[Rezension] Servants of Gaius

Bevor es losgeht, möchte ich noch kurz schildern wie ich in den Besitz dieses Buches gekommen bin. In einem Thread im Aktion-Abenteuer-Forum habe ich geschrieben, dass ich das Buch bestellen wollte, es aber derzeit bei den „üblichen verdächtigen Online-Händlern“ ausverkauft sei. Wenig später meldete sich dort Verlagschef Brendan zu Wort und wollte mir helfen. Nach einem wirklich netten E-Mail-Wechsel versprach er mir dann sogar ein Rezensionsexemplar über den großen Teich zu schicken – das ist gerstern angekommen und ich habe es mir mal direkt zur Brust genommen.
Autor: Brendan Davis
Cover-Illustration: Michael Prescott
Verlag: Bedrock Games
ISBN: 978-0-9841026-6-2
Format: 114 Seiten, Softcover
Preis: $19.99
Endlich mal ein System wo ich meine kurze Besprechung direkt mit dem grundlegenden Spielprinzip beginnen kann, denn das ist unfassbar simpel und selbst ich verstehe es beim ersten Anlauf – ihr würfelt zwischen 1 und 6 W10. Von allen Würfen ist lediglich das allerhöchste Würfelergebnis von allen von Interesse und das muss einen bestimmten Zielwert treffen oder überschreiten. Bumm. So einfach ist das.
Die Anzahl der W10, die ihr werfen könnt, richtet sich nach den Werten, die ihr in den bestimmten Attributen oder Fertigkeiten habt.
Schön ist, dass auch die anderen Settings von BG, namentlich Terror Network, Crime Network und Horror Show, dieses Würfelsystem verwenden, was es leicht macht, Abenteuer mit den Schwestersystemen vorzubereiten und zu leiten.

Zurück zu SoG:
Das wirklich Spannende ist in diesem Fall das Setting. In einem alternativen Rom des Jahres 38 n. Chr. ist Caligula an der Macht (JA! Das „Gaius“ im Titel bezieht sich nicht auf DEN Gaius, den ihr vermutet habt.) und er ist nicht der durchgeknallte Irre, zu dem ihn die Geschichte gemacht hat, sondern er stemmt sich mit Hilfe seiner in Zellen organisierten Truppe „Servants of Gaius“ gegen Neptun und seine Schergen, die versuchen, die Welt – und natürlich zuerst Rom – unter ihre Knute zu bringen. Neben dieser völlig durchgeknallten Prämisse wird das Rom zu Zeiten des Caligula knapp, aber sehr treffend zusammengefasst, dazu gibt es Spielwerte wichtiger Verbündeter, der Schergen des Neptun, normale Gefahren in Tierform und ein paar spezielle Monster der Zeit – beispielsweise die Furcht erregenden Hippocampi (Julian, ich blicke in deine Richtung!).
Ferner gibt es Kapitel zu Göttern, zur bekannten Welt des Jahres 38 und – mein geheimer Favorit – eine alternative Timeline, die den Fortgang des römischen Reiches und die Geschichte, die bis zu dem bespielten Zeitpunkt hin führt, in aller gegebenen Kürze vorgestellt werden.

Der extrem einfache Regelkern – in diesem Fall mal nicht auf die Kampfregeln zentriert, eher im Gegenteil – bietet sich vor allem an, um Investigations- oder Intrigenabenteuer zu leiten, aber auch Explorations- oder Eroberungskampagnen sind möglich und werden kurz vorgestellt.

Wie der Titel des Spiels vermuten lässt, spielen die Charaktere der Spieler Mitglieder dieser absolut geheimen Spezialeinheit, bei der eine Zelle nicht von der Existenz der nächsten weiß. Sämtliche Mitglieder werden von Caligula handverlesen und persönlich in den Orden eingeführt.
Neben klassischen Kampf- und Verteidigungs-Werten, besitzt jeder einzelne Charakter die unterschiedlichsten sozialen, körperlichen und mentalen Fertigkeiten sowie einen (äußerst wichtigen) sozialen Rang und einen Wert in „Auctoritas“, der für die meisten sozialen Interaktionen eine Rolle spielt.
Bei der Charaktererschaffung wird ein Kompromiss zwischen einem zufallsbasierten und einem Kauf-System eingegangen. Nur in der ersten Phase der Erschaffung spielt der Zufall eine Rolle, denn der solziale Status wird ausgewürfelt, daraus ergeben sich die ersten Fertigkeiten und ab dann kann dann „eingekauft“ werden.

Immer wieder bemerkt man liebevolle Details und auch Randbereiche möglicher Abenteuer wie Gesetzgebung oder Gladiatorenspiele werden in kurzen Abschnitten vorgestellt, sodass der Spielleiter eigentlich in keiner Situation im Regen stehen gelassen wird.

Fazit:
Genial! Ein Top-Kandidat für ein System, das ich auf einem der kommenden Koblenzer Stammtische leiten muss. Es gibt zwar keine Zombies, Piraten und Ninjas, aber es gibt Römer, eine wahnsinnige alternative Welt und total strange Monster. Zusätzlich weiß man nie ob die Grundprämisse nun stimmt, oder ob man als Servius Gaii einem völlig durchgeknallten Kaiser den Weg bereitet.
Dazu noch ein absolut idiotensicheres System – was will man mehr.

Absolute Kaufempfehlung!
P.S.: Apropos Kaufempfehlung: Mittlerweile hat Roland, der Sphärenmeister, anscheinend wieder ein paar Exemplare am Start und ihr könnt euch das gute Stück problemlos bestellen. Natürlich soll euch auch niemand davon abhalten den Verlag direkt zu unterstützen – dort lässt sich SoG auch direkt bestellen – sogar in Kombination mit einem PDF.

13 Gedanken zu „[Rezension] Servants of Gaius“

  1. ein paar Tage mehr hätten für eine Rezi ja vielleicht auch nicht geschadet.
    Der grundlegende Würfelmechanismus liest sich von außen von den Wahrscheinlichkeiten her unspielbar.
    höchste Zahl aus XWY? Warum überhaupt Schwierigkeiten aufstellen?

  2. Schwierigkeit ist 7 – du würfelst mit 2 Würfeln, eine 3 und eine 5 – alles unter 7 – nicht geschafft. Deine Chance wird höher, je mehr Würfel du hast. Wo ist das Problem?

  3. Das PROBLEM liegt in den abstrusen Wahrscheinlichkeiten. Ab Stufe 2 ist 10 schon das wahrscheinlichste Ergebnis, in Stufe 1 bereits 10% als Beispiel. Es kann ja sein, dass man einfach nicht versagen soll.
    Ist die Schwierigkeit denn immer 7?

  4. Nein. Ist sie nicht. Das war nur ein Beispiel.

    Ich kapiere dein Problem nicht. Und den Satz hier: "Ab Stufe 2 ist 10 schon das wahrscheinlichste Ergebnis, in Stufe 1 bereits 10% als Beispiel." schon dreimal nicht.

    Je nachdem was du für ein toller Hecht bist, hast du einen, zwei, drei, vier, fünf oder sechs Zehnerwürfel, um einen bestimmten Zielwert zu "schaffen" – wohlgemerkt nicht addiert, sondern nur der "single highest roll" – was sich leider auf Deutsch nicht so locker und geschmeidig übersetzen lässt – zählt. Es gibt auch eine pfiffige Version für ungelernte Fertigkeiten, wo man zwei Würfel wirft und der niedrigere Wurf gezählt wird.

  5. "Ich kapiere dein Problem nicht."

    Ja, das ist so ein bisschen der Kasus Knaxus. Den Mechanismus hast du schon gut beschrieben, aber ich stimme mit der Bewertung dessen nicht überein.
    Ok: bei XWY Würfeln mit höchstem Ergebnis sind die niedrigen Werte SO selten, dass man sich selbst die Wertespanne (1-10) dermaßen massiv einschränkt und die hohen Werte ab Stufe 3 so dermaßen wahrscheinlich sind, dass du im Endeffekt nur 1-2 Zahlen zur Verfügung hast, wobei ein Gimp (Stufe1) höchstwahrscheinlich schon die weltschwierigste Aufgabe bestehen kann (immer zu 10%!)
    Mit anderen Worten: ich habe diese RIESIGEN Würfel (W10), NUTZE aber gar nicht die Zahlen darauf, weil der Mechanismus das nicht erlaubt.

    Das ist für mich nicht einfach, sondern undurchdacht und mehr Aufwand als Nutzen (viele Würfel auswerten). Nicht umsonst ist dieser Mechanismus nicht gerade übervertreten im RPG. Das Ganze wäre gelöst, wenn man z.B. einfach die zweithöchsten Zahl benutzt, wie auch Morgensen in einem klassischen Paper über Würfelmechanismen vorschlägt.

    Man muss aber davon ausehen, dass dem Autoren das alles klar war und er das absichtlich so gemacht hat. Aber den Sinn dahinter, denn muss man offenlegen. Ich wüsste ihn nicht.

    Es sollte also einfach nur eine konstruktive Kritik sein: Do your research. Daher der Vorschlag, "Rezis" nicht so vorschnell rauszuhauen.

  6. Das hat nix mit "vorschnell" zu tun, sondern damit, dass mir Mathematik herzlich egal ist. Das, was micht interessiert, ist, dass Proben leichter werden, je mehr Würfel man zur Verfügung hat.

    Übrigens gibt es neben diesen Proben auf einen Zielwert auch noch Proben gegen andere Werte – die sollten auf jeden Fall spannend sein.

  7. Leicht zu würfeln mag das ja sein, aber Falk hat schon recht, in der Bewertung eines Regelmechanismus muss man die Mathematik mit einfließen lassen. Ich danke daher für den Hinweis.

  8. "Das hat nix mit "vorschnell" zu tun, sondern damit, dass mir Mathematik herzlich egal ist."

    Ja, wahrscheinlich.
    Ich denke, der Mathematik ist es auch egal, ob wir sie ignorieren. Man hat dann halt verkorkste Ergebnisse, daran ändert weder der Wille noch das Ignorieren noch Leugnen etwas.
    Das ist so, als würdest du sagen, es ist dir egal, wenn du vom Blitz getroffen wirst.

    Aber gute Rollenspieler können die Ergenisse ja entsprechend drehen. ;D

  9. I am not sure how your comments are translating using google, so I forgive me if I misunderstood any of the concerns expressed here. It sounds like someone has encountered a probability issue with the game. We haven't encountered any issues of probability with the system so far (and have used it with five products, the first of which included a chart explaining all the probabilities of various rolls). Of course whether the probabilities work is largely a matter of the intention behind a system. In this case we wanted something that generally made success likely if you were skilled. Just going from memory here, but to use your example of 2d10 against target number 7. The chances of success are about 64%. If you have 3d10 the chance goes up to about 78%. So this represents a character with a high level of skill, performing "Hard" task. Which is the probability we wanted for that.

    I hope this addresses any questions people had about the system. Dice pools are not for everyone. We tried to create a dice pool system that was fast (which is why you take the single highest result and compare to the target number) and gritty. There is a cap of 6 dice, so barring special conditions, you only ever roll up to 6d10 at a time.

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