Monat: September 2014
[Rezension] Savage Worlds: Hellfrost – Kreaturenhandbuch
Zu diesen „Gefahren aller Art“ kommen wir aber später – zuerst einmal sehe ich mir genauer an, was der Band sonst noch so bietet. Okay, zu Beginn haben wir die üblichen Klassiker wie das Buch zu „benutzen“ ist, neue Monstermerkmale, Beute (arrrgh, etwas uncoole Übersetzung für den kostbarsten Beutetyp: „Fundgrube“ – das hat für mich eher den Beigeschmack von „Rudis Resterampe“) und Hinweise zum Planen von Begegnungen. Und hier sind ein paar Sätze, die ich ja immer wieder mit dickem Edding unterstreichen würde, nämlich beispielsweise, dass die Monster sowie die Begegnungen nicht so angelegt sind, dass die Spieler die Begegnung auf jeden Fall bewältigen können. Ich zitiere: „Manchmal muss man einem Drachen eben ausweichen, eine kluge taktik anwenden oder weitere Söldner anheuern, um ihn zu besiegen“.
Nach dem Monstertexten folgt ein kurzes Kapitel über Relikte – für mich ein wichtiges Element des Hellfrost-Settings, das durchaus mehr als 6 Seiten vertragen könnte. Okay, zugegebenermaßen muss das nicht unbedingt im Kreaturenband sein…
Den Abschluss (neben Werbung unter anderem für das vorzügliche „Los Muertos“) bildet dann ein einseitiger Index, der von mir die wohl am häufigsten frequentierte Seite des Buches werden wird, denn…
Ja! „Denn“! Wie schon aus anderen Monsterbüchern und Monsterrubriken in Regelwerken bei Savage Worlds, herrscht auch hier die Unsitte alle Gefahren, egal ob Monster, Naturkatastrophe, Archetyp oder was auch immer einfach durcheinander zu werfen und dann die gesamte Menge alphabetisch zu sortieren. Und das ist ja sowas von unübersichtlich! Pfui! Und hier wird das noch zusätzlich verworren gestaltet, weil beispielsweise alle Dämonen unter dem Stichwort „Dämonen“ zu finden sind und dann dort intern alphabetisch einsortiert wurden. Das wird netterweise zuvor im Fließtext erwähnt, aber das wäre doch wirklich übersichtlicher gegangen. Komplett auf die Spitze treibt es dann die bei Savage Worlds übliche Organisation, dass die Monster einfach Knall auf Fall eines auf das andere folgt und es keine optische Trennung in Form von Linien oder unterschiedlichen Schrifttypen gibt, oder gar, wie bei anderen Systemen üblich, jedes Monster genau eine oder genau zwei Seiten an Platz bekommt und das nächste Monster wieder auf einer eigenen Seite beginnt. Mann, Mann, Mann! Wer erwartet denn direkt nach „Falke“ den Eintrag „Falle“ und wenig später „Gefahren“? Argh!
All das kann man natürlich nicht Lizenznehmer und Übersetzer Prometheus anlasten, das ist einfach so. Wiggy ist ja auch bei seinen Abenteuern nicht gerade legendär dafür, sie besonders „userfreundlich“ zu gestalten.
Und seien wir mal ehrlich, man gewöhnt sich recht flott daran und der Index ist wirklich eine sinnvolle Hilfe.
Die Einträge im Hauptteil sind wirklich ganz große Klasse und geben dem Hellfrost-Setting erst ein eigenes Gesicht. Bei meinen Recherchen für ein kleines Abenteuer habe ich mit dem englischen Monsterband gearbeitet und Hellfrost gewann für mich von Seite zu Seite mehr an Kontur. Wenn man weiß, was dort für Wesen leben, erhält man einen ganz neuen Blick auf die Hintergrundwelt, die für mich zuvor immer etwas austauschbar erschien. Meine persönlichen Highlights sind die Alligatormenschen, Bufomi (Froschmenschen), der Glitzerkäferschwarm und der Rauschameisenschwarm. Eine Welt, wo die leben, ist definitiv eine, in die ich die Charaktere meiner Spieler jagen möchte.
Auch wichtig für den Spielleiter sind Beispiele für besondere Machtgruppen im Hellfrost-Setting, wie beispielsweise Justiziar oder Rabenritter – auch solche Elemente sidn mir immer eine große Hilfe mich in eine Hintergrundwelt einzufühlen und geben mir oft auch direkt die ersten Abenteuerideen mit.
Die Herolde sämtlicher Götter finden sich auch in diesem Buch. Für sie gilt auch das eben Gesagte. Man erfährt immer mehr über eine Gottheit, wenn man sieht, wie sie auf der „Erde“ auftreten. Gut gemacht, Wiggy!
Dass die direkt spielbaren Archetypen mittenrein gemischt wurden – geschenkt, darüber habe ich schon gemeckert. Aber auch die sind supersinnvoll, um schnell ins Spiel zu starten. Einmal bekomme ich ein Gefühl dafür, wie der Autor sich seine Welt vorstellt und zum anderen kann ich die meinen Spielern direkt an die Hand geben und es kann sofort losgehen.
Da ja der erste Versuch, Hellfrost in deutscher Sprache zu etablieren, neben dem „falschen“ Format vor allem an der etwas unglücklichen Übersetzung scheiterte, sollte ich zu diesem Band wenigstens meiner Chronistenpflicht genüge tun und darauf hinweisen, dass die Übersetzung hier – bei kleinen Geschmackssachen wie dem oben geschilderten „Fundgrube“ – wirklich mehr als solide ist und wirklich wenig Fehler zu finden sind. Worauf man allerdings ab und an trifft, sind falsche Trennungen, denn – wie ich gelernt habe – es ist nicht ganz simpel die automatische Trennung bei InDesign korrekt zu verwenden und auf die richtige Sprache zu eichen. Das ist zwar kein Beinbruch, aber wenn man direkt in der 2. Zeile des Buches auf die geschmeidige Trennung „Hellf-rost“ zu treffen, ist schon etwas irritierend. Alles in allem haben wir es aber mit einer absolut gelungenen deutschen Fassung des letzten der drei Hellfrost-Grundregelwerke zu tun – endlich kann das nordisch unterkühlte Setting hier so richtig Gas geben…
Fazit:
Nun, das Fazit fällt nicht schwer, denn ich habe nicht viel zu meckern. Wenn man mit der „eigenwilligen“ Einteilung gut leben kann, erhält man ein wirklich gutes, schick aussehendes Monsterbuch, ohne das die Regel-Dreifaltigkeit gar nicht komplett wäre. Übersetzung und Aufmachung sind auch gelungen und das kleinere A5-Format wertet das Buch für mich (der ich die Originalversion besitze) zusätzlich auf.
Bewertung:
4 von 5 Rauschameisenschwärme
[Rezi] Tod dem Tyrannen!
Soldaten beschützt ins Schloss gelangen muss – der andere Spieler spielt die Dörfler, unter denen sich drei Meuchelmörder verbergen, die den König ausschalten wollen. Die Siegbedingungen für den König sind: erreiche die Burg oder lass deine Soldaten alle drei Meuchelmörder töten – die für den Rebellen sind: töte den König oder sorge dafür, dass er am Ende des Kartenstapels nicht das Schloss erreicht hat.
[Etwas wie eine Rezension] Dirty Nerd – Texte von der dunklen Seite des Nerdtums
Beginne ich also direkt mit dem Fazit: „Du bist Nerd (gerade in den Bereichen Filme, Comics und Rollenspiele), hast nix gegen eine gehörige Prise Sex und herrlich virtuose vulgäre Wortschöpfungen und kannst auch über dich selbst lachen, dann wirst du das Teil heiß und innig lieben – liest du nur die Auto Motor Sport, schlappst morgens mit einem Köfferchen unterm Arm auf die Arbeit zur Debeka, tippst bis 16:15 am Computer rum und gehst frustriert nach Hause zu Frau, 1,7 Kindern und Zwergkaninchen, wo du zum Lachen in den Keller gehst, dann mach einen großen Bogen um die Texte von der dunklen Seite des Nerdtums.“
Bei Amazon gibt es das gute Stück für 3,99€ als .mobi und .epub – was mich erstmal vor größere Probleme gestellt hat, ich habe dann aber nach langem Testen und Herumexperimentieren für mein .mobi-Buch eine gute Lösung gefunden. Um euch die Suche zu ersparen, kann ich euch gerne verraten, dass mein Tablet das Format mit der Gratis-App „Moon+ Reader“ problemlos anzeigen kann – und es gibt noch etliche schicke kleine Extras und Statistiken, wie ich sie bei Readern so liebe…
Aber kommen wir doch endlich zum Eingemachten: Insgesamt ballert Grasi dem 39 mal längere, mal kürzere Geschichten im D-Zug-Tempo um die Ohren und gerade, wenn man ihn mal lesen gehört hat, kann man sich ganz gut den Duktus und die Vortragsart vorstellen (Habe ich schon nach nem Hörbuch gefragt, Grasi?) und die ganze Sache noch mehr genießen. So kannte ich etliche der Texte entweder vom Blog des Autoren oder von einer Lesung auf der FeenCon 2014 in Bonn, und war mental auf das vorbereitet, was mich erwarten würde.
Der Opener ist dann auch wirklich gut gewählt und gerade Computerspiel-Nerds werden ihren Spaß mit Blutbad-Bitz69 haben. Wie bei einem guten Konzert wurde versucht, stark einzusteigen, die Texte so anzuordnen, dass sich harte und etwas zartere Texte mit computerspielzentrierten und 80er-angehauchten abwechseln. (Okay, wahrscheinlich hat sich Grasi da gar keine Gedanken gemacht, aber trotzdem sind die Texte wirklich gut angeordnet – da gibt es nix zu meckern.)
So folgt dann auf den eher blutigen (no pun intended) Blutbad-Text „Ein Sommer in den Achzigern“, wo es etwas gemütlicher und gemächlicher wird. Aber Grasi wäre nicht Grasi, wenn die ganze Nummer nicht nach einem fast klassischen Beginn langsam in den Wahnsinn abgleiten würde.
Wenig später folgt dann mit „Mein Gemüse“ eine weitere Stärke: eine völlig sinnlos runtergerasselte Aufzählung, die in ihrer Dämlichkeit einfach nur Spaß macht und gerade bei einer Lesung immer ordentlich rockt. Ja, so isser eben, der Zack Boner!
Rollenspieler werden sich in „Ein ganz normaler Tag im Leben eines Rollenspielers“ problemlos wiedererkennen und wer schon immer mal eine Antwort auf eine dämliche Spam-Mail schreiben wollte, der ist mit „Email von Juliana_X“ genau richtig aufgehoben, wer in den 80ern mies gehänselt wurde und seitdem auf Rache sinnt, sollte es mal mit „Das Nerdperium schlägt zurück!“ probieren.
So wird einfach jeder unterdrückte Nerd einer jeglichen Nerd-Subspezies bedient – ja, auch die Nerdklassen werden hier massenkompatibel kategorisiert und erklärt.
Um mal noch ein paar persönliche Anlese-Empfehlungen zu geben: „Mein Brief an Vladimir Vladimirovich Putin“, „Die Liga der außergewöhnlichen Mitbewohner“, Wer suchet der findet“ oder für Trekkies „Ein Tag wie jeder andere an Bord der U.S. Enterprise 2.0“
Die Preise für die dämlichsten Text-Überschriften gehen an „Palmin ist das Ejakulat Gottes“ und „Die Masturbation ist der Puff des kleinen Mannes“. Glückwunsch an die beiden!
Den Abschluss des Bandes bilden drei Kurzgeschichten (die natürlich im Vergleich zu den Slamtexten eher Novellen oder Romane sind), die man sich durchaus geben kann. Ich fand da die mittlere – „Herr Sanders“ – ganz interessant, da sie mir endlich gestattet, Grasi literarisch zu kategorisieren. Klarer Fall. Er ist der „Lovecraft des sexuell herausgeforderten Nerds“.
… und um am Schluss nochmal kurz mit Anlauf in die Suppe zu rotzen – warum hat nicht nochmal jemand über die Texte drübergelesen und die 2W100 Fehler entfernt? Waren etwa bei diesem Produkt keine Millionen mehr übrig für ein geschmeidiges Korrektorat?
Abgesehen davon würde ich das Experiment „einfach mal ein virtuelles Buch zu basteln und es bei Amazon einzustellen“ als vollen Erfolg werten!
[Rezension] Sea Dracula – Das Tier-Anwälte-Tanz-Rollenspiel
[Rezension] Finsterland: Compendium der Curiositäten
[Crowdunterstützing] Orkenspalter TV
[Kurzrezi] Herz des Glürm (Erweiterung zu Maus und Mystik)
P.P.S.: Ich vergaß komplett die äußerst schnuffigen Schnecken-Kumpels zu erwähnen, die man im Laufe des Spiels an die Seite bekommen kann – nur schade, dass es von denen keine Minis gibt…