[Rezension] NOVA Regelwerk

Wenn ich mich recht entsinne, ist dies ein historischer Moment, denn ich glaube dies ist der erste Gastbeitrag auf der Seifenkiste. Vielen Dank an Xiam aus dem DnD-Gate!

NOVA-Basisbuch
Autor: Daniel Scolaris
Format: 496 Seiten, Hardcover
ISBN: 9783941077058
Preis: 49,95€

Im Oktober 2012, rechtzeitig zur Essener Spiele Messe, erscheint bei Prometheus Games das Science-Fiction-Rollenspiel NOVA in seiner zweiten Edition. Fast 500 Seiten stark ist das mächtige Buch, wobei ich die tatsächliche Dicke und Schwere des Buches eigentlich gar nicht beurteilen kann, denn zu Rezension liegt es mir vorab nur als e-Book im pdf-Format vor. Zur Qualität der Verarbeitung des fertigen Buches kann ich also kein Urteil abgeben. Meine Aussagen bezüglich des Aussehens beschränken sich daher auf die Qualität der Schriftbildes, des Layouts und der Illustrationen in dieser elektronischen Vorabversion.

Erster Eindruck
„Wer soll denn das alles lesen?“ war mein erster Gedanke als ich die Datei das erste Mal öffnete um mir einen Überblick zu verschaffen. Wie bei allen Rollenspiel-Grundregelwerken ist aber natürlich eigentlich gar nicht vorgesehen, dass man das Buch von vorne bis hinten durch liest. Von der schieren Masse an Text sollte man sich daher nicht einschüchtern lassen.
Insgesamt macht das Buch einen sehr hochwertigen Eindruck, wobei ich zum Druck und zur Bindung des fertigen Produkt ist natürlich nicht sagen kann.
Das Cover ist in kühlen Farben, von weiß um den Titel herum über Blautöne bis hin zu Schwarz gehalten, Farben die meiner Meinung nach die Thematik eines Science-Fiction-Rollenspiel gut wiederspiegeln. Zu sehen sind zwei Planeten, zwischen denen eine winzige Raumstation mit noch kleineren Raumschiffen schwebt. Wie drohend sind im Hintergrund fremd erscheinen die Gesichtszüge, vielleicht auch eine Maske, angedeutet – die mich persönlich ein wenig an die Maske von Darth Vader aus Star Wars erinnern.
Über jeder Seite findet sich einheitlich die Kapitelüberschrift so wie am rechten bzw. linken Rand die Überschrift des Unterabschnittes, in dem man sich gerade befindet. Das Layout ist sachlich-kühl und sparsam und unterstreicht damit die Atmosphäre des Rollenspiels. Die Seiten sind nicht farbig sondern in Grautönen koloriert. In der Regel ist der Text zweispaltig, was für einen größeren Lesekomfort sorgt. An manchen Stellen, im Textboxen z.B. oder in größeren Abschnitten mit Flavour-Text, wird der Text jedoch einspaltig abgesetzt.
Die Illustrationen sind ebenfalls in Grautönen gehaltenen. Sie sind stimmungsvoll und passend und verschaffen einen guten Eindruck von der Atmosphäre des Spiels. Sie sind außerdem meiner Meinung nach qualitativ sehr hochwertig, definitiv aus der Feder eines professionellen oder zumindest eines sehr talentierten Illustrators.
Alles in allem war mein erster Eindruck überaus positiv. Tatsächlich habe ich hier nichts zu beanstanden gefunden. Es ist also Zeit zum Inhalt zu kommen.

Inhalt
Was steht er nun in den 500-Seiten-Wälzer? Kurze Antwort: Alles, was man zu spielen und zum leiten einer Kampagne im NOVA-Universum benötigt. Der Text ist in drei Abschnitte eingeteilt: Genesis, Kosmos und Elemente. Am Ende finden sich eine Reihe von Dokumenten (Charakterbogen, Schiffsbogen etc.) sowie eine Karte des bekannten Universums.

Kapitel 1 – Genesis
Dies ist mit knapp 50 Seiten das mit Abstand kürzeste Kapitel, in dem allerdings nicht nur die Charaktererschaffung sondern auch die grundlegenden Spielmechaniken erläutert werden. Die einzelnen Völker werden genauso vorgestellt wie typische Charaktere beschrieben werden. Die erste Begegnung mit den spielbaren Völkern findet anhand von Flavour-Texten statt, die direkt aus dem Universum von Nova stammen. Bei der Charaktererschaffung wird im Anschluss ausführlich auf dem Hintergrund eingegangen, der für eine Nova-Charakter eine wichtige Rolle spielt.
Im zweiten Teil dieses Kapitels werden die grundlegenden Spielmechaniken beschrieben. Beide Nova handelt es sich um ein W6-System, das heißt Proben werden ausschließlich mit sechsseitigen Würfeln gewürfelt, deren Anzahl sich aus der Höhe der benutzten Fertigkeit errechnet. An dieser Stelle bin ich direkt über die erste Unstimmigkeit im Regelsystem gestolpert. Um zu errechnen, wieviele Würfel für eine Probe zur Verfügung stehen, werden die Punkte, mit denen ein Charakter diese Fertigkeit beherrscht durch vier geteilt. Dennoch ist es kein Pool-System, sondern man addiert alle Augen um damit einen Mindestwurf zu erreichen, und hier knarrt es etwas im Getriebe. Nicht alle Zahlen sind durch 4 zu teilen, so dass eventuell übrige Punkte als Bonus auf die Probe aufaddiert werden. Ein Charakter, der eine Fertigkeit mit 12 beherrscht, würde eine Probe auf diese Fertigkeit also mit 3W6 würfeln. Beherrscht er die Fertigkeit mit 13, dann werden daraus 3W6+1, bei 14 dann 3W6+2, bei 15 3W6+3 und bei 16 dann plötzlich 4W6. Ohne die Wahrscheinlichkeiten jetzt genau ausgerechnet zu haben, meine ich hier einen Bruch zwischen 15 und 16 zu erkennen, oder anders ausgedrückt, die Progression der Wahrscheinlichkeiten ist nicht linear. Das ist ein Problem, das nahezu alle Würfelsysteme haben, bei denen Würfelaugen zusammengerechnet werden. Mich persönlich stört es nicht allzu sehr, Das ist ihr nicht ganz linear zu geht, andere mögen hier jedoch größere Schwierigkeiten haben.
Interessant ist der Ansatz, das Regelsystem modular aufzubauen, d.h., es gibt ein sehr schlankes und schnell zu lernendes Grundset an Regeln die je nach Geschmack und Wunsch nach Komplexität um weitere Module wie z.B. Spezialisierung in Feritgkeiten, Training, Bonuspunkte etc. erweitert werden können. Mit NOVA hat man hier also die Möglichkeit geboten von schlank bis komplex nahezu alle Ansprüche an die Regelvielfalt abzudecken. Das haben die Autoren sehr geschickt hinbekommen.

Kapitel 2 – Kosmos
Wie der Name des Kapitels bereits vermuten lässt, geht es hier um die Beschreibung der Hintergrundwelt. NOVA spielt im 27. Jahrhundert. Im Mittelpunkt des Universums steht das so genannte Terranische Imperium, ein Sternenimperium der Menschen, welches sich über zahlreiche Planetensysteme erstreckt (darunter das Sol-System) und das mehr oder weniger friedliche Kontakte zu seinen Nachbarn unterhält. Von der Boshaftigkeit abgesehen erinnert das terranische Imperium mit seinem umfassenden Herrschaftsanspruch ein wenig an das galaktische Imperium aus Krieg der Sterne. Die bekannte Galaxie ist eingeteilt in die innere Sphäre, die Exosphäre und das Marginum.
Ich möchte an dieser Stelle gar nicht weiter ins inhaltliche Detail gehen. Die drei Galaxiebereiche und ihre Bewohner sind in diesem Kapitel über 200 Seiten sehr plastisch und mit viel Liebe zum Detail ausgearbeitet worden. Zeitweise erschlägt den Leser die Fülle an wissenswertem Material schlicht, so dass ich mich selbst manchmal dabei ertappt habe, dass ich beim Lesen überlegte, was ich für mein erstes Spiel benötige und was ich erst einmal weglassen kann, weil ich sowieso in einem anderen Bereich der Galaxie spielen würde.
Spielbare Völker umfassen diverse menschliche Kulturen, verschiedene Alienvölker (von denen einige ihrerseits auch wieder unterschiedliche Fraktionen bilden), Mutanten, Artifikanten (Roboter) u.a. und manche der Völker oder einzelne Individuen können dann auch noch über paranormale Kräfte verfügen, so dass am Ende jede Menge Möglichkeiten stehen, sich seinen Wunschcharakter zu erschaffen. Und leider stellt diese Vielfalt auch einen Schwachpunkt der Hintergrundwelt dar: Es ist meines Erachtens nach für Einsteiger einfach zu viel. Wie bereits oben angemerkt, erstreckt sich die Beschreibung der Galaxie, die mit den Beschreibungen der Spielervölker verflochten ist, über ca. 200 Seiten. Einsteiger oder Casual-Gamer werden da erst einmal aufstöhnen. Für den SL empfiehlt sich hier einfach, die Auswahl zu Beginn etwas einzuschränken, indem man schlicht vorgibt, in welchem Teil der Galaxie die angehende Kampagne spielen soll und welche Völker dort als Spielervölker zur Verfügung stehen. Empfohlen werden die Terraner (Menschen) für Einsteigerrunden, da diese das Standard-Volk von NOVA sind und damit als Vergleichsbasis für die anderen Völker dienen. Am Ende des Kapitels findet sich eine Kurzgeschichte, die der Illustration dient.

Kapitel 3 – Elemente
Im dritten Kapitel finden sich die Spielelemente wieder: Ausrüstung, Spezialregeln für Kampf, Raumschiffe und Raumkampf, Kybernetik, Paranormik, Mutationen etc., Beschreibungen von Fertigkeiten usw. Sehr übersichtlich und klar werden die Elemente dargelegt, auch hier überwiegt wieder der Fluff-Anteil in den Beschreibungen, die teilweise aus Texten bestehen, welche der NOVA-Welt selbst entstammen. Einige bekannte Strukturen findet man wieder, hier haben sich die Autoren aus anderen Rollenspielsystemen bedient bzw.  inspirieren lassen, aber das ist schon in Ordnung, denn gut neu zu kombinieren hat schließlich seinen eigenen Reiz. Gerade an Spiele wie Shadowrun fühlt man sich z.B. im Unterkapitel über Kybernetik doch irgendwie erinnert.

Am Ende des Kapitels findet sich erneut eine Kurzgeschichte und dann folgt ein erstes Einstiegsabenteuer namens „Nanodämerung“ inklusive des äußerst detailliert ausgearbeiteten Schauplatzes.

Fazit

NOVA ist gute und schmackhafte Kost auf dem heiß umkämpften Markt der Rollenspiele. Man bekommt mit dem Basisbuch ein wirklich gutes Science-Fiction Regelwerk, das zwar die eine oder andere kleine (in meinen Augen nicht ins Gewicht fallende) Schwäche aufweist, im Allgemeinen aber aufgrund seiner liebevollen da detaillierten Ausarbeitung massiv punkten kann. Der Fluff-Anteil des Buches überwiegt deutlich. Man merkt fast überall, dass die Hintergrundwelt nicht erst seit gestern von den Autoren bespielt wird sondern wirklich „ihr Baby“ ist, in dem viel Herzblut steckt. Ja, man sieht stellenweise auch, wo sich die Autoren haben inspirieren lassen, aber dennoch macht NOVA nicht den Eindruck eines zusammengestückelten Patchwork-Hintergrundes sondern fühlt sich wie aus einem Guss an, und das ist das wichtigste.
Die modulare Bauweise des Regelsets macht es Einsteigern besonders leicht, einen Anfang zu finden und sich nicht zu überfordern. Das Buch ist ansprechend und hochwertig illustriert, das Layout ist schlicht und dem System angemessen, und Sprache und Schrift sind gut gewählt.
Alles in allem kann ich nur eine Kaufempfehlung aussprechen.

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