[Sonntags-Interview] Markus Holzum (Illustrator und Kartographie-Gott)

Und wieder mal ist mir ein Rollenspiel-Promi vor die Fragenflinte gespurtet – Markus Holzum, der wissenschaftlich erwiesen grandioseste Kartenzeichner des Universums. Und wenn ihr dachtet, dass Rollenspielautoren redefreudig wären, dann checkt mal das folgende Interview aus.
1. Markus – schildere doch mal bitte kurz deinen Weg ins Rollenspiel?
Mein Weg ins Rollenspiel begann mit dem intensiven Spielen von Computer-Adventures auf dem C64 und Amiga. Nach Maniac Mansion und Co. fiel mir dann auf dem Amiga „Dungeon Master“ in die Hände (vorher war ich an Death Knights of Krynn grandios gescheitert). Das Prinzip, dass sich die Spielfigur weiter entwickelt und stärker wird, hat es mir damals sehr angetan. Dann drückte mir ein Freund die „Schicksalsklinge“ in die Hand und ich war komplett geflasht. Schließlich kam ein guter Freund mit seinem Weihnachtsgeschenk, dem DSA1-Basisspiel vorbei und lud mich und meine Freundin zu meinem ersten Pen & Paper Abend ein. Stunden später war Silvana endlich befreit, meine Freundin als Spielleiterin dem Wahnsinn nahe und ich in meinem Hobby angekommen.
2. Blieb es länger bei DSA?
Sieht man auch hier von den späteren Computerspielen ab, habe ich DSA bis ungefähr um die Jahrtausendwende gespielt, überwiegend als Spielleiter, allerdings immer nur nach DSA3 Regeln. 1996 kam noch Midgard hinzu, da habe ich aber nie gemeistert. Und dann ereilt einen ja das Problem, was wohl 95% aller Rollenspielgruppen mit Durchschnittsalter Ende 20/ Anfang 30 erreicht: Job, Familie, Existenzgründung… Vor ein paar Jahren wollte ich mich noch intensiver mit Dungeonslayers beschäftigen, aber selbst dazu fand ich keine Muße mehr. Leider. Mein Hobby hat sich dann letztlich auf das Beisteuern von Spielmaterial und Illustrationen beschränkt… dass wiederum ist aber umso erfüllender.
3. Welche von dir illustrierten Sachen könnte denn der durchschnittliche Rollenspieler kennen?
Hu… ich kann nicht so recht einschätzen, was der durchschnittliche Rollenspieler so in die Hände bekommt „smile“-Emoticon
Sicher wird er die neue Aventurienkarte kennen. Die Uthuriakarte dürfte auch bekannt sein, auch weil es ja schon ein paar Wellen geschlagen hat aufgrund des fehlerhaften Maßstabs. Ansonsten würde ich die Karten für Space1889 noch nennen. Und da sind noch die unzähligen Grundrisspläne aus 3 Bänden aventurischer Magierakademien.

Illustrationen, die weder Karte noch Grundrisspläne darstellen, dürften weniger bekannt sein. Da würde ich höchstens die letzten 5 Cover des Midgard-Gildenbriefs nennen. Aber die Leserschaft ist hier wohl (leider) überschaubar.
6. Hier bei Facebook blitzt bei mir immer mal wieder etwas zu einem Herneznsporjekt vor dir auf – kannst du dazu etwas verraten?
Herzensprojekt trifft es ziemlich genau. 1996 wurde meiner Rollenspielgruppe und mir Aventurien zu langweilig (was nicht an Aventurien lag!) und wir beschlossen, unsere eigene Welt zu basteln. Bei vielen verflog allerdings die anfängliche Euphorie, als sie merkten, was das für eine Mammut-Aufgabe sein würde. So wurde aus dem Projekt „Fa.M.R.A (Fantasy, Magie, Rollenspiel, Abenteuer) eine Heerlagergruppe für Mittelaltermärkte (das M für Magie wurde in Mittelalter umbenannt). Also stand ich alleine mit meinem Projekt, eine Rollenspielwelt zu basteln.

Daraus ist nach vielen „auf“ und „abs“ dann „Khorghil“ enstanden – eine archaische Welt im Stile von Robert E. Howards hyborischen Zeitalter, angelegt als reiner Südkontinent mit einer Menge Monster, Dschungel und Mythologie. Alles sehr Old-School und auch pulpig.

Dieses Projekt wird nun satte 20 Jahre alt, fast mein halbes Leben hat es mich begleitet und mir vor allem immer einen inhaltlichen Background für meine Bilder gegeben. Natürlich hat sich viel in den 20 Jahren verändert, sowohl die Rollenspielszene an sich, die „Fantasy-Mode“, aber auch meine eigenen Vorzüge. Im Jahr 2012 war ich technisch so weit, aus unzähligen losen Gedanken und Einzelbildern mit Hilfe von Jan Bertram eine stimmige Welt zu kreieren, die man auch der Öffentlichkeit auch zeigen konnte. Allerdings konnten wir unsere eigenen hohen Standards nicht erfüllen. Zudem habe ich als Illustrator in der Zusammenarbeit mit den Verlagshäusern gelernt, wie schwierig so etwas auf „Profilevel“ ist und dass die Community auch kaum weniger für ihr Geld verlangen würde. Dazu kommt, dass ich bestenfalls ein mittelmäßiger Autor bin. Es gab zwar Überlegungen seitens eines Verlags, Khorghil als Setting für ein bestehendes System zu veröffentlichen, doch das verlief dann auch (durch meine Schuld) im Sande.

Allerdings möchte ich „Khorghil“ in welcher Art auch immer (Artbook, ect.) zum 20. Geburtstag im November veröffentlichen. Einfach, weil ich Dinge stets zu Ende bringe, und weil es meine paar Fans, die letztlich auch mitgeholfen haben,verdienen, irgendwann ein Produkt in den Händen zu halten. Vielleicht interessiert sich aber ja doch eine große Spieleschmiede dafür… wer weiß „smile“-Emoticon
7. Weswegen sollte ich mir das Teil unbedingt kaufen?
Ich weiß ja selbst noch nicht, was es wird, deswegen wird eine Kaufempfehlung schwierig „smile“-Emoticon Mein Anliegen ist, eine Welt mit äußerst dichter Atmosphäre zu schaffen. Dafür muss man meiner Meinung nach das Schwert nicht neu erfinden und auch keine Monster mit noch einem Kopf mehr und Waffen mit noch 2 Meter Länge mehr ausdenken. Für mich steht in Khorghil die Situation im Vordergrund. Ein Kampf gegen ein profanes Raubtier oder das Mixen eines Trankes, dass Erkunden eines Dorfes, all das was heute eher als langweiliger Heldenaltag abgetan wird, kann sehr spannend gestaltet werden, wenn die Atmosphäre stimmt. Ob mir das immer mit einer Bild/Text-Kombination gelingt… bisher war das Feedback durchgehend positiv „smile“-Emoticon. In jedem Fall, sollte Khorghil als Welt die Veröffentlichung erleben, wird es ein Produkt sein, in dem Jahrzehnte Herzblut steckt. Der finanzielle Aspekt spielt dabei sowieso wenn überhaupt nur eine untergeordnete Rolle. Wenn ich zB. auf einer meiner Ausstellungen Gäste sehe, die wie gebannt auf ein Bild von mir starren und man zusehen kann, wie die Phantasie den Betrachter in das Bild förmlich reinsaugt und dieser mir später mit leuchtenden Augen erzählt, was für ein Kopfkino gerade ablief und er mehr über den Hintergrund des Bildes erfahren will, dann habe ich mein Ziel erreicht, auch ohne das Bild verkauft zu haben „smile“-Emoticon
8. Ausstellung? Cool! Erzähl mal wie so etwas aussieht? So, wie ich mir das aus Filmen vorstelle – mit rumstehenden Leuten mit Schampus und Lachs-Kanapées?
Hehe! Im Prinzip ja, nur (in meinem Fall) in einem deutlich kleineren Rahmen. Ich hatte das Glück, dass ein Bremer Galerist auf mich aufmerksam geworden ist und mich in seinen Kreis von echten analogen Ölmalern aufnahm. Ersetze die Kanapées durch etwas Knabberzeug und den Schampus durch normalen Aldi-Sekt, dann passt das schon. Es gibt eine Vernissage, bei auch mal ein Musikkünstler auftritt und vom Galeristen lange Reden gehalten werden, die die Künstler vorstellen sollen. Dann sind natürlich die Künstler vor Ort um Rede und Antwort zu stehen (ich habe meist mit 3 – 5 Bilder teilgenommen und mir den Raum mit 3 – 5 Künstlern geteilt). Verkauft wird eher selten was, was auch bei den Ölgemälden an den ziemlich hohen Preisen liegt. Viele Kunstinteressierte unterhalten sich einfach gerne und lange… unter ihnen gibt es die, die wirklich was davon verstehen, und die, die sich immer schon gerne gewünscht haben, etwas davon zu verstehen… und natürlich auch die, die einfach nur den Sekt und die Flips abgreifen wollen „wink“-Emoticon. Nach 6 bis 8 Wochen ( in der Zeit ist man meist nur nach Terminabsprache da) erfolgt die Finissage, wo das „Anhängen der Bilder“ nochmal ähnlich gefeiert wird und den hoffentlich guten Ausgang der Ausstellung. Der Termin ist aber eher für die Künstler selbst.
Die Tatsache, dass man als Digitalkünstler nunmal keine Originale sondern bestenfalls limitierte Drucke anbietet und dass viele oft ältere Kunstkenner der Digitalkunst jegliche Daseinsberechtigung absprechen, hat mir gezeigt, dass das nicht meine Zukunft wird. Trotzdem waren es tolle Abende und eine Erfahrung, die ich nicht mehr missen möchte, von den tollen Kontakten ganz zu schweigen „smile“-Emoticon
9. Ach, Künstler müsste man sein. Hast du schon so richtig klassische Fantasy-Schinken außerhalb der Szene verkauft?
Ich habe ja meinen Postershop und hin und wieder wird auch dort mal ein Druck gekauft, vom wem weiß ich leider nicht. Ich habe auch mal an 2 Ausstellungen teilgenommen, die im Rahmen eines Festivals hier in Oldenburg stattfanden. Dort habe ich tatsächlich sogar ziemlich gut verkauft, ein Großteil natürlich an Freunde und Bekannte (die aber ja nicht zwingend zur Szene gehören). Aber es steht in keinem Verhältnis zu den Anfragen nach Auftragsarbeiten, gerade im Kartenbereich. Da trudeln aus aller Welt teilweise im Wochentakt Kartenanfragen rein. Das ist wohl mein Schicksal „smile“-Emoticon
Ich muss aber auch dazu sagen, dass ich die Ausstellungen nie so richtig beworben habe, wie es sich eigentlich gehört. So eine Ausstellung erfordert auch Zeit für die Planung, und da dass alles nach dem Vollzeitjob stattfinden musste, ist da sicher Potenzial auf der Strecke geblieben. Ich habe großen Respekt vor denen, die das richrig professionell betreiben.
10. Echt interessant. Da muss ich bei Gelegenheit mal mit dir drüber quatschen. Danke für deine Zeit und du darfst gerne dem deutschen Rollenspielvolk noch etwas mit auf den Weg geben…
Liebe Spielerinnen und Spieler, Meister, NPCs, Regelfanatiker und Impro-Künstler… wenn ich mir was wünschen darf: lasst dieses großartige Hobby nicht aussterben und spielt, was Eure Zeit her gib! Trefft Euch als reale Personen am Tisch sitzt nicht vor Euren Skype-Kameras, benutzt Pen und Paper und keine Tablets und Excel-Tabellen. Verzeiht den Autoren eine vielleicht nicht immer bahnbrechende Idee und den Redakteuren den einen oder anderen Tipp- oder Recherchefehler und dem Illustrator ein bis zwei Anatomie-Ungereimtheiten und gebt den Produkten eine Chance… sie alle geben ihr Herzblut für dieses Hobby.
Hui das war pathetischer, als gedacht… musste wohl mal raus „smile“-Emoticon Danke, Moritz, für das Interview
… und wenn ihr euch jetzt fragt wo die Fragen 4 und 5 geblieben sind, dann kann ich nur sagen:
Das frage ich mich auch! Keine Ahnung wo die sich rumtummeln.