[Sonntags-Interview] Friederike Bold (Anduin-Fanzine)

Diesen Sonntag gibt es mal ein paar Antworten von einer jungen Dame, die für mich mit einigen anderen wie Greifenklaue-Ingo das Gesicht des deutschen Fandom ausmacht: Anduin-Friederike.



1. Friederike – schildere doch mal bitte kurz deinen Weg ins Rollenspiel.
Mein Weg ins Rollenspiel ist noch gar nicht so lange her, ich habe „erst“ 2002 angefangen, mit ADND 2nd Ed. Mein damaliger Freund fragte mich, ob ich Lust hätte, mit ihm und einem Kommilitonen zu spielen. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt zwar, dass es Rollenspiel gibt, weil eine Klassenkameradin mir immer von ihrer DSA-Runde erzählt hatte, aber ich konnte mir damals noch nicht so richtig vorstellen, wie das ganze funktionieren sollte. Aber das Interesse war seit diesem Zeitpunkt da, und da kam mir die ADND-Runde sehr gelegen.

2. Oh, AD&D – ein sehr „männlicher“ Einstieg. Erkläre doch mal bitte spontan Otto-Normalrollenspieler den Terminus „Thac0“, das „Abseits“ des Rollenspiels.
Da musste ich jetzt doch noch mal nachdenken.. der Thac0 oder ETW0 ist der Wert, den ich würfeln muss, um die Armor Class 0 zu treffen – bei einem Druiden auf Level 1 ist das dann 20. Je schlechter die AC des Gegners wird (also je höher der Wert seiner Rüstung), desto niedriger wird der Zielwert, weil es ja einfacher ist, den Gegner zu treffen

3. Danke. Wie ging die Karriere dann weiter?
Nachdem sich die ADND-Runde irgendwann aufgelöst hatte, wurde ich von einem Kommilitonen gefragt, ob ich nicht mal für ihn und seine Freundin, die neu im Hobby war, leiten könnte. Da ich zu dem Zeitpunkt (wir hatten ja nix..) nur ADND konnte, war das das System der Wahl, und auch wenn wir in der Konstellation vielleicht zweimal gespielt haben, hat mir diese Runde das schönste Zitat meiner Rollenspiel-Laufbahn beschert: „Bei DSA ist das alles aber ganz anders..“
Zwischenzeitlich machte ich dann mal eine kurze Pause wegen meines Auslandsstudiums, danach ging es dann aber im Studentenwohnheim weiter mit Shadowrun 3, ADND (wieder mit mir als SL), 7. See, Power, Plüsch und Plunder, Cthulhu und DSA.
Auf der Suche nach SL-Fragen wurde ich von meinem Shadowrun-Spielleiter auf das (damals noch) GroFaFo, inzwischen Tanelorn, verwiesen. Da habe ich dann gelernt, dass es tatsächlich noch Rollenspiel außerhalb der Fantasy gibt, Rollenspiele ohne SL und diese obskuren „Indies“ – dazu gleich mehr. Auf den Forentreffen habe ich außerdem noch andere System kennengelernt wie Unknown Armies und Fading Suns, und natürlich Spiele wie Primetime Adventures und Fiasko. Die gehören zu den eben genannten „obskuren Indies“ und waren so etwas wie meine rollenspielerische Erweckung, denn zum ersten Mal hatte ich Spiele in der Hand, wo der Charakter im Vordergrund stand, und nicht seine Werte.

4. Was ändert dieser Umstand am eigentlichen Spiel?
Was heißt am eigentlichen Spiel? Es ist ein anderes Spiel. Ich habe gerade in der Shadowrun-Runde erlebt, dass die Spieler sich unglaublich gerne Werte an den Kopf geworfen haben, um zu zeigen, was sie können oder nicht. Ich hatte bei den Indies (zumindest bei denen, die ich gespielt habe), den Eindruck, dass es mehr hin zu einer Art Improvisationstheater geht, und einige Runden hätten auch gute Filme oder zumindest Folgen einer Serie abgegeben.

5. Ah, okay. Da ich nur 10 Fragen zur Verfügung habe, muss ich mal eben etwas holprig thematisch springen und dich nach deinen Verquickungen mit der „Rollenspielindustrie“ fragen – und auch nach deinem Einsatz für das „Fantum“…
So ein thematischer Sprung ist das gar nicht. 2007 startete Tommy, der damalige Chefredakteur der Anduin, einen Aufruf im Tanelorn, weil er Artikel für eine Wiederbelebung der Anduin suchte. Ich habe einCthulhu-Abenteuer beigesteuert (das Du übrigens auch schon gespielt hast, Moritz ;)) und auch für weitere Ausgaben Texte geschrieben. 2009 hat Tommy dann den Chefredakteurssessel an mich übergeben, und seitdem bin ich Chefredakteurin der Anduin.
Über die Anduin kam ich dann auch in Kontakt mit Rollenspielverlagen (dank Spherechild-Alex und Greifenklaue), und ich habe einiges übersetzt und geschrieben für verschiedene Rollenspiele. Aktuell findet man bei faterpg.de eine Reihe zu „Fateternia“, die ich übersetzt habe

6. FATE ist ja gerade schwer „in“. Was hast du da genau gemacht?
So richtig „dabei“ bin ich bei FATE erst seit kurzem. Ich habe ein paar Artikel für den Blog beigesteuert, hauptsächlich ging es dabei um Spielmaterial von Fans, und eben die Übersetzung der erwähnten Fateternia-Reihe. Außerdem arbeite ich an zwei World of Adventures mit, als Übersetzerin und Lektorin.

7. Spielst du auch selber FATE und kannst es mir etwas schmackhaft machen?
Ja, ich spiele und leite auch selbst Fate (wenn ich auch aktuell ganz ohne irgendeine Runde bin), und ich mag an Fate die Möglichkeit, seinen Charakter über die Aspekte auszugestalten: heißt, ich habe nicht nur Werte wie „Kraft“, „Heimlichkeit“ oder „Charisma“, sondern kann über die Aspekte definieren, wo der Charakter schon war, was er erlebt hat, und warum er jetzt beschlossen hat, sich dieser Heldengruppe anzuschließen. Diese Aspekte kann ich im Spiel einsetzen, um einen Vorteil zu erhalten, aber auch, damit meinem Charakter etwas unangenehmes passiert, wobei es dafür einen Fate-Punkt gibt, was letztendlich wieder positiv ist. Zusätzlich kann ich mit Stunts meine Fertigkeiten ein wenig dynamischer machen, in dem ich zum Beispiel festlege, dass mein Charakter in bestimmten Situationen eine Fertigkeit gegen eine andere austauschen kann oder einen +2 Bonus erhält. Darüber hinaus ist FATE sehr flexibel und kann auf nahezu jedes Setting angewandt werden (ich habe es die letzten Male mit einem eigenen Setting bespielt, was recht einfach war), man kann es also hervorragend als Baukasten nutzen und auf die eigenen Spiel(er)-Bedürfnisse anpassen 

8. Okay. Nun aber zur Anduin. Ein Fanzine? Wer braucht das denn 2016 noch?
Gegenfrage: Warum denn nicht? Natürlich könnte man sagen, im Zeitalter von rsp-blogs, Facebook und Google+, wo das Mitmachen immer einfacher geworden ist, ist ein Magazin nicht mehr zeitgemäß, aber im Idealfall würde ich die Anduin da als Schnittstelle sehen: Blog und Twitter für Tagesaktuelles, wie Rezensionen, und das Fanzine selbst als Sammlung von Abenteuern und Artikeln zum Download. 

9. Hast du denn schon eine neue Ausgabe geplant? Und was muss man tun, um etwas dazu beizutragen?
Ja, tatsächlich ist eine neue Ausgabe zum Thema „Märchen“ geplant, und man kann mir Artikel, Abenteuer, Charakterideen, Geschichten etc. schicken. Rezensionen zu Rollenspielmaterial, Brett- und Kartenspielen und fantastischen Romanen darf man mir ebenfalls gerne schicken, das wird dann auf der Webseite veröffentlicht. Angedacht war als Erscheinungsdatum die RPC, wobei ich da nichts versprechen möchte.

10. Super. Ich freue mich drauf. Ist es auch irgendwie auf dem Radar, vielleicht mal wieder ein Ausgabe in Printform erscheinen zu lassen? In diesem Segment herrscht ja derzeit gähnende Leere. Übrigens darfst du abschließend gerne noch ein paar warem Worte an die gebannt lesende Masse richten.
Mein Traum ist es ja, eine kleine Auflage zu einem Gratis-Rollenspieltag zu veröffentlichen, vielleicht ähnlich wie die Rollenspiele und Abenteuer von Ludus Leonis. Aber bisher ist mir dazu noch nicht das richtige Abenteuer über den Weg gelaufen, und mir selbst ist auch noch nicht die Idee gekommen. Eine ganze Ausgabe? Vielleicht, wenn es wieder ein Jubiläum gibt, da so etwas ja doch etwas mehr Anforderungen an die Logistik stellt als „nur“ layouten und hochladen.
Die Anduin freut sich übrigens immer über Zuschriften, ich versuche auch, sie alle zeitnah zu beantworten. Darüber hinaus an dieser Stelle ein Dankeschön an meine unermüdlichen Helfer, die mir geholfen haben, im letzten Jahr die Anduin 107 auf die Beine zu stellen, und die mir hoffentlich auch in Zukunft noch zur Seite stehen

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