[Sonntags-Interview] Markus Holzum (Illustrator und Kartographie-Gott)

Und wieder mal ist mir ein Rollenspiel-Promi vor die Fragenflinte gespurtet – Markus Holzum, der wissenschaftlich erwiesen grandioseste Kartenzeichner des Universums. Und wenn ihr dachtet, dass Rollenspielautoren redefreudig wären, dann checkt mal das folgende Interview aus.
1. Markus – schildere doch mal bitte kurz deinen Weg ins Rollenspiel?
Mein Weg ins Rollenspiel begann mit dem intensiven Spielen von Computer-Adventures auf dem C64 und Amiga. Nach Maniac Mansion und Co. fiel mir dann auf dem Amiga „Dungeon Master“ in die Hände (vorher war ich an Death Knights of Krynn grandios gescheitert). Das Prinzip, dass sich die Spielfigur weiter entwickelt und stärker wird, hat es mir damals sehr angetan. Dann drückte mir ein Freund die „Schicksalsklinge“ in die Hand und ich war komplett geflasht. Schließlich kam ein guter Freund mit seinem Weihnachtsgeschenk, dem DSA1-Basisspiel vorbei und lud mich und meine Freundin zu meinem ersten Pen & Paper Abend ein. Stunden später war Silvana endlich befreit, meine Freundin als Spielleiterin dem Wahnsinn nahe und ich in meinem Hobby angekommen.
2. Blieb es länger bei DSA?
Sieht man auch hier von den späteren Computerspielen ab, habe ich DSA bis ungefähr um die Jahrtausendwende gespielt, überwiegend als Spielleiter, allerdings immer nur nach DSA3 Regeln. 1996 kam noch Midgard hinzu, da habe ich aber nie gemeistert. Und dann ereilt einen ja das Problem, was wohl 95% aller Rollenspielgruppen mit Durchschnittsalter Ende 20/ Anfang 30 erreicht: Job, Familie, Existenzgründung… Vor ein paar Jahren wollte ich mich noch intensiver mit Dungeonslayers beschäftigen, aber selbst dazu fand ich keine Muße mehr. Leider. Mein Hobby hat sich dann letztlich auf das Beisteuern von Spielmaterial und Illustrationen beschränkt… dass wiederum ist aber umso erfüllender.
3. Welche von dir illustrierten Sachen könnte denn der durchschnittliche Rollenspieler kennen?
Hu… ich kann nicht so recht einschätzen, was der durchschnittliche Rollenspieler so in die Hände bekommt „smile“-Emoticon
Sicher wird er die neue Aventurienkarte kennen. Die Uthuriakarte dürfte auch bekannt sein, auch weil es ja schon ein paar Wellen geschlagen hat aufgrund des fehlerhaften Maßstabs. Ansonsten würde ich die Karten für Space1889 noch nennen. Und da sind noch die unzähligen Grundrisspläne aus 3 Bänden aventurischer Magierakademien.

Illustrationen, die weder Karte noch Grundrisspläne darstellen, dürften weniger bekannt sein. Da würde ich höchstens die letzten 5 Cover des Midgard-Gildenbriefs nennen. Aber die Leserschaft ist hier wohl (leider) überschaubar.
6. Hier bei Facebook blitzt bei mir immer mal wieder etwas zu einem Herneznsporjekt vor dir auf – kannst du dazu etwas verraten?
Herzensprojekt trifft es ziemlich genau. 1996 wurde meiner Rollenspielgruppe und mir Aventurien zu langweilig (was nicht an Aventurien lag!) und wir beschlossen, unsere eigene Welt zu basteln. Bei vielen verflog allerdings die anfängliche Euphorie, als sie merkten, was das für eine Mammut-Aufgabe sein würde. So wurde aus dem Projekt „Fa.M.R.A (Fantasy, Magie, Rollenspiel, Abenteuer) eine Heerlagergruppe für Mittelaltermärkte (das M für Magie wurde in Mittelalter umbenannt). Also stand ich alleine mit meinem Projekt, eine Rollenspielwelt zu basteln.

Daraus ist nach vielen „auf“ und „abs“ dann „Khorghil“ enstanden – eine archaische Welt im Stile von Robert E. Howards hyborischen Zeitalter, angelegt als reiner Südkontinent mit einer Menge Monster, Dschungel und Mythologie. Alles sehr Old-School und auch pulpig.

Dieses Projekt wird nun satte 20 Jahre alt, fast mein halbes Leben hat es mich begleitet und mir vor allem immer einen inhaltlichen Background für meine Bilder gegeben. Natürlich hat sich viel in den 20 Jahren verändert, sowohl die Rollenspielszene an sich, die „Fantasy-Mode“, aber auch meine eigenen Vorzüge. Im Jahr 2012 war ich technisch so weit, aus unzähligen losen Gedanken und Einzelbildern mit Hilfe von Jan Bertram eine stimmige Welt zu kreieren, die man auch der Öffentlichkeit auch zeigen konnte. Allerdings konnten wir unsere eigenen hohen Standards nicht erfüllen. Zudem habe ich als Illustrator in der Zusammenarbeit mit den Verlagshäusern gelernt, wie schwierig so etwas auf „Profilevel“ ist und dass die Community auch kaum weniger für ihr Geld verlangen würde. Dazu kommt, dass ich bestenfalls ein mittelmäßiger Autor bin. Es gab zwar Überlegungen seitens eines Verlags, Khorghil als Setting für ein bestehendes System zu veröffentlichen, doch das verlief dann auch (durch meine Schuld) im Sande.

Allerdings möchte ich „Khorghil“ in welcher Art auch immer (Artbook, ect.) zum 20. Geburtstag im November veröffentlichen. Einfach, weil ich Dinge stets zu Ende bringe, und weil es meine paar Fans, die letztlich auch mitgeholfen haben,verdienen, irgendwann ein Produkt in den Händen zu halten. Vielleicht interessiert sich aber ja doch eine große Spieleschmiede dafür… wer weiß „smile“-Emoticon
7. Weswegen sollte ich mir das Teil unbedingt kaufen?
Ich weiß ja selbst noch nicht, was es wird, deswegen wird eine Kaufempfehlung schwierig „smile“-Emoticon Mein Anliegen ist, eine Welt mit äußerst dichter Atmosphäre zu schaffen. Dafür muss man meiner Meinung nach das Schwert nicht neu erfinden und auch keine Monster mit noch einem Kopf mehr und Waffen mit noch 2 Meter Länge mehr ausdenken. Für mich steht in Khorghil die Situation im Vordergrund. Ein Kampf gegen ein profanes Raubtier oder das Mixen eines Trankes, dass Erkunden eines Dorfes, all das was heute eher als langweiliger Heldenaltag abgetan wird, kann sehr spannend gestaltet werden, wenn die Atmosphäre stimmt. Ob mir das immer mit einer Bild/Text-Kombination gelingt… bisher war das Feedback durchgehend positiv „smile“-Emoticon. In jedem Fall, sollte Khorghil als Welt die Veröffentlichung erleben, wird es ein Produkt sein, in dem Jahrzehnte Herzblut steckt. Der finanzielle Aspekt spielt dabei sowieso wenn überhaupt nur eine untergeordnete Rolle. Wenn ich zB. auf einer meiner Ausstellungen Gäste sehe, die wie gebannt auf ein Bild von mir starren und man zusehen kann, wie die Phantasie den Betrachter in das Bild förmlich reinsaugt und dieser mir später mit leuchtenden Augen erzählt, was für ein Kopfkino gerade ablief und er mehr über den Hintergrund des Bildes erfahren will, dann habe ich mein Ziel erreicht, auch ohne das Bild verkauft zu haben „smile“-Emoticon
8. Ausstellung? Cool! Erzähl mal wie so etwas aussieht? So, wie ich mir das aus Filmen vorstelle – mit rumstehenden Leuten mit Schampus und Lachs-Kanapées?
Hehe! Im Prinzip ja, nur (in meinem Fall) in einem deutlich kleineren Rahmen. Ich hatte das Glück, dass ein Bremer Galerist auf mich aufmerksam geworden ist und mich in seinen Kreis von echten analogen Ölmalern aufnahm. Ersetze die Kanapées durch etwas Knabberzeug und den Schampus durch normalen Aldi-Sekt, dann passt das schon. Es gibt eine Vernissage, bei auch mal ein Musikkünstler auftritt und vom Galeristen lange Reden gehalten werden, die die Künstler vorstellen sollen. Dann sind natürlich die Künstler vor Ort um Rede und Antwort zu stehen (ich habe meist mit 3 – 5 Bilder teilgenommen und mir den Raum mit 3 – 5 Künstlern geteilt). Verkauft wird eher selten was, was auch bei den Ölgemälden an den ziemlich hohen Preisen liegt. Viele Kunstinteressierte unterhalten sich einfach gerne und lange… unter ihnen gibt es die, die wirklich was davon verstehen, und die, die sich immer schon gerne gewünscht haben, etwas davon zu verstehen… und natürlich auch die, die einfach nur den Sekt und die Flips abgreifen wollen „wink“-Emoticon. Nach 6 bis 8 Wochen ( in der Zeit ist man meist nur nach Terminabsprache da) erfolgt die Finissage, wo das „Anhängen der Bilder“ nochmal ähnlich gefeiert wird und den hoffentlich guten Ausgang der Ausstellung. Der Termin ist aber eher für die Künstler selbst.
Die Tatsache, dass man als Digitalkünstler nunmal keine Originale sondern bestenfalls limitierte Drucke anbietet und dass viele oft ältere Kunstkenner der Digitalkunst jegliche Daseinsberechtigung absprechen, hat mir gezeigt, dass das nicht meine Zukunft wird. Trotzdem waren es tolle Abende und eine Erfahrung, die ich nicht mehr missen möchte, von den tollen Kontakten ganz zu schweigen „smile“-Emoticon
9. Ach, Künstler müsste man sein. Hast du schon so richtig klassische Fantasy-Schinken außerhalb der Szene verkauft?
Ich habe ja meinen Postershop und hin und wieder wird auch dort mal ein Druck gekauft, vom wem weiß ich leider nicht. Ich habe auch mal an 2 Ausstellungen teilgenommen, die im Rahmen eines Festivals hier in Oldenburg stattfanden. Dort habe ich tatsächlich sogar ziemlich gut verkauft, ein Großteil natürlich an Freunde und Bekannte (die aber ja nicht zwingend zur Szene gehören). Aber es steht in keinem Verhältnis zu den Anfragen nach Auftragsarbeiten, gerade im Kartenbereich. Da trudeln aus aller Welt teilweise im Wochentakt Kartenanfragen rein. Das ist wohl mein Schicksal „smile“-Emoticon
Ich muss aber auch dazu sagen, dass ich die Ausstellungen nie so richtig beworben habe, wie es sich eigentlich gehört. So eine Ausstellung erfordert auch Zeit für die Planung, und da dass alles nach dem Vollzeitjob stattfinden musste, ist da sicher Potenzial auf der Strecke geblieben. Ich habe großen Respekt vor denen, die das richrig professionell betreiben.
10. Echt interessant. Da muss ich bei Gelegenheit mal mit dir drüber quatschen. Danke für deine Zeit und du darfst gerne dem deutschen Rollenspielvolk noch etwas mit auf den Weg geben…
Liebe Spielerinnen und Spieler, Meister, NPCs, Regelfanatiker und Impro-Künstler… wenn ich mir was wünschen darf: lasst dieses großartige Hobby nicht aussterben und spielt, was Eure Zeit her gib! Trefft Euch als reale Personen am Tisch sitzt nicht vor Euren Skype-Kameras, benutzt Pen und Paper und keine Tablets und Excel-Tabellen. Verzeiht den Autoren eine vielleicht nicht immer bahnbrechende Idee und den Redakteuren den einen oder anderen Tipp- oder Recherchefehler und dem Illustrator ein bis zwei Anatomie-Ungereimtheiten und gebt den Produkten eine Chance… sie alle geben ihr Herzblut für dieses Hobby.
Hui das war pathetischer, als gedacht… musste wohl mal raus „smile“-Emoticon Danke, Moritz, für das Interview
… und wenn ihr euch jetzt fragt wo die Fragen 4 und 5 geblieben sind, dann kann ich nur sagen:
Das frage ich mich auch! Keine Ahnung wo die sich rumtummeln.

[Sonntags-Interview] Friederike Bold (Anduin-Fanzine)

Diesen Sonntag gibt es mal ein paar Antworten von einer jungen Dame, die für mich mit einigen anderen wie Greifenklaue-Ingo das Gesicht des deutschen Fandom ausmacht: Anduin-Friederike.



1. Friederike – schildere doch mal bitte kurz deinen Weg ins Rollenspiel.
Mein Weg ins Rollenspiel ist noch gar nicht so lange her, ich habe „erst“ 2002 angefangen, mit ADND 2nd Ed. Mein damaliger Freund fragte mich, ob ich Lust hätte, mit ihm und einem Kommilitonen zu spielen. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt zwar, dass es Rollenspiel gibt, weil eine Klassenkameradin mir immer von ihrer DSA-Runde erzählt hatte, aber ich konnte mir damals noch nicht so richtig vorstellen, wie das ganze funktionieren sollte. Aber das Interesse war seit diesem Zeitpunkt da, und da kam mir die ADND-Runde sehr gelegen.

2. Oh, AD&D – ein sehr „männlicher“ Einstieg. Erkläre doch mal bitte spontan Otto-Normalrollenspieler den Terminus „Thac0“, das „Abseits“ des Rollenspiels.
Da musste ich jetzt doch noch mal nachdenken.. der Thac0 oder ETW0 ist der Wert, den ich würfeln muss, um die Armor Class 0 zu treffen – bei einem Druiden auf Level 1 ist das dann 20. Je schlechter die AC des Gegners wird (also je höher der Wert seiner Rüstung), desto niedriger wird der Zielwert, weil es ja einfacher ist, den Gegner zu treffen

3. Danke. Wie ging die Karriere dann weiter?
Nachdem sich die ADND-Runde irgendwann aufgelöst hatte, wurde ich von einem Kommilitonen gefragt, ob ich nicht mal für ihn und seine Freundin, die neu im Hobby war, leiten könnte. Da ich zu dem Zeitpunkt (wir hatten ja nix..) nur ADND konnte, war das das System der Wahl, und auch wenn wir in der Konstellation vielleicht zweimal gespielt haben, hat mir diese Runde das schönste Zitat meiner Rollenspiel-Laufbahn beschert: „Bei DSA ist das alles aber ganz anders..“
Zwischenzeitlich machte ich dann mal eine kurze Pause wegen meines Auslandsstudiums, danach ging es dann aber im Studentenwohnheim weiter mit Shadowrun 3, ADND (wieder mit mir als SL), 7. See, Power, Plüsch und Plunder, Cthulhu und DSA.
Auf der Suche nach SL-Fragen wurde ich von meinem Shadowrun-Spielleiter auf das (damals noch) GroFaFo, inzwischen Tanelorn, verwiesen. Da habe ich dann gelernt, dass es tatsächlich noch Rollenspiel außerhalb der Fantasy gibt, Rollenspiele ohne SL und diese obskuren „Indies“ – dazu gleich mehr. Auf den Forentreffen habe ich außerdem noch andere System kennengelernt wie Unknown Armies und Fading Suns, und natürlich Spiele wie Primetime Adventures und Fiasko. Die gehören zu den eben genannten „obskuren Indies“ und waren so etwas wie meine rollenspielerische Erweckung, denn zum ersten Mal hatte ich Spiele in der Hand, wo der Charakter im Vordergrund stand, und nicht seine Werte.

4. Was ändert dieser Umstand am eigentlichen Spiel?
Was heißt am eigentlichen Spiel? Es ist ein anderes Spiel. Ich habe gerade in der Shadowrun-Runde erlebt, dass die Spieler sich unglaublich gerne Werte an den Kopf geworfen haben, um zu zeigen, was sie können oder nicht. Ich hatte bei den Indies (zumindest bei denen, die ich gespielt habe), den Eindruck, dass es mehr hin zu einer Art Improvisationstheater geht, und einige Runden hätten auch gute Filme oder zumindest Folgen einer Serie abgegeben.

5. Ah, okay. Da ich nur 10 Fragen zur Verfügung habe, muss ich mal eben etwas holprig thematisch springen und dich nach deinen Verquickungen mit der „Rollenspielindustrie“ fragen – und auch nach deinem Einsatz für das „Fantum“…
So ein thematischer Sprung ist das gar nicht. 2007 startete Tommy, der damalige Chefredakteur der Anduin, einen Aufruf im Tanelorn, weil er Artikel für eine Wiederbelebung der Anduin suchte. Ich habe einCthulhu-Abenteuer beigesteuert (das Du übrigens auch schon gespielt hast, Moritz ;)) und auch für weitere Ausgaben Texte geschrieben. 2009 hat Tommy dann den Chefredakteurssessel an mich übergeben, und seitdem bin ich Chefredakteurin der Anduin.
Über die Anduin kam ich dann auch in Kontakt mit Rollenspielverlagen (dank Spherechild-Alex und Greifenklaue), und ich habe einiges übersetzt und geschrieben für verschiedene Rollenspiele. Aktuell findet man bei faterpg.de eine Reihe zu „Fateternia“, die ich übersetzt habe

6. FATE ist ja gerade schwer „in“. Was hast du da genau gemacht?
So richtig „dabei“ bin ich bei FATE erst seit kurzem. Ich habe ein paar Artikel für den Blog beigesteuert, hauptsächlich ging es dabei um Spielmaterial von Fans, und eben die Übersetzung der erwähnten Fateternia-Reihe. Außerdem arbeite ich an zwei World of Adventures mit, als Übersetzerin und Lektorin.

7. Spielst du auch selber FATE und kannst es mir etwas schmackhaft machen?
Ja, ich spiele und leite auch selbst Fate (wenn ich auch aktuell ganz ohne irgendeine Runde bin), und ich mag an Fate die Möglichkeit, seinen Charakter über die Aspekte auszugestalten: heißt, ich habe nicht nur Werte wie „Kraft“, „Heimlichkeit“ oder „Charisma“, sondern kann über die Aspekte definieren, wo der Charakter schon war, was er erlebt hat, und warum er jetzt beschlossen hat, sich dieser Heldengruppe anzuschließen. Diese Aspekte kann ich im Spiel einsetzen, um einen Vorteil zu erhalten, aber auch, damit meinem Charakter etwas unangenehmes passiert, wobei es dafür einen Fate-Punkt gibt, was letztendlich wieder positiv ist. Zusätzlich kann ich mit Stunts meine Fertigkeiten ein wenig dynamischer machen, in dem ich zum Beispiel festlege, dass mein Charakter in bestimmten Situationen eine Fertigkeit gegen eine andere austauschen kann oder einen +2 Bonus erhält. Darüber hinaus ist FATE sehr flexibel und kann auf nahezu jedes Setting angewandt werden (ich habe es die letzten Male mit einem eigenen Setting bespielt, was recht einfach war), man kann es also hervorragend als Baukasten nutzen und auf die eigenen Spiel(er)-Bedürfnisse anpassen 

8. Okay. Nun aber zur Anduin. Ein Fanzine? Wer braucht das denn 2016 noch?
Gegenfrage: Warum denn nicht? Natürlich könnte man sagen, im Zeitalter von rsp-blogs, Facebook und Google+, wo das Mitmachen immer einfacher geworden ist, ist ein Magazin nicht mehr zeitgemäß, aber im Idealfall würde ich die Anduin da als Schnittstelle sehen: Blog und Twitter für Tagesaktuelles, wie Rezensionen, und das Fanzine selbst als Sammlung von Abenteuern und Artikeln zum Download. 

9. Hast du denn schon eine neue Ausgabe geplant? Und was muss man tun, um etwas dazu beizutragen?
Ja, tatsächlich ist eine neue Ausgabe zum Thema „Märchen“ geplant, und man kann mir Artikel, Abenteuer, Charakterideen, Geschichten etc. schicken. Rezensionen zu Rollenspielmaterial, Brett- und Kartenspielen und fantastischen Romanen darf man mir ebenfalls gerne schicken, das wird dann auf der Webseite veröffentlicht. Angedacht war als Erscheinungsdatum die RPC, wobei ich da nichts versprechen möchte.

10. Super. Ich freue mich drauf. Ist es auch irgendwie auf dem Radar, vielleicht mal wieder ein Ausgabe in Printform erscheinen zu lassen? In diesem Segment herrscht ja derzeit gähnende Leere. Übrigens darfst du abschließend gerne noch ein paar warem Worte an die gebannt lesende Masse richten.
Mein Traum ist es ja, eine kleine Auflage zu einem Gratis-Rollenspieltag zu veröffentlichen, vielleicht ähnlich wie die Rollenspiele und Abenteuer von Ludus Leonis. Aber bisher ist mir dazu noch nicht das richtige Abenteuer über den Weg gelaufen, und mir selbst ist auch noch nicht die Idee gekommen. Eine ganze Ausgabe? Vielleicht, wenn es wieder ein Jubiläum gibt, da so etwas ja doch etwas mehr Anforderungen an die Logistik stellt als „nur“ layouten und hochladen.
Die Anduin freut sich übrigens immer über Zuschriften, ich versuche auch, sie alle zeitnah zu beantworten. Darüber hinaus an dieser Stelle ein Dankeschön an meine unermüdlichen Helfer, die mir geholfen haben, im letzten Jahr die Anduin 107 auf die Beine zu stellen, und die mir hoffentlich auch in Zukunft noch zur Seite stehen

[Sonntags-Interview] Daniel Neugebauer (Cthulhus Ruf, Lovecraft Society, Beyond the Wall, System Matters Podcast)

Der arme Daniel Neugebauer – er macht einfach zu viel, um unter meinem Radar durchzuschlüpfen. Der Kerl war einfach reif…
1. Daniel – schildere doch mal bitte kurz deinen Weg ins Rollenspiel.
Mit 12 oder 13 wollte ich dieses tolle DSA Brettspiel haben, mit dem Mantikore vorne drauf: Burg des Schreckens! Weihnachten stand vor der Tür und das Spiel landete natürlich auf dem Wunschzettel. Mein Onkel wollte das besorgen, aber irgendwann rief er mich an und fragte ob ich mir im Klaren wäre, dass man da viel lesen müsste … Lesen?! Klar! Hauptsache ich bekomme dieses Das Schwarze Auge Spiel. Am Ende lag unterm Tannenbaum natürlich nicht das Brettspiel sondern das Rollenspiel: Abenteuer Basis-Spiel und Al‘Anfa und der tiefe Süden. Ich hab noch am 1. Weihnachtstag das Soloabenteuer gespielt und war begeistert. Eine Runde zu finden war etwas schwerer, die Runden liefen unregelmäßig, die Spieler wechselten oft und richtig langfristig hab ich erst mit D&D 3.0 gespielt.

2. Oh, du Armer. Der klassische DSA-Einstieg. Derzeit ist dein Name ja eher mit Cthulhu verbunden. Wie kam es dazu?
DSA hat mich irgendwann einfach verloren, gerade als wir D&D begannen boten sich noch ganz andere Spielmöglichkeiten. Aber auch zu D&D brauchte man irgendwann Abwechslung. Ich war zunächst reichlich skeptisch: Cthulhu? Auf der Erde und in den 20er Jahren? Naja … Wofür brauche ich das, wenn ich die Vergessenen Reiche habe?!
Mathias (bekannt aus unserem System Matters Podcast) gab mir H.P. Lovecrafts „Das Ding auf der Schwelle“ zu lesen und schon breitete sich eine neue Spielwiese aus. Das System war dann noch leicht zu lernen und es gab verdammt gute Abenteuer! Wie oft entdeckt man solche Spiele? Wie oft ist man wirklich in der Lage zu sagen: Wow, hier kann ich mich austoben und hiervon kann es gar nicht genug Material geben! Ich denke, dass viele DSA-Spieler darum ihr Spiel so lieben, allein schon, weil es Jahrzehnte gewachsen ist.

Nach den Vergessenen Reichen kam also Cthulhu. Ich hab viel geleitet und hab so Patrick (ebenfalls bekannt aus dem Podcast) auch in unsere Rollenspielrunde gebracht („Tod an Bord“ war seine erste Cthulhu-Runde).
Gleichzeitig schrieb ich für den Cthulhu-Blog. Irgendwann hat mich dann Frank Heller angeschrieben und gefragt ob ich nicht für die „Cthuloide Welten“ einen Artikel über Lovecraft schreiben möchte. Ich hatte außerdem mit einem meiner Mitspieler Ideen für ein Hotel-Szenario entwickelt und wollte das auch gerne veröffentlichen. Eins führte zum anderen und mit der 14. Ausgabe erschien der Lovecraftartikel. Das Hotel erschien, überarbeitet und ergänzt von Sebastian Weitkamp, als „Suite 608“ in der 18. Ausgabe der CW. Ab da habe ich dann auch schon an den normalen Buchpublikationen mitgearbeitet. Wobei ich oft mit Stefan Droste (Ägypten, Janus, Düstere Orte) und Andreas Melhorn (Spielleiterhandbuch, Deutschland) ausgesprochen gerne zusammengearbeitet habe und immer noch arbeite.
Als Heiko Gill dann die Redaktion übernahm wurde ich Redakteur und habe den Gaslicht-Band übernommen, der mit dem besten Team überhaupt entstanden ist!
Und währenddessen erscheint seit 8 Ausgaben das Fanzine „Cthulhus Ruf“, was ich gemeinsam mit Marc Meiburg, Yörn Buttelmann und Stefan herausgebe und redaktionell betreue. Aus „Cthulhu? Wofür brauche ich das?“ wurde dann schnell „Ich mach das!“

3. Vielen Dank an dieser Stelle für Cthulhus Ruf. Plauder doch da mal etwas aus dem Nähkästchen.
Nach dem Ende der „Cthuloiden Welten“ war klar, dass der Wegfall des Magazins eine große Lücke hinterlassen würde. Da Marc Meiburg bereits eine Sonderausgabe für Franks Abschied organisierte, layoutete und druckte, sowie gemeinsam mit Cthulhu.de ein „Berge des Wahnsinns Expeditionspack“ veröffentlicht hat, kam die Idee die CW-Lücke mit „Cthulhus Ruf“ zu füllen. Mit Yörn und Stefan waren wir dann als 4er Team fast komplett. Fehlte nur noch Patrick Wittstock der die Sammelmappen designte und Frank Heller der im Hintergrund lektorierte was das Zeug hält!
Ich weiß bis heute nicht wie wir es geschafft haben in 6 Monaten, ohne Material, ein gesamtes Heft von 80 Seiten zu planen, zu füllen, zu lektorieren, zu layouten, zu drucken und zu verschicken! Wir konnten also tatsächlich ohne Lücke an die CW anknüpfen.
Nach der ersten Ausgabe kam die Idee konkrete Themenausgaben zu machen, was sich in Abenteuern und speziellen Artikeln niederschlug, aber nie eine Ausgabe völlig dominierte. So hatten wir u.a. Ägypten, Gaslicht, Noir und Märchen. Hinzu kam dann zu jeder Ausgabe noch ein kleines DIN A5 „Archivheft“, das nochmal gesondert auf das Thema der Ausgabe einging. Dann braucht man als Sammler natürlich Sammelmappen und dazu kamen dann noch Postkarteszenarien mit Visitenkartencharaktere, besondere Spielmechanismen auf Karten, Monster oder sogar ein Minispielchen (ausgedacht von Kaid Ramdani, auf einer seeeehr langen Fahrt zur Cthulhu Con) um sich die Fahrt zu einer Convention zu verkürzen. Höhepunkt war dann sicher die Ausgabe von „Gatsby und das große Rennen“ ein ungewöhnliches Szenario für mehrere Runden die parallel spielen.
Mittlerweile sind wir bei beim Ruf #8 angelangt und das Ende ist abzusehen. Zur RPC im Mai werden die letzten beiden Ausgaben zeitgleich erscheinen, mitsamt Sammelmappe. Dann wäre dieses Projekt abgeschlossen, denn wie Marc sagte: „Die 10 machen wir auf alle Fälle!“ Und zeitgleich setzen wir den Punkt hinter die Cthulhu 6er Edition, denn auch die letzten beiden Ausgaben basieren noch auf den alten Regeln.

Ehrlich gesagt bin ich auch ganz froh darüber, denn so gerne man auch an so einem Projekt arbeitet, der Veröffentlichungszyklus im Mai (RPC) und im Oktober (SPIEL) ist mit knallharter Arbeit verbunden. Gerade zwischen RPC und SPIEL bleiben nur 4 Monate um eine Ausgabe zu füllen. Da sitzt man dann schon mal bis 2:00 Uhr am Textlektorat oder schreibt noch schnell einen Artikel, weil wir 2 Seiten füllen müssen, so entstand beispielsweise die Tatort-Rubrik.
Hinzu kommt dann noch eine gewisse Ernüchterung was das Feedback betrifft. Die CR ist ein non-profit Fan-Projekt. Wir freuen uns also sehr über Meinungen, Kritik und ein Danke und wir lesen wirklich alle Mails und Kommentare. Aber davon gibt es, in Anbetracht der Auflagenhöhe, recht wenig, darum freue ich mich über dein Danke ganz besonders! Aber ansonsten wird mehr darüber gesprochen, wie lang die Ausgabe benötigt um vom Bestellbutton zum heimischen Briefkasten zu gelangen oder wie hübsch das Cover ist. Das ist, bei aller Liebe zum Projekt und Cthulhu, etwas wenig um einen auf Dauer zu motivieren. Es gibt tatsächlich noch andere Götter außer Cthulhu, auch wenn man das nicht so laut sagen sollte …

4. Perfekte Überleitung. An welche “Götter“ denkst du da? Verlag, knick knack, Sie wissen schon.
Als ob ich es geplant hätte … 😀
Es gibt so viele interessante Spiele die man übersetzen könnte und es gibt einen ganzen Haufen Ideen die man auch selber umsetzen kann! Ich glaube nämlich, dass wir in unserer Szene genauso kreativ sind wie in Frankreich, England oder den USA. Um dafür eine Plattform zu haben braucht man natürlich einen Verlag, schließlich will man ja auch die Mitarbeiter an einem Projekt bezahlen, die Spiele müssen verkauft werden und das braucht alles einen rechtlichen Rahmen.
So kam irgendwann mit Patrick die Idee auf, einen Verlag zu gründen. Wir haben da eine gute Arbeitsaufteilung gefunden: Patrick macht Versand und Buchhaltung und ich kümmere mich um die inhaltlichen Fragen, also wie setzen wir eigene Ideen um, was schreiben wir selbst, was übersetzen wir, wo findet man gute Autoren und Künstler, usw.
Unterstützt werde ich dabei von den Jungs und Mädels von Cthulhus Ruf. Marc, Tina, Stefan, Patrick und Yörn haben nicht nur gute Ideen, sondern wissen auch wie man Dinge umsetzt und beendet! Letzteres ist das allerwichtigste. Es kann natürlich immer irgendwas etwas passieren, aber im Idealfall sind wir pünktlich und ziehen das durch.

Was die anderen Götter betrifft: Beyond the Wall ist zumindest ein Gott dem ich verfallen bin. Du bist ja selbst OSR-Fan und Labyrinth Lord und
weißt ja wie faszinierend die ganze Szene ist, die durchaus ein fester Bestandteil der internationalen Rollenspielcommunity geworden ist.

5. Kannst du mal dem geneigten Leser „OSR“ zerpflücken – so, wie du diesen Kampfbegriff verstehst?
Kampfbegriff ist das richtige Wort … Die Frage wofür das Akronym steht, ist schon verworren. Ist es Old School RPG, Old School Renaissance, Old School Revival … Wer weiß das schon?!

Für mich ist Old School RPG untrennbar mit Drachen, Verliesen und dem W20 verbunden. Es gibt auch OSR-Szenen für andere Spiele, aber die sind alle wesentlich kleiner als die D&D Community. Bei D&D sprechen wir aber von den alten Boxen die in 70er und 80er Jahren erschienen, für uns in Deutschland die Rote Box. Auch da gibt es in der OSR-Szene Strömungen die eine Edition der anderen vorziehen, aber so tief bin ich nie in die Szene eingestiegen. Tatsächlich bin ich damit ja auch gar nicht großgeworden, sondern bin erst in den letzten Jahren auf OSR-Spiele gestoßen.

Die Spiele selbst bieten, mehr oder weniger, das gleiche Regelgerüst. Es gibt die bekannten Attribute, es gibt Klassen und es gibt Zauber sortiert nach Graden. Das ist die Grundlage auf die sich (fast) alle Spiele stützten. Nun beginnen sich die einzelnen voneinander zu unterscheiden, denn das faszinierendste an den OSR-Spielen ist, dass sie leicht modifiziert werden können ohne das alles auseinanderfällt. Du möchtest Fertigkeiten haben? Kein Problem, hier sind 5 Arten wie man sie einbringen könnte. Du möchtest andere Klassen haben? Bau dir deine eigene oder schau was die Community schon alles gebaut hat. Neue Zauber? Massenhaft! Anderes Zaubersystem? Warum nicht! Weniger Attribute, mehr Attribute, aufsteigende RK oder absteigende RK – Es gibt so viele Möglichkeiten, dass man rasch den Überblick verliert. Und dennoch hält das Grundgerüst alles zusammen und erlaubt zudem eine rasche Konvertierung von einem Spiel ins andere.

Das wäre die mechanische Seite. Die Spieltischseite setzt zudem auf „rulings statt rules“ und verregelt nicht jede Situation, sondern erlaubt dem Spielleiter angemessene Entscheidungen zu treffen. Gleichzeitig kennt jeder, der irgendwann mal D&D oder Pathfinder gespielt hat, die Regeln. Der Einstieg ist so unkompliziert und die Regeln funktionieren auch ohne Gelegenheitsangriffe, 1,5m Schritt und Prestigeklassen. Weniger kann mehr sein. Vielleicht nicht für jeden, aber wer immer weniger Zeit zum Spielen hat – durch Familie, Beruf oder andere Hobbys – der sollte sich mal anschauen was die OSR mit ihrer Fülle an Spielarten und Material zu bieten hat.

6. Beyond the Wall – was macht das Spiel aus? Warum brauche ich das?
Beyond the Wall ist eine OSR-Erscheinung die mir ins Auge gefallen ist. Ich mag mehrere Spielarten der Fantasy, allen voran Sword & Sorcery mit Barbaren und übler Magie, mythologisches wie König Arthur und die Tafelrunde (Pendragon!!!)  und Low Fantasy in der Magie seltsam und selten ist.
Beyond the Wall greift letzteres auf. Die Charaktere sind alle in einem Dorf groß geworden. Jenseits der Dorfmauer liegt der dichte Wald in dem Feen ihr Unwesen treiben, Kultisten finstere Götter anbeten und Monster leben. Unsere Charaktere müssen sich diesen Problemen stellen, denn es kommt kein großer Abenteurer daher der ihre Probleme löst. Die Charaktere müssen herausfinden, wer im Dorf zu dem Kult gehört, warum die Feen verärgert sind und wie man das Troll-Problem löst.
Flatlandgames, die Macher des Spiels, haben sich dabei vor allem von Lloyd Alexanders „Chroniken von Prydaine“, Ursula K. Le Guins „Erdsee“ und anderen Fantasy-Jugendbüchern inspirieren lassen. Das merkt man dem Spiel deutlich an.

Vom Hintergrund abgesehen ist die Art und Weise wie man Beyond the Wall spielt hervorstechend. Es ist so konzipiert, dass man es aus der Schachtel heraus spielen kann. Gerade wenn man schon mal den amerikanischen Klassiker mit Verliesen und Drachen oder einen seiner Nachfahren oder Cousins gespielt hat. Man erschafft gemeinsam seine Charaktere mithilfe von Zufallstabellen. Zuerst wird die Kindheit abgedeckt:
Welchen Beruf haben meine Eltern und was habe ich von ihnen gelernt?
Womit hast du dich als Kind ausgezeichnet?
Mit wem hast du noch Freundschaft geschlossen, als du aufwuchst?

Dann beschäftigt man sich mit den Fähigkeiten seines Charakters. Mit welchen Waffen kann er umgehen, was für Zauber spricht er, wo hat er das alles gelernt, usw.
Schon hier werden Verknüpfungen zwischen den Mitspielern geschaffen und man kann diese später im Spiel einbauen. Genauso wird das Dorf, die Heimat der Charaktere, nebenbei erschaffen und bevölkert. Dein Vater war Weber? Dann zeichne die Weberei auf die Dorfkarte ein! Die Dorfhexe hat dich ausgebildet, schreibe sie auf die NSC-Liste und zeichne das Hexenhäuschen ein.

Und während all das stattfindet, würfelt der Spielleiter das Szenario aus:
Wer oder was hat die Charaktere verraten?
Was ist die geheime Schwäche des Feenfürsten?
Was hindert die Charaktere daran den Ort ihrer Quest zu erreichen?
Daraus entwickelt der Spielleiter dann ein Abenteuergerüst. Natürlich muss er zwischendurch improvisieren, aber er kann sich auf das Gerüst verlassen und die Spieler werden sicherlich ebenfalls Ideen beitragen. Zumal muss er daraus ja keine mehrteilige Kampagne entwicklen, sondern zunächst das erste Abenteuer in dem kleinen Dorf.

Warum brauchst du also Beyond the Wall? Stell dir vor du hast Lust auf Rollenspiel, deine Spieler sind da, nur einer fehlt … Soll man jetzt die Kampagne ohne ihn weiterspielen?! Man könnte natürlich ein Brettspiel spielen oder ein Kartenspiel, aber eigentlich möchte man ja rollenspielen. Gut das Beyond the Wall im Schrank steht, da holt man die Mappe raus, lässt seine Spieler ein Charakterbuch wählen, erschafft das Dorf, die Charaktere und das Szenario innerhalb einer Stunde und spielt dann noch 2-3 Stunden ein kleines Abenteuer. Und wenn das allen Spaß gemacht hat, kann man immer wieder zu dem Dorf zurückkehren und sehen was für neue Abenteuer dort auf einen warten.
Oder du möchtest rollenspielen, ohne 300 Seiten an Regeln und Hintergrund zu lesen. Beyond the Wall ist da harmlos und funktioniert trotzdem erstaunlich gut. Außerdem müssen die Spieler nicht erst einen Vortrag hören (denn die E-Mail die man verfasst hat, in der die wichtigsten Eckdaten des heimischen Dorfes und des zugehörigen Herzogtums beschrieben stehen, liest eh keiner) wer in dem Dorf lebt und wo das Dorf überhaupt ist. Beyond the Wall setzt darauf, dass alle auf dem gleichen Kenntnisstand sind, weil man die kleine Welt gemeinsam erschafft und man dann auf Erkundung auszieht.

7. Hört sich so an als würde ich mich drauf freuen. Kannst du etwas zum Team sagen, das sich mit dem Projekt befasst? Und wie sieht es mit Umfang, Preis, Aussehen… aus?

Wir haben ein kleines Team das sich vor allem aus den Cthulhu-Leuten rekrutiert. Andreas hat was zum Spielleiterkapitel beigesteuert, Stefan schreibt ein Abenteuer und hat jede meiner lästigen Fragen beantwortet, Patrick W. macht die Cover und die Mappe und Marc das Layout. Übersetzt hat das Ganze ein Kumpel von Patrick W. und ich. Stefan Barthel hilft beim Lektorat und der Fehlersuche und ich habe noch Unterstützung von einigen deutschen Fans des Systems.

Das Original erscheint bei DriveThruRPG als print on demand. Wir wollten tatsächlich ein Spiel machen, das man kauft und sofort benutzen kann. Heißt also wir haben 3 Hefte (Grundregeln mit
Einstieg „Wie man spielt“, kleines A5 Zauberbuch mit allen Zaubersprüchen und Ritualen und das Spielleiterhandbuch mit Monstern, SL-Tipps und magischen Gegenständen), die 6 Charakterbücher, 4 Abenteuer á 8 Seiten (zwei übersetzte und zwei neue), 1 Dorfkarte und 6 Charakterbögen.  Alles zusammen in einer Mappe wie man sie von „Cthulhus Ruf“ her kennt.

Wie dick die Hefte alle sind und wie der Preis aussieht
kann ich leider noch nicht sagen. Wir sind gerade im Layout. Neue Infos kommen aber bald. Was ich allerdings sagen kann ist, dass wir das Layout behutsam anpassen und etwas verschönern.

8. Auch zur Lovecraft Society würde ich gerne ein paar Takte hören…
Die Deutsche Lovecraft Gesellschaft ist ein gemeinnütziger Verein. Die Idee kam bereits von langer Zeit auf, lag dann aber wieder brach und wurde jetzt, im Zuge der letzten Cthulhus Ruf Ausgaben und der Idee auch Conventions zu organisieren, wieder aufgegriffen. Mit der DLG werden kulturelle Projekt6e rund um das Thema Lovecraft unterstützt. Ich zitiere mal von der Homepage (www. http://deutschelovecraftgesellschaft.de/):

Die deutsche Lovecraft Gesellschaft versteht sich als die kulturelle Gemeinschaft aller Personen, die sich, in welcher Form auch immer, für das Werk des Autors H.P. Lovecraft interessieren. Hierbei geht es um seine Geschichten und deren Figuren einerseits und um deren kulturelle Nutzung in Rollenspielen, Filmen, Brettspielen usw. andererseits.

Wir haben außerdem ein Forum wo man sich austauschen kann, die obligatorische Präsenz bei Facebook und jeder kann Mitglied werden!
 
9. Warum sollte ich da unbedingt Mitglied werden?

Zum einen natürlich aus dem altruistischen Grund, dass man mit diesem Verein förderungswürdige Projekte rund um Lovecraft unterstützt. Das wäre beispielsweise Huan Vu „Dreamlands“- Film, Übersetzungsprojekte von Büchern die sich mit Lovecraft beschäftigen, Podcasts wie die „Arkahm Insiders“ von Axel Weiß und Mirko Stauch, Kulturveranstaltungen wie Lesungen oder Podiumsdiskussionen und natürlich auch Conventions. Wir möchten den internationalen Austausch fördern und auch zu einer größeren Wahrnehmung von H.P. Lovecraft beitragen.
Zum anderen findet man im Verein natürlich schnell Gleichgesinnte, die sich intensiv mit dem Thema Lovecraft auseinandersetzen und mit den man herrlich ins Gespräch kommen kann. Wir arbeiten daran, dass sich die Mitglieder (wenn sie möchten), gut untereinander finden können und so Stammtische oder Treffen leichter zu organisieren sind.
Und zu guter Letzt natürlich wegen dem coolen Zeug! „Cthulhus Ruf“ geht und ein neues Magazin kommt. Es wird deutlich mehr Literatur und Vereinsthemen behandeln, aber wir kommen ja nicht vom Rollenspiel los, schließlich haben auf diesen Weg, sehr viele Leute zu Lovecraft gefunden. Das heißt also auch hier gibt es Material für die heimische Spielrunde, dass dann direkt an das Mitglied Versand wird – ohne weitere Kosten. Dazu dann noch die große anRUFung als jährliche Hauptversammlung.

Bei allem ist jeder eingeladen den Verein zu unterstützen! Wir sind ein Mitmach-Verein und leben von den Ideen und der Tatkraft der Mitglieder, die gemeinsam die Richtung der Lovecraft Gesellschaft bestimmen.

10. Alles klar. Vielen Dank für das Beantworten meiner Fragen. Abschließend darfst du dem Volk noch etwas mit auf den Weg geben…
Zunächst danke ich dir für das Interview und ich lade dich zu einem Podcast Gespräch ein!
An alle Leute da draußen möchte ich sagen: Spielt die Spiele die ihr kauft und lasst sie nicht nur im Regal stehen. Spielt mal was neues, schaut über den Tellerrand, lest das Zeug was ihr kauft, und denkt daran wie unglaublich vielfältig der Rollenspielmarkt geworden ist. Vielleicht wartet schon jetzt, in deinem Regal, keine 10 Schritte entfernt, das beste Spiel aller Zeiten, aber du wirst es nie erfahren, weil immer dasselbe Spiel auf den Tisch kommt. Ich liebe auch Vanilleis, aber ab und an will ich auch mal Pistazie, Cookies & Cream oder, ganz, ganz selten, Schlumpfeis!

[Sonntags-Interview] Roger Lewin (Chefredakteur Teilzeithelden)

Und wieder ein neuer Aspekt des Rollenspiels, den ich beleuchte – Roger Lewin erzählt über seine Arbeit mit und an den Teilzeithelden.
1. Roger –
schildere doch mal bitte kurz deinen Weg ins Rollenspiel.
Hallo
Moritz! Tja, ich denke, das hängt maßgeblich mit meiner Faszination für die
Phantastik zusammen. Vermutlich begann alles 1979, als ich im zarten Alter von
fünf Jahren von meinen beiden älteren Brüdern in Star Wars 1 (heute Episode IV)
geschleppt wurde. Danach war es um mich geschehen und ich begann mich eingehend
mit Fantasy und Science-Fiction zu beschäftigen. Als dann ein Schulfreund, mit
dem ich immer am Amiga gespielt habe, die damalige DSA-Basisbox anschleppte, erkundeten wir gemeinsam diese für uns
neue Welt und Art des Spielens. Ich meine, ich war 14 oder 15 Jahre alt.
Verglichen mit der Art, wie ich das Hobby heutzutage betreibe, liegen da sicher
Welten dazwischen, aber wir hatten eine Menge Spaß und es hat ein Jahr
gedauert, bis ich meine ersten Schritte als SL begonnen habe,
2. Was
hat dich dazu bewogen, den Spielleiter geben zu wollen?
Böse
Stimmen würden behaupten. dass ich gern nach Kontrolle greife <lacht>.
Nein, Hand aufs Herz. Ich denke mir gerne Welten aus, lasse mich von
Weltenbeschreibungen treiben und stelle mir Probleme vor, die in den Welten
entstehen könnten. Ich leite sehr wenig fertige Kampagnen oder Abenteuer, weil
die mir oft zu eng gesteckt sind. Ich würde sagen, dass ich die Welt leite,
nicht das Abenteuer. Die letzte fertige Kampagne, die ich geleitet habe, war Darkness Descends für das
SciFi-Rollenspiel Trinity von White Wolf. Das ist Jahre her. Ich denke
mir meine Sachen selbst aus. Da warte ich übrigens auch händeringend auf die
neue Version, die ja 2017 kommen soll. Es macht mir auch einfach Spaß, Menschen
zu entertainen.
3. Kommst
du derzeit überhaupt noch zum Spielen?
Nein,
offen gesagt nicht. Ich habe das letzte Mal vor über 2 Jahren kurz in einer L5R-Runde gespielt, diese ging aber
leider nicht weiter, da die Mitspieler zu weit räumlich getrennt waren. Meine
Frau wirft mir manchmal im Scherz vor, dass ich gar nicht mehr spielen kann.
Damit meint sie, dass ich zu viel Spielzeit an mich reiße oder einfordere. Als
SL bin ich es gewohnt, häufiger zu reden als die Spieler, man ist ja für die

ganze Welt zuständig. Das müsste ich mir erst wieder abgewöhnen. Auf der
anderen Seite leite ich gerade ganze fünf Runden und da bleibt einfach keine
Zeit mehr, selbst zu spielen neben den ganz anderen Hobbies und
Verpflichtungen, die ich habe.

4. Du
lieferst mir die perfekten Stichworte – neben deinem absolut fordernden
Privatleben hast du ja auch deine Hände in diversen Rollenspielprojekten –
erzähl doch mal…
Der
alltägliche Wahnsinn eben für einen kreativen Nerd. Dass ich der Kopf von Teilzeithelden
bin, ist kein großes Geheimnis und ich freue mich jeden Tag, wie groß das
Magazin geworden ist. Das wurde natürlich nur so wegen den tollen Menschen, die
am Projekt mitarbeiten. Und auf die bin ich echt stolz. Daneben war ich Teil
der Jury des Deutschen Rollenspielpreises in 2015 und habe meine Meinung und
Bewertung zu den eingereichten Produkten beigesteuert. Würde ich noch irgendwie
Zeit haben, würde ich mich auch mehr am GRT beteiligen wollen…..
Meine Runden gerade sind; Aberrant, ein Superheldensystem nach White Wolf, spielt in einem
alternativen Japan der Neuzeit und macht einen Heidenspaß, dann Earthdawn nach der vierten Edition von Ulisses – die SC sind nach dem Angriff
eines großen Dämons auf ein Segelschiff über dem Servosdschungel abgestürzt und
müssen nun ihren Weg in die nächste Zivilisation finden. Weiter gibt es eine Dresden Files-Runde, aber nach FATE Core
mit Anpassungen am originalen Magiesystem – hier decken die SC ein Ritual zur
Wiederbelebung eines Vampirs auf, mit rein spielt eine Verschwörung, die sich
sogar bis in die Kreise der Wardens zieht. Online zu leiten, versuche ich nun
das erste Mal, dann aber gleich mit zwei Runden. Zum einen Trinity und Star Wars: Am
Rande des Imperiums
. Ich bin sehr angetan von der Chance, mit Leuten aus
dem TZH-Team zu spielen, die ich sonst nie real treffen würde und bin auch ganz
zufrieden, mit der Möglichkeit, Handouts virtuell vorzustellen. Aber so richtig
warm werde ich mit dem Onlineleiten einfach nicht.
5. Na,
komm schon! Mit einer Antwort darfst du mal so richtig die Werbetrommel für die
Teilzeithelden rühren.
Roger: Du willst
sicher auf Patreon hinaus.
Wir haben uns entschieden, diese Form der Honorierung der Aufwände für unsere
Schreiber, Grafiker und Lektoren zu nutzen. Ich meine, das ist stellenweise echt
ne Menge Arbeit. Produkte lesen, Spieltesten, Texte dazu schreiben, Rahmeninformationen
recherchieren, viele Stunden Überarbeitung und letztendlich Livesetzung des
Endartikels. Das ist viel Arbeit, wo wir uns freuen würden, wenn unsere Leser
den Kollegen mit Patreon „Danke!“ damit sagen. Wir machen diese
Arbeit freiwillig und weil wir Spaß dran haben – aber wenn man einmal im Jahr
mit seinem Lebensgefährten Abendessen gehen kann von der Wertschätzung der
Leser, ist das ein tolles Gefühl.
Einige werfen uns ja Geldmacherei vor, aber denen muss ich
leider entgegnen, dass die liquiden Mittel in der Branche nicht so locker
sitzen, wie man annehmen mag. Wir kommen in den meisten Jahren auf eine
schwarze Null nach Abzug von Steuern etc. raus. Da bleibt einfach nichts für
die Schreiber und anderen Mitwirkenden übrig.
Also wer uns noch nicht kennt und eine Plattform besuchen
möchte, die regelmäßig Produkttests und News zu allen Bereichen der gespielten
Phantastik bringt, der soll mal vorbeischauen. Ihr werdet nicht enttäuscht!
6. Absolut. Da gibt es Projekte, die weniger unterstützenswert sind. Wie viele
„Teilzeithelden“ gibt es denn mittlerweile und wie bekommt man diesen
Flohzirkus halbwegs in den Griff?
Stand
heute sind wir 31. Fünf Lektoren, eine Grafikerin, der Rest Redakteure für die
verschiedenen Bereiche. Wir bedienen ja nicht nur Tischrollenspiel, sondern
auch LARP, Tabletop, Filme und Serien und was weiß ich noch alles. Ich selbst
bin im echten Beruf Projektleiter im IT-Umfeld, damit einher geht natürlich
eine Menge an Wissen über die Steuerung von Projekte und das Anleiten von
Teams.
Und dieses Wissen habe ich bei der Organisation von Teilzeithelden eingebracht. Wir haben
zum Beispiel Teamleiter, bei uns Ressortleiter genannt werden. Die Teams
koordinieren sich selbst und bestimmen frei ihre Themen, der Leiter meldet sie
an mich. Das fließt dann in die Planung ein. Die Themenplanung selbst wird bis
zu zwei Monate im Voraus gemacht und wir arbeiten mit Einreichungsfristen – das
ist immer zehn Tage vor Veröffentlichung des Artikels. Die Planung vorab
bekommen übrigens alle Patreon-Unterstützer, die 3 USD und mehr je Monat
spenden. Klar muss sich jemand erstmal an die Workflows, die wir etabliert
haben, bei Hinzukommen zum Team gewöhnen, aber das geht meist recht fix. Logisch
muss man ab und an den einen oder anderen ein wenig an die Termine erinnern,
aber in Summe sind wir alle sehr zufrieden mit den zugrunde liegenden
Prozessen.
7. Ja,
hört sich etwas komplizierter an als einen Seifenkisten-Artikel
zu schreiben und freizuschalten. Wie kam es zustande, dass aus der doch recht
übersichtlichen News-Seite so eine „Mega Corporation“ entstanden ist?
Vision? Zufall?
Naja, wenn
ich was mache, dann mache ich es richtig. News haben wir ja nie so richtig gemacht,
sondern uns immer mehr auf die Inhalte mit höherer Halbwertszeit konzentriert.
Ich würde schon sagen, dass es ambitionierte Vision war und wir sind auch
vermutlich nicht am Ende angelangt. Wir könnten noch viel mehr machen – aber
dazu fehlt uns die Mannkraft. Redakteure bei uns sind angehalten, einen Artikel
im Monat einzureichen, nach meist freier Themenwahl. Bei einigen gibt es
Sondervereinbarungen mit sechs Artikeln im Jahr. Was uns für „mehr“
Content fehlen würde, wäre noch mindestens ein weiterer Lektor und vor allem
ein Layouter/Setzer. Zurzeit setze ich selbst die Artikel, das kann ich ab
einer gewissen Menge nicht mehr gewährleisten. Und letztendlich natürlich auch
mehr neue Redakteure. Wir schreiben Ende Januar einen Redakteur für die gesamte
World of Darkness aus und im Februar
einen für die deutschen Übersetzungen von Pathfinder.
Wir wachsen also weiter – jedoch langsam. Es gibt ja auch Bewegungen im Team.
Manch einer bekommt es zum Beispiel durch einen neuen echten Job nicht mehr
zeitlich hin oder ist schreiberisch ausgebrannt. Dadurch gehen diese in die
Pause und es sind wieder weniger Beteiligende. Die Grundtendenz ist aber weiter
nach oben gerichtet.
8. Hört
sich gut an. Du weist ja schon die Tendenz zur „News-Seite“ von dir –
was ist die Idee hinter der Seite? Hat sie vielleicht sogar einen Fokus?
News sind
ja etwas, was gerade jetzt eben in diesem Moment passiert. Da macht Dominik mit
dem Almanach wieder einen
hervorragenden Job. Wir senden auch News, ja, aber als Mehrwert für die, die
uns aus den sozialen Medien folgen. Wir machen auch monatliche Tabletop-News,
schick aufbereitet in einem eigenen Artikel. Aber echte Short-News gibt es
nicht bei uns, sondern eben nur bei unseren sozialen Präsenzen, hier
vornehmlich Facebook. Was wir dort sende, steht aber auch in unserer seitlichen
Navigationsleiste. Wir wollen niemanden aussperren. Klar würde ich es auch gern
etwas aufbereiteter im Magazin machen, aber das wäre ein ganz eigenes Team, was
noch zusammengestellt werden müsste.
Rollenspielprodukte sind ja generell Produkte von höherer
Halbwertszeit als beispielsweise ein Computerspiel. Und damit bleiben sie auch
über viele Jahre lang interessant. Und da ist dann auch unser Fokus oder
Anspruch: Für die von uns vorgestellten Produkte belastbare Kritiken zu bieten
und auch Tipps und Hinweise für die Spielarten des Hobbies generell zu geben –
verbunden mit so manch philosophischem Gedanke.
9. Wir
nähern uns mit Riesenschritten dem Ende – gibt es ein System oder ein Setting,
das dir besonders am Herzen liegt?
Ich bin
einer der Spieler, die Welten höher schätzen als Regeln. Mit den Regeln kann
ich mich immer irgendwie arrangieren. Eigentlich gibt es zwei Welten, die ich
favorisiere. Da wäre zum einen Rokugan aus L5R,
wenn man denn einige Entgleisungen im Fluff ignoriert und das Trinity Universe von White Wolf. Beide grundverschieden, aber
beide toll. Das ist eine Japanofantasy, das andere Pulp/Superhero/Science-Fiction.
10. Das
sind auch definitiv zwei interessante Settings. Vielen Dank für deine Zeit! Zum
Abschluss erhältst du wie alle Sonntags-Interview-Partner die Chance, dem
deutschsprachigen Rollenspielvolk ein paar Worte höchster Weisheit mit auf den
Weg zu geben.
Leben und
leben lassen, Freunde. Es gibt keinen Weg, Rollenspiel „richtig“ zu
betreiben. Jeder entscheidet das für sich selbst. Und wenn Du, ja, genau DU,
privat mit einem System nicht klarkommst, dann halte es wie der Pinguin
„Einfach mal die Klappe halten!“. Und sonst gilt immer: Spielen,
spielen, spielen und auch mal was Neues austesten und sich aus der eigenen
Komfortzone bewegen. Und Teilzeithelden
lesen. Oder so … <lacht>

[Sonntags-Interview] Bernd Göwe (Illustrator)

Ich versuche ja in meiner Sonntags-Reihe die unterschiedlichsten Facetten des Rollenspiels zu beleuchten. Und da habe ich mir dieses Mal einen Zeichner geschnappt, der es mit seinem sehr bunten und comichaften Stil verdient hat, viel mehr Öffentlichkeit zu erhalten – Bernd Göwe, der mir zu Beginn meiner Labyrinth Lord-Zeit sehr unter die Arme gegriffen hat.Wer sich also die oben verlinkten Illus mal ansieht, wird die eine oder andere von diversen LL-Publikationen der Jahre 2009-2010 wiedererkennen…
(Ich muss zugeben, dass auch diese Interview schon das eine oder andere Jahr auf dem Buckel hat, aber es schlummert schon so lange auf meiner Festplatte, dass es einfach mal veröffentlicht werden MUSS!)
1. Bernd – schildere doch mal bitte kurz deinen Weg ins Rollenspiel.
Ich bin durch meinen Onkel zum Rollenspiel gekommen. Habe als kleiner Junge (10-12 Jahre) seine alten DSA-Sachen bekommen. Noch die erste Edition.

2. Bist du dann bei DSA geblieben?
Zunächst ja. Habe auch meine erste Rollenspielgruppe durch DSA „gefunden“. Dort haben wir zunächst nur DSA gespielt. Mit der Zeit sind weitere Systeme dazugekommen. Shadowrun, Dungeons & Dragons, Cyberpunk, Vampire die Maskerade.

3. Ich kenne dich ja als Zeichner – wie hat das seinen Anfang genommen? Klassisch mit DSA-Heldenportraits?
Um ehrlich zu sein eher weniger. Habe schon als kleines Kind immer gerne gezeichnet, meistens Dinge die in meinem Kopf herumgegeistert sind. Klassische Heldenporträts habe ich weniger gezeichnet, sonder eher meine eigenen Kreationen wie Monster oder Meisterpersonen. Im Grunde würde ich mich eher als Geschichtenerzähler sehen, der seine Geschichten durch Bilder erzählt.

4. Hervorragendes Stichwort – zu welcher Geschichte gehört dein neuer Facebook-Avatar?
Diese Geschichte habe ich schon seit Jahren in meinem Kopft. Der Grundgedanke war „warum sprechen alle Leute im Weltraum englisch?“ Ich wollte eine SciFi-Geschichte erzählen bei der die Deutschen den Weltraum erobert haben und nicht nur die Amerikaner. Angefangen hatte es als Jugendidee und mit den Jahren ist dieses Universum in meinem Kopf weitergewachsen, wobei ich immer wieder neue Eindrücke in mich aufgenommen habe.
Das Bild stammt aus einem Buch, das ich im Rahmen meines Studiums erstellt habe und von diesem Universum handelt.

5. Wird man dieses Buch irgendwann mal zu Gesicht bekommen?
Vielleicht, werd es aber vorher noch überarbeiten und es dann als Rollenspielhintergrund aufbereiten.

6. Es ist alles schon etwas länger her und ich bin alt und mein Gedächtnis arbeitet nicht mehr völlig zuverlässig, aber ich erinnere mich düster, dass du ein paar Sachen für Labyrinth Lord illustriert hast…
Ja, das stimmt. Einige Schwarz/Weiß-Illustrationen und einige Farbcover. Eine sehr interessante Tätigkeit die mir sehr viel Spaß gemacht hat.
Leider bin ich in der letzten Zeit nicht mehr viel zum Zeichnen gekommen, da ich mich leider beruflich neu orientieren musste. Hoffe aber in Zukunft mehr Zeit in meine Projekte zu investieren.

7. Das hoffe ich auch. Was treibst du denn derzeit rollenspielerisch und zeichnerisch so?
Leider nicht so viel. Mit meiner alten Rollenspielgruppe habe ich kaum noch Kontakt und meine neue DSA-Gruppe trifft sich leider sehr unregelmäßig. Und zeichnerisch fehlt es mir an Zeit und Muße, wobei ich mich aufraffen will und eine Idee von mir in Angriff nehmen will, die mir seit kurzer Zeit im Kopf herum geistert.

8 Gibt es irgendeinen Traum? Irgendein Projekt, bei dem du gerne mit deinen Illustrationen oder mit Texten dabei wärst?
Ein Traum von mir wäre es eingene Geschichte als Roman oder Comic zu veröffentlichen. Ansonsten finde ich den Hintergrund von Myranor sehr spannend unt würde gerne mal dort meinen Teil beitragen.

9. Na da bin ich doch sicher, dass sich da etwas einfädeln lässt. Zum Abschluss biete ich dir die einmalige Chance ein paar Worte an das „Volk“ zu richten, die ich fett markieren und rot einfärben werde…
Ich hoffe, was auch immer ich aus meinem Hirn in die Wirklichkeit zerren werde, euch allen da draußen gefallen und euch zu euren eigenen Geschichten inspirieren wird.

[Sonntags-Interview] Christian Lange (DSA-Roman-Autor und Tausendsassa)

Und wieder habe ich bei Facebook jemanden erwischt, der meinen gnadenlos rausgeballerten Fragen nicht ausweichen konnte – Christian Lange – einer, der so ehrlich „Autor“ ist, dass er DSA-Romane und keine Abenteuer schreibt… 😉
1. Christian – schildere doch mal bitte kurz deinen Weg ins Rollenspiel.
1993 habe ich meinen Wehrdienst im schönen Lüneburg geleistet. Dabei war uns natürlich oft langweilig, so dass eines Tages ein Kamerad ein Spiel mitbrachte, dass er aus einem Lüneburger Spieleladen hatte. Es war die Basisbox des Schwarzen Auges. Damit waren unsere Abende gerettet. Ich hab es dann irgendwie geschafft das Spiel auch meinen Freunden schmackhaft zu machen, und so spiele ich mit einigen meiner Freunde seit über 20 Jahren Rollenspiel.
 2. Herrje, die klassische DSA-Sozialisierung. Aber – lass mich raten – dabei ist es nicht geblieben, oder?
 Doch. Was das Spielen von Rollenspielen angeht schon. Die DSA-Welt ist unsere Heimat. Wir haben mal das eine oder andere ausprobiert, haben aber immer wieder entschieden bei DSA zu bleiben.
Inzwischen ist das einfach auch dem Zeitfaktor geschuldet. Wir spielen zwar regelmäßig, aber dafür leider selten. Und da wollen wir keine Zeit in neue Welten und Regeln investieren.
3. Okay. Dann zwingst du mich förmlich, dir die DSA-Gewissensfrage zu stellen: Was ist die beste Regelinkarnation? 1? 2? 3? 4? 4.1? 5?
Das ist keine Gewissensfrage für mich. In unserer Gruppe bin ich derjenige der die wenigste Ahnung vom Regelsystem hat. Für mich steht immer die Story im Vordergrund.
Wir haben lange Zeit mit DSA4.1 gespielt und stellen unser Hausregelsystem jetzt auf DSA5 um.
4. Ah, okay, du bist also keiner der „wir-spielen-noch-DSA-3-Fraktion“. Aber, dass für dich die Story im Vordergrund steht, glaube ich gerne. Du schreibst ja gar nicht mal so übel…
Danke für das Kompliment.
Das hat aber auch schon zu Konflikten geführt. Wenn ich schreibe und dabei ein Thema berühre dass durch Regeln festgezurrt ist, dann recherchiere ich das natürlich. Aber ich nehme mir dann trotzdem gern die Freiheit zu sagen bzw. zu schreiben, dass meine Figur dass jetzt etwas anders macht als das Regelwerk es vorschreibt.
Wenn ich mich richtig entsinne, dann habe ich bei „Caldaia“, meinem ersten Roman, jemanden einen Zauber mit der falschen Hand ausführen lassen. Ganz bewusst. Und hab natürlich negatives Feedback bekommen, weil ich die Regeln „verletzt“ habe. Das hat mich dann schon ein wenig amüsiert.
5. Das ist halt Fluch und Segen von DSA. Großer Detailreichtum und geringe Freiheit für die „Schaffenden“ kombiniert mit teils brutaler Settinghörigkeit der Fans. Plauder doch mal zum Feedback auf deine beiden „großen“ DSA-Romane etwas aus dem Nähkästchen.
Bei „Caldaia“ war das Feedback eher auf Detailkritik ausgerichtet. Zum einen die erwähnte Regelkritik. Zum anderen wurden mir sehr oft die komplizierten Namen der handelnden Personen vorgehalten. Escalia von Hahnentritt, Darulf von Corish und von Praill und Seginhardt Raultreu von Ehrenstein sind eben keine Namen die man flüssig liest oder sich gar merkt. Allerdings waren diese Namen zu großen Teilen nicht meine Erfindung, sondern enstammten offiziellen Publikationen bzw. dem garetischen Briefspiel.
Bei „Kors Kodex“ war die Kritik zweigeteilt. Es gab hilfreiche Kritik, die z.B. auf einen Rechenfehler hinwies, der mir und auch dem Lektorat durch die Finger geflutscht ist. Es gab aber auch einige, die ihre Erwartungen enttäuscht sahen. Unter dem Titel „Kors Kodex“ hatten sich einige wohl etwas anderes vorgestellt. Vom konkreten Abdruck des Kodex, bis hin zur ausführlichen Beschreibung wie der Kodex Seite für Seite entstanden ist. Es gab sogar den Vorwurf, ich hätte „am Titel vorbeigeschrieben“.
So oder so lernt man als Autor aber mit der Kritik umzugehen. Wenn man das nicht hinbekommt, sollte man sich eine andere Beschäftigung suchen.
6. Halt! Da muss ich einhaken, denn ich denke, dass da im Jahr 2016 nicht mehr jeder weiß, was damit gemeint ist. Was, bitte sehr, ist das „garetische Briefspiel“?
Briefspiel ist eine Möglichkeit selbst Einfluß auf Aventurien auszuüben. Man kann z.B. in Garetien ein kleines Stück Land, also ein Junkertum oder eine Baronie bekommen und diese Gegend dann mit Leben füllen.
Wie man das macht ist sehr offen. Man kann sich auf Fakten beschränken und z.B. festlegen welche Orte es in dem Junkertum gibt, wie die Wirtshäuser dort heissen und was der Krug Bier kostet. Oder man schreibt Geschichten über die Region und die Menschen dort. Das Ganze fließt dann in ein Wiki ein, dass für jedermann offen ist.
Organisiert und gelenkt wird das Ganze von einem regionalen Briefspielkanzler, der Kontakt zur DSA-Redaktion hält. So wird Aventurien auf einer Ebene beschrieben, welche die DSA-Redaktion nur punktuell erreichen kann.
Briefspiel (der Name stammt noch aus der Zeit, als die Spieler weder Mails noch Wikis nutzten, sondern sich tatsächlich Briefe schrieben) ist auf jeden Fall eine tolle Möglichkeit sich einzubringen. Und hin und wieder entsteht aus Breifspielideen eine Notiz in einer offiziellen Publikation, oder ein Abenteuer, oder ein Roman.
7. Das Prädikat im ersten Satz ist im Präsens geschrieben. Läuft das Briefspiel immer noch?!? Wenn ja – kann man da noch neu einsteigen?
Ja, das Briefspiel läuft noch immer. Nicht nur in Garetien, sondern auch in anderen Regionen. Man findet im Netz (z.B. der Wiki Aventurica) die Ansprechpartner und kann sich bei denen informieren, ob und wo man noch einsteigen kann.
Und wenn man mag und das Ganze nicht nur auf dem virtuellen Papier betreiben will, kann man auch zu den RegionalCons fahren. Die Briefspielregionen Garetien, Greifenfurt & Perricum führen z.B. jedes Jahr einen Con durch, bei dem in einer Mischung aus klassichem Pen&Paper und LARP aktuelle Ereignisse der Regionen gespielt werden.
8. Hört sich wirklich interessant an. Da muss ich mich mal näher erkundigen. Ich hatte irgendwie abgespeichert, dass das seit einiger Zeit gar nicht mehr existiert. Aber mal abgesehen von DSA – was kann man sonst noch so von dir lesen?
2013 haben sechs Kollegen & ich ein Autorenkollektiv gegründet, das AKzwanzig13. Das hat uns einige tolle Projekte beschert.
So habe ich an „Eis & Dampf“, der durch Crowdfunding finanzierten Steampunkkurzgeschichtensammlung mitgeschrieben. Es gibt von mir Kurzgeschichten zu DSA („Schattenlichter“), reine Fantasy („Die Irrlichter“ aus dem Verlag Torsten Low), eine historische Kurzgeschichte „“Karl – Geschichten eines Großen“ aus dem Ammianus-Verlag), und sogar SF („Umray“ aus dem Papierverzierer-Verlag.
9. Wenn du von den eben erwähnten Geschichten eine empfehlen müsstest. Welche wäre das und warum?
Ich würde „Traue Niemandem“ aus der Sammlung „Karl – Geschichten eines Großen“ empfehlen.
Die Anthologie wurde zum Karlsjahr 2014 im Ammianus-Verlag veröffentlicht. Es war den Verlegern wichtig, dass die Autoren auch eine Beziehung zu Karl dem Großen hatten. Meine Verbindung war, dass die Ersterwähnung meiner Heimatstadt Magdeburg auf Karl zurück geht.
Es hat Spaß gemacht mal eine historische Geschichte zu schreiben und dabei festzustellen, dass sich die Recherche dafür kaum von der für Fantasy-Geschichten unterscheidet.
Und am Ende sprang sogar noch ein Preis dabei heraus. Der Verein „Homer – Historische Literatur“ bedachte mich mit dem „Goldenen Homer“ für die „Beste historische Kurzgeschichte 2015“.
10. Als Simpsons-Fan wäre für mich natürlich der Goldene Homer der heilige Gral unter den Preisen – also herzlichen Glückwunsch auch von mir. Vielen Dank für deine Zeit und zum Abschluss darfst du dem Volk noch ein paar weise Worte mit auf den Weg geben.
Ich musste mich bei der Dankesrede auch zusammenreißen, den Namen richtig auszusprechen.
Weise Worte? Nein, aber eine Bitte.
Autoren brauchen Feedback. Egal ob es Hinweise auf Fehler sind, Meinungen, Standpunkte, oder auch einfach Lob. Das muss nicht bei Amazon sein, dass kann auch in Foren passieren oder als Kommentare in den Blogs die Autoren so unterhalten, aber auch als Mail direkt an den Betreffenden.
Also sagt uns bitte was euch missfallen hat, aber auch was euch gefallen hat. Danke.              

[Sonntags-Interview] Matthias Nagy (Frosted Games – Bretterwisser Podcast)

Bei Facebook habe ich mir mal einen Besserwisser… … äh, Bretterwisser… geschnappt und Matthias Nagy 10 Fragen gestellt, die er auch ausführlich beantwortet hat – und das, obwohl er eher vom Brett- als vom Rollenspiel herkommt.
1. Matthias – schildere doch mal bitte kurz deinen Weg ins Spielen.
Als Kind fand ich Spiele schon spannend, aber meine Eltern haben nie mit mir welche gespielt. Sie hatten selber keinen Zugang dazu. Als ich dann mit 12 für ein Jahr in Göttingen gelebt habe, hatte ich eine Freundesgruppe mit der ich täglich Risiko und später Skat gepinselt habe. Bestimmt an die 5 bis 10 Partien pro Tag minimum. Des Weiteren kam ich mit den Einsamer Wolf Büchern in Berührung, welche ich dann soweit es geht verschlang.
Als ich wieder in Berlin war, fing dann in der neuen Schule das Rollenspielen an mit DSA. Auch davon war ich fasziniert und spielte das intensiv. Es ich mich versah spielten wir auch D&D und Midgard und GURPS und alles weitere mögliche. Rollenspiele hab es damals in Berlin (Von DSA abgesehen) aber nur in speziellen Läden und die hatten auch Brettspiele. Auf einmal spielten wir Asimov Star Traders, Talisman, Blood Bowl und natürlich ab Ende 93 auch Magic.
1994 kommen dann etliche spannende Brettspiele dazu, weil auf einmal auch richtig gute rauskamen. 1995 mit Catan war dann auch nichts mehr zu halten und meine Sammlung fing an auf eine viel zu große Menge anzusteigen.
Im Serious Games habe ich dann jede Woche einen Brettspielabend abgehalten, und auch wenn es den Laden seit inzwischen etlichen Jahren nicht mehr gibt, so gibt es den offenen Mittwoch doch seit 15 Jahren noch bei mir zu Hause.
Mit meiner Magic-Beschäftigung fand ich den Einstieg auch beruflich in das Feld indem ich erst als Volunteer für WotC und dann 2004 als Festangestellter für Upper Deck anfing zu arbeiten. Mit deren Untergang 2010 bin ich dann selbstständig geworden und habe seit dem für einige Firmen im TCG- und Brettspielbereich gearbeitet.

2. Bleiben wir doch mal zuerst seifenkistenthematisch im Bereich „Rollenspiele“. Ist das auch im Jahr 2016 noch ein Thema für dich?

Eindeutig ja, wenn auch in einem deutlich kleineren Umfang. Aber wie ein Pendel, das hin und her schwingt, ist jeder Teil meines Spiellebens mal intensiver und mal weniger.

Ich habe eine feste Rollenspielgruppe. Derzeit ist noch Midgard das aktuelle System. Aber einer in der Gruppe testet ab und zu mit uns D&D 5th Monster, und wir wollen eigentlich Numenera spielen, sobald es dann auf Deutsch draußen ist. Letztes Jahr haben wir noch sehr intensiv Dungeonslayers gespielt und so manches System möchte auch noch ab und zu gespielt werden.

Was wir aber nicht hinbekommen ist im Zeitrahmen selber uns was auszudenken. Wir arbeiten in erster Linie mit veröffentlichten Abenteuern und sind damit sehr glücklich, auch wenn unsere Spieler sehr unterschiedlich in ihrer Art sind und es daher manchmal zu Reibungspunkten kommt. Aber auf welche Rollenspielgruppe trifft das nicht zu?

Wir treffen uns theoretisch einmal die Woche, praktisch ist es eher so zweimal im Monat. Oft genug bin ich verreist, oder andere fallen weg, welche gerade wichtig für die Handlung sind. Dann trifft sich der Rest dennoch und spielt ein paar Brettspiele.

3. Perfekte Überleitung. Du bist ja eher im Bereich „Brettspiele“ verwurzelt. Deine „Karriere bis 2010 hast du da ja schon geschildert. Was war da in der jüngeren Vergangenheit los?
2013 ist mit dem Wegfall der WoW-TCG-Lizenz mein letztes betreutes TCG weggefallen und ich habe mich voll auf Brettspiele gestürzt. Mein Hauptarbeitgeber hat mich von 100% auf 20% Arbeitszeit runtergesetzt und ich habe angefangen mir was anderes zu suchen.
Ich habe unter anderem 2013 bei „What’s Your Game?“ angefangen. Dort habe ich ein Jahr lang geholfen an deren Marketing und Sales-Ende auszuhelfen und Lücken zu schließen. Gleichzeitig habe ich aber auch in intensiv in der Entwicklung mitgeholfen. Ich bin mitverantwortlich für einige Entscheidungen bei Madeira und ZhanGuo und bin sehr glücklich mit dem Ergebnis in diesen beiden Spielen.
Da ich aber durch Lösungsorientierung meine Hauptaufgabe überflüssig gemacht habe, hatte ich schon 2014 überlegt, selber auch was aufzubauen und habe selber einen Verlag gegründet mit einem Nischenprodukt: Dem Brettspiel-Adventskalender. Da mich die Verlage alle kannten, da ich seit 2010 schon als Blogger auch unterwegs war und seit 2013 als Podcaster, trauten sie mir auch alle zu, dass ich das hinbekomme. Daher bin ich besonders froh das liefern zu können.
In dem Bereich ist ein weiterer Adventskalender für dieses Jahr auf jeden Fall im Gespräch. Die Ergebnisse sehen auch sehr gut aus und dürften den beteiligten Verlagen sehr gut gefallen haben.
Schließlich helfe ich seit Oktober auch etwas bei eggertspiele aus und begutachte Spiele und betreue auch welche. Eine Arbeit, an der ich immer mehr Freude habe, denn das Schleifen eines Prototypen ist auch eine sehr erfüllende Erfahrung. Das ist vermutlich auch das Tollste an meinem Freiberufler-Leben. Die Abwechslung mit Bloggen, Podcasten, Sales, Marketing, Entwicklung, und vielen anderen Punkten habe ich das Gefühl, immer wieder was Neues zu machen und dennoch an allem, was mir Spaß macht, weiter machen zu können.
4. Ich kenne dich ja als Bretterwisser-Hörer der ersten Stunde vom Podcast her. Rühre doch da mal die Werbetrommel.
Gerne doch. Bretterwisser ist ein Projekt, das ich zusammen mit Arne Spillner und René Illger mache. Wir alle drei hatten Lust daran mit dem Audio-Format zu arbeiten und gerade im Brettspielbereich ist es ja komplett unterrepräsentiert, weil alles nur auf Video schaut. Im Rollenspielbereich passiert da mehr, was aber auch verständlich ist, denn das Reden und Zuhören sind Eigenschaften, die ja im Rollenspiel und im Kommunikationsspielbereich viel mehr gebraucht werden als bei den Spielen mit viel Plastik, wo die Haptik wichtig ist.

Aber uns ging es ja nur zweitrangig darum, über Spiele zu reden, sondern in erster Linie wollten wir journalistisch einen Blick auf die Szene zu werfen. Wir reden über Sachen, die spannend sind, die gerade diskutiert werden, oder die auch zeitlos sind und wo es Sachen zu diskutieren oder beleuchten gibt.Wir laden dafür auch gerne Gäste ein und schauen wie ihre Sicht ist und warum bestimmte Dinge sind wie sie sind, gerade, wenn wir die Fragen nicht selber so gut beantworten können.

Nach nun über zwei Jahren würde ich behaupten wollen, wir sind als Format etabliert und werden gerne gehört. Wir ergänzen uns vermutlich als Trio auch sehr gut. Arne ist der Familienspieler, dem es es nicht zu komplex sein darf, René ist der Spieler, dem es ruhig viele Regeln und viel Material sein darf und gerne auch sehr ausgefallen und ameritrashig. Ich bin da der solide Eurospieler, der zwar auch über seinen Horizont schauen kann, aber meist die Finger von zu leichten oder zu komplexen Dingen lässt.

Inzwischen gibt es einen wöchentlichen Wechsel zwischen unser festen Folge und einer Art Sonderfolge, welche einfach nur ein kurzer Blick auf Spiele darstellt, oder ein Interview unterwegs, oder auch einen Blick auf Kinderspiele. So sind wir jede Woche auf Sendung und versuchen alle Interessierten daran teilhaben zu lassen. Dabei lernt man uns und hoffentlich auch viele Spiele kennen.

Wer uns noch hören will, einfach auf www.bretterwisser.de gehen oder den Podcatcher nach uns durchsuchen. Auf der Webseite bringen Arne und ich noch zusätzlichen Inhalt in Form von weiteren Reviews, Kommentaren und schönen Bilderstrecken oder auch neuerdings einem zweimonatlichen Gewinnspiel.

5. Wow! Du hast gar nicht erwähnt, dass man auch auf Patreon unterstützen kann. Dann muss ich das wohl tun. Man kann euch auf Patreon unterstützen… Erzähl doch mal etwas zu dieser Möglichkeit. Du darfst gerne hemmungslos die Werbetrommel rühren.
Ich merke schon wie schlecht ich dabei bin.
Uns kann man tatsächlich bei Patreon unterstützen. Wir hatten angefangen mit dem üblichen, womit die Leute so arbeiten: Affiliate Links, Paypal-Spenden-Button, etc… Aber die Leute sind da immer irgendwie gehemmt. Flattr wurde etwas besser angenommen, aber alles zusammen brachte bei weitem nicht genug ein, um die steigenden Kosten für Server und Audioservice-Dienste zu bezahlen.

Schließlich haben wir uns im letzten April entschlossen, uns bei Patreon anzumelden und haben es nicht bereut. Die Leute mögen die Plattform, weil sie transparent ist und wir sind endlich in der Lage, nicht nur die laufenden Kosten, die stückweise steigen, aufzufangen, sondern auch etwas Geld ansammeln, um unsere Technik zu verbessern und uns praktisches Equipment zuzulegen.

Des weiteren haben wir sogar allen Unterstützern eine coole neue Postkarte zuschicken können, mit einer kleinen neuen Erweiterung zu Cacao. Das wollen wir gerne jedes Jahr wiederholen. Wer nun aber denkt, das reicht, was wir da bekommen, der hat noch nicht weit genug gedacht. Mit mehr Geld könnten wir viel mehr anbieten, als wir bisher unternommen haben. Auf diese Weise könnten wir mehr bieten. Sei es der Trip zu Veranstaltungen oder auch ein Stand in Essen. Optionen gibt es da viele. Wer uns also noch unterstützen will, kann das gerne auf www.patreon.com/bretterwisser machen.
6. Na geht doch, man muss dich nur zwingen, die britische Zurückhaltung aufzugeben. Und wo du schon dabei bist – erzähl doch mal bitte was zu deinem Verlag. Wie lief es bisher, was ist geplant…?
Bisher lief es sehr gut. Für das erste Jahr kann ich mich gar nicht beschweren. Das Highlight für Frosted Games in Form des Adventskalenders lief sehr gut und war schnell ausverkauft. Aber auch was am Rande passiert ist, war beeindruckend. Viele weitere Verlage haben Interesse bekundet mitzumachen, was mich natürlich sehr freut. Der nächste Adventskalender wird daher hoffentlich mindestens so gut.

Ich hatte noch einen Wandkalender mit Arne gemacht um für die Bretterwisser damit weiteren Support zu generieren. Aber trotz des, wie ich finde, geringen Preises ist es nicht so gut gelaufen. Ich vermute, die Leute sind nicht so sehr an solchen Produkten interessiert. Mal sehen was wir da nächstes Mal anders machen.

Schließlich war da noch Harbour, welches gutes Feedback erhalten hat und sich über das Jahr hinweg gut verkaufen sollte. Ein Blick auf das kleine Spiel kann ich als Verleger natürlich nur empfehlen. Wer allerdings auf die Spiele der Tiny Epic-Serie steht, hat hier vom selben Autor ein schönes Workerplacementspiel mit einem coolen Kniff.

Derzeit sitze ich an den Grafiken für Undercover. Einem Familienspiel mit Memo-Deduktions-Elementen, was es für Familien peferkt macht, da es Kinder durch ihre Merkfähigkeit mit den Erwachsenen mit Deduktionsmöglichkeiten auf ein Niveau bringt. Ich hoffe das bis Ostern auf dem Markt zu haben, aber es könnte auch später werden. Da gibt es ja eigentlich nichts, was mich hetzt.

Ansonsten arbeite ich natürlich mit Hochdruck daran, viele Verlage für den nächsten Adventskalender zu nerven. Denn Essen kommt schneller als man glaubt. Und ein anderes kleines Projekt ist auch noch in der Mache, zu welchem ich aber gerade noch nichts sagen möchte. 

 
7. Was muss man tun, um sein Spiel bei dir unterzubringen?
Das ist gar nicht so einfach, weil ich ja eigentlich gar kein Voll-Verlag sein will. Dass ich auch gerne Spiele mache, ist halt ein Vorteil, aber ich habe gar nicht das Bedürfnis, alles zu machen. Wenn ich allerdings von einer Idee überzeugt bin, dann könnte es auch schwer sein, ein Spiel abzulehnen. Am liebsten Sachen, die sich in kleinen Schachteln unterbringen lassen.
Aber ich schaue mir jedes Spiel an, das man mir vorstellt und ich würde auch immer Feedback geben, was mir gefallen hat und was nicht. Wichtig wäre aber für mich, nicht einfach was zugeschickt zu bekommen. Ich schaue mir gerne ein Spiel an, wenn ich unterwegs bin, in Nürnberg, Essen, Göttingen, Haar, Herne, Cannes, oder auf einer der vielen anderen Veranstaltungen. Für angehende Autoren hat das auch den Vorteil, dass dort andere Redakteure sind, die sich das Spiel dann bestimmt auch gerne ansehen.

8. Also ein Exposé an deine Mail-Adresse wäre kein gangbarer Weg?
Naja, Ja und Nein. Ich habe in meinem Leben zu viele Spiele gespielt wo ich nach dem Lesen der Regeln keine Ahnung hatte ob das Spiel gut oder schlecht ist. Ich bin immer wieder fasziniert, dass andere das schaffen und kann es mir nur schwer bis gar nicht vorstellen. Ich hatte Spiele, deren Anleitungen mir sehr gefallen haben, und beim Spielen kam dann gar keine Stimmung auf, oder Spiele wo ich dachte, das kann nie funktionieren und wir haben sie dann geliebt.
Im persönlichen Gespräch kann mich ein Autor viel besser darauf stoßen, was ihm wichtig ist, worauf ich zu achten habe und wie sich dieses Merkmal am besten misst. Auch wäre es da möglich für mich auszuloten, wie wichtig es dem Autor wäre, sich von Kleinigkeiten zu trennen, falls ich einen Vorschlag mache, Sachen zu streichen.
Schließlich wäre der Autor auch gleich mit einer Info bedient, wie ich zu dem Spiel stehe. Nichts ist schwerer als sich durch die e-mails zu arbeiten, und gerade per e-mail eingesandte Sachen bleiben viel zu lange liegen. Das wäre auch oft nicht fair den Autoren gegenüber.
9. Alles klar. Aber wo ich dich schonmal hier habe muss ich einfach mal jemanden aus der Szene danach fragen: Für wie relevant hältst du den Preis „Spiel des Jahres“?
Die Frage ist falsch gestellt. Ich finde, es gibt sehr viele Preise, die ich wichtig finde, und die der Szene gut tun. Aber relevant ist nur und einzig und allein Spiel des Jahres.
Die Relevanz lässt sich auf vielen Ebenen messen. Der wichtigste ist jedoch, es ist der einzige Spielepreis in der Welt, der wirtschaftlich eine Bedeutung hat. Der Gewinner kann mit einer deutlichen Steigerung seiner Verkaufszahlen rechnen. Und das liegt nicht daran, weil dieser Preis das von alleine mit sich bringt, sondern weil er seit über 35 Jahren mit deutlicher Arbeit auch nach draußen zu den Nicht-Spielern geht.
Wer keine Ahnung von Spielen hat und zu seinem Händler geht, weiß, dass er ein Spiel mit dem Pöppel einfach kaufen kann und ein gutes Spiel erwischt. Inzwischen wird auch immer mehr Energie darauf verwendet, dafür zu sorgen, dass auch die nominierten Spiele dieses Glück teilen können, und wenn ich von Freunden gefragt werde, die selber selten bis nie spielen, dann merke ich wie problemlos es ist, den Leuten einfach diese Spiele zu empfehlen. Und wenn ich weiß, dass die Person einer bestimmte Art von Spielen bevorzugt, finde ich meist auch auf der Auswahlliste ein Spiel, das diesen Geschmack trifft.
Die Frage sollte doch sein, warum sind die anderen Preise nicht relevant? Und da wird deutlich, dass diese meist in der eigenen Suppe kochen. Wenn auf BGG die Vielspieler abstimmen, dann kommen da nur Vielspieler-Spiele raus. Wenn der Deutsche Spielepreis gut gewählt eine schöne Liste ergibt, ist das noch lange nicht hilfreich genug, dass es den Verlagen wert wäre, das Logo auf ihre Schachtel zu drucken. Natürlich kann ein Zug um Zug mit 30 Logos drauf gut ankommen, aber dem Kunden sagen 29 dieser Preise nichts und sie könnten ihm nicht egaler sein. Da wird mit Masse statt Klasse geworben.
Andere Länder könnten da gut nachhelfen und versuchen ihren landesspezifischen Preisen auch eine wirtschaftliche Bedeutung zukommen zu lassen, aber eine optimale Lösung wie das aussehen könnte hätte ich nicht. Theoretisch müsste Geld in die Hand genommen werden. Und das passiert nicht. Und so kennt man die Preise in der Szene aber das war es.
10. Jau, das ist im Rollenspielbereich ähnlich, nur auf noch niedrigerem Niveau. Vielen Dank für deine Zeit. Magst du noch ein paar Worte an das deutschsprachige Spielevolk richten?
Nun könnte man nach diesen gefühlten 5000 Wörtern sagen, ich bin kein Mann der vielen Worte. Daher erstmal danke, dass ich dir hier Rede und Antwort stehen durfte.
Das Motto sollte sein: Spielen, Spielen, Spielen, und immer Spaß haben. Und dazu gehört auch: Sei fair, und sei kein Arsch. Jeder wünscht sich die angenehmsten Spieler an seinem Tisch und wer da mit Vorbild rangeht, kann auch für alle anderen ein toller Mitspieler sein.    
 

[Sonntags-Interview] Michael Mingers (Ulisses)

Das Sonntags-Interview kommt heute mal pünktlich am Montag, da wir gestern länger unterwegs waren als geplant. Dieses Mal habe ich Michael Mingers erwischt – seines Zeichens „stellvertretender Verlags-Dingenskirchen“ bei Ulisses!

1. Michael – schildere doch mal bitte kurz deinen Weg ins Rollenspiel.
Ich bin Anfang der 1990 herum zum Rollenspiel gekommen, fast unmittelbar nach meiner Ankunft am Gymnasium. Der neue Klassenkamerad, neben den ich zu Sitzen kam, erzählte von Battle Trolls, NES-Spielen und anderem heißem Scheiß, den wir damals eben so hatten. Und irgendwann erzählte er dann auch von diesem Rollenspiel, das sein älterer Cousin mit ihm spielen würde. Ich war völlig fasziniert davon und in meinem Kopf spielten sich nur Szenen von Game Boy Rollenspielen ab. Davon hatte ich in den damaligen Videospielzeitschriften gelesen, PnP-Rollenspiel war mir völlig fremd.
Dann legten wir los und eroberten zu zweit mit der DSA-Basisbox Gareth und Umgebung. Und zwar wirklich, wir haben Dörfer eingenommen und dortige Herrscher gemeuchelt oder alle Wachen erschlagen. So stellten wir uns damals vor, dass man die Kontrolle übernimmt.
Mein Waldelf Romualdo (Name aus der Fernsehserie Fantaghiro übernommen) kämpfte aber auch effektiv mit Kettenhemd und Ochsenherde (höchster Schaden!) und beschwor auch mal gerne ein Skelett zur Unterstützung. Aber wir hatten dann später auch Lichtschwerter, F-Zero-Flitzer und Cyberware, einfach weil wir alles übernommen haben, was wir damals cool fanden.
Es war total wildes Gonzo-Rollenspiel, dass ich auch später wieder sehr schätzen gelernt habe.
2. Hört sich wirklich wild an. Genau so muss Rollenspiel sein. Wie verlief den der Weg von diesen „wüsten Tagen“ in die Industrie?
Nachdem wir dann viele Jahre am Gymnasium und im Freundeskreis zockten, lernte ich dann irgendwann über dieses Internet den Herrn Michalski von der DORP kennen. Das erweiterte meinen Bekanntenkreis in die Eifel und ich lernte doch neue Rollenspieler und Spielarten kennen. Ich stieg bei den Nasen auf der DORP ein und wurde Rezensent für den ganzen Kram, den die Magus-Stimmungsspieler da unten doof fanden, also vor allem d20-Material. Irgendwann nachdem ich die GamerZero-Videos von WotC gesehen hatte, wollte ich dann so etwas auch in Deutschland machen. Weniger ein journalistisches Format, sondern eine Möglichkeit für Rollenspielschaffende, auf Cons ihre Nase in die Kamera zu halten und von ihren Produkten zu erzählen. Damit auch Leute zu Hause mal die Leute hinter den Büchern sehen und hören konnten. Das hat mir über die Jahre einige Kontakte eingebracht und als ich dann 2012 die Stellenausschreibung bei Ulisses für einen Redakteur sah, habe ich mich formell beworben, wurde eingeladen und bekam nach einem Einstellungsgespräch den Job. Ich denke mal, dass meine vorherige Arbeit als Fan in der Szene, mein breit angelegtes Wissen über verschiedenste Systeme, aber auch mein Studium der Geisteswissenschaften und Praktika in Redaktionen da auch geholfen haben.
Oh, und dass ich DSA4 nicht mochte, denn man suchte gezielt auch nach jemandem, der die DSAler in Ruhe lässt und sich um die anderen Reihen bei Ulisses kümmert, zu dieser Zeit also vor allem BattleTech und Pathfinder.

3. „DORP“ ist ein gutes Stichwort. Sorry, aber ich muss einfach auch auf deine Eifel-Hollywood-Karriere zu sprechen kommen: Erzähl doch mal den Lesern irgendwas über deine Rolle als Xoro, was selbst ich nicht weiß.
Das ist bei dir als ausgewiesener Fachmann und Fan natürlich nicht leicht. Als die DORP-Kollegen meinten, dass sie einen Barbarenfilm drehen wollten und ich die Hauptrolle übernehmen sollte, sagte ich in der urigen Annahme zu, dass die das ja eh nicht durchziehen. Haben sie aber durchgezogen. Also gab es es ein paar Jahre später einen sehr, sehr trashigen No-Budget-Barbarenfilm, dessen Name auf Michalskis schrottigem DVD-Player beruhte. Den gab es in aller pixeligen 4:3 Herrlichkeit auf DVD samt Making-of und inzwischen auch auf Youtube. Wer also mal sehen möchte, wie ich mit Indianermädchenperücke, zehn Jahre leichter und 30 Kilo jünger aussehe, der kann da einen Blick riskieren.
Die halbe Stunde gibt euch aber niemals jemand wieder. Umso erstaunlicher, dass es 2016 mit Hilde und den Glocken der Amazonen sogar ein Spinoff-Prequel geben wird. Und irgendwann vielleicht ein Xoro 2 …
4. Okay, die Indianermädchenperücke lasse ich mal als neue Info durchgehen. Beschreibe doch mal bitte etwas genauer, was du bei der DORP so getrieben hast, wenn du nicht gerade mit einem Schwert in der Hand durch die Eifel gerannt bist, um dich dabei filmen zu lassen?
Ich habe vor allem sehr viel rezensiert. Hunderte von Buchbesprechungen auf der DORP sind von mir, vorrangig aus dem Bereichen d20 und D&D, aber auch BattleTech-Romane und mal was Abwegiges. Ein paar Downloads habe ich auch beigesteuert oder mitgeschrieben, etwa die Kastanienmännchenverschwörung als Abenteuer für die 1W6 Freunde, ein Abenteuer für Arcane Codex in der Region, in der ich auch das Quellenbuch für den Verlag schreiben durfte oder auch Stranded. Das ist ein Mini-Rollenspiel voller Zufallstabellen mit dem ich vor allem meine Abneigung gegen die Verarsche bei Lost zum Ausdruck bringen wollte. Es ist aber vermutlich eines der Spiele aus unserem Portfolio, dass man eher lesen statt spielen sollte …
Als ich dann mit DORP-TV vor der Kamera und als Redaktion (und Ralf Murk hinter der Kamera und am Schnittrechner) aktiv wurde, rückte ich dann auch mehr ins „Zentrum der Aufmerksamkeit“, obwohl der Kollege Michalski eigentlich die meisten Sachen schrieb und erledigte.
Als ich dann gen Waldems auszog, um den Leuten vom großen U zu dienen, konnte ich aber weder anderen Verlagen kritische Fragen im Interview unter die Nase reiben, noch Rezensionen zu Produkten schreiben. Das hätten dann zu viel Geschmäckle gehabt denke ich. Tom, Markus und Janine übernahmen DORP-TV und ich brachte irgendwann Thomas dazu, dass wir einen Podcast aufnehmen, um wieder mehr Inhalte auf die DORP zu bekommen. Und seit fast drei Jahren nehmen wir nun via skype den DORPcast auf, wo wir über Rollenspiel, Medien, Cons, usw. sprechen und das ins Netz stellen.

5. Jau, den DORP-Cast wie auch DORP-TV kann ich auch nur jedem wärmstens ans Herz legen. Und dass du mittlerweile bei Ulisses gelandet bist, sollte auch mittlerweile jeder mitbekommen haben? Aber wie wird man innerhalb so kurzer Zeit vom Showpraktikanten, der nicht mal an DSA ran darf zum stellvertretenden Verlagsdingenskirchen? War da Sex im Spiel?
Würde man mit Sex weiterkommen, dürfte ich vermutlich heute noch BattleTech-Datenbögen von Hand einzeln eindeutschen. Ich hoffe mal, dass ich durch Einsatz und Kompetenz überzeugen konnte und deswegen heute eine höhere Position in der Firma habe, als noch drei Jahre zuvor. Es hat sicher auch geholfen, eben nicht bei DSA eingebunden zu sein, da wir uns immer breiter aufgestellt haben und ich längere Zeit alles betreut habe, was eben nicht DSA war. Das ist insgesamt eine Menge Arbeit und auch nicht immer Spaß, aber ich gehe in dem Job auf und es klappt mehr als schief geht. Allerdings steht bei unserer Branche bei allem was schief geht, dann jahrelang bei Leuten im Schrank …
6. Du hast ja in den letzten 3 Jahren ordentlich Kram über deinen Schreibtisch gehen sehen, gibt es irgendetwas, worauf du ganz besonders stolz bist?
Als negativer Mensch sehe ich leider immer vor allem die Produkte, die nicht gut funktioniert haben. Besonders stolz bin ich nicht mehr unbedingt auf einzelne Produkte, sondern darauf, dass wir es trotz immer wieder auftauchender Rückschläge geschafft haben, den Produktausstoß und auch die Qualität der Produkte zu vergrößern, die wir in den deutschen Rollenspielmarkt bringen können. 2016 wird da, auch dank des Crowdfundings noch eine ganze Menge Kram veröffentlicht werden, der den dt. Markt sicher bereichern wird. Und über dieses Medium kann ich dann auch Reihen realisieren lassen, die ich unbedingt im Markt sehen will, die es auf üblichem Weg aber schwerer haben dürften.
7. Denkst du da an bestimmte Reihen und kannst du schon irgendetwas dazu verraten?
 Ja und nein.
8. Hosen runter!
Die Kobolde König Torgs (Preiset König Torg!) sind ja schon dabei unsere Facebook-Seite nach und nach zu übernehmen, da wird es Anfang 2016 dann etwas zu geben. Danach versuchen wir noch Königreiche voller Mayonnaise für den deutschen Markt zu erschließen, vergessene Planeten eines zertrümmerten Imperiums wiederzuentdecken, unsere Welt auf verschiedene Arten zu vernichten und Dämonen auf eine barocke Welt zu entlassen.
Plus zahlreiche andere Sachen, Spiele, Bücher und Reihen … 2016 wird sehr spannend, auch international.
9. Na geht doch! Du bist zwar der Ulisses-Nicht-DSA-Typ, aber hast du mal irgendwie in den Redaktionshallen etwas dazu vernommen, was man sich vom englischsprachigen „The Dark Eye“ verspricht? Ich finde das persönlich ja äußerst cool, prognostiziere aber ein brutales Marktdebakel… 
Ich bin ja nicht mehr der Non-DSA-Typ. Gerade bei den ersten Produkten zu DSA5 war ich da noch tief drin und habe viel Layout übernehmen müssen. Und da ich inzwischen stellvertretender Verlagsleiter bin, kümmere ich mich zwar nicht um die Inhalte bei DSA, muss aber dennoch die Produkte auf den Weg bringen.
Bei The Dark Eye haben wir ja ein amerikanisches Studio, das die Reihe betreut und mit Paizo einen enorm starken Partner für den Vertrieb. Selbst wenn TDE im englischsprachigen Markt nur eine Nische bleibt, dann heißt Nische bei denen das, was bei uns in Deutschland in Zahlen eine äußerst stabile Reihe wäre. Und da wir den Kram ja eh erstellen, ist die Übersetzung dann nicht mehr so aufwändig. So viel Geld in ein Produkt zu stecken und es dann nur auf Deutsch zu veröffentlichen wäre eher eine Sackgasse, daher müssen wir international tätig werden. Und mit dem Feedback, das wir von den Kunden direkt auf der Gencon dieses Jahr bekommen haben, sollte da doch einiges gehen. Und es wird ja auch eine französische Fassung geben, die allerdings von den Kollegen von BlackBook Editions übersetzt und veröffentlicht werden wird. Und wenn man sich das Feedback bei denen alleine zur Ankündigung anschaut, rechne ich bei deren Fassung auch nicht mit einer Nische.
Mal ganz davon abgesehen, dass wir Anfragen oder bereits Umsetzungen von russischen, niederländischen und italienischen Fans haben, die den Schnellstarter übersetzen und sogar layouten. Hexenreigen als kostenloses Einsteigerabenteuer ebenfalls. Interesse ist auf jeden Fall da.
10. Okay. Das würde mich natürlich freuen. Danke schonmal für deine Zeit. Gibt es noch etwas, was du dem deutschsprachigen Rollemspielvolk in den Gehörgang tätowieren möchtest?
Versucht besser Leute für etwas das ihr mögt zu begeistern, als Leuten, die etwas anderes mögen als ihr, davon zu überzeugen das sie falsch liegen. 

[Sonntags-Interview] Ralf Sandfuchs (Rollenspiel-Urgestein!)

Schick! Ich konnte bei Facebook Ralf Sandfuchs stellen und ihm meine Fragen um die Ohren ballern. Wie man an der Länge der Antworten unschwer erkennen kann, gehört er zur schreibenden Zunft…
1. Ralf – schildere doch mal bitte kurz deinen Weg ins Rollenspiel.
Ich habe 1984 mit meiner Freundin an ihrer Abschlussfahrt nach Frankreich teilgenommen.
Während der Hinfahrt wedelte plötzlich einer ihrer Freunde, so ein seltsamer Typ mit eigenartigen Interessen, mit einer roten Pappschachtel vor meiner Nase herum, auf der ein Typ mit Schwert gegen einen Drachen kämpfte. “Dungeons & Dragons“ stand da drauf.
Noch in der gleichen Woche erlebte ich mein erstes Abenteuer.
Mein damaliger Charakter war ein charismatischer, aber schwächlicher Elf namens Andor, der in seiner Karriere so oft starb und wiederbelebt wurde, dass wir ihn bald nur noch den “Schönsten Elfen des Hades“ nannten.
Ganz nebenbei: der “komische Typ mit den seltsamen Interessen“ ist heute immer noch ein Freund und Schreibpartner.
2. Oh, sehr schön, endlich mal ein deutscher Rollenspieler, der, wie ich, mit D&D und nicht mit DSA begonnen hat. Wie ist es dir gelungen, dich vom Schwarzen Auge fernzuhalten? Und Doppelfrage, da ich nun neugierig bin: Wer war der Typ???
Ich wusste zunächst gar nichts von DSA, und als ich davon erfuhr, habe ich mir tatsächlich die damalige Box besorgt.
Zugegebenermaßen konnte mich das, was ich da las, aber nicht sonderlich überzeugen.
Und das Nachfaseln von gereimten Zauberformeln (“Fulminictus Donnerkeil, schlaget drein, Schwert und Beil“ und so), das war dann endgültig zu viel für mich. Das war uncool, das war… peinlich…
Später entwickelten sich meine Interessen in ganz andere Richtungen, und ich kann heute mit Fug und Recht behaupten, noch nie DSA gespielt zu haben.
Einige Versuche, es zu spielen oder gar dafür zu schreiben, wurden schnell zunichte gemacht, meist von Vorstellungen und Anforderungen, die mir diesbezüglich entgegengebracht wurden.
Und zu DSA5 wurde ich noch nicht herausgefordert. Ich wäre bereit! 
Und zu der anderen Frage: das war Jens Eggert, der lange mit mir in der GFR und in der Redaktion unserer alten Zeitschrift “Windgeflüster“ war. Hat sich viel mit (A)D&D und Shadowrun beschäftigt und letztes Jahr seinen ersten Roman “Bad medicine“ veröffentlicht.
3. Was DSA angeht, werde ich mal Markus P. anspitzen. Aber lass uns mal wieder in die Vergangenheit blicken. Du hast ja einiges an Kram übersetzt – was hat dir da den meisten Spaß gemacht? *daumendrück* Bitte, sag „Münchhausen“! *daumendrück*
Sorry, da muss ich dich enttäuschen. “Die unfasslichen Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen“ war zwar eine wunderbare Vorlage, aber eben doch eine sehr genaue Übersetzung.
Ich bringe gerne meinen eigenen Stil mit ein.
Als Übersetzung war mein Liebling “De Profundis“, weil mich das schon beim Lesen der englischen Version völlig fasziniert hat, und darum wollte ich das UNBEDINGT machen.
Als ich damals das letzte Kapitel übersetzt habe, wo alles den Weg des größten Irrsinns nimmt, saß ich mit fiebrigen Augen gebückt vor dem Bildschirm und tackerte die Texte wie im Wahn herunter, irgendwo zwischen Übersetzung und Neuschreiben. Ich habe nicht mal bemerkt, dass meine Frau irgendwann drin war und mir Kaffee gebracht hatte… oder hatte sie das gar nicht? [Augen roll]
Und “Das Monster aus der Spätvorstellung“, die deutsche Version von “It came from the late, late, late Show“, war auch ein tolles Projekt, weil ich da mehrere Versionen zusammenführen und richtig cool machen konnte.
Generell schreibe ich aber lieber eigenes Material, als zu übersetzen.
4. Die perfekte Überleitung und ich tippe mal, dass du nicht erwartest, bei deinen umfangreichen Credits genau darauf angesprochen zu werden, aber ich MUSS einfach alles hören, was deine Beteiligung an „Der Ruf des Warlock“ angeht. Das Monsterbuch fand ich beispielsweise wirklich klasse!
Darüber rede ich gerne.
Ich habe damals für die “Windgeflüster“ das erste RdW-Abenteuer “Die Träne der Verzweiflung“ rezensiert und mich bitter über das miserable Lektorat und den unsäglichen Stil beschwert.
Die Autoren meinten dann, ich sollte es doch besser machen, und das tat ich dann auch. Fast alle Bände der nächsten Jahre habe ich dann lektoriert und nach Möglichkeit auch die schlimmsten sprachlichen Auffahrunfälle entfernt.
Ich hatte immer ein Riesen-Problem mit der Unlogik einiger Hintergrundelemente und dem deutsch-englischen Namenswirrwarr, aber es gab immer wieder absolut irre Ideen, die ich wahnsinnig kreativ fand.
Ich durfte mein erstes großes Rollenspiel-Abenteuer für sie schreiben, “Vaterliebe“, das nach heutigen Maßstäben wohl eher unter “Versuch macht Fluch“ einzusortieren wäre.
Und ich habe an den nächsten beiden Hintergrundwerken (“Tanaris“ über die Welt von RdW und das Monsterhandbuch “Die Geschöpfe der Engel“) mitwirken können.
Ein weiteres Buch über mysteriöse Bauwerke ist leider nie erschienen.
Es war ein wildes, ungezügelter Projekt, wie man es heute wohl kaum noch finden wird.  
5. Wenn es gelingt, dem Games-In-Verlag die Rechte abzuluchsen – wärst du zu einem Comeback bereit?
Ganz ehrlich, keine Ahnung.
Ich fand die Regeln von RdW immer eher gruselig, ich fand einige der Setzungen des Hintergrunds schlimm, aber mir gefiel die chaotische Kreativität im Team. Alles geht, nichts ist verboten… es wäre spannend, das nochmal mitzumachen.
Aber zugegeben, ich müsste mich erstmal wieder in die ganze Geschichte einesen. Das liegt alles schon sehr lange zurück.
Was mich aus dem Fundus der Rechte von Games-In eher reizen würde, wäre „Plüsch, Power & Plunder“, für das ich ja insgesamt drei Regelwerke geschrieben habe, und das, obwohl ich mit der Hintergrundgeschichte nie wirklich glücklich war.
Mein Auftrag war aber immer, alles so zu lassen, wie es ursprünglich geschrieben war. Nur die Regeln durfte ich sanft verbessern, und mit der letzten Version des Regelwerks war ich dann auch ziemlich zufrieden, vor allem mit der plüschigen Kampfsportart „Whum-Uä“ und dem recht vielseitigen und spannenden Magie-System.

6. „Chaotische Kreativität“ sind meine zweiten und dritten Vornamen. Ich merke das also vor, denn auch ich glaube nicht, dass sich im Jahr 2015 ernsthaft jemand die Mechaniken hinter RdW antun möchte. Aber kommen wir zu meinem zweiten Standbein neben dem Rollenspiel – ich vermute mal, zum Thema „Brettspiele“ kannst du auch etwas vom Stapel lassen…?
Zunächst einmal würde ich eher den Begriff „Gesellschaftsspiele“ benutzen.
Brettspiel impliziert halt immer ein Brett, auf dem sich alles abspielt; das muss ja gar nicht immer der Fall sein. Es gibt auch Spiele wie „Carcassonne“, wo sich das „Brett“ (wenn man es denn so nennen will) überhaupt erst beim Spielen formt.
Aber wenn man von solchen Definitionsfragen mal absieht, Gesellschaftsspiele sind sehr wichtig für mich, sowohl als Autor wie auch als Spieler.
Als Autor kann man nirgendwo sonst das Schreiben von Regeln so gut lernen. Man befasst sich mit Themen wie dem Ausbalancieren von Mechanismen und dem Finden von Regellücken. Man lernt, genau und treffend zu schreiben, nicht doppeldeutig und ausschweifend.
Bei einem Rollenspiel kann man vieles handwedeln, weil es oft gar nicht auf die Regeln und schon gar nicht auf das Gewinnen ankommt. Bei einem „normalen“ Spiel geht es immer um die Regel und meistens auch ums Gewinnen.
Ich habe lange kein Spiel mehr veröffentlicht, aber ich arbeite immer noch an mehreren Entwürfen und habe einige fertige Spiele in der Schublade liegen, die schon mehrere erfolgreiche Tests hinter sich haben.
Als Spieler empfinde ich Gesellschaftsspiele als sehr angenehm.
Sie sind (meistens) schnell zu erlernen, bieten ein spannendes und teilweise auch immersives Spielerlebnis und machen einfach Spaß.
Sie sind eine wunderbare Ergänzung oder Alternative zum Rollenspiel, wenn man die ganze Gruppe nicht zusammen bekommt oder das nächste Abenteuer nicht fertig vorbereitet ist.
Auf der anderen Seite kann man sie aber auch mit den berühmten „normalen Leuten“ spielen, die beim Begriff „Rollenspiel“ bestenfalls die Nase rümpfen, die man aber jederzeit zu einer Runde „Mysterium“ oder „Colt Express“ überreden kann.
Es gibt eigentlich nur eine Art von Brett- und Kartenspielen, die mich so gar nicht reizt, und das sind Spiele, die versuchen, Rollenspiele oder Teilbereiche davon nachzuahmen.
Mir hat sich z. B. nie der Reiz davon erschlossen, durch die „Villen des Wahnsinns“ zu schleichen, wenn ich doch ein viel intensiveres Erlebnis haben kann, wenn ich die gleiche Geschichte als Cthulhu-Abenteuer durchlebe. Da geht mir einfach zuviel verloren.

7. Auf welches „Gesellschaftsspiel“ aus deiner Vergangenheit bist du am stolzesten?
Das ist eindeutig „In 80 Karten um die Welt“, ein steampunkiges Wettrennen mit WaLaMobs („Wasser-Land-Mobilen“). Es ging einmal um die ganze Welt (kein Wunder bei dem Namen), auf einem aus Karten geformten Rundkurs.
Am meisten hat mich daran immer fasziniert, wie ausgeglichen eigentlich jedes Rennen ausging, egal, wer es wie gespielt hat. Kurz vor dem Ende waren immer alle ungefähr gleichauf, knapp vor dem Zielstrich, und hatten ihren Spaß gehabt.
Aber als Autor bist du nie wirklich zufrieden, glaube ich, und so gibt es auch von diesem Spiel eine bislang unveröffentlichte Version, die ich im Auftrag eines großen deutschen Spieleverlags überarbeitet hatte. Leider haben sie sich dann aber doch anders entschieden.

8. Die spinnen wohl… Aber zurück zu den Rollenspielen: Gibt es da derzeit Projekte?
Ich bin eigentlich immer an irgendwelchen Projekten im Rollenspielbereich tätig, mal im Auftrag von irgendjemandem, manchmal auch einfach für mich.
Vor kurzem durfte ich mit der Zustimmung des deutschen Lizenznehmers z. B. eine eigene „Fiasko“-Kulisse zum Thema „Autobahn“ auf meiner Website veröffentlichen; eine weitere Kulisse ist in Planung.
Der „Kassiber“, das Online-Fanzine für „Unknown Armies“, soll hoffentlich auch bald wiederbelebt werden.
Auf jeden Fall dürfte das nächste reguläre Buch, an dem ich mitgeschrieben habe, der Mars-Band für „Space: 1889“ sein.
Ansonsten arbeite ich gerade an mehreren Sachen aus dem Cthulhu-Umfeld, zum Teil für Pegasus, zum Teil für die „Deutsche Lovecraft Gesellschaft“.
Da ich mit den Jungs von „System Matters“ befreundet bin, werde ich mich wohl auch an deren kommenden Attraktionen beteiligen, wahrscheinlich an Folgebänden für das gerade angekündigte „Beyond the wall“.
Bei Facebook habe ich außerdem vor einigen Monaten eine eigene Seite für mein erstes selbstentwickeltes Rollenspiel namens ERIS eingerichtet, das sich gerade im ersten Spieltest befindet. Leider konnte ich diese jedoch noch nicht so mit Inhalten versorgen, wie ich mir das eigentlich vorgenommen hatte. Aber das bessert sich bald…
Und als wäre das alles noch nicht genug, arbeite ich nebenbei immer wieder an einer Art „Geheimprojekt“ mit einem weiteren eigenen Regelwerk, irgendwo zwischen niedlich und gruselig, für das ich mir hoffentlich bald einen Verlagspartner suchen kann.
VIel zu tun, aber was mich häufig rettet, ist die Tatsache, dass viele dieser Projekte zeitlich nicht festgelegt sind oder nur einen relativ geringen Umfang haben.
Aber irgendwo müssen die ganzen Ideen ja hin.

9. Erzähl doch mal bitte „kurz vor Schluss“ etwas zu ERIS…
Ich hatte schon lange mit dem Gedanken gespielt, mein eigenes Rollenspiel zu verfassen. Obwohl ich viele Sachen ausprobiert hatte, fehlte mir immer noch ein Regelwerk, das meinem eigenen Spielstil wirklich entsprach. Daraus entstand ERIS.
Ich wollte kompetente Einstiegscharaktere, die nicht gleich durch einen Schwertstreich sterben, die aber auch nicht irgendwann zu übermächtigen Halbgöttern mutieren. Ein verwundeter Charakter sollte schwächer werden und nicht einfach unverändert weiterkämpfen, bis er tot umfällt. Es sollte keine endlosen Boni-Ketten geben, die jeglichen Misserfolg verhindern, sondern man bekommt nur weitere Würfel dazu. Wenn der Spieler würfelt, sollte es immer eine Möglichkeit geben, dass er versagt, und je nachdem, was er würfelt, sollte das Ergebnis noch erzählerisch ausgeschmückt werden. Damit könnte er ein Versagen vielleicht etwas weniger peinlicher aussehen lassen oder auch nicht vollends als strahlender Held dastehen.
Das Wichtigste ist aber, dass die Regeln im Spiel einfach zu beherrschen sind, ohne dass sie zu einer Farce werden. Einfach würfeln, das Ergebnis kurz interpretieren, und weiter geht’s.

Die Charaktere in ERIS werden über eine Spezies und ein Konzept festgelegt, die jedoch nur eine Basis geben, auf der man dann weitere Fertigkeiten, Stärken und Schwächen hinzufügen kann, um einen Charakter ganz nach den eigenen Wünschen zu bauen.
Das Zufallsmoment im Spiel übernimmt ein Pool von sechsseitigen Würfeln, dessen Inhalt sich aus der Kombination von Attributen und Fertigkeiten bestimmt; also ziemlich bekannter Stoff, wenn auch mit dem Kniff, dass verschiedenfarbige Würfel verwendet werden, die im Spiel anders behandelt werden. Bei der Auswertung zählen dann auch nicht nur die erzielten Erfolge, sondern auch erwürfelte Einser und Sechser, die das Ergebnis erzählerisch erweitern. Hier gibt das Regelwerk eine große Bandbreite möglicher Effekte vor, die entweder frei fabuliert oder regelbasiert das Ergebnis noch ein wenig verändern.
Der Plan ist es, die Regelgrundlage von ERIS in verschiedene Welten zu transportieren, um sie dort auf Funktionalität zu prüfen und die richtige Balance zwischen Spielbarkeit und Komplexität zu finden. Aktuell spiele ich bereits in einer Steampunk-Western-Welt, demnächst sollen ein Musketier-Hintergrund und moderner Horror als Genres dazu kommen.
Damit die Grundlagen für ein solches Regelwerk stimmen, muss ich natürlich ein wenig Rechen- und Design-Arbeit investieren, um einen Baukasten für alle Regelelemente zu haben, den ich beliebig erweitern und anpassen kann, wenn ich in eine andere Welt wechsele. Vor allem aber muss ich z. B. ein Konzept schnell „umrechnen“ können, wenn ich merke, dass meine ursprünglichen Kostenberechnungen nicht zum Verlauf der Testspiele passen.
All das läuft jedoch im Hintergrund ab und tangiert den Spieler am Tisch überhaupt nicht; das Design soll ihm diese Arbeit abnehmen, damit er sich voll auf das eigentliche Spiel konzentrieren kann.

Daher hat das Spiel auch seinen Namen: ERIS steht für „Einfache Regeln, Intensives Spiel“. Und das ist bestimmt besser als sein erster Name EROS („Erzählerisches ROllenSpiel“), bei dem es irgendwie immer wieder falsche Assoziationen gab, worum es eigentlich geht.
Eris, die jetzige Namensgeberin des Systems, ist übrigens die griechische Göttin des Streits und der Zwietracht, besonders bekannt dafür, dass sie auf einer Feier zwischen die anderen Göttinnen einen goldenen Apfel warf, mit der Aufschrift „Für die Schönste“, und sich das folgende Gezeter amüsiert betrachtete. Da man ein Regelwerk ja vor allem braucht, wenn es zu Streit und Zwietracht kommt, fand ich auch diese Interpretation des Namens passend. Das Symbol von ERIS, dem Spiel, ist darum auch das gleiche wie das von Eris, der Göttin: ein goldener Apfel.
In den kommenden Monaten möchte ich das Spiel auch hinaus in die Welt tragen und auf Conventions anbieten. Wer dazu oder generell zu ERIS weitere Informationen sucht, findet diese hoffentlich bald auf der entsprechenden Seite bei Facebook.

10. Wow! DAS war eine ausführliche Antwort. Möchtest du abschließend noch dem deutschsprachigen Rollenspielvolk etwas mit auf den Weg geben?
Bleibt neugierig, schaut immer wieder über den eigenen Tellerrand, versucht euch an etwas Neuem.
Auch wenn ihr schon immer nur „Das Schwarze Auge“ gespielt habt, wenn ihr euch nur als Vampir so richtig lebendig fühlt, wenn ihr FATE oder „Savage World“ zu eurer Religion erhoben habt, es gibt dort draußen viele interessante Dinge, die nur darauf warten, mal angespielt zu werden.
Und wenn ihr das nicht wollt, ist das auch in Ordnung.
Aber dann versucht bitte nicht mit missionarischem Eifer andere von EUREM Liebling oder EURER Spielweise zu überzeugen. Ob Sandbox oder Railroading, ob Erzählen oder Boni-Sammeln, beim Rollenspiel gibt es kein Richtig oder Falsch; jede Art zu spielen, die nicht darauf aus ist, jemand anders zu unterdrücken oder zu nerven, hat ihre Daseinsberechtigung.
Habt einfach Spaß!

[Sonntags-Interview] Daniel Mayer (Rollenspiel-Autor und Übersetzer)

… und das nächste Sonntags-Interview. Dieses Mal hat es Daniel Mayer erwischt, der in letzter Zeit alles übersetzt, was nicht schnell genug auf den Bäumen ist!

1. Daniel – schildere doch mal bitte kurz deinen Weg ins Rollenspiel.
Das ist jetzt 23 Jahre her. Ich habe in der Schülerbibliothek meiner damaligen Schule das Abenteuerspielbuch „Die Höhlen der Schneehexe“ entdeckt und war sofort völlig fasziniert. Ich habe angefangen, Abenteuerspielbücher zu sammeln, und als ich dann irgendwann das DSA-Abenteuer „Im Spinnenwald“ entdeckt habe, habe ich es gekauft, weil ich irrtümlicherweise dachte, das wäre auch ein solches Buch. Und seitdem bin ich dabei.

2. Führte das dann zur klassischen DSA-„Erziehung“?
Absolut. DSA hat für mich die ersten Jahre vollkommen definiert, was Rollenspiele sind. Ich habe dann irgendwann bemerkt, dass es mehr gibt (Shadowrun war das erste, das dazu kam), aber ich war da sehr eingefahren.

3. Hast du in den ganzen 23 Jahren durchgängig Rollenspiele gespielt?
Ja. Ich hatte Phasen (die nie länger als ein paar Monate waren), in denen ich einfach keine Zeit hatte, aber ich war immer Rollenspieler. Und das wird sich auch nicht mehr ändern.
Wenn ich nicht gespielt habe, habe ich mich immer noch mit dem Zeug beschäftigt.

4. Okay. Ich habe ja in letzter Zeit sehr viel von dir korrigiert oder rezensiert – wie ging dein Weg „in die Industrie“ vonstatten?
Mein erstes wirkliches Projekt war Heredium, für das ich die Regeln und das erste Abenteuer geschrieben habe. Ich hatte schon immer privat Zeug gemacht, und wollte irgendwann einfach raus damit. Das Internet macht ja Kontaktaufnahmen relativ leicht. Ich habe dann ein paar Sachen für 13 Mann übersetzt. Richtig angefangen hat es aber mit dem Projekt Kopfkino. Ich habe zusammen mit David Grashof, Dominik Pielarski, Timo Grubing, Fabian Maruschat und noch ein paar anderen Leuten ein paar Projeke aufgezogen, als kostenlose PDFs, von denen dann besonders Funky Colts und Ratten! wirklich eingeschlagen haben. Das hat das Interesse von Prometheus Games erweckt. Darüber hab ich die Betreuung der Übersetzung der ersten deutschen Edition von Savage Worlds und Scion: Hero übernommen. Die Zusammenarbeit mit Prometheus endete dann relativ schnell, und ich hab ein Weilchen ausgesetzt. Vor ein paar Jahren hab ich dann angefangen, wieder zu übersetzen, vor allem für Ulisses, Uhrwerk und den Mantikor-Verlag.

5. Basierend darauf – welchen Tipp würdest du Seifenkisten-Lesern geben, die gerne an offiziellem Rollenspielmaterial mitarbeiten oder welches erstellen würden?
Letztlich – einfach mal Leute anschreiben. Es gibt so viele Projekte, bei denen so viel zu tun ist, und wenn man ordentliche Arbeit macht, kommen die Leute wieder auf einen zu.

6. Ich habe ja beispielsweise überhaupt keinen Bock mehr, klassische Fantasy zu übersetzen. Gab es eine Übersetzung, die dir besonders viel Spaß gemacht hat?
Ja, auf jeden Fall. Ich bin da grundsätzlich recht schmerzfrei, weil ich einfach richtig gern übersetze, aber es gibt natürlich Sachen, die toll sind. Ich hatte riesigen Spaß an allen Sachen für 13th Age und Fate, an denen ich gearbeitet habe, besonders am bald erscheinenden Tianxia, weil ich auf Kung-Fu-Zeug stehe. Aber ich hatte auch wirklich richtig viel Spaß mit dem Regelwerk für Battle Tech Alpha Strike, weil mir die Regeln beim Übersetzen schon Spaß gemacht haben.
Und Romane machen Spaß. Besonders Marsbound.

7. Hast du noch Träume, was Veröffentlichungen angeht?
Ach klar. Ich würde gerne irgendwann mein eigenes Setting Arkadiya (aktuell noch mit eigenem Regelsystem, aber ich stelle gerade um) veröffentlicht sehen, und natürlich träume ich davon, dass mich jemand D&D 5 übersetzen lässt. Und Exalted. Weil es das tollste Spiel der Welt ist.

8. Äh? Das tollste Spiel der Welt? Weshalb das?
Weil es das epischste (im eigentlichen Sinne), großartigste Setting hat, das ich je gelesen habe. Die Mischung aus Wunxia, griechischen Mythen, einer Prise Anime und vor allem unfassbar viel Irrsinn ist einfach genau meinst. Ich mag auch hohe Powerniveaus. Das mag mehr meine Linse sein, aber es packt mich einfach. Ich kann nicht mal richtig erklären, warum ich es so toll finde. Die Regeln sind es sicher nicht.

9. Und welches System hat die tollsten Regeln?
Schwere Frage. Sehr schwer. Ich muss schummeln, weil ich es unheimlich davon abhängig mache, was ich will. Wenn ich es mir ultra-crunchy geben möchte, spiele ich Hero System (besser als sein Ruf!). Weil es so logisch ist. Ich liebe Fate heiß und innig, wenn ich nicht so regellastig drauf bin oder online spiele. Natürlich darf ich 13th Age nicht vergessen (das für mich leicht die Nase vorne hat vor D&D 5), weil ich es für die beste D20-Inkarnation aller Zeiten halte. Und ich könnte weitermachen. Es gibt zu viele Systeme die ich liebe.

10. Du hast es auch schon geschafft! Vielen Dank für deine ausführlichen Antworten. Gibt es noch irgendetwas, was du dem deutschen Rollenspielvolk mit auf den Weg geben möchtest?
Gerne. Ja, freut euch auf die nächsten Jahre. Da kommt echt cooler Kram!