[Rezension] Iron Kingdoms: Die Unterstadt (Brettspiel)

Wow! Das Paket der Heidelbären, das kurz vor Weihnachten gelandet ist, war mal wirklich, wirklich schwer. Ein wichtiges Element, das dieses Gewicht ausgemacht hat, war Die Unterstadt, ein erzählerisch-steampunkiger Dungeoncrawl im Iron Kingdoms-Universum. Das Ding ist schon ein ordentlicher Trümmer mit reichlich Material an Bord. Hier haben wir es also mit einem der ersten Teile zu tun, das die Heidelberger „für“ Ulisses vertreiben. Immer auf den Tisch damit!
Das Cover – (Co) Ulisses Spiele
Name: Iron Kingdoms – Die Unterstadt
Verlag: Ulisses / Privateer Press (Heidelberger)
Autoren: David Carl / Will Schoonover
EAN: 4-260091-156369
Preis: ca. 75 Euro
ACHTUNG! Falls ihr ein älteres Exemplar des Spiels besitzt, kann euch hier weitergeholfen werden!
Alter: 14+
Spieler: 2-4
Dauer: 60-120 min
Genre: Dungeoncrawl, Steampunk, Kooperativ
BGG-Ranking: 3853
Aufmachung
Habe ich schon das Wort „randvoll“ erwähnt?!? Nein? Nun, die Box ist wirklich randvoll – ich zitiere mal (gekürzt) aus dem Regelheft:
– Regelheft
– Kampagnenheft
– 4 Charakterbögen
– 1 Spielbrett
– 1 Uhrsegment
– 16 Kartensegmente
– 1 Schatzkammer-Segment
– 1 Schurken-Referenzbogen
– 6 weiße Würfel
– 2 schwarze Würfel
– 44 Plastikfiguren
– 203 Ereigniskarten
– 202 Marker
Beeindruckend, was?!?
Die Minis – (Co) Heidelberger
Das gesamte Material ist liebevoll gestaltet, die Regeln sind in teils etwas wirrer Reihenfolge, aber für einen halbwegs erfahrenen Dungeoncrawler leicht verständlich – uns ist es beispielsweise gelungen, das erste Kapitel komplett ohne Vorbereitungszeit zu spielen. Durch das Gewusel an Markern findet man sich schnell hindurch (wenn man einen großen Tisch besitzt). 
Alles Top mit einem kleinen Makel: Ich bin kein großer Fan der Qualität der Miniaturen. Das weiche Plastik sieht teils recht schuftig aus und man muss gerade an den Schwertkämpfer-Gegnern ordentlich rumziehen und drücken bis sie einem aufrecht in die Augen blicken und nicht wie Zombies mit nach unten gesenktem Blick umherschlurfen – auch sind eingie Bases gerade bei größeren Teilen etwas gewellt, wodurch die Standfestigkeit nicht gerade positiv beeinflusst wird. Aber ich habe da durchaus Verständnis für – amtlichere Minis hätten den notwendigen Verkaufspreis sicher noch mehr explodieren lassen und das Spiel scheint schon auf den ersten Blick so cool zu sein, dass es sich einfach jeder zulegen können sollte.

Auch sehr positiv zu bemerken ist, dass dem Spieler an vielen Stellen vom Material durch ein recht komplexes Spiel geholfen wird. Die vielen Token, Marker und Zahlen und Symbole auf den Charakterbögen erscheinen auf den ersten Blick recht verwirrend, aber nach und nach entsteht ein klares Bild, was durch viele Illustrationen in den beiden Regel- und Kampagnenheften unterstützt wird.

Das Spiel
Wir haben es bei „Die Unterstadt“ mit einem kooperativen Dungeoncrawler zu tun. Und zwar einem komplett kooperativen – ohne Spielleiter. Alle spielen gemeinsam gegen die insgesamt 7 Szenarien. Nach einem schicken Vorlese-Prolog geht es in 7 Kapiteln gegen die Box!

Was den „Spielleiterteil“ angeht, ist jedes Kapitel präzise geschildert, was die Aufstellung der Gegner, Mission und Siegbedingungen angeht – sogar an bevorzugte Strategien der Monster wurde gedacht – astrein! Es ist sogar genau festgelegt, welche Karten bei einem bestimmten Kapitel im Spiel sind. Super. Da ist wirklich alles programmiert und es gibt nur sehr wenig Spielraum, sich über die Rahmenbedingungen zu streiten. Die Kapitel sind wirklich liebevoll gestaltet und – ich habe bisher erst vier der Kapitel spielen können – scheinbar gut ausbalanciert und nicht zu langweilig, aber auch nicht so brutal, dass man sich weinend unter dem Tisch verkriechen möchte. Mein Lieblingsfeature ist allerdings die sogenannte Nebenqueste – eine Karte (oder mehrere Karten), die man an einem bestimmten Ort des Spielfelds aufnehmen kann und die dem jeweiligen Kapitel eine zusätzliche Komponente hinzufügt.

Die Spielerseite wird im Regelheft abgedeckt und die grundsätzliche Würfelmechanik ist eigentlich recht simpel. Zumeist würfelt man 2W6 plus irgendwas gegen einen Zielwert – im Kampf zweimal – zuerst als Angriffswurf gegen die ABW (Abwehr) des Ziels, dann als Schadenswurf gegen die PNZ (Panzerung). Ansonsten gibt es noch den Gefahrenwurf, bei dem es gilt, mit einem W6 möglichst keine 5 oder 6 zu würfeln, um keinen Schaden hinnehmen zu müssen.

Der Kampf verläuft (komplett programmiert) in drei Phasen:
1. Aufstellungsphase
Nach festen Regeln und mit Würfelwürfen programmiert werden die Schurken auf das Spielbrett gesetzt.

2. Handlungsphase
In der Handlungsphase kann man sich bewegen und eine Aktion durchführen. Außerdem zieht man noch eine Talentkarte. (Okay, das Ziehen der Talentkarte ist aus der Spielwelt heraus ein wenig unlogisch – aus Sicht der Spielmechanik ist es aber ein wirklich netter Kniff, etwas Abwechslung in die Kämpfe zu bringen.) Bewegt wird sich ein Feld, egal ob gerade oder diagonal – einzige Beschränkung ist hier ein Maximalwert an Personen bestimmter Größe, die sich in einem Feld aufhalten dürfen und an Aktionen gibt es drei verschiedene. Selten werden Attributsherausforderungen angegangen. Schon häufiger muss man einen umgebratzten Kameraden wiederbeleben. Meist haut man den fiesen Feinden einfach eins auf die Ömme. Der Mechanismus dazu wurde oben schon kurz geschildert.

3. Schurkenphase
Was wohl! Jetzt können die Bösewichte endlich zurückschlagen! Hier müssen die Helden Schurkenaktionskarten ziehen und es ist auf jeder Karte genau angegeben welcher Schurke was wo warum tut – so muss es. Auch dieser Mechanismus ist etwas raffinutzig, wird aber sorgsam mit drei bebilderten Beispielen demonstriert. Wieder ein gutes Beispiel, wo die Anleitung den Spieler ausgezeichnet unterstützt.

Wie lange wird denn nun gespielt? Zu Beginn jeder Runde wird eine Ereigniskarte gezogen – das Ende des Nachziehstapels bedeutet auch gleichzeitig das Ende (und den Verlust) dieses Kapitels. Natürlich kann man auch das Missionsziel erfüllen oder alle Gegner plattkloppen – das wäre dann die positivere Variante für die Spieler der 4 (oder 5…) Helden.

Fazit
Beeindruckendes Material mit den kleinen Abstrichen bei den Minis, eine
fette (siebenteilige) Kampagne mit feiner Geschichte, eingängige Regeln, ein tolles
steampunkiges Universum. Das lässt nicht viele Wünsche offen! Ganz ehrlich. Das Ding ist wirklich, wirklich gut. Wer Spaß an kooperativem Dungeongekrieche hat, bei dem alle gemeinsam gegen das Spiel spielen – sprich: niemand den Spielleiter geben muss – und auch nur das geringste Faible für Steampunk hat, der muss einfach zugreifen.

P.S.: Die Problematik mit den Minis ist Ulisses bekannt und es gibt auf ihrer HP ein Tutorial, wie man die Teile „retten“ kann.

Bewertung
4,5 von 5 Steamjacks

[Rezension] Puzzle Strike (Brettspiel)

… und ein weiteres Brettspiel, was ich um die Weihnachtszeit herum spielen durfte. Nach vielen kleinen Spielen haben die Jungs und Mädels von Pegasus mir nun ein – sagen wir mal – mittelgroßes Spiel vorbeigeschickt. Irgendwie hatte ich mir unter „Puzzle Strike“ was anderes vorgestellt – ich hatte diese Milliarden und Abermilliarden von Chips gesehen und mir irgendwie vorgestellt, dass man die wie Pogs rumschnippst, aber Pustekuchen. Mal sehen, ob es trotzdem Spaß macht…
Das Cover – (Co) Pegasus Spiele
Name: Puzzle Strike
Verlag: Pegasus
Autor: David Sirlin
EAN: 4-250231-706493
Preis: ca. 35€
Link: Pegasus-HP
Alter: 10+
Spieler: 2-4
Dauer: 30-60 min
Genre: Deckbau, Arcade
BGG-Ranking: 598
Aufmachung
Ooooo-kaaaaaaaaay! Bevor es losgeht muss man erstmal einige Stunden lang fette runde Papp-Chips aus Stanzformen herausdrücken und in das Plastik-Tiefziehteil einsortieren. Sind die 342 Chips erst befreit, kann es auch schon ziemlich reibungslos beginnen, denn die Anleitung ist wirklich gut gemacht und man blickt schnell, wie der Hase läuft – selbst, wenn man wie ich, nicht so der Deckbau-Hoschi ist. Und ja! Ich weigere mich brutal das Spiel als „Deckhau-Spiel“ zu bezeichnen, das ist endlich mal ein Wortspiel, das es nicht in meinen aktiven Sprachgebrauch schaffen wird.
Aber zurück zur Ausstattung: Neben den 596043245692 Chips gibt es schicke lila Beutel, Spielunterlagen und „Spielleiterschirme“ für 4 Spieler. Die Unterlagen helfen dabei, seine Runde im Blick zu behalten, da man hier genau weiß was man während des Spiels wohin legen muss, und die kleinen Sichtschirme dienen zum einen dazu, dass man seine Pogs nicht permanent auf der Hand halten muss und zum anderen kann man auf ihnen noch einmal die wichtigsten Regeln ablesen.
Ein großes Lob geht hier übrigens an Pegasus, die das rosa der Original-Spielschachtel für den deutschsprachigen Markt in ein helles Grün umgewandelt haben. Eine sehr weise Entscheidung.
Noch ein kurzes Wort zur Verarbeitungsqualität: Ich hatte befürchtet, dass die Chips aufgrund der Machart aus Pappe schnell ausgelutscht sein würden, aber das ist mitnichten der Fall – die Dinger halten und halten und halten…
Das Spiel
Tja, das hört sich wenig spektakulär an. Man steckt sich zu Beginn 10 Chips in einen Beutel und versucht den Gegnern 10 Juwelen in ihren Juwelstapel zu ballern. Hört sich einfach an, ist es aber nur bedingt.
In 4 Phasen heißt es also eigene Juwelen loswerden und den Gegnern welche unterzujubeln:
1. Stapelphase
Die Stapelphase ist schnell abgehandelt. Man nimmt sich ein Juwel und legt es in seinen Juwelstapel. Hier nimmt man zuerst 1er Juwelen, wenn der Stapel aufgebraucht ist 2er, dann 3er und schließlich 4er – ein fieser kleiner Mechanismus, der das Spiel immer schneller werden lässt. Wirklich clever.
2. Aktionsphase
Hier spielt man einen beliebigen Chip in seinen Aktionsbereich, um irgendwelche Aktionen auszuführen. Diese Phase ist zu Beginn der Knackpunkt, denn auf den Chips sind die Konsequenzen meist in Symbolen dargestellt und man blickt nicht so recht durch, was der Chip nun anstellt. Nach und nach entschlüsselt man sich das Spiel aber immer mehr und kann im Laufe der Zeit so richtig feiste Kombos auf die Gegner loslassen, denn viele Chips zeigen mit Pfeilen an, dass im Anschluss weitere Chips von der Hand gespielt werden können.
Hauptmechanismus dieser Phase ist allerdings das „Crashen“. Mit einem Crash-Juwel kann man anderen Spielern Juwelen entgegenschleudern, die diese entweder abwehren können oder die direkt in ihrem Juwelstapel landen. Man kann auch mit Fusions-Kugeln eigene Juwelen zu mächtigeren Juwelen verschmelzen, die dann für den fiesen Feind schwerer abzuwehren sind.
3. Kaufphase
In der Kaufphase macht man eben dieses. Man kann mit den Juwelen, die man auf der Hand (nicht auf dem Juwelstapel) hat, Chips von der Bank einkaufen. Und ich wies bereits in der letzten Phase darauf hin, die Symbolik der Chips erschließt sich einem wirklich nur nach und nach, was wohl der Hauptfaktor der relativ steilen Lernkurve sein dürfte. Aber selbst, wenn man alle Chips kennt, beginnt erst der richtige Spaß, denn man kann damit beginnen, Strategien auszutüfteln, wie aggressiv oder wie defensiv man spielt, welche Kombinationen sich anbieten und welche Schrott sind…
Witziges Element: Kann man nichts einkaufen, erhält man einen Wunden-Chip, der nichts tut, außer das eigene Deck zu vermüllen. Wunden erhält man auch,
4. Aufräumphase
Alle Chips aus dem Aktionsbereich und von der Hand kommen in die Ablage und man zieht neue Chips aus dem Beutel nach. Auch hier gibt es wieder einen kleinen, aber feinen Mechanismus, der großen Einfluss auf das Spiel und mögliche Taktiken nimmt: Je nachdem wie viele Juwelen man im Juwelstapel hat, zieht man zwischen 5 und 8 Chips nach. So ist es zwar cool, 7 oder 8 Juwelen im Stapel zu haben, da man viele Chips nachziehen darf und mehr Optionen hat, aber es ist ein ständiger Tanz auf der Rasierklinge, dass man nicht am Ende des Zuges plötzlich auf 10 Juwelen sitzt und es vergeigt hat.
Achtung! Man zieht so viele Chips aus dem Beutel nach wie möglich. Erst, wenn der leer ist, werden die Chips aus der Ablage reingeworfen und durchgeschüttelt, damit man die fehlenden Chips ziehen kann.
Fazit
Hat mich überrascht. Während der ersten Partie dachte ich: „Meh! Das kann direkt wieder ins Regal!“, ich will Krempel durch die Gegend schnippsen! Aber im Laufe des Spiels gewinnt die ganze Chose an Fahrt. Man erarbeitet sich immer mehr Strategien und Kombos und bekommt nach und nach mit, was das Spiel für eine spielerische Tiefe hat. Auch hätte ich nie gedacht, dass die lumpigen 3 Chips, die die 10 Charaktere ausmachen, einen so großen Unterschied im Spielgefühl darstellen würden, aber jeder Charakter spielt sich wirklich vollkommen anders.
Insgesamt muss man wirklich sagen, dass es auffällig ist, wie viele kleine Stellschrauben das Spiel besitzt, mit denen man herumexperimentieren kann, um so immer erfolgreicher zu werden.
Überraschenderweise macht gerade das Spiel mit zwei Personen besonders viel Spaß und ich würde es glatt in meinen Top 5 der Zweispieler-Spiele einsortieren wollen…
Bewertung
4 von 5 Papppokerchips (alleine wegen der 3 „p“ schon eine tolle Sache)

[Sonntags-Interview] Ralf Sandfuchs (Rollenspiel-Urgestein!)

Schick! Ich konnte bei Facebook Ralf Sandfuchs stellen und ihm meine Fragen um die Ohren ballern. Wie man an der Länge der Antworten unschwer erkennen kann, gehört er zur schreibenden Zunft…
1. Ralf – schildere doch mal bitte kurz deinen Weg ins Rollenspiel.
Ich habe 1984 mit meiner Freundin an ihrer Abschlussfahrt nach Frankreich teilgenommen.
Während der Hinfahrt wedelte plötzlich einer ihrer Freunde, so ein seltsamer Typ mit eigenartigen Interessen, mit einer roten Pappschachtel vor meiner Nase herum, auf der ein Typ mit Schwert gegen einen Drachen kämpfte. “Dungeons & Dragons“ stand da drauf.
Noch in der gleichen Woche erlebte ich mein erstes Abenteuer.
Mein damaliger Charakter war ein charismatischer, aber schwächlicher Elf namens Andor, der in seiner Karriere so oft starb und wiederbelebt wurde, dass wir ihn bald nur noch den “Schönsten Elfen des Hades“ nannten.
Ganz nebenbei: der “komische Typ mit den seltsamen Interessen“ ist heute immer noch ein Freund und Schreibpartner.
2. Oh, sehr schön, endlich mal ein deutscher Rollenspieler, der, wie ich, mit D&D und nicht mit DSA begonnen hat. Wie ist es dir gelungen, dich vom Schwarzen Auge fernzuhalten? Und Doppelfrage, da ich nun neugierig bin: Wer war der Typ???
Ich wusste zunächst gar nichts von DSA, und als ich davon erfuhr, habe ich mir tatsächlich die damalige Box besorgt.
Zugegebenermaßen konnte mich das, was ich da las, aber nicht sonderlich überzeugen.
Und das Nachfaseln von gereimten Zauberformeln (“Fulminictus Donnerkeil, schlaget drein, Schwert und Beil“ und so), das war dann endgültig zu viel für mich. Das war uncool, das war… peinlich…
Später entwickelten sich meine Interessen in ganz andere Richtungen, und ich kann heute mit Fug und Recht behaupten, noch nie DSA gespielt zu haben.
Einige Versuche, es zu spielen oder gar dafür zu schreiben, wurden schnell zunichte gemacht, meist von Vorstellungen und Anforderungen, die mir diesbezüglich entgegengebracht wurden.
Und zu DSA5 wurde ich noch nicht herausgefordert. Ich wäre bereit! 
Und zu der anderen Frage: das war Jens Eggert, der lange mit mir in der GFR und in der Redaktion unserer alten Zeitschrift “Windgeflüster“ war. Hat sich viel mit (A)D&D und Shadowrun beschäftigt und letztes Jahr seinen ersten Roman “Bad medicine“ veröffentlicht.
3. Was DSA angeht, werde ich mal Markus P. anspitzen. Aber lass uns mal wieder in die Vergangenheit blicken. Du hast ja einiges an Kram übersetzt – was hat dir da den meisten Spaß gemacht? *daumendrück* Bitte, sag „Münchhausen“! *daumendrück*
Sorry, da muss ich dich enttäuschen. “Die unfasslichen Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen“ war zwar eine wunderbare Vorlage, aber eben doch eine sehr genaue Übersetzung.
Ich bringe gerne meinen eigenen Stil mit ein.
Als Übersetzung war mein Liebling “De Profundis“, weil mich das schon beim Lesen der englischen Version völlig fasziniert hat, und darum wollte ich das UNBEDINGT machen.
Als ich damals das letzte Kapitel übersetzt habe, wo alles den Weg des größten Irrsinns nimmt, saß ich mit fiebrigen Augen gebückt vor dem Bildschirm und tackerte die Texte wie im Wahn herunter, irgendwo zwischen Übersetzung und Neuschreiben. Ich habe nicht mal bemerkt, dass meine Frau irgendwann drin war und mir Kaffee gebracht hatte… oder hatte sie das gar nicht? [Augen roll]
Und “Das Monster aus der Spätvorstellung“, die deutsche Version von “It came from the late, late, late Show“, war auch ein tolles Projekt, weil ich da mehrere Versionen zusammenführen und richtig cool machen konnte.
Generell schreibe ich aber lieber eigenes Material, als zu übersetzen.
4. Die perfekte Überleitung und ich tippe mal, dass du nicht erwartest, bei deinen umfangreichen Credits genau darauf angesprochen zu werden, aber ich MUSS einfach alles hören, was deine Beteiligung an „Der Ruf des Warlock“ angeht. Das Monsterbuch fand ich beispielsweise wirklich klasse!
Darüber rede ich gerne.
Ich habe damals für die “Windgeflüster“ das erste RdW-Abenteuer “Die Träne der Verzweiflung“ rezensiert und mich bitter über das miserable Lektorat und den unsäglichen Stil beschwert.
Die Autoren meinten dann, ich sollte es doch besser machen, und das tat ich dann auch. Fast alle Bände der nächsten Jahre habe ich dann lektoriert und nach Möglichkeit auch die schlimmsten sprachlichen Auffahrunfälle entfernt.
Ich hatte immer ein Riesen-Problem mit der Unlogik einiger Hintergrundelemente und dem deutsch-englischen Namenswirrwarr, aber es gab immer wieder absolut irre Ideen, die ich wahnsinnig kreativ fand.
Ich durfte mein erstes großes Rollenspiel-Abenteuer für sie schreiben, “Vaterliebe“, das nach heutigen Maßstäben wohl eher unter “Versuch macht Fluch“ einzusortieren wäre.
Und ich habe an den nächsten beiden Hintergrundwerken (“Tanaris“ über die Welt von RdW und das Monsterhandbuch “Die Geschöpfe der Engel“) mitwirken können.
Ein weiteres Buch über mysteriöse Bauwerke ist leider nie erschienen.
Es war ein wildes, ungezügelter Projekt, wie man es heute wohl kaum noch finden wird.  
5. Wenn es gelingt, dem Games-In-Verlag die Rechte abzuluchsen – wärst du zu einem Comeback bereit?
Ganz ehrlich, keine Ahnung.
Ich fand die Regeln von RdW immer eher gruselig, ich fand einige der Setzungen des Hintergrunds schlimm, aber mir gefiel die chaotische Kreativität im Team. Alles geht, nichts ist verboten… es wäre spannend, das nochmal mitzumachen.
Aber zugegeben, ich müsste mich erstmal wieder in die ganze Geschichte einesen. Das liegt alles schon sehr lange zurück.
Was mich aus dem Fundus der Rechte von Games-In eher reizen würde, wäre „Plüsch, Power & Plunder“, für das ich ja insgesamt drei Regelwerke geschrieben habe, und das, obwohl ich mit der Hintergrundgeschichte nie wirklich glücklich war.
Mein Auftrag war aber immer, alles so zu lassen, wie es ursprünglich geschrieben war. Nur die Regeln durfte ich sanft verbessern, und mit der letzten Version des Regelwerks war ich dann auch ziemlich zufrieden, vor allem mit der plüschigen Kampfsportart „Whum-Uä“ und dem recht vielseitigen und spannenden Magie-System.

6. „Chaotische Kreativität“ sind meine zweiten und dritten Vornamen. Ich merke das also vor, denn auch ich glaube nicht, dass sich im Jahr 2015 ernsthaft jemand die Mechaniken hinter RdW antun möchte. Aber kommen wir zu meinem zweiten Standbein neben dem Rollenspiel – ich vermute mal, zum Thema „Brettspiele“ kannst du auch etwas vom Stapel lassen…?
Zunächst einmal würde ich eher den Begriff „Gesellschaftsspiele“ benutzen.
Brettspiel impliziert halt immer ein Brett, auf dem sich alles abspielt; das muss ja gar nicht immer der Fall sein. Es gibt auch Spiele wie „Carcassonne“, wo sich das „Brett“ (wenn man es denn so nennen will) überhaupt erst beim Spielen formt.
Aber wenn man von solchen Definitionsfragen mal absieht, Gesellschaftsspiele sind sehr wichtig für mich, sowohl als Autor wie auch als Spieler.
Als Autor kann man nirgendwo sonst das Schreiben von Regeln so gut lernen. Man befasst sich mit Themen wie dem Ausbalancieren von Mechanismen und dem Finden von Regellücken. Man lernt, genau und treffend zu schreiben, nicht doppeldeutig und ausschweifend.
Bei einem Rollenspiel kann man vieles handwedeln, weil es oft gar nicht auf die Regeln und schon gar nicht auf das Gewinnen ankommt. Bei einem „normalen“ Spiel geht es immer um die Regel und meistens auch ums Gewinnen.
Ich habe lange kein Spiel mehr veröffentlicht, aber ich arbeite immer noch an mehreren Entwürfen und habe einige fertige Spiele in der Schublade liegen, die schon mehrere erfolgreiche Tests hinter sich haben.
Als Spieler empfinde ich Gesellschaftsspiele als sehr angenehm.
Sie sind (meistens) schnell zu erlernen, bieten ein spannendes und teilweise auch immersives Spielerlebnis und machen einfach Spaß.
Sie sind eine wunderbare Ergänzung oder Alternative zum Rollenspiel, wenn man die ganze Gruppe nicht zusammen bekommt oder das nächste Abenteuer nicht fertig vorbereitet ist.
Auf der anderen Seite kann man sie aber auch mit den berühmten „normalen Leuten“ spielen, die beim Begriff „Rollenspiel“ bestenfalls die Nase rümpfen, die man aber jederzeit zu einer Runde „Mysterium“ oder „Colt Express“ überreden kann.
Es gibt eigentlich nur eine Art von Brett- und Kartenspielen, die mich so gar nicht reizt, und das sind Spiele, die versuchen, Rollenspiele oder Teilbereiche davon nachzuahmen.
Mir hat sich z. B. nie der Reiz davon erschlossen, durch die „Villen des Wahnsinns“ zu schleichen, wenn ich doch ein viel intensiveres Erlebnis haben kann, wenn ich die gleiche Geschichte als Cthulhu-Abenteuer durchlebe. Da geht mir einfach zuviel verloren.

7. Auf welches „Gesellschaftsspiel“ aus deiner Vergangenheit bist du am stolzesten?
Das ist eindeutig „In 80 Karten um die Welt“, ein steampunkiges Wettrennen mit WaLaMobs („Wasser-Land-Mobilen“). Es ging einmal um die ganze Welt (kein Wunder bei dem Namen), auf einem aus Karten geformten Rundkurs.
Am meisten hat mich daran immer fasziniert, wie ausgeglichen eigentlich jedes Rennen ausging, egal, wer es wie gespielt hat. Kurz vor dem Ende waren immer alle ungefähr gleichauf, knapp vor dem Zielstrich, und hatten ihren Spaß gehabt.
Aber als Autor bist du nie wirklich zufrieden, glaube ich, und so gibt es auch von diesem Spiel eine bislang unveröffentlichte Version, die ich im Auftrag eines großen deutschen Spieleverlags überarbeitet hatte. Leider haben sie sich dann aber doch anders entschieden.

8. Die spinnen wohl… Aber zurück zu den Rollenspielen: Gibt es da derzeit Projekte?
Ich bin eigentlich immer an irgendwelchen Projekten im Rollenspielbereich tätig, mal im Auftrag von irgendjemandem, manchmal auch einfach für mich.
Vor kurzem durfte ich mit der Zustimmung des deutschen Lizenznehmers z. B. eine eigene „Fiasko“-Kulisse zum Thema „Autobahn“ auf meiner Website veröffentlichen; eine weitere Kulisse ist in Planung.
Der „Kassiber“, das Online-Fanzine für „Unknown Armies“, soll hoffentlich auch bald wiederbelebt werden.
Auf jeden Fall dürfte das nächste reguläre Buch, an dem ich mitgeschrieben habe, der Mars-Band für „Space: 1889“ sein.
Ansonsten arbeite ich gerade an mehreren Sachen aus dem Cthulhu-Umfeld, zum Teil für Pegasus, zum Teil für die „Deutsche Lovecraft Gesellschaft“.
Da ich mit den Jungs von „System Matters“ befreundet bin, werde ich mich wohl auch an deren kommenden Attraktionen beteiligen, wahrscheinlich an Folgebänden für das gerade angekündigte „Beyond the wall“.
Bei Facebook habe ich außerdem vor einigen Monaten eine eigene Seite für mein erstes selbstentwickeltes Rollenspiel namens ERIS eingerichtet, das sich gerade im ersten Spieltest befindet. Leider konnte ich diese jedoch noch nicht so mit Inhalten versorgen, wie ich mir das eigentlich vorgenommen hatte. Aber das bessert sich bald…
Und als wäre das alles noch nicht genug, arbeite ich nebenbei immer wieder an einer Art „Geheimprojekt“ mit einem weiteren eigenen Regelwerk, irgendwo zwischen niedlich und gruselig, für das ich mir hoffentlich bald einen Verlagspartner suchen kann.
VIel zu tun, aber was mich häufig rettet, ist die Tatsache, dass viele dieser Projekte zeitlich nicht festgelegt sind oder nur einen relativ geringen Umfang haben.
Aber irgendwo müssen die ganzen Ideen ja hin.

9. Erzähl doch mal bitte „kurz vor Schluss“ etwas zu ERIS…
Ich hatte schon lange mit dem Gedanken gespielt, mein eigenes Rollenspiel zu verfassen. Obwohl ich viele Sachen ausprobiert hatte, fehlte mir immer noch ein Regelwerk, das meinem eigenen Spielstil wirklich entsprach. Daraus entstand ERIS.
Ich wollte kompetente Einstiegscharaktere, die nicht gleich durch einen Schwertstreich sterben, die aber auch nicht irgendwann zu übermächtigen Halbgöttern mutieren. Ein verwundeter Charakter sollte schwächer werden und nicht einfach unverändert weiterkämpfen, bis er tot umfällt. Es sollte keine endlosen Boni-Ketten geben, die jeglichen Misserfolg verhindern, sondern man bekommt nur weitere Würfel dazu. Wenn der Spieler würfelt, sollte es immer eine Möglichkeit geben, dass er versagt, und je nachdem, was er würfelt, sollte das Ergebnis noch erzählerisch ausgeschmückt werden. Damit könnte er ein Versagen vielleicht etwas weniger peinlicher aussehen lassen oder auch nicht vollends als strahlender Held dastehen.
Das Wichtigste ist aber, dass die Regeln im Spiel einfach zu beherrschen sind, ohne dass sie zu einer Farce werden. Einfach würfeln, das Ergebnis kurz interpretieren, und weiter geht’s.

Die Charaktere in ERIS werden über eine Spezies und ein Konzept festgelegt, die jedoch nur eine Basis geben, auf der man dann weitere Fertigkeiten, Stärken und Schwächen hinzufügen kann, um einen Charakter ganz nach den eigenen Wünschen zu bauen.
Das Zufallsmoment im Spiel übernimmt ein Pool von sechsseitigen Würfeln, dessen Inhalt sich aus der Kombination von Attributen und Fertigkeiten bestimmt; also ziemlich bekannter Stoff, wenn auch mit dem Kniff, dass verschiedenfarbige Würfel verwendet werden, die im Spiel anders behandelt werden. Bei der Auswertung zählen dann auch nicht nur die erzielten Erfolge, sondern auch erwürfelte Einser und Sechser, die das Ergebnis erzählerisch erweitern. Hier gibt das Regelwerk eine große Bandbreite möglicher Effekte vor, die entweder frei fabuliert oder regelbasiert das Ergebnis noch ein wenig verändern.
Der Plan ist es, die Regelgrundlage von ERIS in verschiedene Welten zu transportieren, um sie dort auf Funktionalität zu prüfen und die richtige Balance zwischen Spielbarkeit und Komplexität zu finden. Aktuell spiele ich bereits in einer Steampunk-Western-Welt, demnächst sollen ein Musketier-Hintergrund und moderner Horror als Genres dazu kommen.
Damit die Grundlagen für ein solches Regelwerk stimmen, muss ich natürlich ein wenig Rechen- und Design-Arbeit investieren, um einen Baukasten für alle Regelelemente zu haben, den ich beliebig erweitern und anpassen kann, wenn ich in eine andere Welt wechsele. Vor allem aber muss ich z. B. ein Konzept schnell „umrechnen“ können, wenn ich merke, dass meine ursprünglichen Kostenberechnungen nicht zum Verlauf der Testspiele passen.
All das läuft jedoch im Hintergrund ab und tangiert den Spieler am Tisch überhaupt nicht; das Design soll ihm diese Arbeit abnehmen, damit er sich voll auf das eigentliche Spiel konzentrieren kann.

Daher hat das Spiel auch seinen Namen: ERIS steht für „Einfache Regeln, Intensives Spiel“. Und das ist bestimmt besser als sein erster Name EROS („Erzählerisches ROllenSpiel“), bei dem es irgendwie immer wieder falsche Assoziationen gab, worum es eigentlich geht.
Eris, die jetzige Namensgeberin des Systems, ist übrigens die griechische Göttin des Streits und der Zwietracht, besonders bekannt dafür, dass sie auf einer Feier zwischen die anderen Göttinnen einen goldenen Apfel warf, mit der Aufschrift „Für die Schönste“, und sich das folgende Gezeter amüsiert betrachtete. Da man ein Regelwerk ja vor allem braucht, wenn es zu Streit und Zwietracht kommt, fand ich auch diese Interpretation des Namens passend. Das Symbol von ERIS, dem Spiel, ist darum auch das gleiche wie das von Eris, der Göttin: ein goldener Apfel.
In den kommenden Monaten möchte ich das Spiel auch hinaus in die Welt tragen und auf Conventions anbieten. Wer dazu oder generell zu ERIS weitere Informationen sucht, findet diese hoffentlich bald auf der entsprechenden Seite bei Facebook.

10. Wow! DAS war eine ausführliche Antwort. Möchtest du abschließend noch dem deutschsprachigen Rollenspielvolk etwas mit auf den Weg geben?
Bleibt neugierig, schaut immer wieder über den eigenen Tellerrand, versucht euch an etwas Neuem.
Auch wenn ihr schon immer nur „Das Schwarze Auge“ gespielt habt, wenn ihr euch nur als Vampir so richtig lebendig fühlt, wenn ihr FATE oder „Savage World“ zu eurer Religion erhoben habt, es gibt dort draußen viele interessante Dinge, die nur darauf warten, mal angespielt zu werden.
Und wenn ihr das nicht wollt, ist das auch in Ordnung.
Aber dann versucht bitte nicht mit missionarischem Eifer andere von EUREM Liebling oder EURER Spielweise zu überzeugen. Ob Sandbox oder Railroading, ob Erzählen oder Boni-Sammeln, beim Rollenspiel gibt es kein Richtig oder Falsch; jede Art zu spielen, die nicht darauf aus ist, jemand anders zu unterdrücken oder zu nerven, hat ihre Daseinsberechtigung.
Habt einfach Spaß!

[Rezension] Snake Oil (Brettspiel)

Tja, Weihnachtstage – Partyspieltage! Rund um Weihnachten herum muss man ja immer schauen, dass man etwas Familienkompatibles auf den Tisch bringt. Und da hatte ich in diesem Jahr mit Snake Oil einen großen Erfolg. Großen Dank an Amigo, die mir das gute Stück am 23.12. als Rezi-Muster in den Briefkasten gestopft haben.

Name: Snake Oil
Verlag: Amigo
Autoren: Jeff Ochs / Patricia Hayes Kaufman
EAN: 4007396046205
Preis: 19,95€
Alter:10+
Spieler: 3-8
Dauer: 30 min
Genre: Partyspiel, Familienspiel
BGG-Ranking: 1012
Aufmachung
Da muss ich erst einmal einen Schritt zurücktreten und die Prämisse erklären, ansonsten ergibt die Aufmachung des Spielmaterials gar keinen Sinn. Die Grundidee besteht darin, dass man – ähnlich wie die Wunderdoktoren im Wilden Westen – verschiedenen Kunden verschiedene Gegenstände (ursprünglich Elixiere) andrehen muss.
Um dieses Grundsetting zu verdeutlichen hat jeder Spieler (von max. 8) einen Kartenhalter in Form eines kleinen Potionen-Regals und die zu bespielenden Wörter stehen auf kleinen Fläschchen. Aus diesem Kartenhalter muss man jeweils eine Reihe von den kleinen Pappabdeckungen befreien, um in einer bestimmten Sprache spielen zu können – ja, man kann mit dieser einen Schachtel auf (von oben nach unten) Deutsch, Französisch, Niederländisch, Italienisch und Englisch spielen. Wobei, um ehrlich zu sein – die Spielanleitung liegt nur auf Deutsch und Englisch vor, aber das System ist nicht allzu schwer zu kapieren.
So gibt es also aus einer Anleitung, 8 Kartenhalterungen, in denen 95% meiner Leser wohl die oberste Reihe freilegen muss, 36 Kundenkarten und 240 beidseitig bedruckten Wortkarten.
Das Spiel
Der Mechanismus ist einfach. Jedem Spieler steht ein Regal mit 6 Fläschchen zur Verfügung. Reihum zieht nun jeder ein Kundenkärtchen, damit die Verkäufer auch wissen, auf wen sie sich mit ihrem Produkt einzustellen haben. Nun haben die Verkäufer eine kurze Bedenkzeit, in der sie zwei Komponenten kombinieren können, um das für den jeweiligen Kunden perfekte Produkt auf den Markt zu werfen.
Anschließend stellt jeder seine Kreation möglichst blumig vor und der Kunde bestimmt, welches Produkt ihm am ehesten zusagt. Der Verkäufer bekommt nun die Kundenkarte und Sieger ist der, der am Ende die meisten Kundenkarten erhalten hat – sprich: die meisten Elixiere verkauft. Easy, oder?
Ach ja, ein Zwischenschritt sollte noch erwähnt werden – die beiden verwendeten Begriffe werden abgelegt und man zieht zwei neue Fläschchen. Das war’s dann aber auch schon an Regeln, die man beherrschen muss.
Durch die Wahl der Worte auf den Karten und die wunderbar bekloppten Kundenrollen wird das Spiel wirklich nicht so schnell langweilig, swnn ob ich nun meine Ware bei einem Sportler, einer Oma, einem Außerirdischen, einem Pirat oder einem Teenager an den Mann oder die Frau bringen will, stellt mich immer wieder vor neue Herausforderungen.
Ein wirklich herrlich albernes Spiel, das in Zukunft Im Modul „Kommunikation“ in meinen Unterricht einfließen wird, denn bisher habe ich immer als kleine Zwischenübung meine Schüler Stehgreifreden halten lassen, von nun an müssen sie mir in einer bestimmten Rolle Elixiere verkaufen.
Fazit
Grandios! Nach anfänglichem Zögern werden die Verkäufer immer mutiger und präsentieren ihre Waren immer sicherer – und auch die Kunden versetzen sich mit zunehmender Spieldauer immer mehr in ihre Rolle und so entsteht ein witziges Wechselspiel, das sich immer mehr aufschaukelt. Ich bin jetzt schon sicher, dass das in unserer Nachmittags-Spiele-AG ein richtiger Knaller werden wird.
Jetzt ist es wohl etwas zu spät, um es sich noch für die Feiertage zu organisieren, aber wenn ihr am Montag losspurtet, habt ihr für „zwischen den Tagen“ ein ausgezeichnetes Spiel, um die bucklige Verwandtschaft sinnvoll zu bespaßen.
Bewertung
4,5 von 5 an einen Teenager verkaufte Kussblöcke

[Hilferuf] Welchen Artikel soll ich ins Rennen schicken?

Ich suche jetzt schon seit einigen Tagen auf meinem Blog herum, denn ich suche nach einem „archetypischen Seifenkisten-Artikel“. Aber ich fange besser am Anfang an:
Der großartige Mondbuchstaben-Blog hat eingeladen zu einem kleinen Heftchen, das Blog-Artikel enthalten soll und zum Gratisrollenspieltag in die Pakete geschaufelt werden soll. Eine Wahnsinns-Idee, die den deutschsprachigen Rollenspiel-Bloggern etwas Aufmerksamkeit sichern könnte – da bin ich doch glatt dabei.
In letzter Zeit habe ich ja eher Rezis und News an Bord, da ich meinem Gefühl nach schon die meisten systemrelevanten und regelbetrachtenden Postings schon 2008/2009 rausgefeuert habe.
Nun brauche ich also eure Hilfe. Was denkt ihr, welcher Artikel die Seifenkiste gut vertreten könnte? Ich bin dann auch gerne bereit, den nochmal zu überarbeiten, um Dirks Kriterien zu erfüllen…?

[Sonntags-Interview] Daniel Mayer (Rollenspiel-Autor und Übersetzer)

… und das nächste Sonntags-Interview. Dieses Mal hat es Daniel Mayer erwischt, der in letzter Zeit alles übersetzt, was nicht schnell genug auf den Bäumen ist!

1. Daniel – schildere doch mal bitte kurz deinen Weg ins Rollenspiel.
Das ist jetzt 23 Jahre her. Ich habe in der Schülerbibliothek meiner damaligen Schule das Abenteuerspielbuch „Die Höhlen der Schneehexe“ entdeckt und war sofort völlig fasziniert. Ich habe angefangen, Abenteuerspielbücher zu sammeln, und als ich dann irgendwann das DSA-Abenteuer „Im Spinnenwald“ entdeckt habe, habe ich es gekauft, weil ich irrtümlicherweise dachte, das wäre auch ein solches Buch. Und seitdem bin ich dabei.

2. Führte das dann zur klassischen DSA-„Erziehung“?
Absolut. DSA hat für mich die ersten Jahre vollkommen definiert, was Rollenspiele sind. Ich habe dann irgendwann bemerkt, dass es mehr gibt (Shadowrun war das erste, das dazu kam), aber ich war da sehr eingefahren.

3. Hast du in den ganzen 23 Jahren durchgängig Rollenspiele gespielt?
Ja. Ich hatte Phasen (die nie länger als ein paar Monate waren), in denen ich einfach keine Zeit hatte, aber ich war immer Rollenspieler. Und das wird sich auch nicht mehr ändern.
Wenn ich nicht gespielt habe, habe ich mich immer noch mit dem Zeug beschäftigt.

4. Okay. Ich habe ja in letzter Zeit sehr viel von dir korrigiert oder rezensiert – wie ging dein Weg „in die Industrie“ vonstatten?
Mein erstes wirkliches Projekt war Heredium, für das ich die Regeln und das erste Abenteuer geschrieben habe. Ich hatte schon immer privat Zeug gemacht, und wollte irgendwann einfach raus damit. Das Internet macht ja Kontaktaufnahmen relativ leicht. Ich habe dann ein paar Sachen für 13 Mann übersetzt. Richtig angefangen hat es aber mit dem Projekt Kopfkino. Ich habe zusammen mit David Grashof, Dominik Pielarski, Timo Grubing, Fabian Maruschat und noch ein paar anderen Leuten ein paar Projeke aufgezogen, als kostenlose PDFs, von denen dann besonders Funky Colts und Ratten! wirklich eingeschlagen haben. Das hat das Interesse von Prometheus Games erweckt. Darüber hab ich die Betreuung der Übersetzung der ersten deutschen Edition von Savage Worlds und Scion: Hero übernommen. Die Zusammenarbeit mit Prometheus endete dann relativ schnell, und ich hab ein Weilchen ausgesetzt. Vor ein paar Jahren hab ich dann angefangen, wieder zu übersetzen, vor allem für Ulisses, Uhrwerk und den Mantikor-Verlag.

5. Basierend darauf – welchen Tipp würdest du Seifenkisten-Lesern geben, die gerne an offiziellem Rollenspielmaterial mitarbeiten oder welches erstellen würden?
Letztlich – einfach mal Leute anschreiben. Es gibt so viele Projekte, bei denen so viel zu tun ist, und wenn man ordentliche Arbeit macht, kommen die Leute wieder auf einen zu.

6. Ich habe ja beispielsweise überhaupt keinen Bock mehr, klassische Fantasy zu übersetzen. Gab es eine Übersetzung, die dir besonders viel Spaß gemacht hat?
Ja, auf jeden Fall. Ich bin da grundsätzlich recht schmerzfrei, weil ich einfach richtig gern übersetze, aber es gibt natürlich Sachen, die toll sind. Ich hatte riesigen Spaß an allen Sachen für 13th Age und Fate, an denen ich gearbeitet habe, besonders am bald erscheinenden Tianxia, weil ich auf Kung-Fu-Zeug stehe. Aber ich hatte auch wirklich richtig viel Spaß mit dem Regelwerk für Battle Tech Alpha Strike, weil mir die Regeln beim Übersetzen schon Spaß gemacht haben.
Und Romane machen Spaß. Besonders Marsbound.

7. Hast du noch Träume, was Veröffentlichungen angeht?
Ach klar. Ich würde gerne irgendwann mein eigenes Setting Arkadiya (aktuell noch mit eigenem Regelsystem, aber ich stelle gerade um) veröffentlicht sehen, und natürlich träume ich davon, dass mich jemand D&D 5 übersetzen lässt. Und Exalted. Weil es das tollste Spiel der Welt ist.

8. Äh? Das tollste Spiel der Welt? Weshalb das?
Weil es das epischste (im eigentlichen Sinne), großartigste Setting hat, das ich je gelesen habe. Die Mischung aus Wunxia, griechischen Mythen, einer Prise Anime und vor allem unfassbar viel Irrsinn ist einfach genau meinst. Ich mag auch hohe Powerniveaus. Das mag mehr meine Linse sein, aber es packt mich einfach. Ich kann nicht mal richtig erklären, warum ich es so toll finde. Die Regeln sind es sicher nicht.

9. Und welches System hat die tollsten Regeln?
Schwere Frage. Sehr schwer. Ich muss schummeln, weil ich es unheimlich davon abhängig mache, was ich will. Wenn ich es mir ultra-crunchy geben möchte, spiele ich Hero System (besser als sein Ruf!). Weil es so logisch ist. Ich liebe Fate heiß und innig, wenn ich nicht so regellastig drauf bin oder online spiele. Natürlich darf ich 13th Age nicht vergessen (das für mich leicht die Nase vorne hat vor D&D 5), weil ich es für die beste D20-Inkarnation aller Zeiten halte. Und ich könnte weitermachen. Es gibt zu viele Systeme die ich liebe.

10. Du hast es auch schon geschafft! Vielen Dank für deine ausführlichen Antworten. Gibt es noch irgendetwas, was du dem deutschen Rollenspielvolk mit auf den Weg geben möchtest?
Gerne. Ja, freut euch auf die nächsten Jahre. Da kommt echt cooler Kram!

[Rezension] Die 7 Abschiedsbriefe des Mr. Pomeroy (Private Eye)

Zur SPIEL, wenn ich das richtig im Kopf habe, erschien wieder das obligatorische Abenteuer für PRIVATE EYE mit dem absolut vielversprechenden Titel „Die 7 Abschiedsbriefe des Mr. Pomeroy„. Die charmanten Damen der Redaktion Phantastik haben es mir dankenswerterweise zur gepflegten Besprechung vorbeigeschickt!
Das Cover – (Co) Redaktion Phantastik
Produkt: Die 7 Abschiedsbriefe des Mr. Pomeroy
System: Private Eye
Autor: Oliver Quick
Aufmachung: Softcover, A4, 48 Seiten
Erscheinungsjahr: 2015
Preis: 12,95
ISBN: 978-3-00-049694-3
Gestaltung
Für das Cover ist halt Manfred Escher verantwortlich, da kann ich nicht meckern. Ich finde persönlich, dass die vielen Elemente, die auf Cover und Backcover zu finden sind, toll zum Abenteuer passen, aber schon einen Tacken zu viel verraten, wenn die Spieler sich das Teil zu genau ansehen.
Auch innen ist alles wie gehabt – ausgezeichnet recherchiert, gut aufbereitet, übersichtlich gelayoutet und exzellent lektoriert. Da gibt es wirklich nichts Handwerkliches dran auszusetzen.

Inhalt
Puh! Diese Besprechung wird absolut schwer, da ich hier wirklich niemanden spoilern will – auch der kleinste Hinweis meinerseits auf die Handlung könnte hier schon Hinweise geben, die sich der geneigte Investigator sicher lieber hart erarbeitet.
Bleibt mir also kurz die Ausgangssituation zu schildern und dann auf die Mechanik und die Präsentation einzugehen…
Okay, der „unglückliche“ Mr. Pomeroy baumelt also vom Tor seines Anwesens in Devon, in der Tasche einen Abschiedsbrief. Ein klarer Fall von Selbstmord. Aber selbst der Dorf-Konstabler PC Hopkins merkt schnell, dass etwas nicht stimmt, als noch 6 weitere Abschiedsbriefe auftauchen und zudem im Zimmer des Toten ein stadtbekannter Trunkenbold herumliegt und so werden ein paar Profi-Ermittler vom Yard (die Charaktere) auf den kniffligen Fall losgelassen!
Okay. Mehr kann und will ich nicht verraten, aber ich kann hier immerhin zusammentragen, inwiefern der Spielleiter bei seiner schwierigen Aufgabe unterstützt wird, dieses absolut vielschichtige Abenteuer zu leiten:
– Zuerst wird die Hintergrundgeschichte geschildert (Ja, auch die spielt eine Rolle!).
– Dann gibt es eine zusammenfassende Zeitleiste über das Leben von Edward Pomeroy.
– Im Anschluss findet sich ein Protokoll des Tathergangs
– Nun wird der Einstieg für die Charaktere geschildert 
– und ein Überblick über die Familie Pomeroy gegeben.
– Mit Karten und Texten wird jeder WInkel des Herrenhauses beschrieben (inklusive zu findender Spuren).
– Ein kurzer Einblick in das Dorf Berry Pomeroy wird gewährt
– und einer in die benachbarte Stadt Totnes.
– Anschließend gibt es Infos, was beim Gerichtsmediziner und was in London zu erfahren ist.
– Jetzt erst gibt es genauere Informationen zur Handlung.
– Dann werden alle Personen mit Foto, Aussehen, Persönlichkeit und Verhalten vorgestellt.
– Kurz vor Schluss gibt es eine Zusammenfassung der Ressourcen: mit einer Übersicht der Personen, Aussagen und Alibis.
– Es folgt eine Übersicht über Hinweise und Spuren.
– In Materialien und Handouts gibt es alle 7 Abschiedsbriefe, Fahrpläne, Abbildungen von Plaketten und zu finden Briefen…
– Den Abschluss bilden erneut Karten des Herrenhauses sowie eine R-Map, in der alle Beziehungen der handelnden Personen schematisch dargestellt werden.
Ganz im Ernst: Das ist alles in der Präsentation absolut vorbildlich und es gelingt, einen sehr abstrusen und in die Tiefe gehenden Mordfall so aufzubereiten, dass man sich als Spielleiter sowohl gut auf ihn vorbereiten kann, als auch in der Hitze des Gefechts die wichtigsten Informationen schnell zur Hand hat. Es scheint mir auch so zu sein, dass es an jeder Stelle ausreichend Hinweise und Spuren gibt, um sich der Lösung von mehreren Seiten zu nähern und nicht wegen einer verbockten Probe für die nächsten Äonen auf der Stelle zu treten – in meinen Augen die wichtigste Voraussetzung eines solchen Krimi-Abenteuers.
Fazit
Ein fast perfektes Teil! Mein einziger Kritikpunkt ist die schwere Zugänglichkeit. Man muss wirklich alles sehr gründlich lesen, um hier als Spielleiter den Überblick zu behalten und ich bin da glaube ich selber nicht gut genug, um anschließend alle handelnden NSC so gut darzustellen, dass sie nicht zu verdächtig oder zu wenig verdächtig, zu nett oder zu böse, zu langweilig oder zu aufregend sind. Sprich: Ich fürchte ich könnte dieses Abenteuer nicht so leiten, dass alle Beteiligten Spaß hätten.
ABER! Seien wir ehrlich! Private Eye ist ein absolutes Nischenprodukt und diejenigen, die sich das Teil kaufen, um es zu leiten, werden es sicher mehr draufhaben als ich! Außerdem gibt sich das Abenteuer alle Mühe, um die krasse Handlung mit allen Akteuren gut vorzustellen und sinnvoll darzustellen.
In Kombination mit dem coolen und absolut vielversprechenden Titel kann ich da nur zur Höchstnote greifen und mich auf das alljährliche Abenteuer des Jahres 2016 freuen!

Bewertung
5 von 5 Abschiedsbriefe des Mr. Mehlem

[Sonntags-Interview] Das Goldene Kamel (Youtuber und professioneller Foren-Troll)

Bei Facebook habe ich dem gesuchtesten und scheuesten Tier der Youtube-Landschaft aufgelauert und war erfolgreich, aber lest selbst, wie sich das Goldene Kamel die Rollenspiel-Weltherrschaft vorstellt…

1. Herr Kamel – schildern Sie doch mal bitte kurz Ihren Weg ins Rollenspiel.
Mir wurde das Rollenspiel quasi anerzogen. Als ich noch nicht lesen konnte, hat mein Vater mir statt Gute-Nacht-Geschichten Solorollenspiele vorgelesen, bei denen ich dann die Entscheidungen getroffen habe. Die Dinger nannten sich damals noch „Abenteuer-Spiel-Bücher“. Das erste war „Der Forst der Finsternis“. Und auch Spiele wie Heroquest wurden in der Familie fleißig gespielt. Ich hatte also gar keine andere Wahl. Und dafür bin ich wirklich dankbar.
Mein erster Kontakt mit Pen-and-paper-RPG war „Das schwarze Auge“. Mein damaliger bester Freund kam in der 6. Klasse mit der „Abenteuer-Basis-Spiel“-Box an und meinte, dass wir das unbedingt mal ausprobieren müssten. Und seitdem bin ich im Hobby und ruiniere mich finanziell für meine Spielsucht.

2. Wie ging es dann nach dem Schwarzen Auge bis zum heutigen Tage weiter?
Erst einmal ganz lange gar nicht. Ich war von DSA so geflasht, dass ich gar kein interesse daran hatte, mich nach weiteren Rollenspielen umzuschauen. Außerdem gab es mit DSA auch genug Angebote. Die Welt von Dere war für mich noch absolut unbekannt und es gab eine ganze Menge zu entdecken. Damals noch formschön in Boxen. Wir haben vor allem in der Schule gespielt. Nicht nur in festen Spielgruppen aus Mitschülern, die in Waldhütten ganze Wochenenden durchgesuchtet haben, sondern auch auf Klassenfahrten, bei Ausflügen im Bus und teilweise sogar in den Pausen oder im Unterricht, wenn man eine Gruppenarbeit in einem lehrerfreien Raum erledigen sollte. Pen and Paper war erstmal eine echte Offenbarung und DSA war vorerst genug, um sich auszutoben. Vorschläge, sich mal mit anderen Genres zu beschäftigen, kamen zwar auch immer wieder, aber ich hatte eigentlich gar kein Interesse daran. So bin ich dann mit DSA 3 sehr lange rumgedümpelt, bis ich nach der Schule irgendwann das Hobby etwas aus den Augen verloren hatte. Zivildienst und FSJ wurden gänzlich ohne Rollenspiel verlebt. Wobei das nicht ganz richtig ist, denn während dieser Zeit hatte ich einen intensiven Auflug/Absturz in Richtung Azeroth und habe mir World of Warcraft gegönnt. Zurück zum „richtigen“ Rollenspiel ging es dann, als eine Klassenkameradin in der Erzieherausbildung zu mir meinte, ich würde zu viel am PC hängen und ob ich nicht Lust hätte mit ihr mal eine DSA-Gruppe zu suchen. In dieser wurde ich vom „Meister“ immer mal wieder in Richtung Vampire the Masquerade geschubst. Ich bekam Illustrationen oder kurze Buchtexte präsenntiert, die mich anfixen sollten. Das klappte sogar ganz gut, nur dummerweise kannte ich bis dahin nur den Regelmoloch von DSA und hatte entsprechend wenig Lust, mir ein weiteres Rollenspielsystem anzueignen. Dafür verfluche ich DSA bis heute! Denn als ich dann endlich mal (Achtung, Wortwitz!) mit Vampire und dem Storytellersystem Blut geleckt hatte, wollte ich erstmal gar nichts anderes mehr. Nach einer Weile wurde ich dann auf immer mehr kleine verrückte Sachen aufmerksam. Zum Beispiel Ratten!, oder aber auch Sachen wie Paranoia Troubleshooter und Malmsturm. Die nächste große Liebe, die ich neben der World of Darkness immer noch pflege, ist das Warhammer 40k Rollenspiel. Der Schritt dahin war nur logisch, da ich das Setting liebe, aber zu faul und zu untalentiert und auch schlicht zu geizig bin, Heerscharen von Figürchen zu basteln und zu bemalen. Also ist der aktuelle Stand (neben „Eigenentwicklungen“) nostalgisches DSA, World of Darkness (bevorzugt die neue) und Warhammer 40k. Und selbst diese drei sind schon zu viel, um regelmäßig bespielt werden zu können.
3. Okay. Damit ist dein Rollenspiel-Hintergrund ausreichend beleuchtet. Wie spielt jetzt dein Youtube-Kanal in die eben geschilderte Entwicklung hinein?
Mein Youtubekanal ist entstanden, als ich mir ein halbes Jahr gediegene Arbeitslosigkeit geleistet habe. Ich hatte viel Zeit mir Gedanken zu machen und habe natürlich auch den einen oder anderen ans Rollenspiel verschwendet. Ursprünglich war die Idee, einen Kanal aufzumachen, um eigene Ideen zu Universalsystemregeln zur öffentlichen Diskussion zur Verfügung zu stellen. Und ich wollte schon immer mal eine Rollenspielrunde über Google-Hangouts probieren. Meine Entwicklung hat mein Kanal dahingehend bereichert, dass ich über Youtube mit vielen tollen Menschen in Kontakt gekommen bin, mit denen ich sonst nie etwas zu tun gehabt hätte. Ich bin dann auch sehr schnell am Nerdpol gelandet. Auch wenn ich da nicht mehr (offiziell) zugegen bin, habe ich da doch die wichtigsten, cleversten und nettesten Leute im Hobby kennengelernt. Und ich habe Runden mit Leuten spielen können, die sonst aufgrund der großen räumlichen Distanz nie so zusammengekommen wären. Außerdem habe ich so natürlich eine tolle Plattform, um meine unterhaltsamen Störungen zu präsentieren und wahllos Leute zu provozieren. Von dem Fame und dem Money will ich mal gar nicht anfangen…
Eine Tischrunde, erst recht meine schwer vermisste Superrunde aus Kassel, kann, konnte und wird mir Youtube aber nie ersetzen können.

4. Ich bin von den Positionen, die du vertrittst, fast immer sehr begeistert. Von der Form her ließe sich da aber noch einiges herauskitzeln. Denkst du nicht, deine Message ließe sich freundlich verpackt und mit besseren producrion values nicht optimaler unters Volk bringen?
Ja das stimmt. Ich habe anfangs aber gar nicht erwartet, jemals ein halbwegs großes Publikum anzusprechen. Ich hätte niemals gedacht die 100 Abonnenten zu knacken. Von Rollenspielstreams, die tausende Aufrufe haben, hätte ich nie zu träumen gewagt. Bis ich gemerkt hatte, dass man mich tatsächlich beachtet, hatte sich schon etwas als Markenzeichen etabliert, was nicht jedem gefallen kann. Der Spagat zwischen Rotzpunk und Hofnarr kommt bei mir aber auch einfach authentischer rüber als freundliche Sachlichkeit. Es gibt viel klügere Leute, die ihre Ideen weit besser verkaufen können, als ich. Aber denen hört (zu Unrecht!) kein Mensch zu. Ich glaube, ich fahre schon ganz gut damit. Ich rede mir gerne ein, dass es sich dabei um einen „Heiteren Anarchismus“ im Sinne Paul Feyerabends handelt. An der Produktionsweise könnte man sicherlich arbeiten. Da hatte ich auch immer mal Versuche unternommen. Das scheiterte jedoch oft an meinem … Bewegten Leben? Das könnte sich aber vielleicht endlich mal ändern.

5. Hast du mit deinem Kanal irgenwelche realen und völlig wahnsinnigen Ziele?
Oh ja! Beides! Ich möchte unbedingt mal eine schöne große Kampagne spielen. Von was, das ist mir eigentlich egal. Aber ich will endlich mal eine zu Ende bringen. Vielleicht gelingt mir das ja sogar mit den Schleiertanz-Streams. Da warten ja schon viele Leute auf die Fortsetzung und ich habe auch das Gefühl, dass wir bald endlich mal wieder zum Spielen zusammenkommen könnten. Ich möchte es auch endlich mal schaffen, eine regelmäßige Reihe anzubieten, in der im Livestream Sandboxes gebastelt werden. Das war ja das Prinzip die Idee meines allerersten Live-Streams und das hat wirklich Spaß gemahch und ich war etwas überwältigt von der Publikumsbeteiligung. Das wären dann die realistischen mittelfristigen Ziele. Ein halbwahnsinniges Ziel wäre, eine kleine Summe Geld per Crowdfunding zusammenzubekommen, das man dann möglichst unterhaltsam vor der Kamera durchbringt. Auf lange Sicht definitiv, dass man über Werbeeinnahmen das Hobby teilweise mitfinanzieren kann. Oder dass wenigstens das Gefilme kein Verlustgeschäft bleibt und man auf Null rauskommt. Völlig wahnsinnige Ziele? Mit Youtube-Werbeeinnahmen Ulisses die DSA-Lizenz abkaufen, mich dann lachend draufsetzen und das Spiel für tot zu erklären. Und natürlich jeden verklagen, der auf eigene Faust was dafür veröffentlicht. Vielleicht hätten dann andere und bessere Spiele mal endlich eine bessere Chance auf dem deutschen Markt.

6. Welches System würdest du denn ganz groß rausbringen, wenn du mit deinem Kanal die erste Milliarde verdient hast?
Zuerst würde ich am nächsten Gratisrollenspieltag Leute bezahlen, um sich vor jeden Games Workshop in Deutschland zu stellen und für lau das Grundregelwerk zu Dark Heresy zu verteilen.  Das wäre glaube ich ein Quantensprung für das Hobby und würde mir viele Freude beim Heidelbär einbringen. Dann würde ich Leute bezahlen, ein alternatives Regelsystem für Malmsturm zu kreieren und das am Gratisrollenspieltag in die Läden mitschicken. Denn das coolste Setting der Rollenspielgeschichte mit FATE-Regeln bespielt zu sehen, tut mir schon lange im Herzen weh. Wenn du dann irgendwann nochmal etwas Zeit zum Übersetzen hättest, würde ich dich anheuern, die neue World of Darkness noch mal komplett auf deutsch neu aufzulegen. Damit wären wir dann beide über Jahre hinweg beschäftigt. Nach den ersten zwei Aktionen für den GRT würdest du dich dazu bestimmt bereiterklären, oder?
Und dieses FUK!, von dem immer alle reden, verkauft sich ja zum Glück von alleine wie geschnitten Brot

7. Hört sich nach einem großartigen Plan an. Bin dabei. Ich weiß ja, dass du ein großer Fan von Mario T. bist. Was hältst du davon, dass er nun Fantasy Age und Titansgrave auf Deutsch herausbringt?
Als ich Super Mario auf der vorletzten Spiel in Essen gesehen habe, da hatte ich zittrige Hände. Ich dachte ja der Mann wäre weg vom Fenster. Aber ich fand es schön zu sehen, dass er da einen eigenen Stand hatte. Als jemand, der echt zu faul ist, sich Crunch auf Englisch anzulesen, freue ich mich sehr, dass es Fantasy Age auf deutsch geben wird. Ich habe bis jetzt nur Gutes davon gehört. Was das Spiel von Willyboy angeht… Ich habe jetzt schon genug geile Settings, ich brauche nicht noch eins. Zumal mir das Ganze wieder zu bunt und zu sehr durcheinadner ist. Und nur weil es von jemandem ist, der sich im Fernsehen selbst spielt (und das ist dann auch noch seine erste gute Rolle…), nein danke. Zu viel zu tun, um mich damit eingehend zu befasse. Aber Fantasy Age werde ich mir definitiv krallen und ich setze große Hoffnungen darin. Wäre ja vielleicht sogar was für Malmsturm.

8. Nur aus wissenschaftlichem Interesse: Was macht für dich gute Verlagsarbeit aus?
Gute Verlagsarbeit erkennt man am Ergebnis. Ein gutes Produkt, hochwertig, zu einem akzeptablen Preis, bei dem man sieht, dass sich da mehr als eine Person mehr als einen Moment Gedanken zu gemacht hat, ohne Versprechungen die vorher gegeben worden sind, die man dann nicht einhalten konnte, dessen Werdegang seiner Majestät König Kunde transparent gemacht wurde = Gute Verlagsarbeit. Wer im Hobby ist, der hängt wirklich mit seinem Herzen dran und steckt mehr Kohle rein als vernünftig wäre. Man hat es als Verlag nicht nur mit Kunden, sondern mit Fans zu tun. Und die erwarten die selbe Leidenschaft vom Produzenten. Das ist vielleicht unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht nachvollziehbar, aber es ist einfach so. Das ist so irrational wie Fußball. Man will keine Perfektion, nichts Fehlerfreies, man will sehen, dass da jemand Herzblut und Energie reingesteckt hat und man will irgendwie dabei sein und man will sehen, dass da jemand sein Bestes gegeben hat. Wenn das jemand schafft, dann ist das meiner Meinung nach gute Verlagsarbeit. Ein gutes Beispiel dafür ist Prometheus. Bei Los Muertos hatte ich das Gefühl immer gut und ehrlich informiert zu werden. Da hat sich aber auch der Autor fett mit reingekniet. Da war auch klar: Das ist sein Baby, da lässt er nix anbrennen, da lässt er alle dran teilhaben und da hat er sich nicht irgend einen x-beliebigen Verlag für gesucht. Und am Ende gab es dann ein tolles Produkt zu einem mehr als fairen Preis, eine Gratis-PDF für jedermann zum Reinschnuppern und tolle Standbetreuung und Beratung auf Messen. Da fühlte ich mich als Kunde gut behandelt und habe mein Geld gerne dagelassen. Um ehrlich zu sein hätte ich sogar noch mehr dafür ausgegeben.

9. Das wird die Jungs bei Prometheus freuen zu hören, die bekommen ka sonst oft Gegenwind! Apropos Los Muertos – Wie wichtig ist dir bei einem Rollenspielprodukt die graphische Darstellung?
Sehr wichtig. Das heißt nicht, dass es immer in Vollfarbe sein muss. Ganz und gar nicht. Aber es muss passend sein. Wenn die Illustrationen in einem Rollenspielprodukt die Stimmung des Spiels unterstützen und das Kopfkino anregen, dann beschäftige ich mich automatisch viel lieber/intensiver mit einem Rollenspielprodukt, als wenn ich nur Text vorgesetzt bekomme oder ich mich ständig wundern muss, warum man mir da unpassende Darstellungen anbietet. Aber mir darf es auch nicht zu bunt sein. World of Warcraft kann ich auch am Rechner haben. Los Muertos war da eher wie ein putziger Comic, aber ohne dem Spiel die ernsten Momente abzusprechen. Das war ziemlich gut. Aber auch schwarz-weiß gibt es schöne Sachen.

10. Vielen Dank für deine Zeit. Zum Abschluss darfst du noch den ungewaschenen deutschsprachigen Rollenspielhorden ein paar klare Worte entgegenföhnen.
Na aber immer gerne! Ungewaschen ist ein gutes Stichwort. Liebe Leute, seit The Big Bang Theory gilt Nerdtum als sexy. Verkackt das nicht! Unser Hobby wäre vielleicht attraktiver und dann auch größer, wenn ihr Kackspechte euch beizeiten mal duschen könntet, bevor ihr auf eine Con oder zum local dealer marschiert. Und auch zu schauen, ob man sich in den letzten 6 Wochen zufällig mal die Haare gewaschen hat, bevor man die Webcam anschmeißt, hat noch niemanden umgebracht! Zwingt mich nicht, ein Dusch-Tutorial-Video zu machen, das will doch wirklich niemand sehen…

[RPG-Blog-O-Quest] #003 Dezember '15 – Ausblick

Anfang Dezember – es blog-o-quested sehr!
1. Das Jahr nähert sich dem Ende.Worauf freust du dich 2016 RPG-technisch am meisten?
Klarer Fall! Ich warte sehnsüchtig darauf, dass die von mir übersetzten UMLÄUT und OG endlich erscheinen – ansonsten freue ich mich natürlich auf den GRT am 19.3.2015 und hoffe, dass die Pakete wieder amtlich gefüllt sein werden…
2. Deine Rollenspielpläne 2016? Was möchtest Du spielen, was
ausprobieren, was leiten? Möchtest Du auch Fanmaterial erstellen, wenn
ja, was?
Puh! Ich werde wohl, wenn alles glatt läuft, 2016 mit ein paar Schlawinern an einem coolen Projekt basteln. Würde mir wünschen, dass ich das noch im Laufe des Jahres spielen kann. Und Fanmaterial werde ich allerhöchstens im Rahmen von Wettbewerben ersellen, denke ich.
3. Was erwartest Du von den Verlagen?
Mut, weiterhin auch mal wahnsinnige Projekte zu veröffentlichen.  Mit Sea Dracula, Umläut oder Los Muertos ist man da ja auf einem guten Weg.

4. Wenn ich bei ______ das Sagen hätte, würde ich 2016 ______ .
Wenn ich bei Disney, Hasbro und Nackter Stahl das Sagen hätte, würde ich 2016 ein Star-Wars-D&D im Saarland erscheinen lassen!
5. Ich möchte mir 2016  _______ .
Ich möchte mir 2016 von meinen Rollenspielmillionen einen vergoldeten Elfenbeinkratzer kaufen!