Titel: Wege des Meisters
Art: Spielleiterhilfe
Regeln: DSA 4/4.1 (Universal)
Sprache: Deutsch
Verlag: Ulisses Spiele
Publikationsjahr: 2009
Autoren: Florian Don-Schauen (Redaktion), Marco Findeisen, Marcus Friedrich, Daniel Heßler, Oliver Hoffmann, Marc Jenneßen, Ulrich Kneiphof, Stefan Küppers, Daniel Simon Richter, Thomas Römer, Harry Simons, Denny Vrandecic, Ute Zimmermann
Illustrationen: s/w
Umfang: 200 Seiten
Bindung: gebunden
Preis: 30,00€
ISBN: 978-3-940424-33-4
Rezensent: Moritz Mehlem
Fünfundzwanzig Jahre DSA und jetzt erst erfährt der geneigte Meister, wie er sein Handwerk ordentlich verrichten kann – EIN SKANDAL!
Gut, um ehrlich zu sein gab es natürlich in sämtlichen Regelwerken und in vielen Abenteuern Hinweise und Tipps wie man Spielrunden vorbereitet und durchführt, oder wie man mit Konflikten umgeht. Aber der Eingangssatz ist so schön plakativ, dass ich ihn mir nicht verkneifen konnte.
Meine persönlichen Erfahrungen mit DSA beruhen auf zwei Faktoren: Ich habe in den Jahren 1985 und 1986 in Frankreich viel DSA gespielt – damals wusste ich nicht einmal, dass es sich hier um etwas Urdeutsches handelte. Für mich war es einfach neben D&D ein weiteres Rollenspiel, welches für mich unter „l’Oeil Noir“ firmierte – zugegeben: „Mega“ haben wir in der Zeit auch viel gespielt.
Mein zweites DSA-Standbein hängt mit meiner Sammelwut zusammen, so besitze ich um die 80 DSA-Abenteuer, und das, obwohl ich seit der Zeit in Paris kein Schwarzes Auge mehr gespielt habe.
Als Eklektiker lese ich einfach alles an Rollenspielmaterial, was mir zwischen die Finger kommt, um es nach guten Ideen zu durchforsten. Im Laufe der Jahre habe ich eine gesunde Abneigung gegen viele DSA-Abenteuer der 90er Jahre entwickelt, da sie einen Stil pflegen, der dem meinen einfach zu fern liegt. Mein Hauptvorwurf an sie ist, dass die Autoren sich als genau das verstehen und ein schöne Geschichte in blumiger Prosa erzählen wollen, die die Spielercharaktere, Entschuldigung: „Helden“, häufig am Schlafittchen durch das Abenteuer schleift, sie im schlimmsten Fall komplett an den Rand der eigentlichen Handlung drängt, sodass Spielerentscheidungen kaum Einfluss eingeräumt wird.
Durch die stark kanonisierte Welt Aventurien ist der Plot häufig schon vorgegeben und manche Meisterfiguren und Antagonisten dürfen gar nicht sterben, damit die Welt ihren geplanten Gang nehmen kann.
In meinem Rollenspieluniversum steht die Welt den Charakteren als Tummelplatz zur Verfügung, ihre Handlungen müssen Einfluss auf die Welt haben.
Nun also hat mir Ulisses freundlicherweise das Werk „Wege des Meisters“ zur Verfügung gestellt und es interessiert mich einfach zu erfahren, inwiefern diese Denkweise des „Abenteuerentwerfers“, der sich für den kleinen Bruder von Molière hält, immer noch aktuell ist.
Ein weiterer Betrachtungspunkt wird sein für wen ein Abenteuer geschrieben wird – ist es eine Herausforderung für die Spieler (meine aus altem D&D abgeleitete Grundüberzeugung) oder eine für die Charaktere (wie in vielen modernen Rollenspielen, sei es D&D, DSA oder…)?
In der Konsequenz sind die von mir entworfenen Abenteuer immer Darstellungen einer Welt, die sich nicht an den Charakteren und ihren Stärken und Schwächen orientiert, sondern die einfach existiert und die brandgefährlich ist. Im Gegensatz dazu wird die Welt in vielen modernen Systemen auf die Charaktere und ihr Können hin ausgerichtet.
Auch diese beiden Punkte werde ich bei der Lektüre immer im Kopf haben, bei meinem Versuch herauszufinden, ob sich nicht doch ein paar Körnchen „Old School Spirit“ im DSA des Jahres 2009 finden.
Also auf ins Gefecht…
Produktion:
Wie alle neueren DSA-Hardcover ist Wege des Meisters hervorragend verarbeitet, ich bilde mir sogar ein, dass das gesamte Layout irgendwie „old-schooliger“ ist, als normalerweise. Schon das Cover spricht mich erstaunlicherweise an, was ganz selten bei Rollenspielprodukten der Fall ist, die nach etwa 1990 entstanden sind. Die Zeichnung hat etwas „krudes“ oder „erdiges“, das mir wirklich gefällt, einzig der Oger ist irgendwie misslungen. Ich kann nicht genau den Finger in die Wunde legen und sagen, was genau mich stört, irgendwas ist faul.
Auch die Metapher mit den Händen des Meisters, der mit Marionettenfäden die Aktionen der Monster beherrscht, im Gegensatz zu den Spielercharakteren, die einen „freien Willen“ haben, ist zwar etwas abgeschmackt, fügt sich hier aber irgendwie ins Bild.
Die Zeichnungen im Inneren, wie auch das gesamte Layout, sind völlig unspektakulär, aber klar gegliedert. Gefällt mir. Was mir allerdings noch besser gefallen hätte, wäre gewesen, wenn alle Illustrationen von einem Künstler stammten. So prallen dermaßen viele Stile aufeinander, dass einem ganz schwindelig wird – von urig anmutenden klassischen Illustrationen wie der Spinne auf Seite 65, bis hin zu geleckten fast schon geckenhaften Bildern wie der Szene bei Hofe auf Seite 80.
Eventuell hätte man sich auch komplett darauf verlegen sollen und ausschließlich passende DORK TOWER Strips abdrucken sollen. Diese kurzen Comics sind übrigens eine echte Bereicherung, unterstützen sie doch visuell, was im Text nur schwer zu beschreiben ist.
Inhalt:
Gut finde ich auch die Idee, drei Vorworte von verschiedenen Redakteuren vorne an zu stellen, dann kann ich als Leser deren Beiträge im Buch besser einordnen, da ich weiß wo sie herkommen. Durch das ganze Buch ziehen sich noch zwei gut zu erkennende Instanzen: weiße Boxen, in denen einzelne Redakteure sich mehr oder weniger kontrovers zu den besprochenen Themen äußern und graue Boxen mit einer Art „Asides“, also kurze Nebenbemerkungen, die Dinge auf den Punkt bringen, oder die im Fließtext erwähnte Begriffe oder Ideen erläutern.
Was findet sich eigentlich auf den exakt 200 Seiten?
– Tipps für unerfahrene Meister
– Rollenspiel – was ist das?
– Spieler und Spielerinnen
– Wahre Helden
– Am Spieltisch
– Abenteuer
– Regeln
– Anhänge: Zufallstabellen
Kapitel 1 für unerfahrene Meister startet gleich einmal furios! Da kann ich fast jeden Satz abnicken!
„Machen Sie es einfach!“ ist ja fast schon mein Credo – auf Englisch heißt das Motto „Kiss!“ (Keep it simple and stupid!) Wenn schon der Spielleiter überfordert ist, kann einfach kein Spielvergnügen aufkommen, daher sollte der Schuster bei seinen Leisten bleiben. Ich bin kein besonders toller Schauspieler oder Erzähler – also warum sollte mein Spiel ausgerechnet darauf basieren – ein guter Rat!
Moment mal! Seit wann siezen wir Rollenspieler uns eigentlich? Müssen die DSA-Meister etwa aus Respektsgründen gesiezt werden? Interessant.
Unterschreiben kann ich auch „Wenn Sie die Regeln nicht parat haben, fragen Sie ihre Spieler oder schustern Sie sich auf die Schnelle irgendwas zusammen.“ Ein guter Tipp, auch wenn die letzte Konsequenz fehlt, denn um dann glaubhaft zu bleiben, gehört zwingend notwendig dazu, dass diese zusammengeschusterten neuen Regeln notiert werden müssen, um sie später zu überdenken oder konsequent weiter zu benutzen, damit die Chose in sich schlüssig bleibt.
Es geht im D-Zug-Tempo weiter mit hi
lfreichen Tipps: „Rechnen Sie niemals mit einer bestimmten Reaktion ihrer Spieler.“ Perfekt! Daraus muss natürlich der Schluss gezogen werden, dass ich Abenteuer entwerfe, die nicht nur auf eine bestimmte Art und Weise gespielt werden können. Das sah gerade in den 90ern oftmals anders aus im Hause DSA.
Ebenfalls ein toller Tipp: „Fangen Sie klein an.“ Logo! Ich muss mich erst mit dem System, seinen Möglichkeiten und Problemen bekannt machen, bevor ich mich an das Leiten oder gar Schreiben komplexerer Abenteuer heranwagen kann.
Völlig selbstverständlich ist für mich hingegen: „Verlieben Sie sich nicht in ihre Meisterpersonen.“ Natürlich! Ich bin als Spielleiter ja im Idealfall unparteiisch. Wenn die Charaktere also einen Gegner besiegen, den ich ihnen vorsetze, dann ist das absolut legitim und im Geist des Spiels begründet, das geht Hand in Hand mit dem Tipp: „Seien sie gerecht und fair.“
Schade ist hier, dass der Straßenfeger der 80er auch hier wieder – wenn auch in relativierter Form zitiert wird: „Der Meister hat immer Recht!“
So weit so gut, das Kapitel hat mir gut gefallen! Das sind absolut sinnvolle Faustregeln, die die Basis jedes Rollenspiels darstellen sollten.
Kommen wir zur Fragestellung „Rollenspiel – Was ist das?“ in Kapitel 2.
Gut, den abgeschmackten Allgemeinplatz: „Rollenspiel ist genau dann gut, wenn alle Beteiligten möglichst viel Spaß daran haben.“ verzeihe ich, weil das kurze Essay über die Entstehung des Rollenspiels recht gelungen ist und darauf verzichtet auf die spektakulären Leistungen des eigenen Systems hinzuweisen.
An dieser Stelle werden die drei Stilrichtungen nach Robin D. Laws eingeführt, der Gamer, der Simulationist und der Storyteller. Wahrscheinlich ist das Modell für den Rahmen absolut tragfähig, belassen wir es also dabei.
Der Abschnitt: „Dürfen Helden versagen?“ beginnt viel versprechend mit der Aussage, dass Spannung durch Risiko entsteht. Wunderbar, das könnte man so sehen lassen, denn natürlich müssen bei klassischen Fantasy-Systemen wie DSA oder D&D Charaktere scheitern, sprich im schlimmsten Fall sterben. Leider wird die These verwässert, denn „alle Beteiligten müssen auch mit einem guten Gefühl nach Hause gehen“. Immerhin weiß ich jetzt, warum ich als „Gamer“ es als völlig normal empfinde, dass meine Charaktere auch scheitern oder sterben können wohingegen die Storyteller volle Kanne in ihrer erzählten Geschichte ausgebremst werden.
Das Spielerkapitel 3 beginnt mit der Erklärung der 7 Spielertypen nach Laws – eigentlich für mich persönlich auch nicht so interessant, denn wer sich an meinen Tisch setzt, weiß in etwa worauf er sich einlässt, als kurze Einführung, um sich in die verschiedensten Spieler hinein versetzen zu können, ist aber auch dieser Abschnitt sehr zweckdienlich. Und – Lob am Rande – immer noch ist von einem speziell auf DSA zugeschnittenen Buch nichts zu sehen.
Poilitisch korrekt wie DSA heutzutage ist, werden nicht immer die maskulinen Formen verwendet, daher sind die übersetzten Typen: Punktejäger, Monstermetzgerin, Taktiker, Spezialistin, Schauspieler, Geschichtenerzählerin und Gelegenheitsspieler, dazu werden noch Konsumentin und Spaßvogel eingeführt. Die nächsten Seiten zum Umgang mit diesen Spielertypen und zum Umgang mit daraus resultierenden Problemen lesen sich zwar interessant, ich habe allerdings niemals vor einem der angesprochenen Probleme gestanden und nehme sie wohlwollend zur Kenntnis, speichere sie aber in der Schublade „für mich uninteressant“ ab.
Mit „Wahre Helden“ widmet sich Kapitel 4 der Frage welche Charaktere für welche Spielrunde oder Kampagne passend sind. Sorry, aber das Kapitel schenke ich mir, das interessiert mich nicht im Geringsten. In meinen Abenteuern kann jeder Charakter sein Scherflein beitragen, innerhalb der von mir benutzten Regeln gibt es auch keine Beschränkungen, also was soll’s? Witzig finde ich aber den letzten Abschnitt des Kapitels „Helden mit dem anderen Geschlecht“. In meiner Erfahrung hat noch nie eine Frau einen Mann oder ein Mann eine Frau gut und überzeugend gespielt. So wie ich spiele, mit dem Charakter als Werkzeug des Spielers in meiner Welt, ist das mehr oder weniger gleichgültig, aber wenn meine Spieler oder ich mehr Wert auf das Spielen des Charakters legen würden, müsste ich mich erst noch überraschen lassen, ob das jemandem tatsächlich gelingt. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch FDS in seinem weißen Seitenkästchen.
DSA und Sexualität wäre hier wohl ein eigenes Thema, über das man mal reden könnte, ich werde es allerdings aus dieser Besprechung des Spielleiterbuches rauslassen.
Jetzt aber mal „Butter bei die Fische“! Im Kapitel 5 geht es endlich an den Spieltisch! Ich bin gespannt, denn nach meiner Theorie ist ja das Spielleiten an sich eine Art Handwerk, welches bis zu einem bestimmten Grad jeder lernen und das man auch immer weiter verfeinern kann. Ich will also jetzt ernsthaft etwas lernen. Los, Buch! Bring mir etwas bei!
Argh! Da hauen sie mir direkt mal die Zen-Regeln um die Ohren, die ich schon in Dominics Buch ziemlich daneben fand. Wer sie nochmal haben will – bitte schön: „Sei langweilig!“, „Höre auf, zu versuchen, raffiniert zu sein!“ und „Tue nichts!“ Diese Ideen sollen provokativ sein, was allerdings bei mir nicht funktioniert, denn ich bin so provoziert, dass ich über sie gar nicht erst genauer nachdenken möchte, obwohl es wohl vom Kern her in mein Blatt spielt. Auch ich finde, dass man beim Abenteuerschreiben keinen Spannungsbogen kreieren soll, an dem man krampfhaft festhält. Dies sollte aber in meinen Augen nicht dazu führen, dass auch der Spielleiter erst in dem Moment komplett erfindet, was passiert. Im Gegenteil. Der Spielleiter sollte im Idealfall seine Welt so gut kennen, dass er genau dadurch gut auf alle Aktionen der Spieler vorbereitet ist.
Okay! Bisher hat mich an diesem Buch noch nichts so richtig gestört, aber die Abteilung „Erziehung von Spielern“ mit den Unterrubriken „Spieler verbiegen“ und „Erziehungsmethoden“ gehört spontan vor das Rollenspielstandgericht. Gut, dass Thomas Römer in einem weißen Kästchen auch so seine Probleme damit hat.
„Gehen Sie auf Ideen ein,“ ist natürlich ein guter, wenn auch absolut selbstverständlicher Tipp, während mir „Jedem Spieler die gleiche Zeit“ schon wieder gegen den Strich geht.
Letztere Aussage ist für mich zu absolut, denn man kann sehr wohl mit den Spielern über Regeln oder Entscheidungen sprechen, hier behält sich der Spielleiter dann lediglich die letzte Entscheidung vor. Der Spielleiter hat also zwar nicht immer Recht, aber er hat das letzte Wort.
Das ist kein spezielles Problem dieses Buches, sondern heutzutage vielfach gefordert, alleine schon beim Wort „Spotlight“ rollen sich mir die Zehennägel hoch. Meine Rollenspielrunden sind – in den meisten Fällen – der kooperative Versuch von Spielern mit Hilfe ihrer Charaktere in meiner Welt zu überleben und vielleicht gewisse Erfolge zu erzielen. Dazu arbeitet man zusammen und es ist völlig egal wer das Siegtor schießt, die Mannschaftsleistung zählt. Fragt mal den Löw Jogi. Ich finde es traurig, dass es anscheinend so viele Spieler zu geben scheint, die immer im Rampenlicht stehen müssen und jammern, wenn ein anderer Spieler mit seinem Charakter vermeintlich mehr vom Ruhm abbekommt.
Auch die Frage nach dem Heldentod wird nicht zu meiner Zufriedenheit geklärt, denn bei mir kann man immer sterben, das gehört einfach zu der gefährlichen Fantasywelt alltäglich dazu. Warum sollen immer nur die armen Orks sterben wie die Fliegen?
Der Rest des Kapitels hilft mir persönlich nicht weiter, weil es entweder Dinge sind, die ich als Grundvoraussetzung ansehe („Der Einsatz von Klischees“), oder solche, die in Rollenspiel, wie ich es spiele, nicht vorkommen („Spannung bis zum Schluss“), oder solche wo ich eh so schlecht bin, dass es nicht nutzt mich da noch minima
l zu verbessern („Der Spielleiter als Schauspieler“). Wobei ich mir den Abschnitt über Letzteres auf jeden Fall nochmal in Ruhe zu Gemüte führen werde. Zugegeben! In dem Bereich habe ich noch Steigerungspotential.
Das Kapitel endet versöhnlich mit einem guten Abschnitt zum Verwenden und Anfertigen von Handouts, sowie einem – wenn auch zu knappen – zum Thema „Das Spiel mit Miniaturen“.
Naturgemäß wird es in Kapitel 6: Abenteuer langsam DSA-spezifisch! Hier kommen wir nämlich zu der perfekt ausgestatteten Hintergrundwelt, die ich dem System als größten Makel anlaste, welcher von vielen anderen als großer Pluspunkt angesehen wird – man sieht, alles ist relativ, weswegen ich auch diese Rezension immer nur darauf beziehen möchte, wie mein eigenes Spiel aussieht. Nichts gegen eine in sich logische perfekt ausgestattete Welt, aber wo bleibt da der Platz für mich als Spielleiter der alten Schule? Ich bin es gewöhnt Bröckchen hingeworfen zu bekommen und darauf aufbauend meine Kampagne und meine Abenteuer zu gestalten. Das funktioniert hier nicht – oder in nur sehr geringem Maße, denn der Kanon bestimmt was wo wann passieren darf und wie jedes noch so kleine Dörfchen auszusehen hat.
Schon die ersten Tipps zielen in diese Richtung ab und geben Hinweise wie Abenteuer in Aventurien geschrieben werden können, die nicht das Raum-Zeit-Kontinuum außer Kraft setzen.
Eine tolle Sache ist allerdings eine komplette Seite, die Tipps gibt, wie man Kaufabenteuer auf sich und seine Gruppe anpassen kann, denn ich kenne immer noch Spielleiter, die sich sklavisch an die Vorlage halten – zugegebenermaßen, das habe ich natürlich Mitte der 80er mit meinen ersten D&D-Abenteuern auch so gemacht.
Gut gemeint, aber etwas unglücklich ausgeführt, ist das exemplarische Erstellen eines Abenteuers, welches allerdings an der klassischen Eisenbahn-Krankheit leidet, was auch FDS bemerkt und in einer weißen Seitenbox auf dieses Problem hinweist und Hinweise gibt, wie die Schienen entschärft werden können. Wie wir alle wissen liegt die Schiene ja meist nicht nur in der Vorgabe, sondern zu einem großen Teil auch im Kopf des Spielleiters, denn wer flott genug denkt und wenigstens etwas Erfahrung hat, wird immer souverän genug sein auch andere Lösungswege zuzulassen, selbst wenn sie nicht in der Vorlage erklärt sind.
Schick, aber leider etwas fehl am Platze, denn ich lese ja hier keine mit 3+ bewertete Deutsch-Proseminararbeit, ist die Vorstellung von 4 narrativen Modellen, die natürlich für mich als nicht gerade storytelling-affinen und vorgeplant gescripteten Spielleiter wenig Sinn machen.
Nichtsdestotrotz ist dieser Abschnitt wirklich gut zu lesen und stellt ganz sicher für viele Spielleiter ein sehr hilfreiches Werkzeugkistchen dar.
Abschließend wird der Begriff „Kampagne“ zu sehr in Richtung „Adventure Path“ ausgelegt, obwohl auch die „freie Kampagne“ erwähnt wird. Im DSA-Kontext ist das nur folgerichtig, denn die Borbarad-Kampagne ist beispielsweise eher eine Abfolge von aufeinander aufbauenden Abenteuern als das, was man traditionell als „Kampagne“ ansieht.
Ursprünglich ist eine Kampagne eine bestimmte Region, die der Spielleiter den Charakteren „zur Verfügung stellt“ und auf die ihre Handlungen Einfluss nehmen. Abenteuer, die aufeinander abfolgen, sind in diesem Sinne keine eigentliche Kampagne, im deutschsprachigen Bereich, auch durch DSA vorangetrieben, wird aber auch eine solche Abenteuerabfolge als Kampagne bezeichnet.
Das letzte Kapitel befasst sich mit Regeln; ihrem Sinn und ihrem Unsinn. Alleine die Detailbesessenheit des durchschnittlichen DSA-Fans, der, wie man jetzt einschätzen kann, sehr Richtung Lager der Simulationisten zu zählen ist, sorgt dafür, dass es eine amtliche Anzahl von Regeln gibt. Böse Zungen behaupten, dass es zu viele sein sollen, denn je genauer man die Welt abbilden will, desto mehr Regeln benötigt man und desto sperriger spielt sich ein System. Manchmal ist mehr abstrahieren einfach wirklich mehr.
Sehr empfehlenswert ist hier die riesige weiße Box, in der sich Oliver Hoffman ausbreitet, der anrät eine gute Balance zwischen Realismus und Abstraktion zu finden.
Kommen wir nun zu etwas moderneren Ideen, die an das DSA-Spiel herangetragen werden, sprich: „Schicksalspunkte“. Man kennt sie als „Bennies“ in Savage Worlds oder „Hero Points“ bei Barbarians of Lemuria, diese kleinen runden Freunde, die sowohl Helden, als auch ihren Gegnern dazu dienen, Würfelwürfe zu wiederholen oder Folgen gegnerischer Würfe zu negieren. Ich stehe ihnen kritisch gegenüber, denn sie destabilisieren leicht ein ganzes System, manchmal sogar in dem Maße, dass man vermuten könnte, dass die Designer ihn nur eingeführt haben, um Systemprobleme zu kaschieren. Hier werden sogar genaue Vorschläge gemacht, wie man die Punkte einsetzen kann – so kann man zum Beispiel mit 2 Punkten einen Zufall kaufen, der das eigene Leben so gerade noch rettet. Auch „Geistesblitze“ kann man für einen Punkt käuflich erwerben. Puh! Das liegt so gar nicht auf meiner Wellenlänge; so habe ich neulich bei einer Runde Barbarians of Lemuria auf die 5 Hero Points verzichtet, die meinem Charakter zustanden.
Die Idee der Vor- und Nachteile bei der DSA-Charaktergenerierung finde ich sehr interessant, leider bieten sich natürlich unendliche Möglichkeiten für Punktefuchser. Wenn sie nur dazu genutzt würden, einem Charakter mehr Tiefe zu verleihen, dann ist an ihnen nichts auszusetzen. Ich würde also in meinen Runden auf die Vernunft meiner Spieler zu bauen, anstatt restriktiv mit dem Konzept umzugehen und Kombinationen zu verbieten, wie es hier vorgeschlagen wird.
Als Mathematik-Legastheniker werde ich keine Aussage zum Abschnitt „Höhere Mathematik“ machen. Punkt!
Zufallstabellen sind ja mein Ding und ich finde es gut, dass sich DSA auf diese Stärke älterer Spielstile zurück besinnt, nur muss man den Tabellen in den Anhängen allesamt vorwerfen, dass sie genau das nicht tun, was Zufallsbegegnungen interessant macht. Sie sorgen nicht dafür, dass Spieler und Spielleiter schnell denken müssen, um merkwürdige Begebenheiten in ihr Spiel einzubinden. Selbst diese Zufallstabellen machen nur den Eindruck dem Kanon Genüge tun zu wollen. Besonders auffällig ist das bei den „Tieren und Pflanzen je nach Region“. Die hätte man sich glatt schenken können. Besser sind da schon die Tabellen, mit denen man sich schnell interessante Meisterfiguren mit ein paar Würfelwürfen erstellen kann. Hier ist auch die graue Box mit Launen und Eigenschaften eine prima Ergänzung. Die unterschiedlichen Zufallsbegegnungen sind in sich recht interessant und bieten mit wenigen Worten viel Anlass für interessantes Rollenspiel, aber auch hier gilt meine Kritik, wenn auch in abgemilderter Form.
Fazit:
Ich fürchte diese Besprechung wird bei den Rezipienten negativer ankommen, als sie von mir gemeint ist. Meine „Mäkeleien“ bedeuten allerdings keinesfalls, dass „Wege des Meisters“ ein schlechtes Buch wäre oder seinen Sinn nicht erfüllen könnte. Man kann an meiner Besprechung einzig und alleine ablesen, dass viele Ideen oder Vorschläge im Buch damit kollidieren wie ich persönlich spiele (was nun ganz sicher nicht mehrheitsfähig ist) oder einfach nur an meinen persönlichen Vorlieben vorbeilaufen.
Es ist unbestritten, dass Spielleiter jeglichen Erfahrungsstandes und unterschiedlichster Systeme wertvolle Hinweise erhalten und Positives für sich herausziehen können.
Das muss man dem Buch sowieso hoch anrechnen: Es ist tatsächlich nicht nur ein rein auf DSA beschränktes Spielleiterbuch, wozu es bei dem Titel durchaus das Recht hätte.
Wie gesagt – jeder findet in der Mine „Wege des Meisters“ Diamanten. Wie viel Geröll man dafür wegräumen muss, liegt jeweils an jedem einzelnen Leser – aber das lernt man ja schon im Literaturwissenschafts-Grundstudium: „Einen Text gibt es so oft wie er Leser hat.“