle, denn der solziale Status wird ausgewürfelt, daraus ergeben sich die ersten Fertigkeiten und ab dann kann dann „eingekauft“ werden.

Immer wieder bemerkt man liebevolle Details und auch Randbereiche möglicher Abenteuer wie Gesetzgebung oder Gladiatorenspiele werden in kurzen Abschnitten vorgestellt, sodass der Spielleiter eigentlich in keiner Situation im Regen stehen gelassen wird.

Fazit:
Genial! Ein Top-Kandidat für ein System, das ich auf einem der kommenden Koblenzer Stammtische leiten muss. Es gibt zwar keine Zombies, Piraten und Ninjas, aber es gibt Römer, eine wahnsinnige alternative Welt und total strange Monster. Zusätzlich weiß man nie ob die Grundprämisse nun stimmt, oder ob man als Servius Gaii einem völlig durchgeknallten Kaiser den Weg bereitet.
Dazu noch ein absolut idiotensicheres System – was will man mehr.

Absolute Kaufempfehlung!
P.S.: Apropos Kaufempfehlung: Mittlerweile hat Roland, der Sphärenmeister, anscheinend wieder ein paar Exemplare am Start und ihr könnt euch das gute Stück problemlos bestellen. Natürlich soll euch auch niemand davon abhalten den Verlag direkt zu unterstützen – dort lässt sich SoG auch direkt bestellen – sogar in Kombination mit einem PDF.