[Sonntags-Interview] Bernd Göwe (Illustrator)

Ich versuche ja in meiner Sonntags-Reihe die unterschiedlichsten Facetten des Rollenspiels zu beleuchten. Und da habe ich mir dieses Mal einen Zeichner geschnappt, der es mit seinem sehr bunten und comichaften Stil verdient hat, viel mehr Öffentlichkeit zu erhalten – Bernd Göwe, der mir zu Beginn meiner Labyrinth Lord-Zeit sehr unter die Arme gegriffen hat.Wer sich also die oben verlinkten Illus mal ansieht, wird die eine oder andere von diversen LL-Publikationen der Jahre 2009-2010 wiedererkennen…
(Ich muss zugeben, dass auch diese Interview schon das eine oder andere Jahr auf dem Buckel hat, aber es schlummert schon so lange auf meiner Festplatte, dass es einfach mal veröffentlicht werden MUSS!)
1. Bernd – schildere doch mal bitte kurz deinen Weg ins Rollenspiel.
Ich bin durch meinen Onkel zum Rollenspiel gekommen. Habe als kleiner Junge (10-12 Jahre) seine alten DSA-Sachen bekommen. Noch die erste Edition.

2. Bist du dann bei DSA geblieben?
Zunächst ja. Habe auch meine erste Rollenspielgruppe durch DSA „gefunden“. Dort haben wir zunächst nur DSA gespielt. Mit der Zeit sind weitere Systeme dazugekommen. Shadowrun, Dungeons & Dragons, Cyberpunk, Vampire die Maskerade.

3. Ich kenne dich ja als Zeichner – wie hat das seinen Anfang genommen? Klassisch mit DSA-Heldenportraits?
Um ehrlich zu sein eher weniger. Habe schon als kleines Kind immer gerne gezeichnet, meistens Dinge die in meinem Kopf herumgegeistert sind. Klassische Heldenporträts habe ich weniger gezeichnet, sonder eher meine eigenen Kreationen wie Monster oder Meisterpersonen. Im Grunde würde ich mich eher als Geschichtenerzähler sehen, der seine Geschichten durch Bilder erzählt.

4. Hervorragendes Stichwort – zu welcher Geschichte gehört dein neuer Facebook-Avatar?
Diese Geschichte habe ich schon seit Jahren in meinem Kopft. Der Grundgedanke war „warum sprechen alle Leute im Weltraum englisch?“ Ich wollte eine SciFi-Geschichte erzählen bei der die Deutschen den Weltraum erobert haben und nicht nur die Amerikaner. Angefangen hatte es als Jugendidee und mit den Jahren ist dieses Universum in meinem Kopf weitergewachsen, wobei ich immer wieder neue Eindrücke in mich aufgenommen habe.
Das Bild stammt aus einem Buch, das ich im Rahmen meines Studiums erstellt habe und von diesem Universum handelt.

5. Wird man dieses Buch irgendwann mal zu Gesicht bekommen?
Vielleicht, werd es aber vorher noch überarbeiten und es dann als Rollenspielhintergrund aufbereiten.

6. Es ist alles schon etwas länger her und ich bin alt und mein Gedächtnis arbeitet nicht mehr völlig zuverlässig, aber ich erinnere mich düster, dass du ein paar Sachen für Labyrinth Lord illustriert hast…
Ja, das stimmt. Einige Schwarz/Weiß-Illustrationen und einige Farbcover. Eine sehr interessante Tätigkeit die mir sehr viel Spaß gemacht hat.
Leider bin ich in der letzten Zeit nicht mehr viel zum Zeichnen gekommen, da ich mich leider beruflich neu orientieren musste. Hoffe aber in Zukunft mehr Zeit in meine Projekte zu investieren.

7. Das hoffe ich auch. Was treibst du denn derzeit rollenspielerisch und zeichnerisch so?
Leider nicht so viel. Mit meiner alten Rollenspielgruppe habe ich kaum noch Kontakt und meine neue DSA-Gruppe trifft sich leider sehr unregelmäßig. Und zeichnerisch fehlt es mir an Zeit und Muße, wobei ich mich aufraffen will und eine Idee von mir in Angriff nehmen will, die mir seit kurzer Zeit im Kopf herum geistert.

8 Gibt es irgendeinen Traum? Irgendein Projekt, bei dem du gerne mit deinen Illustrationen oder mit Texten dabei wärst?
Ein Traum von mir wäre es eingene Geschichte als Roman oder Comic zu veröffentlichen. Ansonsten finde ich den Hintergrund von Myranor sehr spannend unt würde gerne mal dort meinen Teil beitragen.

9. Na da bin ich doch sicher, dass sich da etwas einfädeln lässt. Zum Abschluss biete ich dir die einmalige Chance ein paar Worte an das „Volk“ zu richten, die ich fett markieren und rot einfärben werde…
Ich hoffe, was auch immer ich aus meinem Hirn in die Wirklichkeit zerren werde, euch allen da draußen gefallen und euch zu euren eigenen Geschichten inspirieren wird.

[Rezension] Vienna (Brettspiel)

Nach Orléans und Legends habe ich ein weiteres kampfloses und eher kontemplatives Brettspiel auf dem Rezensionstisch liegen. Ersteres hat mich ja total weggeblasen, das zweite war wirklich ausgesprochen gut – mal schauen, was die Wieder so außer Schmäh auf dem Kasten haben…
(… und mal ganz nebenbei muss ich mal bemerken wie beeindruckt ich von dem fetten Rezensionspaket bin, das mir Schmidt Spiele schnell und unbürokratisch zugesandt haben – krass, Alder!)
Das Cover – (Co) Schmidt Spiele)
Name: Vienna
Verlag: Schmidt Spiele
Autor: Johannes Schmidauer-König
EAN: 4001504493059
Preis: ca. 27 Euro
Alter: 10+
Spieler: 3-5
Dauer: 30 min
Genre: Worker (Würfel) Placement
BGG-Ranking:
Aufmachung
Hier gibt es nicht viel zu meckern – so stylischen Kram kann er halt, der Mentzel. Die Karten sind nicht sonderlich spektakulär, aber das Spielbrett weiß absolut gefallen. Dazu kommt eine gut aufgemachte viersprachige Anleitung, die einem alle benötigten Regeln auf nur 5 Seiten vermittelt. Mal wieder ein Spiel, dass man mit kurzen Lesepausen als erfahrener Spieler direkt aus der Box spielen kann. An den Würfeln gibt es auch nix zu mäkeln, aber ich hätte doch sehr gerne als Pöppel irgendetwas Thematischeres gehabt als kleine runde Holzklötzchen – das ist aber hinsichtlich der Aufmachung mein einziger kleiner Kritikpunkt.

Gesagt, getan – legen wir los! Es geht also darum, durch Wien zu reisen und sich irgendwie in die High Society zu mogeln. Das dürfte doch für einen erfahrenen Blender wie mich kein Problem darstellen…

Das Spiel
Mechanisch gesehen ist das Spiel überaus simpel. Man würfelt mit (im Normalfall) 5 Würfeln seiner Farbe und setzt diese entweder einzeln oder zu zweit auf ein Feld dess Wien-Spielplans. Alle Spieler legen nach festgelegter Reihenfolge all ihre Würfel und anschließend werden die Effekte der jeweiligen Felder ausgelöst.
Die einfachsten Varianten sind der Gewinn von Geld oder Siegpunkten (die direkt auf einer der berühmten Schmidauer-König-Leisten am Rand des Spielbretts vorangeschritten werden können) – es gibt aber auch Felder auf denen NOCH aufregendere Dinge geschehen. So gibt es vier Sonderkarten mit rotem Hintergrund, die unterschiedlich mächtige Auswirkungen haben. So gibt es beispielsweise eine Startspielerkarte – die wie alle Sonderkarten so lange beim gleichen Spieler verbleibt, bis jemand anders dieses Feld belegt. Auch ein zusätzlicher weißer Würfel ist keine üble Sache, aber der absolute Kracher ist eine karte, mit der man komplett ungestört einen kompletten zusätzlichen Zug durchspielen darf. Hammer – und in meinen Augen einen Tacken zu mächtig! Allerdings gerade durch das Begehren, den eben dieses Feld auslöst, ergeben sich wieder etliche neue strategische Überlegungen. Das ist sowieso eine Stärke des Spiels – es gibt etliche Tricks und Winkelzüge, wie man an sein Ziel gelangen kann und auch nach einem guten Dutzend Partien habe ich immer noch keine rechte Siegerstrategie entwickelt.

An Grundmechanismen gilt übrigens noch, dass man seine Würfel innerhalb einer Runde immer nur auf weiter vom Start liegende Felder setzen darf – Logo, der Kutscher hat keinen Bock übermäßig viel zu wenden. Will man, dass er das tut, so muss man ihn mit einem Schilling bestechen.Für den gleichen Preis darf man einen Würfel neu würfeln oder das Augenergebnis auf eine benachbahrte Zahl drehen.

Kommen wir aber zurück zu den spezialgelagerten Sonderfällen: Neben dem direkten Erwerb von Siegpunkten kann man diese auch bekommen, indem man seine Würfel auf Felder legt, an denen man Personenkarten nehmen kann. Diese Personen stellen zusammen mit dem eigenen Spielercharakter den Einfluss dar, den man in den Bereichen „Krone“, „Kreuz“ und „Zylinder“ (bei Hof, in der Kirche, bei der Bürgerschaft?!?) hat. Anschließend setzt man zwei Würfel (denn die sind nötig um die entsprechenden Felder zu besetzen) auf Felder, an denen man seine Gesamtwerte einer Einfluss-Ressource mit den beiden Nachbarn vergleicht – im Siegesfall oder bei einem Unentschieden hagelt es dann Siegpunkte und/oder Geld.

Neben diesen üblichen Methoden, gibt es auch noch ein paar Orte, an denen man eher ungewöhnliche Aktionen ausführen darf – so erhält men auf dem Feld „Krieau“Geld oder Siegpunkt, aber noch wichtiger ist die Tatsache, dass man den Gendarmen auf ein Feld setzen darf, was nun in dieser Runde niemand mehr betreten darf. Beim Heurigen bekommt man für ein beliebiges Paar 1 Siegpunkt für jede rote Sonderkarte, die man zu diesem Zeitpunkt besitzt, auf dem Feld „Geheimbund“ erhält man 1 Münze für jeden dort abgelegten Würfel… Ihr seht schon, es gibt etliche Wege, um seinen Einfluss und sein Vermögen anwachsen zu lassen.

Erreicht ein Spieler 25 Punkte, endet das Spiel und eine letzte Wertung wird vorgenommen. Anschließend erhält jeder noch für je 3 Münzen einen Siegpunkt und der Spieler mit den meisten Siegpunkten gewinnt. So schwer war der Aufstieg in die Haute-Volée doch gar nicht…

Fazit
Ein sehr schönes thematisches Spiel, dem es gelingt wirklich mit Flair und Lokalkolorit zu punkten. Leute auf seien Seite zu ziehen oder beim Heurigen die Reichen und Schönen anzuquatschen, um seinen sozialen Status zu steigern sind total logische Sachen, die sich aus dem Setting heraus ergeben. So etwas gefällt mir ja immer gut. Das Teil sieht gut aus, spielt sich flüssig, ohne zu wenig Komplexität aufzuweisen und ist schnell aufgebaut und gespielt – das wird sicher noch öfter auf den Tisch kommen, zumal es thematisch sowohl Fantasy- als auch Science Fiction-Muffel nicht abschrecken dürfte und mit seinem dezenten Wiener Schmäh auch Frauen ansprechen könnte – eine Spezies, die sich sonst seltener an meinen Spieltisch verirrt.
Bewertung
4 Fiakerfahrten über den Prater

[Rezension] Legends (Brettspiel)

Aus dem Hause Ravensburger erreichte mich mit Legends ein wirklich mal stylishes Brettspiel irgendwo im Dunstkreis von „In 80 Tagen um die Welt“ trifft „Indiana Jones“.
Hat man aber erst einmal die ersten Partien hinter sich, erinnert es mechanisch eher an „Patchwork“ trifft „Weltreise-Europareise-Deutschlandreise“.
Okay, machen wir uns also auf, als Mitglieder des „Clubs der Abenteurer“ uralte Legenden zu erforschen und ihnen ihre Geheimnisse zu entreißen…


Name: Legends
Verlag: Ravensburger
Autoren: Knut Happel / Christian Fiore
EAN: 4005556266715
Preis: ca. 39 Euro
Alter: 9+
Spieler: 2-4
Dauer: 60 min
Genre: Reise, Mystery, Karten sammeln
BGG-Ranking: Das Spiel ist so brandneu, dass es noch nicht bei BGG erfasst ist!
Aufmachung
Respekt! Das sieht alles wirklich schön aus! Ich mag das Spielbrett, das man aus 6 Puzzlestücken zusammenfriemeln muss und das von Karte und Illustrationen schön den viktorianischen Abenteurer-Club vor dem geistigen Auge heraufbeschwört. Echt toll. Dazu kommen an Spielmaterial schicke Holzfiguren, kleine Holzsanduhren als Pöppel, große Holzsanduhren, die die Wertungen auslösen, 24 kleine Holzbücher, Holzmedaillen und drölfzig Fantastilliarden kleiner Kärtchen, die es im Verlauf des Spiels einzusammeln und sinnvoll einzusetzen gilt.
Die Spieler haben die Wahl zwischen vier verschiedenen Abenteurern, wobei wir politisch unkorrekt 3 Herren und nur eine Dame spielen können – das soll wohl die viktorianischen Wirklichkeit abbilden.
Insgesamt wirkt das gesamte Material sehr edel und wie aus einem Guss – da dürfte es doch öfters mal gelingen, die unterschiedlichsten Spieler dafür zu begeistern.
Ein großes Lob muss hier der Anleitung gelten, die sehr gut gestaltet und gleichzeitig sehr sinnvoll aufgebaut ist. Dazu kommt noch ein einseitiges Blatt, das übersichtlich darstellt, wie das Spiel aufzubauen ist. Super Sache!
Das Spiel
Okay – es gilt also mit 2 bis 4 Spielern Siegpunkte einzuheimsen – wer nach 75 Wochen die meisten Punkte gesammelt hat, ist Sieger. Easy – und netterweise wird die „Kramerleiste“ direkt frei Haus geliefert.
Den Mechanismus, in dem gehandelt wird, kennt man beispielsweise aus „Patchwork“ – Aktionen kosten X Punkte (sprich: dauern X Wochen), die man auf einer Kramerzeitleiste (nicht zu verwechseln mit der Kramerwertungsleiste) voranschreiten muss. Es ist immer derjenige an der Reihe, der in der Reihenfolge am weitesten hinten steht – liegen die Sanduhrenpöppel übereinander, ist zuerst der oberste an der Reihe. Es lässt sich also schon an dieser Stelle des Spiels strategisch vorgehen, indem man beispielsweise gezielt kürzere oder längere Aktionen durchführt, um sofort wieder an der Reihe zu sein, oder um den nächsten eigenen Zug noch etwas hinauszuzögern.
Ist man an der Reihe, muss man sich zuerst bewegen und kann dann noch eine Aktion durchführen. Bewegungen kosten Punkte (Wochen) entsprechend der überschrittenen Orte und die Aktionen kosten grob beschrieben zwischen 3 und 5 Wochen, wenn man eine Kartenaktion durchführt und zwischen 1 und 5, wenn man sich für die Buchaktion entscheidet.
Hä? „Kartenaktion“? „Buchaktion“? Ist ja schon gut – wird sofort erklärt:
Kartenaktion: Je nach bereistem Ort (Elefantenfriedhof, Atlantis, Shangri-La, Grab der Nofretete, Bernsteinzimmer, Avalon, Bundeslade, Yeti) kann man sich Karten aus der jeweiligen Auslage oder vom Nachziehstapel nehmen. An Karten gibt es solche, die einen Punkt oder zwei Punkte wert sind – sowie Joker, die jede Farbe ersetzen können.
Eine Ausnahme bildet der „Club der Abenteurer“, wo man verdeckt zwischen 1 und 3 Karten ablegen kann, um zu beeinflussen, welche Orte bei der nächsten Wertung (nach Woche 25, 45, 60 und 75) gezählt werden.
Buchaktion: An dem Ort, an dem ich mich gerade befinde, kann ich Karten der entsprechenden Farbe auf den Ablagestapel legen, um mein Reisetagebuch dorthin zu setzen – und zwar je nach Punktwert der Karten auf Position 2, 3, 4 oder 5 (die dann bei den Wertungen 2, 3, 5 oder 7 Punkte einbringen). Ich kann mit ausgespielten Karten auch meine Reisetagebücher weiter nach oben legen, wobei man fieserweise gegnerische Tagebücher eine Position nach unten schubst, wenn man seine Tagebuch auf denselben Wert legt. Das kann auch zu sehr unterhaltsamen Domino-Effekten führen, die einen nicht zur beliebtsten Person am Tisch macht.
Die schon angesprochenen „Wertungen“ finden zu vier festgelegten Zeitpunkten statt und werden durch das Überschreiten der Wochen 25, 45, 60 und 75 ausgelöst. Gleichzeitig gibt es noch jeweils die goldene Sanduhr, die der erste Spieler, der die Woche überschreitet, auf einen Ort seiner Wahl stellen kann. Diese Uhr bedeutet, dass dieser Ort selbst dann in die Wertung einfließt, wenn keine Karte seiner Farbe aus dem Stapel im Club der Abenteurer gezogen wird.
Aus diesem Stapel werden entweder so viele Karten gezogen, bis 5 verschiedene Farben abgedeckt sind oder bis alle Karten „verarbeitet“ wurden.
An den Orten dieser Farben liegende Reisetagebücher punkten nun und zusätzlich gibt es Punkte für die soeben gezogenen Karten; die Spieler mit Tagebüchern an diesem mythischen Ort können sich die Karte nacheinander nehmen und sich die Punkte gutschreiben.
Fazit
Tolles Spiel, das auch Fantasy-SciFi-Muffel wie meine Frau begeistern kann. Das Spiel sieht super aus und ist didaktisch so gut aufgemacht, dass man wirklich sofort losspielen kann. Sowas mag ich ja nun wirklich! Der Komplexitätsgrad ist sehr angenehm und liegt ziemlich genau zwischen Familienspiel und Kennerspiel – „Legends“ ist also wirklich einfach zu begreifen und zu spielen, birgt aber genügend coole Mechaniken, um auch Vielspielern Spaß zu machen.
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Thema und Mechanik hier perfekt ineinandergreifen, das stelle ich mir dann noch einen Tacken geschmeidiger vor, aber immerhin kommen sie sich nicht in die Quere und „Legends“ spielt sich locker-flockig und dürfte in den unterschiedlichsten Spielergruppen Fans gewinnen…
Bewertung
4 von 5 Yetis in Shangri-La

[Sonntags-Interview] Christian Lange (DSA-Roman-Autor und Tausendsassa)

Und wieder habe ich bei Facebook jemanden erwischt, der meinen gnadenlos rausgeballerten Fragen nicht ausweichen konnte – Christian Lange – einer, der so ehrlich „Autor“ ist, dass er DSA-Romane und keine Abenteuer schreibt… 😉
1. Christian – schildere doch mal bitte kurz deinen Weg ins Rollenspiel.
1993 habe ich meinen Wehrdienst im schönen Lüneburg geleistet. Dabei war uns natürlich oft langweilig, so dass eines Tages ein Kamerad ein Spiel mitbrachte, dass er aus einem Lüneburger Spieleladen hatte. Es war die Basisbox des Schwarzen Auges. Damit waren unsere Abende gerettet. Ich hab es dann irgendwie geschafft das Spiel auch meinen Freunden schmackhaft zu machen, und so spiele ich mit einigen meiner Freunde seit über 20 Jahren Rollenspiel.
 2. Herrje, die klassische DSA-Sozialisierung. Aber – lass mich raten – dabei ist es nicht geblieben, oder?
 Doch. Was das Spielen von Rollenspielen angeht schon. Die DSA-Welt ist unsere Heimat. Wir haben mal das eine oder andere ausprobiert, haben aber immer wieder entschieden bei DSA zu bleiben.
Inzwischen ist das einfach auch dem Zeitfaktor geschuldet. Wir spielen zwar regelmäßig, aber dafür leider selten. Und da wollen wir keine Zeit in neue Welten und Regeln investieren.
3. Okay. Dann zwingst du mich förmlich, dir die DSA-Gewissensfrage zu stellen: Was ist die beste Regelinkarnation? 1? 2? 3? 4? 4.1? 5?
Das ist keine Gewissensfrage für mich. In unserer Gruppe bin ich derjenige der die wenigste Ahnung vom Regelsystem hat. Für mich steht immer die Story im Vordergrund.
Wir haben lange Zeit mit DSA4.1 gespielt und stellen unser Hausregelsystem jetzt auf DSA5 um.
4. Ah, okay, du bist also keiner der „wir-spielen-noch-DSA-3-Fraktion“. Aber, dass für dich die Story im Vordergrund steht, glaube ich gerne. Du schreibst ja gar nicht mal so übel…
Danke für das Kompliment.
Das hat aber auch schon zu Konflikten geführt. Wenn ich schreibe und dabei ein Thema berühre dass durch Regeln festgezurrt ist, dann recherchiere ich das natürlich. Aber ich nehme mir dann trotzdem gern die Freiheit zu sagen bzw. zu schreiben, dass meine Figur dass jetzt etwas anders macht als das Regelwerk es vorschreibt.
Wenn ich mich richtig entsinne, dann habe ich bei „Caldaia“, meinem ersten Roman, jemanden einen Zauber mit der falschen Hand ausführen lassen. Ganz bewusst. Und hab natürlich negatives Feedback bekommen, weil ich die Regeln „verletzt“ habe. Das hat mich dann schon ein wenig amüsiert.
5. Das ist halt Fluch und Segen von DSA. Großer Detailreichtum und geringe Freiheit für die „Schaffenden“ kombiniert mit teils brutaler Settinghörigkeit der Fans. Plauder doch mal zum Feedback auf deine beiden „großen“ DSA-Romane etwas aus dem Nähkästchen.
Bei „Caldaia“ war das Feedback eher auf Detailkritik ausgerichtet. Zum einen die erwähnte Regelkritik. Zum anderen wurden mir sehr oft die komplizierten Namen der handelnden Personen vorgehalten. Escalia von Hahnentritt, Darulf von Corish und von Praill und Seginhardt Raultreu von Ehrenstein sind eben keine Namen die man flüssig liest oder sich gar merkt. Allerdings waren diese Namen zu großen Teilen nicht meine Erfindung, sondern enstammten offiziellen Publikationen bzw. dem garetischen Briefspiel.
Bei „Kors Kodex“ war die Kritik zweigeteilt. Es gab hilfreiche Kritik, die z.B. auf einen Rechenfehler hinwies, der mir und auch dem Lektorat durch die Finger geflutscht ist. Es gab aber auch einige, die ihre Erwartungen enttäuscht sahen. Unter dem Titel „Kors Kodex“ hatten sich einige wohl etwas anderes vorgestellt. Vom konkreten Abdruck des Kodex, bis hin zur ausführlichen Beschreibung wie der Kodex Seite für Seite entstanden ist. Es gab sogar den Vorwurf, ich hätte „am Titel vorbeigeschrieben“.
So oder so lernt man als Autor aber mit der Kritik umzugehen. Wenn man das nicht hinbekommt, sollte man sich eine andere Beschäftigung suchen.
6. Halt! Da muss ich einhaken, denn ich denke, dass da im Jahr 2016 nicht mehr jeder weiß, was damit gemeint ist. Was, bitte sehr, ist das „garetische Briefspiel“?
Briefspiel ist eine Möglichkeit selbst Einfluß auf Aventurien auszuüben. Man kann z.B. in Garetien ein kleines Stück Land, also ein Junkertum oder eine Baronie bekommen und diese Gegend dann mit Leben füllen.
Wie man das macht ist sehr offen. Man kann sich auf Fakten beschränken und z.B. festlegen welche Orte es in dem Junkertum gibt, wie die Wirtshäuser dort heissen und was der Krug Bier kostet. Oder man schreibt Geschichten über die Region und die Menschen dort. Das Ganze fließt dann in ein Wiki ein, dass für jedermann offen ist.
Organisiert und gelenkt wird das Ganze von einem regionalen Briefspielkanzler, der Kontakt zur DSA-Redaktion hält. So wird Aventurien auf einer Ebene beschrieben, welche die DSA-Redaktion nur punktuell erreichen kann.
Briefspiel (der Name stammt noch aus der Zeit, als die Spieler weder Mails noch Wikis nutzten, sondern sich tatsächlich Briefe schrieben) ist auf jeden Fall eine tolle Möglichkeit sich einzubringen. Und hin und wieder entsteht aus Breifspielideen eine Notiz in einer offiziellen Publikation, oder ein Abenteuer, oder ein Roman.
7. Das Prädikat im ersten Satz ist im Präsens geschrieben. Läuft das Briefspiel immer noch?!? Wenn ja – kann man da noch neu einsteigen?
Ja, das Briefspiel läuft noch immer. Nicht nur in Garetien, sondern auch in anderen Regionen. Man findet im Netz (z.B. der Wiki Aventurica) die Ansprechpartner und kann sich bei denen informieren, ob und wo man noch einsteigen kann.
Und wenn man mag und das Ganze nicht nur auf dem virtuellen Papier betreiben will, kann man auch zu den RegionalCons fahren. Die Briefspielregionen Garetien, Greifenfurt & Perricum führen z.B. jedes Jahr einen Con durch, bei dem in einer Mischung aus klassichem Pen&Paper und LARP aktuelle Ereignisse der Regionen gespielt werden.
8. Hört sich wirklich interessant an. Da muss ich mich mal näher erkundigen. Ich hatte irgendwie abgespeichert, dass das seit einiger Zeit gar nicht mehr existiert. Aber mal abgesehen von DSA – was kann man sonst noch so von dir lesen?
2013 haben sechs Kollegen & ich ein Autorenkollektiv gegründet, das AKzwanzig13. Das hat uns einige tolle Projekte beschert.
So habe ich an „Eis & Dampf“, der durch Crowdfunding finanzierten Steampunkkurzgeschichtensammlung mitgeschrieben. Es gibt von mir Kurzgeschichten zu DSA („Schattenlichter“), reine Fantasy („Die Irrlichter“ aus dem Verlag Torsten Low), eine historische Kurzgeschichte „“Karl – Geschichten eines Großen“ aus dem Ammianus-Verlag), und sogar SF („Umray“ aus dem Papierverzierer-Verlag.
9. Wenn du von den eben erwähnten Geschichten eine empfehlen müsstest. Welche wäre das und warum?
Ich würde „Traue Niemandem“ aus der Sammlung „Karl – Geschichten eines Großen“ empfehlen.
Die Anthologie wurde zum Karlsjahr 2014 im Ammianus-Verlag veröffentlicht. Es war den Verlegern wichtig, dass die Autoren auch eine Beziehung zu Karl dem Großen hatten. Meine Verbindung war, dass die Ersterwähnung meiner Heimatstadt Magdeburg auf Karl zurück geht.
Es hat Spaß gemacht mal eine historische Geschichte zu schreiben und dabei festzustellen, dass sich die Recherche dafür kaum von der für Fantasy-Geschichten unterscheidet.
Und am Ende sprang sogar noch ein Preis dabei heraus. Der Verein „Homer – Historische Literatur“ bedachte mich mit dem „Goldenen Homer“ für die „Beste historische Kurzgeschichte 2015“.
10. Als Simpsons-Fan wäre für mich natürlich der Goldene Homer der heilige Gral unter den Preisen – also herzlichen Glückwunsch auch von mir. Vielen Dank für deine Zeit und zum Abschluss darfst du dem Volk noch ein paar weise Worte mit auf den Weg geben.
Ich musste mich bei der Dankesrede auch zusammenreißen, den Namen richtig auszusprechen.
Weise Worte? Nein, aber eine Bitte.
Autoren brauchen Feedback. Egal ob es Hinweise auf Fehler sind, Meinungen, Standpunkte, oder auch einfach Lob. Das muss nicht bei Amazon sein, dass kann auch in Foren passieren oder als Kommentare in den Blogs die Autoren so unterhalten, aber auch als Mail direkt an den Betreffenden.
Also sagt uns bitte was euch missfallen hat, aber auch was euch gefallen hat. Danke.              

[Podcast] Zufälle im Rollenspiel

… im aktuellen Cast der Eskapodcast-Crew geht es um den Zufall – eines meiner Leib- und Magenthemen, weswegen ich mal wieder ein paar Takte dazu schreiben muss.
Übrigens rede ich hier vom stinknormalen klassischen Rollenspiel – bei
fancy-shmancy-brennende-Hamster-mit-Kettensägen-Konfliktresolutionen ist
das natürlich eine völlig andere Nummer. 
Fangen wir also ganz von vorne an – wenn man würfelt, hält man sich gefälligst auch an das, was der Würfel so ausspuckt. Das mal als ganz grundlegende Sache. Wenn ich nicht möchte, dass ein Ereignis dem Zufall unterliegt, dann würfle ich ganz einfach nicht. So! Fertig!
Nee, ich werde mal auf ein paar Bereiche des Rollenspiels eingehen:
1. Der Zufall bei der Charaktererstellung
Ich möchte mal eine Lanze für die komplett zufallsbasierte ausgewürfelte Charaktergeneration brechen. Ich kann es natürlich verstehen, wenn man auf ein komplett ausbalanciertes System liebt, wo alle Charaktere gleich stark sind, was es auch leicht macht, die Welt und die Gefahren auf die Charaktere anzupassen. Das ist aber nicht das, worauf ich persönlich Bock habe.
In meiner Welt muss nicht jeder Charakter gleich stark sein – ich bin total zufrieden, wenn ich meinen Charakter einfach spielen kann und er mit dem Rest der Gruppe harmoniert und coole Abenteuer erlebt. Da ist es mir Wurscht, ob andere Charaktere toller sind oder schlapper. Ist doch im wahren Leben auch so – wir sind einfach nicht alle gleich toll.
Außerdem ist es eine coole Sache, sich bei der generierung von den Würfeln überraschen zu lassen und damit zu arbeiten, was sie einem präsentieren – perfekt dargestellt in DCC, wo jeder Spieler 4 Luschen von Stufe 0 vorgesetzt bekommt und dann schaut, ob er wenigstens einen davon auf Stufe 1 gespielt bekommt. (Natürlich ist das keine Option mit DSA-Charakteren, die man liebevoll an 3-4 Tagen im Schweiße seines Angesichts erstellt hat…)
2. Der Zufall im Kampf
Auch hier gilt. Lass die Würfel fallen wie sie fallen. Wenn mein Charakter tot ist, dann ist das eben so. Das kann zu jedem Zeitpunkt und in jeder Situation geschehen. Spiele, bei denen „ein Charakter nur in einer wichtigen Situation sterben kann“, sind einfach nix für mich. Ich kann das absolut verstehen, wenn man sehr an Charakteren hängt und da sicher gehen will, aber ich brauche einfach den Nervenkitzel, dass mein Krieger einfach so umgehauen werden kann – Shit happens, ich kann gut damit leben. Damit geht übrigens auch Hand in Hand, dass ich nicht sonderlich auf Schicksalspunkte/Bennies stehe – das ist doch nur ein regelgerechtes Bescheißen des Zufalls.
3. Der Zufall bei Proben aller Art
Gerade bei Proben (die es ja in LL beispielsweise nur in Form von Attributsproben und bei den Diebesfertigkeiten gibt) muss auch gelten – hier darf nur gewürfelt werden, wenn von dem Wurf etwas abhängt. Im Idealfall wird natürlich alles im Spiel gelöst. Aber wenn ich eine Probe würfle und verkacke, dann will ich auch mit den Konsequenzen leben.
4. Der Zufall beim Finden von Schätzen
Klarer Fall. Ich liebe es, sowohl als Spieler als auch als Spielleiter einen fetten Schatzhrt zu finden und dann wird ausgewürfelt, was dort alles herumliegt. Hier muss ich allerdings eine Einschränkung machen. Ist das Monster, bei dem ich den Schatz finde intelligent oder es besteht die Chance, dass es den Kram benutzen kann, den die Gruppe findet, dann würfle ich das vorher aus – warum sollte der böse Kleriker die Heldenschlächteraxt+25 denn in einer Truhe rumfliegen haben? Er würde sie doch gaz sicher verwenden, um den Abenteurern zu zeigen, was ne Harke ist…
4. Der Zufall in der Kampagne
In diesem Bereich treffen wir wohl auf die bekanntesten Immanationen des Zufalls im Rollenspiel – die legendären „Zufalls-Begegnungstabellen“. Und gerade bei denen hasse ich den Kompromiss, der im Podcast vorgeschlagen wird, von ganzem Herzen. Wenn sich der Autor die Mühe gemacht hat, eine Tabelle zu entwerfen, die eine bestimmte Situation oder eine Region mit all ihren Gefahren und Vorteilen darzustellen, dann sehe ich nicht die geringste Veranlassung, dem Zufall reinzupfuschen und zu behaupten, dass ich schon „die coolste“ Szene auswählen kann. Das Tichwort lautet hier: „Weltensimulation„. Die Idee hinter all diesen Tabellen besteht ja darin, eben nicht den Spielern eine Geschichte vorzuleiern, sondern sie durch die zufällig generierte Welt ständig herauszufordern.
Wichtig sind da natürlich „gute“ Zufallstabellen – mit positiven, negativen und neutralen Begegnungen – und ganz wichtig: solchen, deren Ausgang völlig ungewiss ist und die erst im Zusammenwirken mit den Abenteurern funktionieren.
Gerade bei diesem Thema würde ich natürlich gerne Kommentare sehen, also immer her damit…

[Sonntags-Interview] Matthias Nagy (Frosted Games – Bretterwisser Podcast)

Bei Facebook habe ich mir mal einen Besserwisser… … äh, Bretterwisser… geschnappt und Matthias Nagy 10 Fragen gestellt, die er auch ausführlich beantwortet hat – und das, obwohl er eher vom Brett- als vom Rollenspiel herkommt.
1. Matthias – schildere doch mal bitte kurz deinen Weg ins Spielen.
Als Kind fand ich Spiele schon spannend, aber meine Eltern haben nie mit mir welche gespielt. Sie hatten selber keinen Zugang dazu. Als ich dann mit 12 für ein Jahr in Göttingen gelebt habe, hatte ich eine Freundesgruppe mit der ich täglich Risiko und später Skat gepinselt habe. Bestimmt an die 5 bis 10 Partien pro Tag minimum. Des Weiteren kam ich mit den Einsamer Wolf Büchern in Berührung, welche ich dann soweit es geht verschlang.
Als ich wieder in Berlin war, fing dann in der neuen Schule das Rollenspielen an mit DSA. Auch davon war ich fasziniert und spielte das intensiv. Es ich mich versah spielten wir auch D&D und Midgard und GURPS und alles weitere mögliche. Rollenspiele hab es damals in Berlin (Von DSA abgesehen) aber nur in speziellen Läden und die hatten auch Brettspiele. Auf einmal spielten wir Asimov Star Traders, Talisman, Blood Bowl und natürlich ab Ende 93 auch Magic.
1994 kommen dann etliche spannende Brettspiele dazu, weil auf einmal auch richtig gute rauskamen. 1995 mit Catan war dann auch nichts mehr zu halten und meine Sammlung fing an auf eine viel zu große Menge anzusteigen.
Im Serious Games habe ich dann jede Woche einen Brettspielabend abgehalten, und auch wenn es den Laden seit inzwischen etlichen Jahren nicht mehr gibt, so gibt es den offenen Mittwoch doch seit 15 Jahren noch bei mir zu Hause.
Mit meiner Magic-Beschäftigung fand ich den Einstieg auch beruflich in das Feld indem ich erst als Volunteer für WotC und dann 2004 als Festangestellter für Upper Deck anfing zu arbeiten. Mit deren Untergang 2010 bin ich dann selbstständig geworden und habe seit dem für einige Firmen im TCG- und Brettspielbereich gearbeitet.

2. Bleiben wir doch mal zuerst seifenkistenthematisch im Bereich „Rollenspiele“. Ist das auch im Jahr 2016 noch ein Thema für dich?

Eindeutig ja, wenn auch in einem deutlich kleineren Umfang. Aber wie ein Pendel, das hin und her schwingt, ist jeder Teil meines Spiellebens mal intensiver und mal weniger.

Ich habe eine feste Rollenspielgruppe. Derzeit ist noch Midgard das aktuelle System. Aber einer in der Gruppe testet ab und zu mit uns D&D 5th Monster, und wir wollen eigentlich Numenera spielen, sobald es dann auf Deutsch draußen ist. Letztes Jahr haben wir noch sehr intensiv Dungeonslayers gespielt und so manches System möchte auch noch ab und zu gespielt werden.

Was wir aber nicht hinbekommen ist im Zeitrahmen selber uns was auszudenken. Wir arbeiten in erster Linie mit veröffentlichten Abenteuern und sind damit sehr glücklich, auch wenn unsere Spieler sehr unterschiedlich in ihrer Art sind und es daher manchmal zu Reibungspunkten kommt. Aber auf welche Rollenspielgruppe trifft das nicht zu?

Wir treffen uns theoretisch einmal die Woche, praktisch ist es eher so zweimal im Monat. Oft genug bin ich verreist, oder andere fallen weg, welche gerade wichtig für die Handlung sind. Dann trifft sich der Rest dennoch und spielt ein paar Brettspiele.

3. Perfekte Überleitung. Du bist ja eher im Bereich „Brettspiele“ verwurzelt. Deine „Karriere bis 2010 hast du da ja schon geschildert. Was war da in der jüngeren Vergangenheit los?
2013 ist mit dem Wegfall der WoW-TCG-Lizenz mein letztes betreutes TCG weggefallen und ich habe mich voll auf Brettspiele gestürzt. Mein Hauptarbeitgeber hat mich von 100% auf 20% Arbeitszeit runtergesetzt und ich habe angefangen mir was anderes zu suchen.
Ich habe unter anderem 2013 bei „What’s Your Game?“ angefangen. Dort habe ich ein Jahr lang geholfen an deren Marketing und Sales-Ende auszuhelfen und Lücken zu schließen. Gleichzeitig habe ich aber auch in intensiv in der Entwicklung mitgeholfen. Ich bin mitverantwortlich für einige Entscheidungen bei Madeira und ZhanGuo und bin sehr glücklich mit dem Ergebnis in diesen beiden Spielen.
Da ich aber durch Lösungsorientierung meine Hauptaufgabe überflüssig gemacht habe, hatte ich schon 2014 überlegt, selber auch was aufzubauen und habe selber einen Verlag gegründet mit einem Nischenprodukt: Dem Brettspiel-Adventskalender. Da mich die Verlage alle kannten, da ich seit 2010 schon als Blogger auch unterwegs war und seit 2013 als Podcaster, trauten sie mir auch alle zu, dass ich das hinbekomme. Daher bin ich besonders froh das liefern zu können.
In dem Bereich ist ein weiterer Adventskalender für dieses Jahr auf jeden Fall im Gespräch. Die Ergebnisse sehen auch sehr gut aus und dürften den beteiligten Verlagen sehr gut gefallen haben.
Schließlich helfe ich seit Oktober auch etwas bei eggertspiele aus und begutachte Spiele und betreue auch welche. Eine Arbeit, an der ich immer mehr Freude habe, denn das Schleifen eines Prototypen ist auch eine sehr erfüllende Erfahrung. Das ist vermutlich auch das Tollste an meinem Freiberufler-Leben. Die Abwechslung mit Bloggen, Podcasten, Sales, Marketing, Entwicklung, und vielen anderen Punkten habe ich das Gefühl, immer wieder was Neues zu machen und dennoch an allem, was mir Spaß macht, weiter machen zu können.
4. Ich kenne dich ja als Bretterwisser-Hörer der ersten Stunde vom Podcast her. Rühre doch da mal die Werbetrommel.
Gerne doch. Bretterwisser ist ein Projekt, das ich zusammen mit Arne Spillner und René Illger mache. Wir alle drei hatten Lust daran mit dem Audio-Format zu arbeiten und gerade im Brettspielbereich ist es ja komplett unterrepräsentiert, weil alles nur auf Video schaut. Im Rollenspielbereich passiert da mehr, was aber auch verständlich ist, denn das Reden und Zuhören sind Eigenschaften, die ja im Rollenspiel und im Kommunikationsspielbereich viel mehr gebraucht werden als bei den Spielen mit viel Plastik, wo die Haptik wichtig ist.

Aber uns ging es ja nur zweitrangig darum, über Spiele zu reden, sondern in erster Linie wollten wir journalistisch einen Blick auf die Szene zu werfen. Wir reden über Sachen, die spannend sind, die gerade diskutiert werden, oder die auch zeitlos sind und wo es Sachen zu diskutieren oder beleuchten gibt.Wir laden dafür auch gerne Gäste ein und schauen wie ihre Sicht ist und warum bestimmte Dinge sind wie sie sind, gerade, wenn wir die Fragen nicht selber so gut beantworten können.

Nach nun über zwei Jahren würde ich behaupten wollen, wir sind als Format etabliert und werden gerne gehört. Wir ergänzen uns vermutlich als Trio auch sehr gut. Arne ist der Familienspieler, dem es es nicht zu komplex sein darf, René ist der Spieler, dem es ruhig viele Regeln und viel Material sein darf und gerne auch sehr ausgefallen und ameritrashig. Ich bin da der solide Eurospieler, der zwar auch über seinen Horizont schauen kann, aber meist die Finger von zu leichten oder zu komplexen Dingen lässt.

Inzwischen gibt es einen wöchentlichen Wechsel zwischen unser festen Folge und einer Art Sonderfolge, welche einfach nur ein kurzer Blick auf Spiele darstellt, oder ein Interview unterwegs, oder auch einen Blick auf Kinderspiele. So sind wir jede Woche auf Sendung und versuchen alle Interessierten daran teilhaben zu lassen. Dabei lernt man uns und hoffentlich auch viele Spiele kennen.

Wer uns noch hören will, einfach auf www.bretterwisser.de gehen oder den Podcatcher nach uns durchsuchen. Auf der Webseite bringen Arne und ich noch zusätzlichen Inhalt in Form von weiteren Reviews, Kommentaren und schönen Bilderstrecken oder auch neuerdings einem zweimonatlichen Gewinnspiel.

5. Wow! Du hast gar nicht erwähnt, dass man auch auf Patreon unterstützen kann. Dann muss ich das wohl tun. Man kann euch auf Patreon unterstützen… Erzähl doch mal etwas zu dieser Möglichkeit. Du darfst gerne hemmungslos die Werbetrommel rühren.
Ich merke schon wie schlecht ich dabei bin.
Uns kann man tatsächlich bei Patreon unterstützen. Wir hatten angefangen mit dem üblichen, womit die Leute so arbeiten: Affiliate Links, Paypal-Spenden-Button, etc… Aber die Leute sind da immer irgendwie gehemmt. Flattr wurde etwas besser angenommen, aber alles zusammen brachte bei weitem nicht genug ein, um die steigenden Kosten für Server und Audioservice-Dienste zu bezahlen.

Schließlich haben wir uns im letzten April entschlossen, uns bei Patreon anzumelden und haben es nicht bereut. Die Leute mögen die Plattform, weil sie transparent ist und wir sind endlich in der Lage, nicht nur die laufenden Kosten, die stückweise steigen, aufzufangen, sondern auch etwas Geld ansammeln, um unsere Technik zu verbessern und uns praktisches Equipment zuzulegen.

Des weiteren haben wir sogar allen Unterstützern eine coole neue Postkarte zuschicken können, mit einer kleinen neuen Erweiterung zu Cacao. Das wollen wir gerne jedes Jahr wiederholen. Wer nun aber denkt, das reicht, was wir da bekommen, der hat noch nicht weit genug gedacht. Mit mehr Geld könnten wir viel mehr anbieten, als wir bisher unternommen haben. Auf diese Weise könnten wir mehr bieten. Sei es der Trip zu Veranstaltungen oder auch ein Stand in Essen. Optionen gibt es da viele. Wer uns also noch unterstützen will, kann das gerne auf www.patreon.com/bretterwisser machen.
6. Na geht doch, man muss dich nur zwingen, die britische Zurückhaltung aufzugeben. Und wo du schon dabei bist – erzähl doch mal bitte was zu deinem Verlag. Wie lief es bisher, was ist geplant…?
Bisher lief es sehr gut. Für das erste Jahr kann ich mich gar nicht beschweren. Das Highlight für Frosted Games in Form des Adventskalenders lief sehr gut und war schnell ausverkauft. Aber auch was am Rande passiert ist, war beeindruckend. Viele weitere Verlage haben Interesse bekundet mitzumachen, was mich natürlich sehr freut. Der nächste Adventskalender wird daher hoffentlich mindestens so gut.

Ich hatte noch einen Wandkalender mit Arne gemacht um für die Bretterwisser damit weiteren Support zu generieren. Aber trotz des, wie ich finde, geringen Preises ist es nicht so gut gelaufen. Ich vermute, die Leute sind nicht so sehr an solchen Produkten interessiert. Mal sehen was wir da nächstes Mal anders machen.

Schließlich war da noch Harbour, welches gutes Feedback erhalten hat und sich über das Jahr hinweg gut verkaufen sollte. Ein Blick auf das kleine Spiel kann ich als Verleger natürlich nur empfehlen. Wer allerdings auf die Spiele der Tiny Epic-Serie steht, hat hier vom selben Autor ein schönes Workerplacementspiel mit einem coolen Kniff.

Derzeit sitze ich an den Grafiken für Undercover. Einem Familienspiel mit Memo-Deduktions-Elementen, was es für Familien peferkt macht, da es Kinder durch ihre Merkfähigkeit mit den Erwachsenen mit Deduktionsmöglichkeiten auf ein Niveau bringt. Ich hoffe das bis Ostern auf dem Markt zu haben, aber es könnte auch später werden. Da gibt es ja eigentlich nichts, was mich hetzt.

Ansonsten arbeite ich natürlich mit Hochdruck daran, viele Verlage für den nächsten Adventskalender zu nerven. Denn Essen kommt schneller als man glaubt. Und ein anderes kleines Projekt ist auch noch in der Mache, zu welchem ich aber gerade noch nichts sagen möchte. 

 
7. Was muss man tun, um sein Spiel bei dir unterzubringen?
Das ist gar nicht so einfach, weil ich ja eigentlich gar kein Voll-Verlag sein will. Dass ich auch gerne Spiele mache, ist halt ein Vorteil, aber ich habe gar nicht das Bedürfnis, alles zu machen. Wenn ich allerdings von einer Idee überzeugt bin, dann könnte es auch schwer sein, ein Spiel abzulehnen. Am liebsten Sachen, die sich in kleinen Schachteln unterbringen lassen.
Aber ich schaue mir jedes Spiel an, das man mir vorstellt und ich würde auch immer Feedback geben, was mir gefallen hat und was nicht. Wichtig wäre aber für mich, nicht einfach was zugeschickt zu bekommen. Ich schaue mir gerne ein Spiel an, wenn ich unterwegs bin, in Nürnberg, Essen, Göttingen, Haar, Herne, Cannes, oder auf einer der vielen anderen Veranstaltungen. Für angehende Autoren hat das auch den Vorteil, dass dort andere Redakteure sind, die sich das Spiel dann bestimmt auch gerne ansehen.

8. Also ein Exposé an deine Mail-Adresse wäre kein gangbarer Weg?
Naja, Ja und Nein. Ich habe in meinem Leben zu viele Spiele gespielt wo ich nach dem Lesen der Regeln keine Ahnung hatte ob das Spiel gut oder schlecht ist. Ich bin immer wieder fasziniert, dass andere das schaffen und kann es mir nur schwer bis gar nicht vorstellen. Ich hatte Spiele, deren Anleitungen mir sehr gefallen haben, und beim Spielen kam dann gar keine Stimmung auf, oder Spiele wo ich dachte, das kann nie funktionieren und wir haben sie dann geliebt.
Im persönlichen Gespräch kann mich ein Autor viel besser darauf stoßen, was ihm wichtig ist, worauf ich zu achten habe und wie sich dieses Merkmal am besten misst. Auch wäre es da möglich für mich auszuloten, wie wichtig es dem Autor wäre, sich von Kleinigkeiten zu trennen, falls ich einen Vorschlag mache, Sachen zu streichen.
Schließlich wäre der Autor auch gleich mit einer Info bedient, wie ich zu dem Spiel stehe. Nichts ist schwerer als sich durch die e-mails zu arbeiten, und gerade per e-mail eingesandte Sachen bleiben viel zu lange liegen. Das wäre auch oft nicht fair den Autoren gegenüber.
9. Alles klar. Aber wo ich dich schonmal hier habe muss ich einfach mal jemanden aus der Szene danach fragen: Für wie relevant hältst du den Preis „Spiel des Jahres“?
Die Frage ist falsch gestellt. Ich finde, es gibt sehr viele Preise, die ich wichtig finde, und die der Szene gut tun. Aber relevant ist nur und einzig und allein Spiel des Jahres.
Die Relevanz lässt sich auf vielen Ebenen messen. Der wichtigste ist jedoch, es ist der einzige Spielepreis in der Welt, der wirtschaftlich eine Bedeutung hat. Der Gewinner kann mit einer deutlichen Steigerung seiner Verkaufszahlen rechnen. Und das liegt nicht daran, weil dieser Preis das von alleine mit sich bringt, sondern weil er seit über 35 Jahren mit deutlicher Arbeit auch nach draußen zu den Nicht-Spielern geht.
Wer keine Ahnung von Spielen hat und zu seinem Händler geht, weiß, dass er ein Spiel mit dem Pöppel einfach kaufen kann und ein gutes Spiel erwischt. Inzwischen wird auch immer mehr Energie darauf verwendet, dafür zu sorgen, dass auch die nominierten Spiele dieses Glück teilen können, und wenn ich von Freunden gefragt werde, die selber selten bis nie spielen, dann merke ich wie problemlos es ist, den Leuten einfach diese Spiele zu empfehlen. Und wenn ich weiß, dass die Person einer bestimmte Art von Spielen bevorzugt, finde ich meist auch auf der Auswahlliste ein Spiel, das diesen Geschmack trifft.
Die Frage sollte doch sein, warum sind die anderen Preise nicht relevant? Und da wird deutlich, dass diese meist in der eigenen Suppe kochen. Wenn auf BGG die Vielspieler abstimmen, dann kommen da nur Vielspieler-Spiele raus. Wenn der Deutsche Spielepreis gut gewählt eine schöne Liste ergibt, ist das noch lange nicht hilfreich genug, dass es den Verlagen wert wäre, das Logo auf ihre Schachtel zu drucken. Natürlich kann ein Zug um Zug mit 30 Logos drauf gut ankommen, aber dem Kunden sagen 29 dieser Preise nichts und sie könnten ihm nicht egaler sein. Da wird mit Masse statt Klasse geworben.
Andere Länder könnten da gut nachhelfen und versuchen ihren landesspezifischen Preisen auch eine wirtschaftliche Bedeutung zukommen zu lassen, aber eine optimale Lösung wie das aussehen könnte hätte ich nicht. Theoretisch müsste Geld in die Hand genommen werden. Und das passiert nicht. Und so kennt man die Preise in der Szene aber das war es.
10. Jau, das ist im Rollenspielbereich ähnlich, nur auf noch niedrigerem Niveau. Vielen Dank für deine Zeit. Magst du noch ein paar Worte an das deutschsprachige Spielevolk richten?
Nun könnte man nach diesen gefühlten 5000 Wörtern sagen, ich bin kein Mann der vielen Worte. Daher erstmal danke, dass ich dir hier Rede und Antwort stehen durfte.
Das Motto sollte sein: Spielen, Spielen, Spielen, und immer Spaß haben. Und dazu gehört auch: Sei fair, und sei kein Arsch. Jeder wünscht sich die angenehmsten Spieler an seinem Tisch und wer da mit Vorbild rangeht, kann auch für alle anderen ein toller Mitspieler sein.    
 

[Rezension] Orléans (Brettspiel)

Herrje! Was haben mir die Heidelberger denn da schon wieder geschickt! Die kennen doch meinen Geschmack und klaro – mit Super Dungeon Explore und Die Unterstadt kann man da nix falsch machen – aber – ORLÉANS?!? Also bitte – das ist mir viel zu kompliziert, zu europäisch, zu siegpunktig… 
Naja, jetzt liegt es schonmal hier rum, da kann ich es mir auch gleich mal ansehen und ein paar meiner Spießgesellen zu einer Runde anstiften.
Das Cover – (Co) dlp games
Name: Orléans
Verlag: dlp games (Vertrieb: Heidelberger)
Autor: Reiner Stockhausen
EAN: 4260184330188
Preis: ca. 49,95€
Alter: 12+
Spieler: 2-4
Dauer: 90 min
Genre: Deckbuilding, Siegpunkte, Mittelalter
BGG-Ranking: 91
Aufmachung
Da ist echt viel Kram in der Schachtel – vier Beutel, kleine Holzquader, -häuschen und -männesjen – dazu eine Gazillion Pappmarker jeglicher Couleur, ein fettes Spielbrett, ein kleineres Spielbrett und vier Spielertableaus. Klar. Damit komme ich schon klar… Nicht! Aussehen tut alles natürlich Clemens Franz-mäßig mehr als ordentlich und die Regel ist bis auf eine Kleinigkeit, die ich anders gemacht hätte, wirklich ausgezeichnet (und sogar bilingual in deutscher und englischer Sprache). Ihr wollt die Sache wissen, die ich anders gemacht hätte? Nun, ich habe ne ganze Zeitlang nach der Info gesucht, ob ich eine Aktion auch dann noch durchführen kann, wenn beispielsweise keine Figur mehr irgendwo zu erhaschen ist, man aber trotzdem vorrücken und von anderen Vorteilen profitieren könnte. So ganz zu 100% bin ich mir da immer noch nicht sicher, aber ich gehe davon aus, dass eine Passage im Abschnitt „Erlaubt/Verboten“ relativ eindeutig sagt, dass die Aktion dann nicht mehr durchzuführen ist. Das hätte ich lieber direkt vorne bei den Aktionen ganz präzise formuliert gehabt.
Ansonsten ist alles in Ordnung und das Spiel möge beginnen!
Das Spiel
Alter Schwede! Ist da vor Spielbeginn viel aufzubauen! Hoffentlich lohnt sich die Arbeit! Naja, immerhin ist es im Regelwerk alles ausgezeichnet erklärt und auch noch für Dödel wie mich optisch gut aufgearbeitet.
… in nur 13 kleinen Schritten (und bei der ersten Partie etwa 25 Minuten später) steht dann alles so, wie es sich gehört und es kann losgehen!
Das eigentliche Spiel findet nun in 7 Phasen statt, wovon eigentlich nur eine wirklich umfangreich ist, die anderen sind kleine Verwaltungsschritte, die sich schnell einschleifen.
1. Stundenglas: Eine von 18 Karten mit einem kleinen Ereignis wird aufgedeckt. Nach der Runde, in der die 18. Karte aufgedeckt wurde, endet das Spiel.
2. Volkszählung: Der Spieler mit den meisten Bauern bekommt 1 Geld, der mit den wenigsten muss 1 Geld löhnen (letzteres fällt bei 2 Spielern flach.)
3. Gefolgsleute: Zwischen 4 und 8 Gefolgsleute werden aus dem Beutel gezogen (je nachdem, wie weit man schon auf der Ritterleiste vorgerückt ist) und auf den eigenen Markt gelegt.
4. Planung: Auf dem Markt liegende Gefolgsleute können nun auf die Aktionsfelder verteilt werden.
5. Aktionen: Beginnend beim Startspieler werden die Aktionen ausgeführt, die in Phase 4 komplett aktiviert wurden.
6. Ereignis: Jetzt greift das Ereignis, das zu Beginn der Runde gezogen wurde (außer „Wallfahrt“ – das greift direkt zu Beginn).
7. Wechsel: Der linke Nachbar wird Startspieler
Hört sich einfach an und ist es dank der guten Darstellung auf den diversen Spielbrettern auch.Wichtig sind natürlich die Phasen 3-5 – vor allem 4, auf die ich an dieser Stelle genauer eingehen will.
So kann ich mit meinen Gefolgsleuten die unterschiedlichsten Dinge tun, um am Ende des Spiels mit den meisten Siegpunkten dazustehen.
Ich aktiviere das Bauernhaus – und bekomme einen Bauern. Nicht nur erhalte ich ein weißes Bauern-Gefolgsleute-Plättchen, sondern ich bekomme auch beim ersten Schritt direkt mal eine Getreide-Ähre, die in der Endabrechnung einen satten Punkt wert ist. Zusätzlich erhalte ich auch 1 Geld, wenn ich zu Beginn der Runde auf der Bauern-Leiste am weitesten rechts stehe. Ein weiteres Vorrücken bringt mir dann nochmal Getreide, dann Käse, erneut Käse, Wein, nochmal Wein und schließlich Wolle und Brokat ein, die später dann je nach Ware bis zu 5 satte Siegpunkte bringen. Aber Achtung! Drei der Ereignisse, die im Verlauf des Spiels gezogen werden, sorgen dafür, dass ich Steuern auf meine Ressourcen bezahlen muss – zu früh sehr viele zu haben, kann also ordentlich nach hinten losgehen.
… und das sind nur die Überlegungen, die ich beim dämlichen Bauernhaus anstellen muss – das ist mit großem Abstand das am leichtesten zu überblickende Element des ganzen Spiels…
So kann ich auch 3 Gefolgsleute ins Dorf schicken, wo ich dann jeweils einen Handwerker, einen Schiffer oder einen Händler nehmen kann und auf der jeweiligen Fortschrittsleiste voranschreite. Und ihr könnt euch denken, dass auch dieser Schritt auf der Leiste wieder eine riesige Auswirkung auf das Spiel hat.
An der Universität kann ich dann einen Gelehrten ausbilden – mir also einen passenden Gefolgsmann nehmen und auf der Leiste voranrücken, you know the drill…
In der Burg erhalte ich einen Ritter…
Im Kloster kann ich dann einen Mönch rekrutieren. Mönche sind die Allzweckwaffen in Orléans – sie kann man an Stelle jedes anderen „Gefolgsleuts“ einsetzen. (Leider darf man in Runden mit Wallfahrt keine Mönche rekrutieren und auch nicht solange man auf der Fortschrittsleiste des Handwerkers nicht mindestens einen Schritt gegangen ist.)
Mit einem Mönch und einem Ritter kann ich dann ins Skriptorium gehen und einen Entwicklungspunkt kassieren – sprich: meinen Holzquader auf der Entwicklungsleiste einen Schritt nach vorne bewegen. Das erhöht meine Entwicklungsstufe, was bei der Endabrechnung gar nicht übel ist und bringt auch unterwegs schon Boni in Form von Geld und Bürgern ein.
Will man unliebsame Gefolgsleute aus seinem Säckel loswerden, oder einfach nur etwas zum Allgemeinwohl beitragen, kann man bis zu zwei Personen ins Rathaus schicken. Von dort aus geht es dann direkt auf das Tableau der „segensreichen Werke“. Hier können sie nun diverse Aufgaben erfüllen wie den Papst wählen oder die Kanalisation ausbauen, was sie effektiv aus dem Spiel nimmt, aber mir Geld oder Entwicklungspunkte einbringt. Außerdem erhält man einen Bürger, wenn man ein solches Werk komplettiert. Auch keine üble Sache.
Drei wichtige „Befehle“ kann man noch mit seinen Gefolgsleuten durchführen: mit dem Schiff reisen, mit dem Wagen reisen oder ein Gildenhaus bauen. Diese drei Dinge spielen sich auf der rechten Seite des Spielbretts ab, wo man fröhlich durch das Loire-Tal reisen kann und Ressourcen abgreifen, sowie Kontore bauen, die später bei der Schlussabrechnung ordentlich Punkte geben.
Eieieieiei! Ich wette ihr kapiert nur Bahnhof – aber keine Angst, wenn ihr das Spielbrett vor euch liegen habt, wird auf einmal ein Schuh draus.
Nach 18 Runden ist dann Schicht im Schacht und es kommt die große Endabrechnung – nun gibt es Punkte für unterwegs verdientes Geld, für im Besitz befindliche Waren und dann durch eine Kombination aus Kontoren und Bürgerplättchen. Was? Ihr habt bis hierhin gelesen und wollt es nun genau wissen? Okay! Die Formel lautet: (Kontore plus Bürgerplättchen) mal Entwicklungsstand.
Und genau hier liegt der Haupt-Reiz des Spiels – bisher habe ich noch keine ideale Möglichkeit herausfinden können, Punkte zu scheffeln. Es gibt Trilliarden von Ansätzen und es gilt hier auch die Gegner immer im Auge zu behalten – gerade in der 3. und 4. Phase, die parallel verlaufen (was die Downtime sehr positiv reduziert).
Fazit
Volltreffer! Obwohl es so gar nicht mein Genre ist, ist das Ding bei mir persönlich richtig eingeschlagen. Ich überlege schon, woher ich da Mitspieler für die nächsten Partien rekrutieren kann, denn meine üblichen Spielrunden werde ich da kaum für begeistern können. Ich will jetzt sofort weitere Methoden ausprobieren, wie man es am Schluss zu einer fetten Punktausbeute bringt. Sofort!
Sehr gut gefällt mir auch, dass das Spiel zwar zu zweit ein wenig an Interaktion einbüßt, aber immer noch ganz ausgezeichnet spielbar ist – in Hinblick auf die Wartezeiten sogar noch besser. Zu viert ist tatsächlich die perfekte Spielerzahl. Da schwirrt einem total der Kopf und vor allem die Aktivität im Tal der Loire wird viel unübersichtlicher und deutlich heißer umkämpft als zu zweit, wo man sich recht gut aus dem Weg gehen kann.
Zudem hatte ich lange nicht mehr ein Spiel mit solch klarer Ikonografie vor der Brust – bis auf zwei kleine Regelunklarheiten (die sich mittlerweile auch in Wohlgefallen aufgelöst haben) wird da alles durch die verwendeten Grafiken völlig sinnvoll aufgedröselt, wodurch die Komplexität sehr nett auf ein solches Niveau abgemildert wird, dass auch ich Spaß an dem Spiel haben kann – an dieser Stelle ein Lob dafür an die Herren Stockhausen und Franz!
P.S.: Huiuiui! Habe gerade gesehen, dass es ein „Fan-Kit“ und eine Erweiterung „Orléans – Invasion“ gibt – ersteres mit Holz-Material anstelle der papp-Marker und letzteres ein kooperatives Verteidigungsspiel mit 3 Solo-Szenarien. Ich bin schon ganz aufgeregt!
P.P.S.: Habe ich schon „Easy to learn – hard to master“ gesagt?!?
P.P.P.S.: Und jetzt nachträglich her mit dem Kennerspiel-Pöppel 2015!
Bewertung
5 von 5 Technik-Räder

[Rezension] Aventuria (DSA-Kartenspiel)

Auf der Dreieich Con fiel mir ein Rezensionsexemplar von Aventuria in die gierigen Finger. Ich hatte Glück, denn die erste Charge des Spiels wird sowieso in Form von Mängelexemplaren rausgehauen. (Wenn ihr da also die Chance erhaltet, günstig dranzukommen – schlagt zu!) Einige Karten sehen nämlich farbtechnisch nicht so aus, wie man sich das bei Ulisses vorgestellt hat und vor allem die Würfel erfüllen nicht alle Kriterien, die man so in Mitteleuropa an handelsübliche Würfel hat. (Obwohl ich da noch Glück hatte mit meinem Exemplar, denn die Würfel haben unbedingt die Form, die sie haben sollten und alle Seiten sind bedruckt – auch wenn nicht alle Zahlen oder Punkte direkt in der Mitte der Würfelseite zu finden sind… Auch die Konvention, dass die beiden gegenüberliegenden Seiten immer 7 respektive 21 ergeben sollten, scheint im Reich der Mitte nicht gänzlich bekannt zu sein.)
Sei es wie es sei – Ulisses taten das einzig Richtige und haben den ganzen Schmonses nochmal neu drucken lassen und so wird es nun wohl Mitte bis Ende Januar, bis das Spiel offiziell erscheint.
Bis dahin könnt ihr euch die beiden äußerst unterhaltsamen Folgen des Orkenspalter Let’s Plays ansehen:

Ach ja – noch ein heißer Tipp! Wenn ihr im F-Shop etwas bestellt, schreibt den Jungs und Mädels da einfach, dass ihr gerne die Matten haben würdet, die im oben verlinkten Spiel verwendet wurden – bei mir hat das exzellent geklappt.


Name: Aventuria
Verlag
: Ulisses / Heidelberger
Autoren: Lukas Zach & Michael Palm
EAN: 4-260091-156420
Preis: ca. 39,95€
Alter: 14+
Spieler: 1-4
Dauer: 30 oder 90 Minuten
Genre: Kartenspiel, Kooperation, Fantasy, Duell
BGG-Ranking:
Aufmachung
Nun, das Cover ist von Nadine Schäkel und die Innen-Illus von DSA-Profis wie Anja DiPaolo oder Ben Maier… – da ist klar, dass das Teil sehr DSAig aussieht. An der Look & Feel-Front ist also alles in Ordnung. Die Anleitung ist auch ordentlich formuliert und man versteht die Regeln recht flott. Die Karten sehen gut aus, die Lebenspunkt-Räder sind sehr stimmungsvoll. Da gibt es zu diesem Zeitpunkt kaum etwas zu meckern. (Über die Qualität der Würfel blicke ich hier gnädig hinweg) Was mich sehr genervt hat, war, dass man sich die Karten vor dem ersten Verwenden mühsam zusammensuchen musste und die Karten von Layariel Wipfelglanz sind mit „EK“ gekennzeichnet. EK?!? Klaro – „Elfische Kundschafterin“. Hätte man da nicht „Layariel“ daneben schreiben können? Und wo wir den Namen gerade schon erwähnt haben – die Namen und „Jobs“ der Helden sind sooooooo klischee-beladen, dass es keinen „Andergaster Ritter Alrik Chevalrik“ gibt, ist wirklich alles. Wen kann man also spielen?
– Layariel Wipfelglanz (Elfische Kundschafterin)
– Arboscch, Sohn des Angrax (Zwergenschmied)
– Carolan Caravanti (Halbelfischer Streuner)
– Mirhiban Al’Orhima (Tulamidische Magierin)
Sehr sinnvoll ist hier die kurze Regelzusammenfassung auf der Rückseite der Anleitung – von Fantasy Flight lernen heißt nun einmal siegen lernen!
Das Spiel
Im Duellmodus kann man nun die 4 Helden gegeneinander antreten lassen. Jeder Teilnehmer hat seine Heldenkarte und 30 Aktionskarten und die Kontrahenten beginnen mit 5 Handkarten. Dazu zieht jeder zu Beginn 5 Karten und aus Balancing-Gründen darf nun jeder Spieler zwischen 0 und 5 Karten weglegen und neuziehen – die weggelegten Karten werden in den Handkartenstapel gemischt.
Anschließend gibt man sich in 6 Runden Saures.
(1. Effekte greifen)
2. Zwei Karten nachziehen (Deck fertig – KEIN neu Mischen)
3. Erschöpfte Karten bereit machen
4. Bis zu 2 Ausdauerkarten spielen (–> Ausdauerpunkte aufbauen)
5. So viele Karten spielen, wie man Lust und/oder Ausdauer hat
6. Ende des Zuges (gegebenenfalls auf 7 Handkarten reduzieren)
Ihr seht schon – wichtig ist Phase 5, in der es so richtig Stumpes gibt und man sich Zauber und Waffen um die Ohren hauen kann. Aber DSA wäre nicht DSA, wenn gerade diese 5. Phase nicht so die eine oder andere Sonderregel hätte.
Dass man gewisse Voraussetzungen erfüllen muss, um bestimmte Karten ist klar und auf den Karten gut zu erkennen, man kann Karten „tappen“ – sorry, aus Copyrightgründen natürlich „erschöpfen, um Effekte hervorzurufen.
Müssen Proben abgelegt werden, so würfelt man mit einem W20 und muss den auf der Karte angegebenen Wert treffen oder unterbieten.
Wichtig ist mechanisch gesehen vor allem der Angriff: Hier muss man zuerst ansagen wen oder was man genau angreifen will. Dann bezahlt man die Ausdauer und erschöpft die Angriffskarte. Anschließend würfelt man die Angriffsprobe – ist diese erfolgreich versucht der Gegner auszuweichen. Gelingt das nicht, wird der Schaden erwürfelt, von dem noch die Rüstung abgezogen wird.
Und um nochmal die DSA-Rollenspieler mitzunehmen – gerade bei diesen Aktionskarten gibt es etliche Merkmale von DSA, denn welche Zaubersprüche soll wohl Mirhiban zaubern? Klaro – Ignisphaero, Fulminictus Donnerkeil oder Animatio und womit, denkt ihr, verkloppt Arbosch seien Feinde? Natürlich mit dem Kriegshammer, der Ochsenherde oder der Orknase.
Eine weitere Anlehnung an das Rollenspiel bietet dann aber der Abenteuermodus, denn im Rahmen der Abenteuer kann man nach zumeist kurzen Begegnungen, die anhand von Proben die Ressourcen für den Endkampf eindampfen. Der jeweilige Endkampf wird dann nach den Duell-Regeln abgehandelt, wobei die Helden kooperativ gegen vorgegebene (und aus einem vorbereiteten Deck gezogene) Monster antreten. Für die einzelnen Abschnitte des Abenteuers gibt es kurze Vorlesetexte mit Angabe der geforderten Proben und der Konsequenzen, wenn Proben gelingen und wenn sie misslingen – und wie gut sie gelingen oder wie katastrophal sie in die Grütze gehen.
Die Grundbox enthält nun den Einakter „Silvanas Befreiung„, den die Senioren unter uns sicher noch kennen werden sowie „Das Erbe von Wildenstein“ in 3 Akten – weitere Szenarien wird es in Folgepublikationen geben, wobei scheinbar die Tendenz beibehalten wird, immer mindestens einen Klassiker neu zu verpacken. Ich finde so etwas ja immer sehr charmant. Damit punktet man bei mir.
Zu Beginn werden die Schergenkarten platziert, ebenso die Anführerkarte und eventuell benötigte Lebenspunktemarken. Helden- und Verderbensmarken werden bereitgelegt und wie im Duell werden 5 Handkarten gezogen.
Zeitgleich finden die Phasen 1-4 der Duellregeln statt und beginnend mit dem Startspieler kommt jetzt die Aktionsphase. Anschließend agieren die Gegner (wobei ich den Mechanismus sehr clever finde mit dem W20 zu bestimmen, was ein beliebigier Gegner in einer Kampfrunde tut) und ein Zeitmarker wird von der Zeitleiste entfernt (ein weiterer cleverer Mechanismus, denn bei manchen Stufen finden besondere Ereignisse statt). Abschließend werden eventuelle zeitlich ausgelöste Effekte der Gegnerkarten ausgeführt und der Startspielermarker wird im Uhrzeigersinn weitergegeben.
Im Abenteuermodus offenbaren sich jetzt aber die ersten Probleme des Spiels. Ich nehme es den Machern absolut ab, dass hier Herzblut reingeflossen ist und jede Phase liebevoll und lang und breit getestet wurde, dennoch bin ich mit dem Balancing nicht so recht zufrieden. Je nach Starthand und zuerst gezogenen Gegnern und Kombinationen an Helden kann man die Gegner recht schnell wegblasten oder kriegt amtlich den Hintern versohlt. In manchen (idealen Fällen) wogt das Kampfesglück wüst hin und her und man kann das Rude noch rumreißen. Diese Siege sind natürlich die süßesten und diese Niederlagen die bittersten.
Fazit
Ich stehe ja im Moment sehr auf Abenteuerspiele und dieses hier macht sehr viel richtig. Der Duell-Modus klappt super und darüber, dass das Balancing des Abenteuermodus etwas wacklig auf den Beinen ist, kann ich als Old-Schooler locker hinwegsehen, denn so ist nunmal das Abenteurerleben – manchmal zwingen einen Gegner in die Knie, die man normalerweise einarmig wegmosht. Ganz im Ernst? Ich sehe diese Unausgewogenheit sogar noch als Stärke an, denn das Kampfgeschehen wogt hier hin und her, man kann sich seiner Sache nie sicher sein, muss aber auch in den hoffnungslosesten Situationen nicht aufgeben.
Vielleicht besteht ja die Chance, klassische Rollenspieler mit einer kleinen Ersatzdroge anzufixen – ob der umgekehrte Weg sehr oft gegangen wird, wage ich zu bezweifeln, denn sieht man mal das reine Kartenspiel, gibt es doch einige, die der versierte Sammelkartenspieler da ohnehin schon im Regal stehen hat.
Bewertung
4 von 5 zensierte Silvana-Bilder

[Rezension] Wilde Welten (Savage Worlds)

Mittlerweile kommt es ja glücklicherweise ab und an vor, dass deutsche Rollenspielverlage ihr soziales Gewissen auch nach außen hin zeigen und so unterstützt nun Prometheus mit den Einnahmen aus diesem Projekt „Spielkinder“ die Dusiburger Tafel! Coole Sache – mal sehen, ob neben dem guten Zweck auch noch was für den durchschnittlichen „Savage“ dabei herausspringt:
Das Cover – (Co) Prometheus

Produkt: Wilde Welten
System: Savage Worlds
Autoren: Günther Lietz, Oliver Loh, Thomas Bayer
Verlag: Prometheus
Aufmachung: A5, 110 Seiten
Erscheinungsjahr: 2015
Preis: 14,95 €
ISBN: 978-3-94471-3076
Gestaltung
Im klassischen A5 von Savage Worlds gehalten bietet das Büchlein auf den ersten Blick keine großen Überraschungen. und das Design und Layout ist klar, wie man es von den deutschsprachigen Savage Worlds-Regelwerken kennt. Über die Qualität der Zeichnungen bin ich mir immer noch nicht ganze mit mir selbst einig – die wirken allesamt irgendwie amateurhaft, aber damit sprechen sie meinen Old-School-Geschmack an – kann also sein, dass das so gewollt ist, schließlich kennt man die Illustratoren größtenteils von früheren Veröffentlichungen. Das Korrektorat hat schonmal gute Arbeit geleistet und auf den ersten Blick sehen die Werte auch alle ganz vernünftig aus – das wird sich aber erst im Spiel herausstellen – ich denke ich nehme mir im Laufe der nächsten Wochen mal die Hühnchen zur Brust, dann weiß ich mehr.
Inhalt
Das Heft bietet drei Abenteuer in unterschiedlichen Settings, die komplett mit kurzem Hintergrund, Settingregeln und verbratbaren NSC daherkommen.

Robe und Rapier führt uns in das Rom der Renaissance und wir müssen uns in einem dreiteiligen Abenteuer durch eine tief im Vatikan verwurzelte Intrige schnetzeln. Sehr klassisch (und somit ganz nach meinem gusto) muss man im zweiten Teil etwas Ermittlungsarbeit leisten, in Teil 3 geht es durch einen Dungeon… äh, ich meine durch die Katakomben unter dem Vatikan inklusive amtlichem Showdown. Insgesamt ein sehr traditioneller Dungeoncrawl mit etwas drangeflanschter Story im exotischen Setting. Gefällt mir gut.

Kommen wir zum zweiten Abenteuer Chicken Wings. Ich persönlich halte ja den Autor für einen der besten deutschsprachigen Autoren kurzer Abenteuer, daher ist hier schon vor dem Lesen die Messlatte sehr hoch – mal ganz abgesehen davon, dass ich gerade Appetit auf die Chicken Box von McDonald’s bekomme… Untertitel ist „A furry tale“ – was schonmal als Wortspiel mit „fairy tale“ ganz grandios ist, aber natürlich in Bezug auf Hühnchen wohl eher „A feathery tale“ heißen müsste. Gut, dass wir es im Verlauf der Geschichte auch mit pelztragenden Viechern zu tun bekommen.
Logischerweise spielen die Spieler Hähne oder Hennen einer Elite-Fliegerstaffel und kommen zu Beginn des Abenteuers aus einem Club. Sodort werden sie in eine wilde Verfolgungsjagd verstrickt und müssen einige bizarre zusammenhängende Missionen erfüllen, bis sie sich auf ihrer Stange zur Nacht betten können.
Ziemlich überdreht das Ganze und durch die ausgezeichnet passende Sprache schon bei der Vorbereitung des Abenteuers eine unterhaltsame Angelegenheit. Sehr schön auch, dass die Missionen mit Hilfe von gut durchdachten Tabellen, die mit Hilfe des Pokerdecks bestimmt werden ein großes Zufallselement ins Spiel kommt. Da lacht das Hühnchenherz!

Abschließend bekommen wir es in Granishaim mit einer zerstörerischen Sekte zu tun. Als Mitglieder der Task Force des Professor Hammert machen sich die Abenteurer auf die Suche nach Anne Marie Runninger, die sich scheinbar einer Sekte angeschlossen hat. Eigentlicher „Star“ des Abenteuers sind aber die Stadt Granishaim und das gesamte Setting mit seinen Äthergegenständen und dem leicht steampunkig angehauchten Grundgefühl. In  Mexiko City macht man sich dann auf die Suche nach Erich Zann (Na, Lovecraft-Fans, klingelt da was?), dem Anführer der Sekte. Nach laaaaangen und vielfältigen Ermittlungen macht man sich dann auf zum Showdwn, den ich aus Spoilergründen mal nicht genauer beschreiben will – er reicht, wenn ihr wisst, dass hinter der ohnehin schon durchgeknallten Sekte noch eine weitere Ebene steckt.

Fazit
Hmmm… Also die Aktion an sich ist natürlich schon alleine 3,5 von 5 Punkten wert. Dazu kommen noch 3 wirklich interessante Abenteuer (inklusive Settings und NSC). Die Abenteuer schwanken sehr – und zwar nicht in Qualität, die ist bei allen absolut in Ordnung, sondern in Ernsthaftigkeit und historischer Akkuratesse. Intrigen in der Renaissance? Bingo! Hühnchen-Elite-Söldner? Haben wir! Der Kampf gegen eine durchgeknallte uralte Sekte? Kein Problem!

Ich will jetzt nicht sagen: „Da ist für jeden was dabei!“, aber es werden wirklich drei unterschiedliche Geschmäcker abgedeckt und mir persönlich gefallen zwei davon schonmal ganz gut und werden sicher in Kürze auf dem Spieltisch landen.
Außerdem kann es nie schaden, irgendwelche lokalen Tafeln zu unterstützen – und wenn man das tun kann, indem man sich interessantes Rollenspielmaterial ins haus holt… Was will man mehr?

Bewertung
4 von 5 gackernde Hühnchen

EDIT: Text etwas „entamtlicht“.

[Sonntags-Interview] Michael Mingers (Ulisses)

Das Sonntags-Interview kommt heute mal pünktlich am Montag, da wir gestern länger unterwegs waren als geplant. Dieses Mal habe ich Michael Mingers erwischt – seines Zeichens „stellvertretender Verlags-Dingenskirchen“ bei Ulisses!

1. Michael – schildere doch mal bitte kurz deinen Weg ins Rollenspiel.
Ich bin Anfang der 1990 herum zum Rollenspiel gekommen, fast unmittelbar nach meiner Ankunft am Gymnasium. Der neue Klassenkamerad, neben den ich zu Sitzen kam, erzählte von Battle Trolls, NES-Spielen und anderem heißem Scheiß, den wir damals eben so hatten. Und irgendwann erzählte er dann auch von diesem Rollenspiel, das sein älterer Cousin mit ihm spielen würde. Ich war völlig fasziniert davon und in meinem Kopf spielten sich nur Szenen von Game Boy Rollenspielen ab. Davon hatte ich in den damaligen Videospielzeitschriften gelesen, PnP-Rollenspiel war mir völlig fremd.
Dann legten wir los und eroberten zu zweit mit der DSA-Basisbox Gareth und Umgebung. Und zwar wirklich, wir haben Dörfer eingenommen und dortige Herrscher gemeuchelt oder alle Wachen erschlagen. So stellten wir uns damals vor, dass man die Kontrolle übernimmt.
Mein Waldelf Romualdo (Name aus der Fernsehserie Fantaghiro übernommen) kämpfte aber auch effektiv mit Kettenhemd und Ochsenherde (höchster Schaden!) und beschwor auch mal gerne ein Skelett zur Unterstützung. Aber wir hatten dann später auch Lichtschwerter, F-Zero-Flitzer und Cyberware, einfach weil wir alles übernommen haben, was wir damals cool fanden.
Es war total wildes Gonzo-Rollenspiel, dass ich auch später wieder sehr schätzen gelernt habe.
2. Hört sich wirklich wild an. Genau so muss Rollenspiel sein. Wie verlief den der Weg von diesen „wüsten Tagen“ in die Industrie?
Nachdem wir dann viele Jahre am Gymnasium und im Freundeskreis zockten, lernte ich dann irgendwann über dieses Internet den Herrn Michalski von der DORP kennen. Das erweiterte meinen Bekanntenkreis in die Eifel und ich lernte doch neue Rollenspieler und Spielarten kennen. Ich stieg bei den Nasen auf der DORP ein und wurde Rezensent für den ganzen Kram, den die Magus-Stimmungsspieler da unten doof fanden, also vor allem d20-Material. Irgendwann nachdem ich die GamerZero-Videos von WotC gesehen hatte, wollte ich dann so etwas auch in Deutschland machen. Weniger ein journalistisches Format, sondern eine Möglichkeit für Rollenspielschaffende, auf Cons ihre Nase in die Kamera zu halten und von ihren Produkten zu erzählen. Damit auch Leute zu Hause mal die Leute hinter den Büchern sehen und hören konnten. Das hat mir über die Jahre einige Kontakte eingebracht und als ich dann 2012 die Stellenausschreibung bei Ulisses für einen Redakteur sah, habe ich mich formell beworben, wurde eingeladen und bekam nach einem Einstellungsgespräch den Job. Ich denke mal, dass meine vorherige Arbeit als Fan in der Szene, mein breit angelegtes Wissen über verschiedenste Systeme, aber auch mein Studium der Geisteswissenschaften und Praktika in Redaktionen da auch geholfen haben.
Oh, und dass ich DSA4 nicht mochte, denn man suchte gezielt auch nach jemandem, der die DSAler in Ruhe lässt und sich um die anderen Reihen bei Ulisses kümmert, zu dieser Zeit also vor allem BattleTech und Pathfinder.

3. „DORP“ ist ein gutes Stichwort. Sorry, aber ich muss einfach auch auf deine Eifel-Hollywood-Karriere zu sprechen kommen: Erzähl doch mal den Lesern irgendwas über deine Rolle als Xoro, was selbst ich nicht weiß.
Das ist bei dir als ausgewiesener Fachmann und Fan natürlich nicht leicht. Als die DORP-Kollegen meinten, dass sie einen Barbarenfilm drehen wollten und ich die Hauptrolle übernehmen sollte, sagte ich in der urigen Annahme zu, dass die das ja eh nicht durchziehen. Haben sie aber durchgezogen. Also gab es es ein paar Jahre später einen sehr, sehr trashigen No-Budget-Barbarenfilm, dessen Name auf Michalskis schrottigem DVD-Player beruhte. Den gab es in aller pixeligen 4:3 Herrlichkeit auf DVD samt Making-of und inzwischen auch auf Youtube. Wer also mal sehen möchte, wie ich mit Indianermädchenperücke, zehn Jahre leichter und 30 Kilo jünger aussehe, der kann da einen Blick riskieren.
Die halbe Stunde gibt euch aber niemals jemand wieder. Umso erstaunlicher, dass es 2016 mit Hilde und den Glocken der Amazonen sogar ein Spinoff-Prequel geben wird. Und irgendwann vielleicht ein Xoro 2 …
4. Okay, die Indianermädchenperücke lasse ich mal als neue Info durchgehen. Beschreibe doch mal bitte etwas genauer, was du bei der DORP so getrieben hast, wenn du nicht gerade mit einem Schwert in der Hand durch die Eifel gerannt bist, um dich dabei filmen zu lassen?
Ich habe vor allem sehr viel rezensiert. Hunderte von Buchbesprechungen auf der DORP sind von mir, vorrangig aus dem Bereichen d20 und D&D, aber auch BattleTech-Romane und mal was Abwegiges. Ein paar Downloads habe ich auch beigesteuert oder mitgeschrieben, etwa die Kastanienmännchenverschwörung als Abenteuer für die 1W6 Freunde, ein Abenteuer für Arcane Codex in der Region, in der ich auch das Quellenbuch für den Verlag schreiben durfte oder auch Stranded. Das ist ein Mini-Rollenspiel voller Zufallstabellen mit dem ich vor allem meine Abneigung gegen die Verarsche bei Lost zum Ausdruck bringen wollte. Es ist aber vermutlich eines der Spiele aus unserem Portfolio, dass man eher lesen statt spielen sollte …
Als ich dann mit DORP-TV vor der Kamera und als Redaktion (und Ralf Murk hinter der Kamera und am Schnittrechner) aktiv wurde, rückte ich dann auch mehr ins „Zentrum der Aufmerksamkeit“, obwohl der Kollege Michalski eigentlich die meisten Sachen schrieb und erledigte.
Als ich dann gen Waldems auszog, um den Leuten vom großen U zu dienen, konnte ich aber weder anderen Verlagen kritische Fragen im Interview unter die Nase reiben, noch Rezensionen zu Produkten schreiben. Das hätten dann zu viel Geschmäckle gehabt denke ich. Tom, Markus und Janine übernahmen DORP-TV und ich brachte irgendwann Thomas dazu, dass wir einen Podcast aufnehmen, um wieder mehr Inhalte auf die DORP zu bekommen. Und seit fast drei Jahren nehmen wir nun via skype den DORPcast auf, wo wir über Rollenspiel, Medien, Cons, usw. sprechen und das ins Netz stellen.

5. Jau, den DORP-Cast wie auch DORP-TV kann ich auch nur jedem wärmstens ans Herz legen. Und dass du mittlerweile bei Ulisses gelandet bist, sollte auch mittlerweile jeder mitbekommen haben? Aber wie wird man innerhalb so kurzer Zeit vom Showpraktikanten, der nicht mal an DSA ran darf zum stellvertretenden Verlagsdingenskirchen? War da Sex im Spiel?
Würde man mit Sex weiterkommen, dürfte ich vermutlich heute noch BattleTech-Datenbögen von Hand einzeln eindeutschen. Ich hoffe mal, dass ich durch Einsatz und Kompetenz überzeugen konnte und deswegen heute eine höhere Position in der Firma habe, als noch drei Jahre zuvor. Es hat sicher auch geholfen, eben nicht bei DSA eingebunden zu sein, da wir uns immer breiter aufgestellt haben und ich längere Zeit alles betreut habe, was eben nicht DSA war. Das ist insgesamt eine Menge Arbeit und auch nicht immer Spaß, aber ich gehe in dem Job auf und es klappt mehr als schief geht. Allerdings steht bei unserer Branche bei allem was schief geht, dann jahrelang bei Leuten im Schrank …
6. Du hast ja in den letzten 3 Jahren ordentlich Kram über deinen Schreibtisch gehen sehen, gibt es irgendetwas, worauf du ganz besonders stolz bist?
Als negativer Mensch sehe ich leider immer vor allem die Produkte, die nicht gut funktioniert haben. Besonders stolz bin ich nicht mehr unbedingt auf einzelne Produkte, sondern darauf, dass wir es trotz immer wieder auftauchender Rückschläge geschafft haben, den Produktausstoß und auch die Qualität der Produkte zu vergrößern, die wir in den deutschen Rollenspielmarkt bringen können. 2016 wird da, auch dank des Crowdfundings noch eine ganze Menge Kram veröffentlicht werden, der den dt. Markt sicher bereichern wird. Und über dieses Medium kann ich dann auch Reihen realisieren lassen, die ich unbedingt im Markt sehen will, die es auf üblichem Weg aber schwerer haben dürften.
7. Denkst du da an bestimmte Reihen und kannst du schon irgendetwas dazu verraten?
 Ja und nein.
8. Hosen runter!
Die Kobolde König Torgs (Preiset König Torg!) sind ja schon dabei unsere Facebook-Seite nach und nach zu übernehmen, da wird es Anfang 2016 dann etwas zu geben. Danach versuchen wir noch Königreiche voller Mayonnaise für den deutschen Markt zu erschließen, vergessene Planeten eines zertrümmerten Imperiums wiederzuentdecken, unsere Welt auf verschiedene Arten zu vernichten und Dämonen auf eine barocke Welt zu entlassen.
Plus zahlreiche andere Sachen, Spiele, Bücher und Reihen … 2016 wird sehr spannend, auch international.
9. Na geht doch! Du bist zwar der Ulisses-Nicht-DSA-Typ, aber hast du mal irgendwie in den Redaktionshallen etwas dazu vernommen, was man sich vom englischsprachigen „The Dark Eye“ verspricht? Ich finde das persönlich ja äußerst cool, prognostiziere aber ein brutales Marktdebakel… 
Ich bin ja nicht mehr der Non-DSA-Typ. Gerade bei den ersten Produkten zu DSA5 war ich da noch tief drin und habe viel Layout übernehmen müssen. Und da ich inzwischen stellvertretender Verlagsleiter bin, kümmere ich mich zwar nicht um die Inhalte bei DSA, muss aber dennoch die Produkte auf den Weg bringen.
Bei The Dark Eye haben wir ja ein amerikanisches Studio, das die Reihe betreut und mit Paizo einen enorm starken Partner für den Vertrieb. Selbst wenn TDE im englischsprachigen Markt nur eine Nische bleibt, dann heißt Nische bei denen das, was bei uns in Deutschland in Zahlen eine äußerst stabile Reihe wäre. Und da wir den Kram ja eh erstellen, ist die Übersetzung dann nicht mehr so aufwändig. So viel Geld in ein Produkt zu stecken und es dann nur auf Deutsch zu veröffentlichen wäre eher eine Sackgasse, daher müssen wir international tätig werden. Und mit dem Feedback, das wir von den Kunden direkt auf der Gencon dieses Jahr bekommen haben, sollte da doch einiges gehen. Und es wird ja auch eine französische Fassung geben, die allerdings von den Kollegen von BlackBook Editions übersetzt und veröffentlicht werden wird. Und wenn man sich das Feedback bei denen alleine zur Ankündigung anschaut, rechne ich bei deren Fassung auch nicht mit einer Nische.
Mal ganz davon abgesehen, dass wir Anfragen oder bereits Umsetzungen von russischen, niederländischen und italienischen Fans haben, die den Schnellstarter übersetzen und sogar layouten. Hexenreigen als kostenloses Einsteigerabenteuer ebenfalls. Interesse ist auf jeden Fall da.
10. Okay. Das würde mich natürlich freuen. Danke schonmal für deine Zeit. Gibt es noch etwas, was du dem deutschsprachigen Rollemspielvolk in den Gehörgang tätowieren möchtest?
Versucht besser Leute für etwas das ihr mögt zu begeistern, als Leuten, die etwas anderes mögen als ihr, davon zu überzeugen das sie falsch liegen.