[Rezension] Wilde Welten (Savage Worlds)

Mittlerweile kommt es ja glücklicherweise ab und an vor, dass deutsche Rollenspielverlage ihr soziales Gewissen auch nach außen hin zeigen und so unterstützt nun Prometheus mit den Einnahmen aus diesem Projekt „Spielkinder“ die Dusiburger Tafel! Coole Sache – mal sehen, ob neben dem guten Zweck auch noch was für den durchschnittlichen „Savage“ dabei herausspringt:
Das Cover – (Co) Prometheus

Produkt: Wilde Welten
System: Savage Worlds
Autoren: Günther Lietz, Oliver Loh, Thomas Bayer
Verlag: Prometheus
Aufmachung: A5, 110 Seiten
Erscheinungsjahr: 2015
Preis: 14,95 €
ISBN: 978-3-94471-3076
Gestaltung
Im klassischen A5 von Savage Worlds gehalten bietet das Büchlein auf den ersten Blick keine großen Überraschungen. und das Design und Layout ist klar, wie man es von den deutschsprachigen Savage Worlds-Regelwerken kennt. Über die Qualität der Zeichnungen bin ich mir immer noch nicht ganze mit mir selbst einig – die wirken allesamt irgendwie amateurhaft, aber damit sprechen sie meinen Old-School-Geschmack an – kann also sein, dass das so gewollt ist, schließlich kennt man die Illustratoren größtenteils von früheren Veröffentlichungen. Das Korrektorat hat schonmal gute Arbeit geleistet und auf den ersten Blick sehen die Werte auch alle ganz vernünftig aus – das wird sich aber erst im Spiel herausstellen – ich denke ich nehme mir im Laufe der nächsten Wochen mal die Hühnchen zur Brust, dann weiß ich mehr.
Inhalt
Das Heft bietet drei Abenteuer in unterschiedlichen Settings, die komplett mit kurzem Hintergrund, Settingregeln und verbratbaren NSC daherkommen.

Robe und Rapier führt uns in das Rom der Renaissance und wir müssen uns in einem dreiteiligen Abenteuer durch eine tief im Vatikan verwurzelte Intrige schnetzeln. Sehr klassisch (und somit ganz nach meinem gusto) muss man im zweiten Teil etwas Ermittlungsarbeit leisten, in Teil 3 geht es durch einen Dungeon… äh, ich meine durch die Katakomben unter dem Vatikan inklusive amtlichem Showdown. Insgesamt ein sehr traditioneller Dungeoncrawl mit etwas drangeflanschter Story im exotischen Setting. Gefällt mir gut.

Kommen wir zum zweiten Abenteuer Chicken Wings. Ich persönlich halte ja den Autor für einen der besten deutschsprachigen Autoren kurzer Abenteuer, daher ist hier schon vor dem Lesen die Messlatte sehr hoch – mal ganz abgesehen davon, dass ich gerade Appetit auf die Chicken Box von McDonald’s bekomme… Untertitel ist „A furry tale“ – was schonmal als Wortspiel mit „fairy tale“ ganz grandios ist, aber natürlich in Bezug auf Hühnchen wohl eher „A feathery tale“ heißen müsste. Gut, dass wir es im Verlauf der Geschichte auch mit pelztragenden Viechern zu tun bekommen.
Logischerweise spielen die Spieler Hähne oder Hennen einer Elite-Fliegerstaffel und kommen zu Beginn des Abenteuers aus einem Club. Sodort werden sie in eine wilde Verfolgungsjagd verstrickt und müssen einige bizarre zusammenhängende Missionen erfüllen, bis sie sich auf ihrer Stange zur Nacht betten können.
Ziemlich überdreht das Ganze und durch die ausgezeichnet passende Sprache schon bei der Vorbereitung des Abenteuers eine unterhaltsame Angelegenheit. Sehr schön auch, dass die Missionen mit Hilfe von gut durchdachten Tabellen, die mit Hilfe des Pokerdecks bestimmt werden ein großes Zufallselement ins Spiel kommt. Da lacht das Hühnchenherz!

Abschließend bekommen wir es in Granishaim mit einer zerstörerischen Sekte zu tun. Als Mitglieder der Task Force des Professor Hammert machen sich die Abenteurer auf die Suche nach Anne Marie Runninger, die sich scheinbar einer Sekte angeschlossen hat. Eigentlicher „Star“ des Abenteuers sind aber die Stadt Granishaim und das gesamte Setting mit seinen Äthergegenständen und dem leicht steampunkig angehauchten Grundgefühl. In  Mexiko City macht man sich dann auf die Suche nach Erich Zann (Na, Lovecraft-Fans, klingelt da was?), dem Anführer der Sekte. Nach laaaaangen und vielfältigen Ermittlungen macht man sich dann auf zum Showdwn, den ich aus Spoilergründen mal nicht genauer beschreiben will – er reicht, wenn ihr wisst, dass hinter der ohnehin schon durchgeknallten Sekte noch eine weitere Ebene steckt.

Fazit
Hmmm… Also die Aktion an sich ist natürlich schon alleine 3,5 von 5 Punkten wert. Dazu kommen noch 3 wirklich interessante Abenteuer (inklusive Settings und NSC). Die Abenteuer schwanken sehr – und zwar nicht in Qualität, die ist bei allen absolut in Ordnung, sondern in Ernsthaftigkeit und historischer Akkuratesse. Intrigen in der Renaissance? Bingo! Hühnchen-Elite-Söldner? Haben wir! Der Kampf gegen eine durchgeknallte uralte Sekte? Kein Problem!

Ich will jetzt nicht sagen: „Da ist für jeden was dabei!“, aber es werden wirklich drei unterschiedliche Geschmäcker abgedeckt und mir persönlich gefallen zwei davon schonmal ganz gut und werden sicher in Kürze auf dem Spieltisch landen.
Außerdem kann es nie schaden, irgendwelche lokalen Tafeln zu unterstützen – und wenn man das tun kann, indem man sich interessantes Rollenspielmaterial ins haus holt… Was will man mehr?

Bewertung
4 von 5 gackernde Hühnchen

EDIT: Text etwas „entamtlicht“.