Liebe Seifenkistenleser*innen – ich wollte eigentlich nicht mehr zwei Artikel der gleichen Rubrik direkt hintereinander bringen, aber gerade ist es mir ein Bedürfnis, euch ein paar Bilder des ersten Fanzines zu zeigen, das ich in meinem Leben gelesen habe: Die Greifenklaue.
Ärgerlicherweise finde ich gerade mein Exemplar der siebten und letzten Ausgabe nicht, aber die ersten 6 kann ich euch gerne zeigen.
Ausgabe 1 stammt aus dem Sommer des Jahres 1998 und das rechte Foto zeigt euch, weshalb die ganze Reihe „Zine with the Schien“ hieß – das war einer der Claims, der mich auf der RPC 2009 besonders überzeugt hat und ich habe Ingo direkt alle bis dahin existierenden Exemplare abgenommen. Mein Favorit hier ist ein Artikel, in dem darauf eingegangen wird (in Bezug auf AD&D 1) wie ich als SL das „Rollenspiel“ in der Gruppe verbessern kann – den muss ich glatt mal besprechen, wenn ich Zeit habe.
Ausgabe 2
Wie ihr sehr, wurde von Anfang an allen Interessierten die Möglichkeit gegeben, an dem Zine mitzuarbeiten und in der Tat sind so manche bekannte Namen anzutreffen, wenn man durch die Ausgaben blättert. Und diese Ausgabe 2 ist mein heimlicher Favorit. Hier ist echt alles, alles, alles drin, was ein Fanzine liebens- und lesenswert macht: ein Interview mit dem örtlichen Buchhändler, eine Besprechung des neuen AD&D-Einsteigersets, ein Interview mit Tuomas Holopainen von Nightwish, ein Rundumschlag über Computerrollenspiele… Hey, in dem Ding werde ich heute Abend im Bett schmökern.
Ausgabe 3
Die dritte Ausgabe befasst sich zentral mit Musik, aber besonders interessant ist der Report über die Zukunft von AD&D (D&D) anhand eines Vortrags von Volker Hirsch und Uwe Körner, was natürlich bei Erscheinung im Winter 2000 schon lange kalter Kaffee war, da D&D 3 schon längste erschienen war. Ich finde aber gerade diese Anachronismen unglaublich liebenswert. Genau das macht Fanzines aus – in Zeiten des Internet sind gerade dieses breit aufgestellten Fanzines total aus der Zeit gefallen, aber historisch findet sich da unglaublich viel.
Ausgabe 4
Der Schwerpunkt von Ausgabe 4 ist für mich mit „Vampire“ nicht ganz perfekt, trifft es doch meinen Geschmack nicht wirklich. So kann ich aber wenigstens die ersten Seiten überblättern und mir die dämliche Rubrik „Mumpitz, Stilblüten und Versprecher“ reinziehen. Etwas, was einfach perfekt für ein Fanzine ist. Wie ihr oben sehen könnt, wird auch wieder fleißig rezensiert. Hatte ich gar nicht mehr so auf dem Schirm, dass auf Deutsch für die Vergessenen Reiche zunächst nur die echt schwache Randall Morn-Kampagne erschienen ist – aber die Wüste der Verdammnis sorgte dann ja für stabiles Spielmaterial.
Ausgabe 5
Ausgabe 5 ist ja schon eine Art kleines Jubiläum und so kam sie handnummeriert (ich habe Nummer 48) daher und es gab einen Metallwürfel dazu. Da habe ich die 5+2 Euro doch gerne investiert. Und dann gibt es noch ein veritables Interview mit Gary Gygax, dem Ingo und Christophorus (so will es die Legende) zuvor eine Ausgabe der Greifenklaue verhökert hatten. Und beim Drüberlesen muss ich gerade feststellen, dass der gute Gary eine Comic-Version seiner Gord the Rogue-Romane für 2003 in Aussicht gestellt hat – da muss ich gleich mal recherchieren.
Ausgabe 6
Mit Ausgabe 6 erreicht die Greifenklaue dann auch einen stabilen Höhepunkt und erstmals wird das Thema „Zur See“ fast durch die gesamte Ausgabe knallhart durchgezogen. So gibt es Schilderungen diverser See-Settings, eine Kurzgeschichte, ein „universelles Piratennest“ … Außerdem stelle ich gerade erst fest, dass das komplette Heft von hinten nach vorne eingeheftet ist. Gut, dass ich das kleine Problem wegen der „Schien“ selber beheben könnte, aber das wird jetzt so bleiben.
Auf der Rückseite wird dann die letzte Ausgabe, Nummer 7, angekündigt mit dem großen Thema „Endzeit“. Für diese Ausgabe durfte ich ein Setting für Mutant Future sowie ein kleines Abenteuer, was in eben jenem Setting spielte, veröffentlichen. Ja, immer ein Herz für den Nachwuchs.
Verdammte Scheiße, Ingo! Gorion ist stolz auf dich! Ganz, ganz sicher!
Beim ersten Fanzine-Wettbewerb von System Matters wurden ja unglaublich spektakuläre Sachen eingereicht, die für mich den Rahmen „Fanzine“ eigentlich schon deutlich gesprengt haben. Eines dieser Projekte, Die glorreiche Stadt, ist mir gestern wieder in meinem Regal in die Finger geraten und ich würde es euch gerne vorstellen.
… ach ja – falls ihr neugierig werdet und es gerne irgendwo kaufen würdet – da kann ich euch leider auch aktuell nicht weiterhelfen. Wenn ihr eine Quelle findet, schreibt sie bitte in die Kommentare.
Das Cover
Wenn ihr euch das Cover anseht, merkt ihr sofort in welche Richtung es hier geht und weshalb ich so über alle Maßen begeistert davon bin. Das Stichwort Sandbox ist ja immer einen Kauf wert, aber wenn wir es dann im Illustrationsstil noch mit Pixellook zu tun haben, dann bin ich endgültig hin und weg. Dungeon World ist jetzt nicht so mein bevorzugtes System, aber nach dem ersten Durchblättern ist klar, dass es nicht schwierig sein wird, das auf andere Systeme anzupassen.
Die Rückseite – Unendliche Weiten
Ich sagte eingangs bereits, dass wir hier hier über den Status „Fanzine“ hinausschießen, denn dieses Heft ist toll produziert. 42 Seiten auf einen toll dicken und griffigen Papier, dazu noch farbig und mit glasklarem Layout. Das kriegen einige professionelle Verlage nicht besser hin.
Den Inhalt des „Abenteuers“ für DW, ich setze das in Anführungsstriche, denn ein richtiges Abenteuer liegt hier gar nicht vor, kann ich hier unmöglich schildern, denn es gibt keinen linearen Verlauf, keinen großen Endbösewicht, keinen Dungeon …
Hier werden einfach nur, unterteilt in die Viertel und Gegenden der Stadt, alle möglichen Details geschildert, die der Stadt Leben einhauchen und die eine Abenteurergruppe mit zahllosen kleinen Abenteuern versorgen sollen. Für viele vielleicht sehr gewöhnungsbedürftig, aber „ich habe es ja gerne so“.
Antiquariat und Bildhauerin
An Vierteln werden hier geschildert:
Die glorreiche Stadt (Allgemeines)
Tempelberg
Hafen
Grünhain
Schattenmarkt
Unterstadt
Dazu kommen die Elemente:
Dramatis personae
Gefahren
Entdeckungen
Jede Location wird durch drei oder vier Adjektive in ihrer Stimmung charakterisiert und es gibt jeweils mehrere sehr fantasievoll gestaltete Unterorte, die aufgesucht werden können und die allesamt ihre eigenen kleinen Geheimnisse bergen. Ihr erkennt sicher schon an den unterschiedlichen Vierteln, was eure Gruppen da in etwa erwarten könnte und diese Erwartungen werden eigentlich niemals enttäuscht, sondern eher übertroffen.
Alte Sternenkarte
Beispielhaft zeige ich euch hier die mysteriöse Sternenkarte – hey? Ist das etwa ein Tie-In zum Purpurplaneten? Egal. Irgendwohin wird uns diese Karte schon den Weg weisen.
Ich kannte bis zum Lesen der Glorreichen Stadt die „Almanach-Struktur“ von Dungeon World nicht, aber sie gefällt mir spontan. Damit kann ich als SL gut arbeiten. Und wenn dann ein kleines Heftchen noch so viele tolle Ideen (siehe die abgedruckte Seite) hat, dann kann ich gar nicht anders, als es zu mögen.
Hossa. Ich sehe gerade, dass meine letzte Rezension vom 19.01.2020 ist – wisst ihr noch damals? Nur Insider hatten von dieser komischen neuen Covid-Geschichte gehört. Und noch weniger gingen davon aus, dass das auch hier in der Gegend ein Problem werden könnte. Aber ich schweife ab. Heute werde ich mir für euch Kalidonas Herbarium ansehen. Überraschenderweise handelt es sich dabei um ein in game-Kräuterbüchlein – und zwar für das System Midgard, aber eigentlich enthält es so einen geringen Regelanteil, dass ihr es mit jedem Setting und jedem Regelwerk verwenden könnt.
Genau dieses fast vollständige Fehlen von Regeln wird diesen Text vermutlich auch zu meiner kürzesten Rezi ever machen – ich lasse mich da selber überraschen.
Disclaimer: Ich habe von Midgard Press ein Rezensions-Exemplar erhalten.
Das Cover – (Co) F&SF Spiele / Midgard Press
Autorin: Ulrike Duprée
Illustrationen/Layout: Ulrike Duprée, Ulf Lehmann
Verlag: Verlag für F&SF Spiele
Aufmachung: Hardcover, A5, vollfarbig, 96 Seiten
Erscheinungsjahr: 2021
Preis: 9,95 Euro
ISBN: 978-3-948019-06-8
Das Impressum – (Co) Verlag für F&SF Spiele
Gestaltung
Der erste Eindruck ist top. Das kleine Hardcover liegt mit seinem abgerundeten Rücken top in der Hand und nur wenige Gestaltungselemente mildern den Eindruck ab, ein ingame-Büchlein aus einer Bibliothek im Herzen Midgards in Händen zu halten. Alles ist klar strukturiert, jede Pflanze erhält eine Seite mit Farbillustration. Ihr könnt euch als Beispielseite die Ytulom-Wurzel ansehen.
Die Ytulom-Wurzel – (Co) Verlag für F&SF-Spiele
Inhalt
Okay, 97% des Umfangs sind die Beschreibungen der (wenn ich richtig gezählt habe) 85 Pflanzen, dazu gibt es Quellenverweise der Pflanzen, die es schon in älteren Publikationen gab, ein Geleitwort der Botanikerin Kalidona vom Tränensteingraben, kurze Hinweise zur Verwendung im Spiel und eine dreiseitige Übersichtstabelle, in welchen Regionen welche Pflanzen gefunden werden können.
Bei den Pflanzen und ihren Beschreibungen merkt man, dass Ulrike und ihre „Vorarbeiter“ immensen Spaß bei der Erschaffung typisch midgarischer Pflanzen hatten. Ich zähle mal ein paar Beispiele auf, ihr könnt euch gerne vorstellen, wie die Dinger aussehen und/oder welche Fähigkeiten sie haben: Berserkerpilz, Eiterrich, Irrleuchte, Katzenjammer, Quadratwurzel (Kollege Franke, ich blicke in deine Richtung!), Teufelsmund, Wichtelhaube … und ich könnte das noch stundenlang durchziehen. Ich mag ja einen solchen spielerischen Umgang mit Realwelt und Spielwelt gerne. Versucht gar nicht erst, mir etwas anderes einzureden.
Die Rückseite – (Co) Verlag für S&SF-Spiele
Einige Pflanzen sind einfach nur Weltenbau-Elemente, andere haben unterschiedliche Auswirkungen, die ab und an in (Midgard-)Regeln gegossen sind, andere Male wiederum so allgemein gehalten sind, dass sie problemlos für andere Systeme verwendet werden können.
Beispiele gefällig? Bei der weiter oben gezeigten Ytolom-Wurzel wirkt als Brei eingerieben wie Austreibung des Bösen mit Zaubern+20. Das Sekret des Teufelsmunds wiederum wirkt auf Metallobjekte wie der Zauber Rost, nach magischer Aktivierung lässt er sogar Edelmetalle rosten. Mal mehr, mal weniger systemspezifisch, aber wenn ihr euch eure bevorzugten Systeme (falls dies barbarischerweise nicht Midgard sein sollte) vor Augen führt, werdet ihr sicher schnell auf Ideen kommen, wie ihr das umsetzen könntet.
Auch die Mächtigkeit der Wirkungen variiert krass. So hat Eberwurz ausschließlich leichteren medizinischen Nutzen gegen Blähungen und Co., während die Totenblume im besten Falle Tote wieder zu Leben erwecken kann. Ich als alter Simulant (äh, beim Weltenbau, nicht im Krankenhaus) hätte mir jetzt noch Tabellen gewünscht, wie es um die Verfügbarkeit der Pflanze und ihrer wirksamen Komponenten steht sowie eine Preisliste (von mir aus beides auch gerne erweitert auf unterschiedliche Regionen), aber vermutlich wurde davon Abstand genommen, um den Kräuterbüchlein-Charme nicht weiter zu stören. Das ist aber auch wirklich die einzige Sache, die ich gerne noch gesehen hätte. Sonst bin ich wirklich sehr angetan – ihr merkt, wir nähern uns dem Fazit.
Fazit
Ein tolles Kräuter-Quellenbuch mit einigen Midgard-typischen Pflanzen, aber genügend weltenneutralen Pflanzen, dass es für euch alle interessant sein könnte. Ist klein, liegt gut in der Hand, hat eine klare Struktur und etliche inspirierende kleine Beschreibungstexte, die euch Ideen in den Kopf setzen.
In irgendeinem Stream zeigte ich mal ein paar der schicken AEG-Abenteuer im zur Hälfte gefalteten A4-Format. Ich habe davon mal einen ganzen Rutsch gekauft und auch jetzt schlage ich immer zu, wenn ich irgendwo über diese Kleinode stolpere. Da sind echt gute Sachen dabei. Vieles ist von der Stange, aber man muss sich nur etwas durchwühlen, dann findet sich schon der eine oder andere Diamant.
Hui. Kleine Zwischenbemerkung: Ich habe gerade entdeckt, dass es die Reihe aktuell bei Drivethrough gibt. Sehr cool.
Schon früh haben sich hier „große“ 3rd Party Publisher von d20 positioniert und das schicke Format und die kleinen Preise für sich entdeckt.
Ich besitze Material aus vier verschiedenen Reihen. Schauen wir also mal genauer hin.
AEG-Abenteuer der ersten Generation – (Co) Alderac Entertainment Group
Im Jahr 2000 erschien von Seiten Wizards of the Coast neben dem Kracher D&D 3 auch noch die Open Gaming Licence und so konnten von diesem Zeitpunkt an andere Verlage ohne Lizenzgebühren oder Überprüfung des Materials mit D&D 3 kompatibles Material herausbringen. Auf diesen Zug sprang Gott und die Welt auf, aber unter dem Kommando von Jim Pinto waren AEG hier direkt im Jahr 2000 mit der ersten Welle beteiligt.
So erschienen direkt im ersten Jahr der OGL (und wir reden hier eigentlich nur von der Zeit ab etwa September) direkt 12 Abenteuer, die AEG adventure booster nannte – kleine Abenteuer von 16 (also eigentlich 8) Seiten, die sich schnell in jedes Setting einbauen ließen. Wie ihr sehr, besitze ich 7 der 12 Abenteuer – eines davon werde ich euch gegen Ende des Artikels hin etwas genauer vorstellen. Dreimal dürft ihr bei der Cover-Illu und dem Titel raten, welches das sein wird.
AEG-Abenteuer der zweiten Generation – (Co) Alderac Entertainment Group
Direkt 2001 gab es die zweite Welle an AEG-Abenteuern mit neuem Umschlag-Design. (Dass ich die erste Welle ansprechender finde, muss ich sicher nicht erst erwähnen – aber diese zweite Welle passt definitiv besser zur Aufmachung von D&D 3, während die ersten 8 Abenteuer eher die Old-School-Szene ansprachen.)
Wie viele Abenteuer es hier gibt, finde ich nicht genau, aber es gab einen ganzen Rutsch, wie ihr seht, habe ich schon 14 davon im Regal. Wie man sieht, sind hier die meisten Abenteuer für den D&D 3-Sweet Spot geschrieben, die Stufen 5-7, aber mit The Harbinger und Gottheit gibt es auch zwei höherstufige Abenteuer für Charaktere der Stufen 9-11. Ein mutiges Unterfangen, solch hochstufige Abenteuer auf so kleinem Raum aufzubereiten.
Gerade bei diesen Abenteuern ist es absolut üblich neben dem Abenteuer noch neue magische Gegenstände oder Monster abzudrucken, wodurch das eigentliche Abenteuer noch kürzer wird. Aber $2.49-$2.99! Was will ich da meckern? Selbst wenn nur eine gute Idee enthalten ist, hat es sich schon gelohnt.
Legends & Lairs-Abenteuer – (Co) Fantasy Flight Games
Mit der Legends&Lairs-Reihe ist auch FFG auf den d20-Zug aufgesprungen. Für diese Reihe erschienen dann die hier gezeigten Abenteuer, die instant adventure genannt wurden, da sie kurz waren und ohne große Vorbereitung geleitet werden konnten.
Power Classes – (Co) Mongoose Publishing
Neben Abenteuern gab es auch neue Regelelemente, wie hier in Power Classes die neuen Klassen, die aus dem Hause Mongoose stammen. Ich glaube durch den Gladiatoren-Band bin ich überhaupt erst auf dieses Format aufmerksam geworden – denn ganz kurz habe ich zu dieser Zeit mit dem Gedanken gespielt, meine Dark Sun-Kampagne zu dunddreiisieren. Das passierte aber nie. Wir haben einfach mit AD&D 2 weitergespielt. Egal, ich schweife ab.
Ab zum besprochenen Blick auf ein Einzelabenteuer. Ihr habt es geahnt. Ein Aaskriecher auf dem Cover und crypt im Titel – da konnte ich keine andere Wahl treffen.
The Crypt of St. Bethesda – (Co) AEG
Wie gut zu sehen ist, haben wir es hier (wie bei den meisten Abenteuern dieser Reihen) mit einem reinen Dungeon zu tun. Alles um den Dungeon herum muss von der SL erarbeitet werden, oder es wird einfach als One Shot gespielt, da wird nun wirklich keine Umgebung benötigt.
Reiner Abenteuertext sind nur 10 (also 5) Seiten. Das schreib ich euch vom Umfang her in etwa zwei Stunden zusammen. Aber ob ich so viele gute Ideen habe, ist dann fraglich, denn hier wird in nur 14 Räume so einiges an Kram gestopft. Alleine schon der Endgegner, der frisch für das Abenteuer entwickelte wormwraith ist ein echt fieses Ding. Da haben sich die $2.49 schon locker amortisiert. Dazu dann noch Aaskriecher, Monsterwürmer, Untote, mysteriöse Altäre und eine Möglichkeit, im Endkampf die Lage sehr zu en eigenen Gunsten zu verbessern. Wirklich ein absolut stabiles Dungeon-Abenteuer, bei dem die Karte es schafft, selbst mit so wenigen Räumen nicht linear zu sein. Gefällt mir wirklich gut und ist ein guter Kauf-Tipp, um die Sammlung in diesem Bereich durchzustarten.
Ich nutze den heutigen Tag, um euch exemplarisch eines der Spielbücher kurz vorzustellen, das in einer Reihe unterschiedlicher Franchises so zwischen 2007 und 2010 bei Pegasus entstanden sind. Bei Das schleichende Grauen haben wir es mit einem Buch zu tun, das in der Welt des Cthulhu-Mythos angesiedelt ist, genauer gesagt in dem damals kurzzeitig populären, aber längerfristig recht brutal gefloppten Hexer von Salem-Setting. Weitere damals bespielbare Settings waren: Ulldart, Das geborgene Land und Wlachkis. Ich hatte ja immer die Vermutung, dass diese Reihe beim Verlag überhaupt nur wegen der beiden Heitz-Settings eine Chance bekam.
Neben dem Setting, das ich damals mochte, sind auch die beiden Autoren erwähnenswert, denn das sind zwei „junge“ (okay, etwas jünger als ich) deutsche Autoren, die ich sehr schätze. Heutzutage schreiben sie beide (einzeln oder im Team) für so ziemlich alles, was nicht schnell genug auf den Bäumen ist, sei es Perry Rhodan oder Star Trek, aber ans Herz legen möchte ich euch mal ganz persönlich die Magierdämmerung-Trilogie von Bernd und die wunderschönen Kinder-Eifel-Sagen-Geschichten Sagenhaft Eifel! von Christian.
Aber genug der Gefühlsduselei – auf zum schleichenden Grauen.
Das Cover – (Co) Pegasus Spiele
Ich mag ja Spielbücher mit nicht zu komplexem Regelsystem – dann sind sie einfacher in der Badewanne zu spielen. Und das ist hier perfekt gelöst – da ist „rudimentär“ noch eine Übertreibung. Ich habe vier Attribute: Kampfkraft, Klugheit, Willensstärke und Magie. Die ersten drei starten mit einem Wert von 4, die Magie beginnt bei 0 (was mir als Spezialisten für Zwergenkämpfer sehr entgegenkommt). Diese Werte können sich natürlich im Laufe des Abenteuers ändern. Klaro. Wär ja sonst nicht richtig.
Proben sind ganz einfach. Ich würfle so viele W6 wie ich in dem jeweiligen Attribut Punkte habe und muss insgesamt eine Zielsumme treffen oder übertreffen. Manchmal gibt es da je nach Situation auch Boni oder Mali.
Kämpfe sind minimal komplizierter, aber auch die habe ich hinbekommen. Hier wird rundenweise je ein Würfel geworfen – wer nach Einberechnen der Modifikatoren weniger Punkte hat, verliert einen Ausdauerpunkt. Erreicht meine Ausdauer oder die meines Gegners 0, so war es das.
Ach ja. Für Badewannenspieler*innen (oder Menschen ohne sechseitige Würfel im Haushalt) wie mich gibt es als Service eine Seite, wo ich mit blindem Tippen meines Bleistifts eine Zahl generieren kann. Etwas Fanservice an uns Fans des Einsamen Wolfs muss schon sein. Danke.
Ich präsentiere stolz … DAS WÜRFELBLATT!
Das eigentliche Abenteuer bietet dann satte 351 Abschnitte auf 288 Seiten und hey, ich habe ja Bazillionen von Spielbüchern gelesen, aber das hier hat mal wirklich einen tollen (und auch weltenbauerisch toll dargestellten) Hintergrund, der bei mir auf viel Wohlwollen stößt.
1920er? Check!
Berlin? Check!
Lichtspielhäuser? Check!
Mysteriöse Filmemacher? Check!
Robert Craven als NSC? Check!
Die Rückseite
Wenn ihr irgendwo günstig an diese Spielbücher gelangen könnt, schlagt zu. Gerade die beiden Hexer von Salem-Teile machen richtig Spaß, da sie etwas die ausgetretenen Fantasy-Pfade verlassen.
„Aus Gründen“ muss ich mir gerade Kids on Bikes von Hunters Entertainment genauer ansehen – und es ist sowas von „die Antithese zur OSR“ und so weit aus meiner Komfortzone raus, dass es einfach Spaß machen muss. Den Schnellstarter, den ich mir hier angesehen habe, könnt ihr euch bei DrivethroughRPG kostenlos runterladen und falls ihr noch mehr zu dem System hören wollt lauscht mal bei Grasis Kopfkinocast rein.
Das Cover – (Co) Hunters Games
Wie ihr am Cover schon erkennen könnt, spielen wir zwar Jugendliche (oder Kids oder Erwachsene), aber nicht im Stile einer Jugendbande à la TKKG, sondern eher wie in Stranger Things, ET oder Stand by me. Ich liebe ja die letzteren beiden, aber an Stranger Things musste ich mich erst einmal gewöhnen und Summer of 84 hab ich mir begeistert auf BluRay gekauft, aber noch nie angesehen.
Die Rückseite
Wenn ich mir das System ansehe, kommt es auf den allerersten Blick sehr traditionell daher. Es gibt Fight, Brawn, Flight, Grit, Brains, Charm 6 Hauptwerte, auf die die Würfel W4, W6, W8, W10, W12 und W20 verteilt werden, um Stärken und Schwächen des Charakters abzubilden. Mit diesen Würfeln wird dann in Konflikten gewürfelt, um einen Zielwert zu treffen oder zu übertreffen. Identisch läuft es im Kampf, wo je nach Narrativ zwei Attribute aufeinanderprallen. Das ist noch sehr klassisch. Und okay, ich bin kein Fan explodierender Würfel, aber – come on – so richtig modern ist das auch nicht mehr.
Ihr fragt was explodierende Würfel sind? Tschuldigung. Das bedeutet, dass ein Würfel, der sein jeweiliges Maximum würfelt, nachgewürfelt werden darf, wobei die Werte addiert werden. Das geht so lange, wie erneut der Höchstwert getroffen wird.
Innen-Titelblatt
Das war es aber auch schon an „traditionellen“ Mechanismen, denn alles andere ist sowas von NICHT-OSR, das habt ihr noch nicht erlebt.
Alleine ein Blick auf die Charaktere zeigt, dass hier einiges an Player Empowerment läuft. So bekommen sie Token, wenn sie Proben vergeigen und diese Token können sie nutzen, um Boni auf spätere Würfe zu erhalten (langweilig) oder um ihre jeweiligen Stärken auszulösen (zu aufregend). Mit diesen Stärken können sie Gegenstände erscheinen lassen oder Boni für ihre Freunde erhalten. Nicht flammneu, sondern schon oft gesehen, aber weitab von allen OSR-Gedanken.
Insgesamt sind die Charaktere sehr interessante Gebilde, die neben den 6 Werten noch durch einige Fragen definiert werden und zu Beginn des Spiels ihre Rucksäcke gefüllt bekommen – nicht nur materiell, sondern auch psychologisch. Wäre ich jetzt nicht verbohrt und altmodisch, wäre das hier ganz sicher mein liebstes Elements des ganzen Spiels.
Auch zu Beginn des Abenteuers können die Spieler*innen schon Einfluss auf die Welt und das Spiel nehmen, indem sie je ein Gerücht in die Welt setzen, das sich später als wahr erweisen kann oder doch nur Kokolores war.
Abenteuer sind hier nicht festgelegt, sondern es werden einzelne Elemente angeboten, die die Gruppe anspielen kann oder auch nicht. Falls ich als SL nicht weiterweiß, soll ich dann die Spieler*innen einfach fragen, was sie denken, wie es denn weiter gehen wird – um dann damit weiterzuspielen. Niiiiiicht mein Stil, aber hey, ausprobieren kann ich es ja mal.
Am krassesten un-old-schoolig finde ich das Konzept des Powered Characters, einer Spielfigut, die im Laufe des Spiels dazukommt, irgendwelche besonderen Fähigkeiten besitzt und von der Spielleitung und den Spieler*innen gemeinsam mit Leben gefüllt und im Spiel geführt wird. Abgefahrener Shit. Bon gespannt, wie das im Spiel fluppt.
Ich freue mich auf jeden Fall sehr auf die Runde – das wird ganz sicher cool werden. Nach der Runde Space Pirates auf dem Twitch-Kanal des Retrocast Ende letzter Woche wird es nun die zweite interessante Indie-Runde innerhalb weniger Tage. Wenn alles glatt läuft, werdet ihr euch in Bälde vom Ergebnis dieses Experiments überzeugen können. Was denkt ihr, mit wem ich Kinder auf Fahrrädern spielen werde?
Mal ein kleines Experiment. Passend zu der Gruftschrecken-Besprechung zu Pod Caverns of the sinister Shroom habe ich dem großartigen Joe Browning (Twitter: @Joseph_Browning) ein paar Fragen zu seiner Person und seinem kleinen, aber feinen Verlag Expeditious Retreat Press (XRP) gestellt. Ich hoffe, euer Englisch ist halbwegs sattelfest…
Pod Caverns of the sinister Shroom – (Co) XRP
Hi. Can you please tell my readers about your person and about XRP?
I’m Joseph Browning, owner of Expeditious Retreat Press. I’ve been TTRP gaming since 1980. I’m also an author of several works of fiction. My wife (Suzi Yee) and I started XRP in 2003 when the Open Game License (OGL) allowed third-party companies to create content for D&D. We started out making world building books for third edition, but our company’s products grew into other editions and game systems. In 2018, we launched into fiction with the Shattered Moon series, based on the gonzo post apocalyptic roleplaying game we had developed years ago, and the Salt Mine series which centers around a secret government agency that monitors supernatural activity.
I first became aware of XRP as the publisher of the Advanced Adventures for OSRIC during the first wave of OSR products. Was this your first try at publishing books, especially RPG books? How did you get into contact with all these great authors and artists?
Our first book was A Magical Medieval Society: Western Europe, published for 3rd edition D&D in 2003, which won three Ennies that year. I had interacted on-line with Stuart Marshall and Matt Finch who used the OGL to create OSRIC and we were one of the first (if not the first) publisher of OSR materials under the OSRIC retro-clone starting in 2006, starting the Advance Adventures line out with Pod-Caverns of the Sinister Shroom, authored by Finch.
First edition was my introduction into role-playing games in my youth, and the opportunity to create new adventures in that style and system was just too much fun to pass up. I was very familiar with the aesthetic, both in art and how it played at the table, and I found many of the artists and freelancers on- line, either because they sought XRP out or I found them searching for particular styles of art.
I remember these years as a very creative time in the English language OSR scene. Do you have any interesting memories to share?
For me, one of the best memories is when we ran the Old School Renaissance booth at GenCon in 2011. We had dozens of different OSR publishers involved and it felt like the first time that the OSR had congealed around a physical location. It was awesome getting to meet all the people interested in that style of play and being able to suggest different new things to them was just great. It was also nice being able to let people know that the older gaming style was still going strong.
In the 9th epsiode of the Gruftschrecken podcast we talk about „Pod Caverns of the Sinister Shroom“, the first module in the AA series – any interesting trivia you could give us on this adventure?
Unfortunately, not really. However, that is the module that I’ve gotten the most play-report e-mails about. So many people laughing about TPK’s or crazy ideas that actually worked!
Gruftschrecken-Podcast – (Co) Mario Bühling
Along with AA, your one-on-one series of modules was very interesting. I only knew that from classic D&D and I bought all of those as well.
The one-on-one line started when we were in India around 2004 or so and there wasn’t any real way to play on-line yet, so we decided to do one player, one gm games. They take a bit of extra design care, but if you do it right you can have some really great adventures with minimal prep time.
You used to print your stuff yourself and sell it via the XRP online store. Why did you choose to publish via drivethrough (and Noble Knight, of course) now?
When we moved from the USA to The Netherlands it became apparent that we wouldn’t be able to have a home-based inventory, so we had to make that switch. I really liked running my own little shop and I miss it, but needs must, as the Brits say.
Browsing through the XRP drivethoughrpg account I can see there are only the AA adventures, the Magical Society books, the Old-School Gazette and Arden Vul – What happened to One-on-One, Sorcery & Super Science, the Lands of Darkness, Classified or Freeport?
They’re all still there. If you click on the below link, you’ll see all the various lines directly underneath the cover images of the hottest titles.
Oopsie. Okay. Why didn’t you try to market and publish Arden Vul via crowdfunding? That might just have worked. Could it be something for future projects (my megadungeon for example)?
We considered doing crowdfunding for Arden Vul, but the project took so long that by the time the publishing end started up, we were moving to The Netherlands with all the subsequent difficulties that created with fulfilment/shipping, etc.
Regarding your megadungeon it’s always an option, but the worldwide shipping network right now is all sorts of messed up and pricing out something in bulk is an even trickier business than normal.
I know publishers hate talking about numbers – but maybe you might tell us: Which module have you sold the most copies of? And is there a module you dearly love, but which is utterly unsuccessful?
Pod-Caverns of the Sinister Shroom has sold the most, which is typical of any long line. Thankfully none of them have been unsuccessful, although the later ones in the line sell a lot less than the earlier ones. One I’m particularly proud of is one I wrote and published: Redtooth Ridge. I think it’s a stellar little low-level module.
Blacktooth Ridge – (Co) legrog.org + XRP
Do you playtest your modules or do you trust the authors to have done it enough to make the product fit for publication?
Most of the manuscripts we get have already been play tested, and the ones that haven’t we go over ourselves. One of the things we like to do is remember that there are many different niches a module can fill, and we try to get examples of each. Some people really like standard dungeons, some like killer dungeons, others like wacky adventures, and still others like overland/wilderness components. We try to get some of each type and judge each based upon the niche it’s trying to make. Not everyone’s going to like everything, but we try to make everything a good version of what it is.
A „gargantuan“ project close to my heart as I „brought the gang together“ in about 2010 or 2011 I guess – Arden Vul, the mega megadungeon by Rick Barton which can finally be bought – Can you tell us about this adventure, on the work flow, problems …?
Ah, Arden Vul was a beast. When I first saw it was about 1/4th the size of the finished product. Rick has a terminal degree in medieval studies and the manuscripts he’d hand over were some of the cleanest I’d seen, but even then there was a lot of required editing to make sure all the pieces came together, both with what came before and what came after. The maps, done by Andreas Claren, were another thing that required a lot of attention. Andreas worked off of Rick’s originals and they did a lot of correcting between themselves before I saw them for my run. I’d create a list of corrections and then they’d do them or they’d correct my correction because I’d misunderstood something. It was very much a three-pairs-of-eyes affair. . I think I had something like 100,000 words of editing direction all total. And the thing is that it may seem like there was a lot of editing notes, but the final product is over 1,100 pages, so on a page-per- page basis it’s not that much, especially when you consider the tremendous 3-dimenionality of the work.
There’s a lot of interlocking pieces. As an example, there’s a lake on the top level under which is a sealed door that can be opened, draining the majority of the lake in process. This would, of course, flood everything below the door. It took a lot of time and effort to figure out the water flow (from the surface level all the way down to the bottom level, level 10) and the affect it would have on those areas!
Arden Vul did take significantly longer than expected (10 years!) and once we’d gotten about 1⁄2 way through, I made the decision to forget about “how will I publish this?” and instead went with “It should be what it is and then we’ll worry about how to publish after it’s done.” That’s one of the reasons why the maps remained so sprawling and organic – they don’t carefully fit on a page of graph paper – unlike many other megadungeons. They’re completely organic and, IMO, that makes the play experience that much richer.
Let’s get crazy: Someone gave you the rights to publish an AD&D 2 setting. Which one would it be? Why? And what would you do with it?
I’d actually prefer Greyhawk circa 1e including the expanded information in the Gold Box version. I grew up on the folio version and that’s one that I think could be more-deeply fleshed out without being overbearing. I’d focus on modules as well as country gazetteers and hopefully finish them all.
And one thing I’d like to know personally, so you don’t have to answer it: The crazy American publishers move to Finland, while the cool, down-to-earth guys choose the Netherlands – Why did you move from the US to the Netherlands? Do you like it there? And why the heck have you never come over here to say hi and have a look at the wonderful Mosel river?
I didn’t like where the USA was heading and wanted to get somewhere that I thought was a better fit for us. The Netherlands has a treaty with the USA (DAFT – Dutch American Friendship Treaty) wherein if you have your own business and can support yourself, you can immigrate freely, bypassing the typical immigration channels. So The Netherlands became the best choice for our situation.
Covid is currently making it hard to enjoy living anywhere at the moment, sadly, but I’m glad that we’re here instead of in the USA. We definitely made the right choice. We’d planned to do some travelling (including the Mosel & Rhine valleys, actually) right before it hit, but now all such plans are on indefinite hold until infection rates get low enough where we could enjoy ourselves instead of focusing on remaining uninfected.
Ich erinnere mich noch gut an unsere SL-Battle bei Orkenspalter TV. Am Gratisrollenspieltag redeten „Blechpirat“ Karsten und ich – unter der gar gestrengen Moderation von Mhaire – über SL-Stile. Und spätestens, als es um Turnierabenteuer ging, war Karsten ebenso hellhörig wie interessiert, da diese Idee weitab von seinem Spielstil lag. Gestern habe ich mit ihm wegen anderer Dinge Mails ausgetauscht, ich fragte ihn nach einem Thema für die Seifenkiste und er hat sich „Turnierabenteuer“ gewünscht. Nun denn. Mal sehen, was mir da spontan zu einfällt.
Vorerst sei einmal etwas Werbung gemacht, denn mit der „irgendwann“ beginnenden Vorbestellaktion zu Swords & Wizardry wird eine neue und erweiterte Fassung von „Die Festung des Bergkönigs“ erscheinen – inklusive eines kleinen Kapitels über Turnierabenteuer. Nur mal so als kleiner Hinweis.
Für diesen Artikel bin ich aber erst einmal in den Keller spaziert und habe mir die AD&D 1-Abenteuersamlung Realms of Horror genauer angesehen, denn die enthält einige der berüchtigtsten Turnier-Module der Rollenspielgeschichte:
S1: Tomb of Horrors
S2: White Plume Mountain
S3: Expedition to the Barrier Peaks
S4: The Lost Caverns of Tsjocanth
Umschlag und Inhaltsverzeichnis
Aber fangen wir vorne an. In den späten 70er Jahren wurden auf den (Rollenspiel-)Conventions Abenteuer angeboten, die von mehreren Gruppen unter „genormten“ Bedingungen gespielt wurden. Innerhalb einer bestimmten Zeit galt es, im Abenteuer besonders viel zu erleben, Monster zu töten oder zu umgehen, Fallen zu entkommen, Schätze zu sammeln …
Diese „Erlebnisse“ wurden dann am Schluss auf einem vorher festgelegten Bewertungsbogen abgehakt und jedes Abenteurer*innen-Team hatte am Schluss eine bestimmte Punktzahl. Das Team mit den meisten Punkten war das Sieger-Team. So einfach ist das. Aber es gab auch von den aktiven Spielleitern eine Wahl, um die*den wertvollste*n Spieler*in zu bestimmen. Ihr alle habt sicher schon das nette Anekdötchen gehört oder gelesen, dass Joe Dever, der leider schon verstorbene Autor der Einsamer Wolf-Spielbücher 1982 die offenen amerikanischen AD&D-Meisterschaften gewonnen hat.
Vom Ablauf her muss natürlich gewährleistet sein, dass die Umstände für alle Teams möglichst exakt gleich sind und so gibt es vorgefertigte Charaktere, gleiche Ausrüstung, gleiches Abenteuer und eine feste Spielzeit.
Tipps für die Spielleitung
Schon an diesen Voraussetzungen erkennt man, dass diese Abenteuer eine ganz spezielle Natur haben müssen. Es ist nämlich nicht das (primäre) Ziel das Abenteuerin seiner Gänze zu erleben und zwangsläufig zu einem zufriedenstellenden Ende zu bringen, da mir ja nur ein bestimmter Zeitrahmen zur Verfügung steht. Schon gar nicht geht es um immersives Rollenspiel. Das ist hier reine Zeitverschwendung. Charaktere ausspielen? Papperlapapp!
Im Prinzip ist es ein Spielstil, den ich sehr schätze, aber ins Extrem durchgezogen. Ich mag es ja gerne, wenn die Abenteuer ihre Herausforderung nicht an die Charaktere, sondern an die Spieler*innen richten, die versuchen, sie mit ihren Charakteren als Werkzeuge zu bestehen. Und das ist hier wirklich auf die Spitze getrieben. Natürlich spielt das Glück eine gigantische Rolle, sei es bei den Würfelwürfen oder beim Treffen der richtigen Entscheidung, aber bei diesen Turnieren haben sich dann doch immer Teams durchgesetzt, die auf diese Art und Weise an Abenteuer heranzugehen gewöhnt waren. Es geht darum, als Spieler*in im Team die Spielleitung zu bezwingen. Ihre Fallen zu durchschauen, ihre Monster clever zu umgehen, ihre verborgenen Schätze zu finden. Nüchtern betrachtet ist das eine stark metageprägte Form an das Thema Rollenspiel heranzugehen und das Ausspielen der Rollen fällt hier fast komplett flach, aber prinzipiell geht es darum zu erahnen „wenn ich das Abenteuer geschrieben hätte, was würde sich dann hier befinden“? Und es ist sehr befriedigend, wenn es gelungen ist, hinter die Stirn der Spielleitung zu sehen und einer tödlichen Falle entgangen zu sein oder eine durch Magie verborgene Superwaffe zu finden, die das ganze Abenteuer erleichtern wird.
Hefte mit Handouts und Illustrationen
Ein großer Unterschied zwischen normalen Abenteuern, die ich gerne spiele und Turnierabenteuern liegt natürlich in der Fairness der Herausforderungen. Auch in meinen normalen Abenteuern will ich die Spieler*innen herausfordern, aber es muss immer eine gute Chance bestehen, dass sie die Hindernisse überwinden und das Abenteuer „abschließen“. Bei Turnierabenteuern ist das nicht notwendig. Die Gruppen haben ja ohnehin hur einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung, da kommt es vor allem darauf an, während dieser Zeit ordentlich auszusieben.
Sehe ich mir beispielsweise die Legende „Tomb of Horrors“ an, so kann eine Abenteurer*innen-Gruppe schon in den ersten Räumen dezimiert werden, ach, was sage ich – schon bevor sie den eigentlichen Dungeon überhaupt betreten hat:
So gibt es drei potentielle Eingänge. Eingang 1 führt in einen Gang, der sehr schnell endet. Dafür kommt die Decke runter und verursacht pro Nase 5W6 Schaden. Nicht gut. Der zweite falsche Eingang ist noch mieser. Hier wird im schlimmsten Fall die komplette Gruppe zerquetscht – und hier ist exakt geschildert, wie das vonstatten geht und wie ich als Spielleitung das ganz genau verwalten muss. Mir gefällt hier sehr gut, dass es für so ziemlich jeden Raum ein Bild gibt, wo sich die Gruppe genau ansehen kann, was sie erwartet. Das ist natürlich im Turnierablauf schneller zu verarbeiten, als jedes Mal alles exakt beschreiben zu müssen- So werden die Raumbeschreibungen kurz gehalten und durch die Bilder unterstützt. Auch auf eventuelle Probleme wird hier öfter hingewiesen, wenn nur genau genug hingesehen wird. Spiele ich das Abenteuer, muss ich mich also schon vorab gut umsehen und Vermutungen anstellen und Schlussfolgerungen ziehen, wo ich mich hinwagen kann und wo lieber nicht.
Ich stelle gerade fest, dass es gar nicht so leicht ist, das zu beschreiben und in Worte zu fassen. Wir haben ja zuletzt auf der RPC 2010 „Die Rückkehr des Bergkönigs“ mit einem Turnierabenteuer beglückt – vielleicht sollte ich mal ein kleines Abenteuer für Online-Turniere schreiben. Das sollte das perfekte Medium für diese Art von Spiel sein.
Hmmm … war das alles halbwegs verständlich ausgedrückt, oder muss ich einen weiteren Anlauf machen?
Auf der ersten Well der OSR-Produkte ritt im Jahr 2008 diese krass unterschätzte Box des TSR-Veteranen James Ward mit. Towers of Adventure ist eine (ca.) A5 Box, die beiTroll Lord Games für deren Haus-Old-School-System Castles & Crusades erschien.
Enthalten sind 3 kleine Heftchen, 2 Karten und 2 zehnseitige Würfel – schauen wir es uns doch an. (Falls ihr das Teil interessant findet – bei Nobleknight ist es ausverkauft, ich habe es irgendwann mal im F-Shop gekauft, bin aber recht sicher, dass es auch da nicht mehr erhältlich ist – aber die Jagd auf dem Sekundärmarkt ist ja ein großer Teil der Freude.)
Das Cover – (Co) Troll Lord Games
Sagte ich drei Hefte? Ja, mit dieser Box könnt ihr abenteuerfertige Türme (entweder als Elemente eurer Abenteuer oder als Hauptteil eines Abenteuers) erstellen.
Die drei Hefte, mit denen ihr das hinbekommen könnt sind – in dieser Reihenfolge:
Illustrations & Maps
Hooks, NPCs and Monsters
Treasures & Traps
Der gesamte Inhalt der Box
Schauen wir uns direkt mal Volume 1 an. Hier werden 15 Türme vorgeschlagen mit Titel (z.B. Hag Tower, Elf Tree Tower, Zombie Tower…), einem Bild sowie durchnummerierten Grundrissen der einzelnen Stockwerke mit Platz, um den Räumen direkt hier im Heft Überschriften zu geben.
Volume 1
Haben wir in Heft 1 Thema und Grundriss des Turms festgelegt, können wir in Heft 2 die ersten Details hinzufügen: Abenteueraufhänger, NSC und Monster. Die Abenteueraufhänger kommen mir hier etwas zu knapp, aber nach dem Auswählen aus (oder Auswürfeln aus) diesem Band ist mein Turm schon halbwegs sinnvoll bevölkert – weiter geht’s!
Volume 2
Das letzte Heft geht dann clever thematisch vor. Hier werden Schätze je nach Charaktertyp vorgeschlagen und sind dann auszuwürfeln. Habe ich es mit dem Turm eines Assassinen zu tun? Eines Klerikers? Des Nekromanten? Kein Problem – her mit den passenden Schätzen.
Im Anschluss gibt es dann noch Fallen, die ich sinnvoll platzieren kann, sortiert nach: mechanisch, Kreaturen, magisch, Gift, Lärm.
Volume 3
Ich sehe gerade, dass ich mein Fazit schon direkt zu Beginn vorweggenommen habe. Das Teil hier ist echt unter dem Radar gelaufen und weithin unterschätzt. Da es wohl nicht mehr gut zu bekommen ist, habe ich euch das hier vorgestellt, anstatt meinen Gruftschrecken-Partner damit zu pesten.
Irgendwie motiviert mich das gerade, etwas Ähnliches für Krypten, Burgen oder Friedhöfe zu schreiben …
Eine weithin unterschätzte Produktreihe aus deutschen Landen ist die Saga-Reihe des gessnitzer & städtler verlags, die schon ab 1984 erschien. Schon recht früh wurde sie von Games-In aus München vertrieben – später übernahm KH Stritzel (RIP) mit seinem Verlag die Reihe und brachte auch frisches Material – beziehungsweise frische Auflagen der Bände raus. Aber das ist eine Geschichte, die an einem anderen Tag erzählt werden soll …
Die Reihe wuchs recht organisch und konzentrierte sich auf Spezialbände um Fallen, Rätsel oder ein eigenes Setting, später kam dann sogar noch ein eigenes System heraus. Aber seht selbst.
Band 1: Rätsel für Rollenspieler – (Co) s&g verlag
Den Anfang machte ein Band, der die unterschiedlichsten Rätsel und ihre Lösungen darstellte: Band 1: Rätsel für Rollenspieler. Die Reichweite geht hier von simplen Wörterrätsel über mathematische Rätsel bis hin zu – sagen wir – „Textaufgaben“. Auf dem liebevoll amateurhaften Cover erkennt ihr sogar, dass damals mit der Zinn-Miniaturen-Schmiede Citadel zusammengearbeitet wurde. Kein schlechter Schachzug.
Autor ist Ferdinand Zwidtmayr – mal sehen, ob wir über den noch öfters stolpern werden. Ich hatte ihn damals gar nicht so recht als „Rollenspielschaffenden“ wahrgenommen, aber ich war damals auch wirklich auf die „Großen“ konzentriert.
Okay, Band 1 ist ein reiner systemneutraler Quellenband – die Bände 2/3 (ein Doppelband) schildern dann die Welt Adramil, aber diesen Band besitze ich leider nicht, schauen wir also weiter.
Der Palast der drei mal sieben Fallen
Dürftig in eine Hintergrundgeschichte verpackt haben wir hier in Band 4Der Palast der drei mal sieben Fallen eine Sammlung klassischer Fantasy-Fallen – wie beim „großen Bruder“ Grimtooths Traps auch schon. Wie viele Fallen enthalten sind, könnt ihr euch gerne selber ausrechnen. Und check – Autor ist wieder Ferdinand Zwidtmayr. So wie ich es damals erlebt habe, war dieser Band der erste, der einen gewissen Erfolg hatte und in breiteren Kreisen ankam.
Band 5: Lormir
Immerhin 96 Seiten (obwohl die Beschreibung vollmundig „124 prallgefüllte Seiten“ ankündigt) mit zwei beigelegten Karten – das ist Band 5: Lormir schon das erste größere Produkt, das dann auch direkt mit 9,80 DM ins Kontor schlug. Aber hey, das Ding ist echt gut. Das wird weithin krass unterschätzt. Ein toller Detailgrad, viele schöne Ideen. Das musst du erstmal selber so gut hinbekommen. Ich finde hier keine präzise angegeben Autor*innenschaft, es wird doch nicht wieder Ferdinand gewesen sein, aber zwei Namen werden doch als Mitarbeiter angegeben: Markus Geyer und ein gewisser Hadmar Wieser – bei DEM muss ich nun nicht schauen. ob er noch weitere Spuren hinterlassen hat.
Band 6 – Rudegars Kräuterbüchlein
Band 6: Rudegars Kräuterbüchlein ist dann wieder ein allgemeiner Band, der in wirklich jedem Setting seinen Platz findet. Geschrieben hat das gute Stück wieder Ferdinand Zwidtmayr – und hey, schon im Vorwort kann ich genau abschätzen, welches System der Schlawiner sonst so gespielt hat:
Rudegars Kräuterbüchlein ist ein Kleinod der Kräuterkunde. In Adramil gehört es neben den Göttlichen Offenbarungen des Hygderim Klastorp und den 632 Geschichten für die Nacht (einer Sammlung folkloristischer Prosa) zu den meistverbreiteten Büchern …
I rest my case! Zumal es noch Tabellen für Auffindewahrscheinlichkeiten von Kastanienwiege, Basiliskenminze und Co gibt.
Band 7, der das Adramil-Setting erweitert, fehlt mir, also weiter im Text.
Band 8: Eine Sammlung von Nahkampfwaffen für ALLE Rollenspiele
Band 8 ist dann Eine Sammlung von Nahkampfwaffen – für ALLE Rollenspiele. Wieder recht vollmundig. Mal schauen, was das Star Wars-Rollenspiel damit anfangen kann. Autor ist hier Fridolin Feineiß. Ihr wollt mich doch verschaukeln. Das sind doch alles Pseudonyme. Aber hey, das Heftchen gefällt mir. Es sind Waffen von der Stange – also Stangenwaffen – aber auch außergewöhnliche Sachen. Ja, vielleicht mein heimlicher Favorit.
Band 9: Zauberei – Das Zaubersystem für Rollenspiele
Band 9 – Zauberei – Das Zaubersystem für Rollenspiele. Puh. Langweilig. Magiesysteme gehen mir immer weit irgendwo vorbei. Ich kann ja nur Zwergenkrieger spielen – geht mir alle fort mit Magie und Zauberei. Das ist unnatürliches Teufelszeug. Ich will euch aber nicht verheimlichen, dass Jörg Hertwich und Stefan Städtler das Teil geschrieben haben.
Band 10 – Das Saga-System
Ganz ehrlich? Ich besitze Band 10 – Das Saga-System nur, weil ich irgendwann mal günstig dran kam. Ich habe auch noch nie reingelesen und es wohl erstmals geöffnet, um euch die Beispielseite mit wunderschöner Illustration zu knipsen. Als das 1991 erschien, hatte ich schon etwa 5-10 Systeme, die für mich und meine Gruppen gut funktioniert haben – wozu also das Saga-System auschecken. Vielleicht etwas unfair, aber hey, immerhin haben so Jörg Hertwich und Stefan Städtler ihren Traum erfüllt, ein eigenes Rollenspielsystem herauszubringen. Und davon träumen die meisten von uns (ich auch) nur. Also. Respekt, Jungs! Vielleicht sollte ich es mir irgendwann mal, wenn in meinem turbulenten Leben auf der Überholspur Zeit ist, reinziehen. Verdient wäre es allemal.
Band 11 – Rätsel II – weiter geht’s! Neue Rätsel für Rollenspieler
Ja, mehr Rätsel. Und zwar in Band 11 – Rätsel II – weiter geht’s.Neue Rätsel für Rollenspieler. Schmissiger Titel. Aber die Rätsel sind nicht von schlechten Eltern. Vielleicht hätte sich die Reihe nur auf Rätselbände konzentrieren sollen. Autor ist jetzt Michael Stein.
Ab jetzt fehlen mir fast alle Bände und ich kann sie nicht einmal mehr lückenlos rekonstruieren.
Band 12: Raebecker für Adramil, Band 15: Zauberei 2. Edition
Band 16 – Anakars Bazaar der Erstaunlichkeiten
Ja, es wird dann erstaunlich in Band 16 – Anakars Bazaar der Erstaunlichkeiten von „Ferdinand Zwidtmayr“. Aha. Ich bin da was auf der Spur. Hier steht der Autor in Gänsefüßchen. AHA! Mal direkt am Montag bei den Orkenspaltern Werner Fuchs fragen, was es damit auf sich hat. Der kennt ja Gott und die Welt.
Ihr mögt ja DSAige cheezy Namen – hier mal ein paar spontan aufgeschnappte Beispiele: Schranz-Schuhe (heute sicher etwas anderer Kontext), Martins Mütze, Pulverstock, Rabatzel-Saft, oh yeah!
Damit endet für mich auch die Saga-Reihe, ich habe dann noch zwei/drei Teile, die direkt bei Games-In erschienen sind, aber die fand ich nie so aufregend. Vielleicht, weil ihnen dieser Charme des Selbergebastelten fehlte. Wer weiß.