[Splittermond] Charaktererschaffung für Dummies…

Auf der Seifenkiste ist es ja rollenspieltechnisch in letzter Zeit etwas dünn gewesen, daher habe ich, als die beiden schicken extrem blauen SM-Regelwerke bei mir landeten (siehe Beweisfoto), sofort beschlossen, etwas damit anzustellen. Außerdem habe ich mit echtem eigenem Geld dafür bezahlt und mein Name steht auch nicht mit der kleinsten Schriftgröße in den Credits, ich kann also hart mit dem Gerät ins Gericht gehen.
… und was wäre da geeigneter, als einen Charakter zu basteln, um zu sehen, ob diese Komponente des Spiels funktioniert.
Als schnell zusammengetackertes Charakterkonzept soll ein Vargenkundschafter (Vargen sind so lustige Wolfsviechers, von denen ich mal auf der Homepage gelesen habe!) mit Affinität zu Tieren und Wildnis rauskommen – mal schauen, ob das so funktioniert, wie ich mir das vorstelle. Von der Idee einen Zuckerbäcker zu bauen, habe ich mich schnell verabschiedet – schließlich will ich den Kerl vielleicht irgendwann mal spielen.
Ich präsentiere also:

Die Geburt des Alrik Splimondo
Okay, das Dokument der Stärke sieht schonmal mit zwei Seiten (davon eine halbe mit Magie, die ich hoffentlich nicht benötigen werde) fast übersichtlich aus. Auch gibt es keine layouterischen Spirenzchen, sondern alles ist klar strukturiert, das mag ich schonmal. (Ach ja, das fast schon splittermondige blau-türkis entspringt meiner leeren Farbpatrone, das ist in dem Farbton vom Verlag her nicht so gewollt.)
Let’s go! Nach einer kurzen Einleitung und den obligatorischen Teilen mit einem Spielbeispiel und den Grundregeln geht es dann auch direkt in medias res. Zuerst erkärt mir der (mich siezende) Text, dass ich entweder mit Modulen oder komplett frei arbeiten kann – ich beschließe also, wenn es eine entsprechende Klasse (ich werde später lernen es heißt hier „Ausbildung“) gibt, mir Modulen zu arbeiten, da ich kein so genaues Bild im Kopf habe, dass ich jetzt schon weiß, dass ich mehr Punkte auf „Feuer machen“ benötige als auf „mit Lurchwesen reden“. Lassen wir uns also mal überraschen… Auf den Seiten 23 bis 27 finde ich in 10 Schritten eine genaue Anleitung, was ich zu tun habe und auf den darauf folgenden Seiten wird ein Beispielcharakter durchgehechelt. Sieht idiotensicher aus. Um ganz sicher zu gehen, haben uns die Herren Entwickler aber noch eine Übersichtstabelle (auf Seite 27) gestiftet. Super!
Starten wir also – überraschenderweise – mit Schritt 1 Idee. Easy. Habe ich ja schon gemacht. Alles paletti!
Her mit Schritt 2 Rasse! Wie schon gesagt soll es dann bitte ein Varg sein. Das klappt super, denn der Kurztext verrät mir, dass ab Seite 32 Menschen, Alben, Zwerge, Gnome und Varge beschrieben werden. Auf S. 36 finde ich tatsächlich meinen Varg, überfliege den Text und trage brav die Sachen aus dem Kästchen unten rechts auf meinen Charakterbogen, den ihr später zu sehen bekommen werdet. Hä? Warum kann ich den ganzen überflüssigen Flavour-Kram auswürfeln, aber das Gewicht nicht? Merkwürdig.
Wurscht! In Schritt 3 Kultur überlege ich mir schnell, wo und wie mein guter Herr Splimondo aufwuchs, denn auch das hat Einfluss auf seine Werte und Fähigkeiten. Spätestens hier ist übrigens der Zeitpunkt gekommen, wo sich der Kundige doch von der Systematik her minimal an die Heldengenerierung von Myranor, die auch schon absolut nicht übel ist, erinnert führt. Wie das wohl kommt…? Mir steht hier zwar eigentlich alles Mögliche frei, aber um nicht aus dem Rahmen zu fallen, wähle ich spontan einen „Tarr“, einen Vargen der Sonnenweite – zu finden auf S.43. Same procedure as 5 minutes ago. Ich überfliege den Text und übertrage die relevanten Daten aus dem kleinen Kästchen unten rechts auf den Charakterbogen. Fuchsig gemacht.
Schritt 4 umfasst die Abstammung meines Vargen. Er ist viel rumgekommen in seinem Leben, ist also absolut folgerichtig ein Reisender (S.54) und ihr werdet es nicht glauben, ich lese den Text dieses Mal aufmerksam (er ist auch nur sehr kurz) und übertrage die Werte aus dem kleinen Kasten auf den Charakterbogen. Langsam komme ich in den Groove.
Schnell rübergeswingt zu Schritt 5 Ausbildung. Nun, der Kerl soll ja ein Kundschafter, Waldläufer, Ranger oder sowas sein, wenn da mal nicht der Kundschafter genau das Richtige für mich ist. Netterweise findet sich am Anfang des Kapitels eine kleine Tabelle mit allen möglichen Ausbildungen und Seitenzahlen wo sie zu finden sind, ich kann mich also direkt auf S.61 einfinden. Dort mache ich was?
Richtig! Ich überfliege den Text und schreibe das, was ich in der Box unten rechts finde auf den Charakterbogen. Groovy!
Und jetzt geht es richtig los! Als alter D&Dler folgt jetzt das, was einen Charakter eigentlich ausmacht, alle anderen Werte sind pillepalle! In Schritt 6 Attribute darf ich endlich meine Haupt-Spielwerte bestimmen. Überraschenderweise verweist dieser Abschnitt nicht auf einen später folgen Abschnitt, sondern auf die schon gelesene Seite 11. Gut schleudere ich halt 18 Punkte auf die 8 Attribute Ausstrahlung, Beweglichkeit, Intuition, Konstitution, Mystik, Stärke, Verstand und Willenskraft. Ich muss überall mindestens 1 Punkt einsetzen und darf höchstens drei auf je ein Attribut verteilen, da gehe ich doch mal total auf Konstitution und Stärke und siedle den Rest so im Mittelfeld an. Jetzt kann ich auch endlich die Attributsmodifikatoren aus den Schritten 2 und 3 anrechnen. Hmmm… Vielleicht liest ja jemand von den Designern den kleinen Artikel und erklärt mir warum man vom seit Menschengedenken wissenschaftlich als perfekt nachgewiesenen Ansatz abgekommen ist, zuerst die Attribute zu bestimmen, um ein Gefühl für den Charakter zu bekommen und dann anschließend im Zuge der Erschaffung Änderungen daran vorzunehmen…

Schritt 7 Stärken, Ressourcen und freie Fertigkeiten gibt mir jeweils Punkte, die ich auf diese Rubriken verteilen kann. Drei Punkte kann ich auf Stärken verteilen, wobei ich als Varg-Kundschafter ohnehin schon amtlich viele davon auf meinem Bogen stehen habe.Zwei Punkte gibt es für Ressourcen und 5 Punkte für Fertigkeiten. Jeweils gibt mir das Buch die passende Startseite dazu, sodass das wirklich zügig vonstatten geht. Bisher bin ich wirklich zufrieden und habe neben den größtenteils feststehenden Elementen der Module jetzt noch die Möglichkeit Dinge zu tun, die meinen Charakter von allen anderen Vargen-Kundschaftern unterscheiden.
Jetzt kommen wir zu einem zentralen Punkt, des Spiels, und zwar in Schritt 8 Mondsplitter und Schwächen. Damit meine ich nicht die (optional zusätzlich wählbaren aber von mir komplett verschmähten Schwächen, die mittlerweile jedes von einem tippenden Meerschweinchen entworfenen System über den Status des reinen Flavour-Elementes erhoben hat) äh, im Klammersatz die Orientierung verloren… Schwächen, sondern die Mondsplitter. Hier wähle ich mal ohne viel Ahnung zu haben was es später genau für eine Bedeutung haben wird, das „blutige Antlitz des Mondes“. Scheint mir von der Kurzbeschreibung her gut zu meiner Idee vom Charakter zu passen. Eigentlich gefällt mir auch das ganz gut, denn ich treffe die Entscheidung nicht, da ich später besonders tolle Vorteile haben möchte, sondern weil es für Alrik Splimondo einfach so sein soll.
Im vorletzten Schritt 9 Start-Erfahrung, bekomme ich nochmal 15 Punkte, die ich nach einem festgelegten Schlüssel (in einer Tabelle direkt oberhalb des Abschnitts zu finden) verteilen darf. Klar gibt es noch einen Stärkepunkt, dazu noch eine Fertigkeit und ich habe noch 2 Punkte auffe Tasche, um damit später ordentlich einkaufen zu gehen.
Huzza! Der nächste und letzte Schritt hat einen sehr verheißungsvollen Namen: Schritt 10 Feinschliff. Hier ermittle ich mit Hilfe einer Tabelle (allerdings finde ich die benötigten Rechenschritte auch auf dem Charakterbogen) die abgeleiteten Werte. Das hat irgendwie den rührenden Hauch der 90er – Ruf des Warlock anyone??? – nimmt aber nicht die Dekadenz dieses Jahrzehnts an und es beschränkt sich auf 9 Werte und ich muss nicht mehrere Seiten ausrechnen, die an eine Mathe-Kursarbeit der Klassenstufe 11 erinnern. Weiterer Kleinkram folgt, wie das Bestimmen der Meisterschaften (= Fertigkeiten, die bei 5 oder höher liegen), das Notieren der Splitterpunkte, der Sprachen… Alles easy – bis auf das Kaufen und Notieren der Waffen, Rüstung und Ausrüstung, denn ich hasse es, mich zu Beginn durch die Listen zu wühlen. Immerhin gibt es für die Ausrüstung eine Art „Basis-Pack“, das ich mir einfach notieren kann.
Etwas stresst mich auch das Konzept der „Last“ – das versucht die Traglast zu regeln, ist aber irgendwo zwischen „wir lassen es komplett weg“ und „Hartwurst pur“ steckengeblieben und ich muss an drei verschiedenen Stellen nachlesen, bis ich es geblickt habe – okay, ich darf also neben dem Durchschnittskrempel, den ich bei mir habe, noch 8 Last bei mir tragen. Kein Ding, das unterschreitet der gute Alrik locker und ist somit regelkonform. Prima. Da habe ich den einzigen kleinen Haker der Charaktergeneration ganz am Schluss, alles andere lief reibungslos ab und selbst ich, als Regel-Nichtblicker bin recht gut zurechtgekommen – auch wenn Fachleute sicher beim Checken der Charakterbögen noch locker 5-10 Fehler finden werden.
Und – supisüpchen – ich darf mir auch noch wenn ich möchte Antworten zu den leicht „angeforgeten“ 16 Fragen ab Seite 29 überlegen, um ein noch besseres Gefühl für meinen Charakter zu bekommen, da lehne ich doch glatt dankend ab. Schließlich bin ich mit Ali so zufrieden, wie er jetzt ist.
Fazit: Gut strukturiert, auf den ersten Blick sehr flexibel, die Wahl zwischen Modulen und freier Erschaffung… Was will man mehr? Ach ja, gedauert hat das Prozedere knappe 75 Minuten. Das finde ich durchaus noch im erträglichen Rahmen. Allerdings ist es deutlich über dem, was ich von regelarmen Systemen gewohnt bin und ich wäre schon etwas enttäuscht, wenn er im ersten Kampf ins Gras bisse, was mir sonst herzlich schnuppe ist, denn normalerweise bastle ich einfach einen neuen Charakter und gut ist.

[Startnext] La Cosa Nostra – Endspurt!

Sorry, ab nächster Woche werde ich wieder ordentlich Rollenspielinhalt bringen, aber heute muss ich noch auf ein Kartenspiel hinweisen, das auf der deutschen Crowdfunding-Plattform Startnext in zwei Tagen ausläuft: La Cosa Nostra.
Da ich selber ein paar Euro in den Topf geschmissen habe, ist mir schon daran gelegen, dass noch ein paar Stretchgoals (die allerdings noch nicht angekündigt sind) erreicht werden – also zückt die Paypal-Konten und ballert die Kohle raus!

[Let's Play] Einsamer WOlf – Flucht aus dem Dunkel

Sehr schön – die Jungs von Mantikore haben das Goldene Kamel mit einem „Rezi-„Exemplar des ersten Einsamer Wolf-Bandes versorgt und der Schlawiner wird sich häppchenweise vor der Kamera auf die Flucht aus dem Dunkel machen.
Bin mal gespannt ob er die Sache durchzieht (denn ich würde ihn auch gerne „Reiter der Schwarzen Sonne“ spielen sehen)…
… und ob er es anders als ich aus der vermaledeiten Abtei heraus schafft…
Das erinnert mich auf jeden Fall dran, dass ich mal wieder ein Abenteuer-Spielbuch in der Schule deponieren sollte. Klassen 5 freuen sich in Vertretungsstunden immer sehr über gemeinsame Abenteuer.

[Rezi] Dungeon Lords (Brettspiel)

Mein Trend geht zwar im Moment zu „Party Games“ (egal welchen Genres), aber auch einarbeitungsintensive Sachen wie komplexe „Worker Placement“-Spiele finden meinen Beifall, denn die Belohnung erfolgt dann oft später durch das tiefere Spielerlebnis. Ich kann es schon vorwegnehmen – auch Dungeon Lords gewinnt von Spiel zu Spiel und es macht Spaß auf immer neue Taktiken zu setzen, um zum einen die Nase vor den anderen Dungeon Lords zu haben und zum anderen den miesen guten Abenteurern zu zeigen wo der Hammer hängt.

Außerdem passt auch das Thema endlich nochmal so richtig perfekt hier auf die Seifenkiste – denn was ist old-schooliger, als sich im Dungeon so richtig auszutoben?

Wenn ihr schon am PC Dungeon Keeper 1 und 2 gespielt habt und den ekelhaft rechtschaffenen Abenteurertruppen gezeigt habt wo Horny die Locken hat, dann seid ihr zumindest thematisch genau richtig hier.

Titel: Dungeon Lords
Autor: Vlaada Chvatil
Übersetzer: Michael Kröhnert
Art: Worker Placement
Verlag: Heidelberger (Czech Games Edition)
Format: Box mit verdammt viiiiiel Kram drin
ISBN: 4-015566-030534
Preis: 39,99€
Mögliche Videos: Hunter & CronTom Vasel


Aufmachung:
Poah, ist diese Box prallvoll! Hoffentlich werde ich das Spiel jemals verstehen.

Es gibt mehrere Bretter, die die Übersicht über den Spielverlauf bietet, Verwaltungsbretter für die maximal 4 Dungeon Lords, jede Menge Karten, Millionen von Holztoken und ganz extrem schnuffige Koboldminis (sind es die gleichen wie in Goblins Inc.? Ich bin gerade zu faul im Keller nachsehen zu gehen). Interessant – kein einziger Würfel ist zu finden.
Schon beim Lesen der Anleitung fällt auf, dass wir uns wirklich auch von Aussehen und Aufmachung her im Bereich „Dungeon Keeper“ bewegen, denn der Kobold und der Dämon, die uns im launigen Dialog durch das Regelwerk führen, ähneln doch mehr als augenscheinlich den Arbeits-Imps und Horny, dem gehörnten Dämon des Computerspiels – natürlich so dezent verfremdet, dass man eine Unterlassungsklage ebenso geschmeidig abwehren könnte wie der Dungeon Lord eine Angreifertruppe, die nur aus 4 Dieben besteht.
Insgesamt ist die Spielanleitung wieder (wie bei CGE-Spielen üblich) ganz herausragend gestaltet. An unendlich vielen Stellen gibt es Hilfestellungen, wie das komplexe Spiel zu spielen ist, bis hin zur klassischen einseitigen Regelzusammenfassung und der Zusammenfassung über Monster (und Geister), Produktionskammern, Kampfkammern und Wertungs-Kammern. … jetzt mal ganz davon abgesehen, dass sie sich super liest und als schicken Kniff anwendet, dass sie vorgibt, dem Leser praktisch Herrschaftswissen zu vermitteln, da sie ihn dazu befähigen möchte, das Spiel seinen Freunden beizubringen. Clever ist es auch den Kampf zuerst vorzustellen, denn der ist im Spiel ein zentraler Mechanismus und man muss wissen, wie man sich auf ihn vorbereitet – kommt aber im Spielablauf nur zweimal vor – und das immer nach längeren Aufbauphasen.
Kurz: Ausstattung topp – Anleitung topp! Ich sage da nur: „Monster (und Geister)…“

Das Spiel:
Grob zusammengefasst hört sich das Spielprinzip ganz einfach an – die bis zu 4 Spieler bauen ihren Dungeon aus und haben zweimal je ein Jahr Zeit, um sich auf den Ansturm jeweils einer Heldengruppe vorzubereiten. Wer das am erfolgreichsten meistert, ist der Sieger.
In diesen zwei Jahren geschieht so allerhand – von den Mechanismen her in der Reihenfolge genau durch das Spiel festgelegt. Neben dem Kampf gefällt mir persönlich besonders gut die Befehlsphase, denn hier gilt es „educated guesses“ darüber anzustellen, welche Befehle die anderen Dungeon Lords geben, denn es ist nicht ganz unwichtig als wievielter Spieler man einen bestimmten Befehl ausführt. Mindestens ebenso wichtig ist es, die „richtigen“ Befehle zu geben, auch wenn ich nach 4 Partien immer noch nicht rausgefunden habe, wie man seinen Dungeon ideal verwaltet – die jahrzehntelange Prägung, eher in Dungeons hineinzustürmen und alles platt zu machen, anstatt ihn bürokratisch zu verwalten, scheint mich da etwas versaut zu haben.

Kurzgesagt gibt es zwei große Teile, die man hier beide beherrschen muss, um in DL erfolgreich zu sein – einmal muss man die Ressourcen des Dungeons clever verwalten und einsetzen – zum anderen ist es zwingend notwendig die Kämpfe gegen die ekelhaft rechtschaffenen Abenteurergruppen möglichst erfolgreich zu absolvieren, denn sonst ist es mit dem großen Sieg Essig. Beide Teile sind einfach zu verstehen, aber schwer richtig zu durchblicken und bis zur Meisterschaft eines würdigen Dungeon Lords ist es bei mir ganz sicher noch ein weiter Weg,

Fazit:
Verdammt komplexes Spiel, wie man es von Meister Vlaada gewohnt ist – aber an jeder Stelle durch kleine Symbole und Hilfestellungen so unterstützt, dass das Spiel dann doch nach kurzer Zeit absolut reibungslos ablaufen kann. Sehr gut gefällt mir auch die doppelte Motivation einmal gegen das Spiel und seine fiesen guten Abenteurerhorden anzutreten und andererseits die Mitspieler im Blick zu behalten, um im Endeffekt das Spiel nach 2 Spieljahren gewinnen zu können.

Idealerweise sollte das Spiel zu viert gespielt werden, denn bei 2 oder 3 Spielern laufen zwei „fiktive Spieler“ mit, damit es in den Befehlsphasen nicht so „fad“ wird.

Wertung:
5 von 6 Monstern (und Geister) – mal sehen, ob die Erweiterung „Die fünfte Jahreszeit“ den sechsten Punkt noch an Land holen kann. Wenn es da mehr Interaktion zwischen den Spielern gibt, werde ich mich nicht lumpen lassen.

[Kurzrezi] Star Wars – Das Kartenspiel

Herrlich! Es ist mal wieder ein Spiel auf unerfindliche Art und Weise in meinem Briefkasten gelandet – Grund genug, es sich mal genauer anzusehen. Star Wars ist immer gut, zumal die Illus auf der Box mir schon deutlich das Gefühl vermitteln, dass es sich um das „echte“ Star Wars handelt…

Titel: Star Wars – Das Kartenspiel
Autor: Eric M. Lang
Übersetzerin: Susanne Kraft
Art: Living Card Game
Verlag: Heidelberger (Fantasy Flight Games)
ISBN: 4-015566-011793
Preis: 29,95€
Link: Heidelberger

Meine Erfahrung was Sammelkartenspiele angeht, ist zwar noch etwas bescheiden, da ich den gesamten Magic-Boom nicht mitgemacht habe, aber sie wächst von Tag zu Tag. Nach Summoner Wars habe ich Netrunner, das Pathfinder-Kartenspiel und nun das Star Wars Kartenspiel in die Finger bekommen und bisher an allen Spaß gehabt.

Star Wars punktet direkt auf den ersten Blick, weil in der Schachtel ein fettes Blatt obenauf liegt, das mich anbrüllt: „Stopp! Wenn Du keine Lust hast, das Regelbuch zu lesen, kannst du dir auf unserer Web-Site das Video-Tutorial zu Star Wars: Das Kartenspiel ansehen. Das ist zwar auf Englisch, aber damit werde ich schon klarkommen…

Aufmachung:
Regelheft, Todesstern-Anzeiger, 4 Themen-Decks mit je 48 Karten, Machtkarten, Fraktionskarten und 36 frei einsetzbare Karten, dazu etwa eine Milliarde Marker – alles in der Optik der „echten“ drei Filme. Da kommt Freude auf.

Das Spiel:
Okay, ich habe mir also das Video reingezogen UND zusätzlich noch das Regelheft gelesen.
Die größte Stärke des Spiels ist gleich auch noch eine Schwäche. Man bastelt sich nämlich sein Deck aus sogenannten Einsatzsets zusammen. Man muss also nicht stundenlang rätseln, welche Karten am besten zueinander passen, sondern man hat immer 6er-Grüppchen von einem Einsatzziel und 5 weiteren Karten (entweder Einheit, Einsatz, Schicksal oder Verstärkung), die man thematisch passend kombinieren kann. Das gefällt mir super – allerdings muss man nach dem Spiel immer die Karten nach der Nummer ihres Einsatzsets sortieren, um für die nächste Partie neu kombinieren zu können.

Wie bei Netrunner haben wir es hier mit einem asymmeterischen Spiel zu tun – es kämpfen keine gleichrangigen Parteien um das gleiche Ziel, sondern die „Guten“ müssen drei Einsatzziele der „Bösen“ zerstören – umgekehrt aber müssen die „Bösen“ einfach nur eine gewisse Anzahl an Spielrunden überstehen, bis der Todesstern einsatzbereit ist. Wahlweise können auch beide Seiten durch Decktod gewinnen, das kam mir aber bisher noch nicht unter.

Jede Runde besteht nun aus 6 Phasen, die ich nur kurz schildern möchte – schließlich gibt es genügend Videos bei Youtube, die da genauer drauf eingehen.

1. Gleichgewichts-Phase
2. Auffrischen-Phase
3. Nachziehen-Phase
4. Aufmarsch-Phase
5. Konflikt-Phase
6. Macht-Phase

Grob gesprochen liegen bei beiden Seiten 3 Einsatzziele aus, die zum einen mit der Fraktionskarte zusammen Ressourcen generieren, um Einheiten, Aktionen oder Unterstützungskarten auszuspielen – zum anderen dienen sie dem Gegner als Ziel seiner Angriffe. Die Helle Seite der Macht muss wie schon gesagt 3 solche Ziele zerstören, um das Spiel zu gewinnen, die Dunkle Seite muss ihre verteidigen und kann in guten Momenten auch Einsatzziele der „Guten“ zerstören, da dadurch der Todesstern-Marker noch schneller voranschreitet und sie dem Sieg näherbringt.
In jeder Runde regenerieren sich die Ressourcen und man hat wieder neuen „Saft“.
Im Kampf geht es immer zuerst darum den „Kampfvorteil zu erlangen“, denn dann kann man sowohl als erster angreifen als auch alle Angriffssymbole auf der Karte seiner nutzen – der Verlierer darf nur die schwarzen nutzen, nicht die weißen. Ha! Selber schuld, hätte er doch mal mehr in die vorhergehende Phase investiert.
Mit genau solchen Mechanismen spielt das Spiel sehr gerne – Ähnliches gilt für das jede Runde abschließende „Ringen um die Macht“. Hier verpflichtet man Einheiten der Macht, die dafür in der Runde nichts anderes mehr machen können, also für Kämpfe flachfallen. Hat man allerdings in dieser Phase die Macht auf seiner Seite, so kann man den Machtmarker zu seinen Gunsten drehen, was sich später als äußerst wichtig erweisen mag, denn ein falsch liegender Machtmarker lässt den Todesstern nicht nur einen, sondern gar zwei Schritte näher rücken. Das Spiel kann also bei ungünstigen Machtbedingungen für die Helle Seite doppelt so schnell verloren gehen. Man muss hier wie auch an vielen anderen Ecken und Enden Prioritäten setzen und bisher scheint es mir nicht so als gäbe es eine perfekte Balance – das ist wirklich von Spiel zu Spiel verschieden.
Und alleine in der Grundbox befinden sich nicht nur die ursprünglich bespielbaren Jedi und Sith, sondern auch noch Decks für die Imperiale Flotte und die Rebellenallianz. Dazu kommen noch kleine Zusatzdecks für „Abschaum und Kriminelle“ und „Schmuggler und Spione“, damit man auch Boba Fett und Han Solo spielen kann. Tschakka!
Man kann gar nicht alle Wege aufzählen, wie man versuchen kann, seinen Gegner niederzuringen – da werde ich noch ein paar Jahre brauchen, um sie alle auszutesten…

Fazit:
Schick! Macht mit den Karten der Grundbox schon Spaß – ich habe aber noch zwei Erweiterungen hier liegen, ich wette mit etwas frisierten Decks rockt es noch viel mehr.
Steht man auf das Star Wars Universum und auf asymmetrische Kartenspiele, dann wird man ganz sicher seinen Spaß mit der Box haben.

Wertung:
4 von 6 zerstörten Todessternen

[Umfrage] Was gehört rollenspieltechnisch alles auf eine einsame Fantasy-Insel?

Klare Frage – ein paar klassische Möglichkeiten, aber nur eine Antwort ist erlaubt. Die Umfrage findet ihr oben rechts auf dem Blog…

Bin mal gespannt, was eure Nummer 1 wird. Deadline ist der 10.6.2014 um 12 Uhr mittags.

[Rezi] Los Muertos

Verdammte Axt! Was habe ich mir denn dabei gedacht, als ich das Ding von der RPC mitgenommen habe? 
Ein verdammtes One-Tick-Pony mit einem lächerlich einfachen indiemäßigen Konfliktresolutionsmechanismus und einem völlig behämmerten Hintergrund das nicht einmal anständige Würfel verwendet von einem unfassbar unbekannten Autoren?
Ich liebe es!!!
Titel: Los Muertos
Autor: André Pönitz
Art: Regelwerk
Verlag: Prometheus
Format: A5, 136 Seiten, vollfarbig
ISBN: 9-783944-713007
Preis: 14,95€
Okay, die Information „auf der RPC ausverkauft“ beeindruckt mich nicht mehr ganz so sehr, wie es noch vor ein paar Jahren der Fall gewesen wäre, als ich davon ausging, dass ein Verlag immer die komplett Druckauflage von mehreren tausend Kopien mit auf Messen schleppen würde, aber nichtsdestotrotz ist das doch mal ein schöne Kompliment für die Promethen (die sich sicher in den Hintern beißen nicht noch zwei Kistchen mehr mit nach Köln genommen zu haben) und das Team André Pönitz (Wort), Timo Grubing und Volker Konrad (Bild).
Da das Spiel aus der überaus empfehlenswerten PocketRPG-Reihe wirklich ein totales One Trick Pony ist, werde ich an einigen Stellen etwas um den heißen Brei herumeiern müssen, aber das ist der geneigte Seifenkisten-Leser ja schon gewöhnt.
Ich werde die kurze Besprechung (andere würden sagen Lobhudelei) resolut in drei Abteilungen unterteilen: Setting, System und Erscheinungsbild.
Setting: Tja, was soll ich sagen? Ihr spielt frisch verstorbene Tote, die im aztekischen Totenreich gelandet sind und sich nun durch 9 Ebenen hindurch kämpfen müssen/wollen, um im Anschluss nach Mictlan zu gelangen.
Hört sich komisch an, ist es auch. Einen Großteil seines Reizes bezieht Los Muertos daraus, sich von Ebene zu Ebene den Sense of Wonder zu erhalten. Man wird immer in eine völlig neue Welt geworfen, wo es zuerst einmal gilt, die Regeln zu verstehen, um sich angemessen verhalten zu können. Eine tolle Sache, die leider in den meisten klassischen Fantasy-Settings schon vor 30 Jahren verloren ging – hier können auch alte Haudegen dieses Gefühl etwas wirklich Neues zu entdcken noch einmal erleben. Wie gesagt – für mich DAS große Plus bei diesem Spiel und genau der Grund warum ich hier nix über die 9 Ebenen erzählen werde. Spielt und erlebt sie einfach selber!
Einzig, dass man nach seinem Tod erstmal in den Pfortenländern landet und von einem Pudelmenschen-Gott namens Xolotl begrüßt wird, möchte ich hier kurz erwähnen. Ich denke das reicht fast schon aus, um sich einen Eindruck zu verschaffen…
Das Setting wird in einem eigenen Kapitel kurz angerissen, genauer beschrieben wird es dann aber in den enthaltenen Beispielabenteuern (auch das finde ich immer sehr wichtig – nirgendwo lernt man so viel über ein Spiel wie in vom Autoren direkt beigelegten Abenteuern) – und davon gibt es einen ganzen Arsch voll. Jede Ebene wird mit 2 Abenteuern bedacht, bis auf die Einstiegsebene, die Pfortenländer, wo man sich durch drei Abenteuer wurschteln kann.
System: Keine Würfel, pfrrrz! Dämlicher Indiekram! Okay. Ich habe gerade „Umläut – The Game of Metal“ übersetzt, daher ist es mir nicht fremd, Konflikte durch das Ziehen von Karten zu lösen. Bei Los Muertos zieht man Karten. Eine gezogene rote Karte stellt einen Erfolg dar und ich ziehe immer so viele Karten wie meine passende Fähigkeit (plus eventueller Modifikatoren durch die Umstände) hergibt und muss genügend Erfolge haben, um den Schwierigkeitsgrad zu erreichen oder zu üertreffen. Wie konkurrierende Proben aussehen, kann sich der geneigte Rezensionsleser sicher selber vorstellen.
Ein Charakter wird durch folgende Dinge beschrieben:
Name – Todesumstände – ein paar Sätze, was man über den Verstorbenen wissen muss – die Fähigkeiten Wille, Soziales, Kämpfen, Geistiges, Körper und Sinne (je mit 1-3 Punkten) – Spezialisierungen und Gepäck
Das war’s auch schon! Gefällt mir natürlich in seiner Einfachheit super, das Spiel ist aber in seiner Anlage her komplett darauf angewiesen, dass der Spielleiter es gut mit seiner Truppe meint, denn schon der Satz: „Der SG wird intuitiv festgelegt.“ sorgt natürlich dafür, dass ein alter Sack wie ich Beklemmungen inder Magengegend bekommt. Nicht, dass etwas daran verkehrt wäre, etwas intuitiv festzulegen, aber wenn es sich dabei um den wirklich einzigen Mechanismus des Spiels handelt, wird es doch schon kritisch. Auch, dass Patzer „ärgerlich, aber nicht fatal“ sein sollen, unterstreicht den Ansatz des Spiels zu unterhalten und gemeinsam eine schöne Geschichte zu erleben. Ich persönlich stehe lieber vor tödlichen Gefahren, aber wenn man sich darüber vor dem Spiel im Klaren ist, habe ich da absolut kein Problem mit.
Die Konfliktresolution insgesamt ist mir etwas zu beliebig. In jedem zweiten Satz steht, dass etwas im Ermessen liegt oder man die Konsequenzen nicht ganz so fürchterlich gestalten soll – manchmal überlege ich mir da wirklich warum man es nicht komplett weglässt und sich einfach zum gemeinsamen Fabulieren trifft.
Erscheinungsbild: Respekt. André kann mal wirklich angenehm schreiben. Die Texte lesen sich wirklich gut und man wird nicht durch haarsträubende Fehler oder grausame Stilbrüche rausgerissen. Bei Los Muertos passen auch noch die Illus und das gesamte Layout hervorragend zum Gesamtambiente und in diesem Punkt gibt es echt nix zu meckern. Punkt.
Fazit: Alleine schon aufgrund des simplen Mechanismus‘ und dem doch sehr spezialisierten Hintergrund spreche ich dem System mal spontan eine größere Kampagnenfähigkeit ab. Aber das hat mich ja noch nie davon abgehalten, etwas zu hypen – SpacePirates anyone???
Wer also auf ein völlig durchgeknalltes Setting steht und sich darauf einlassen kann in etwas merkwürdiger Form mit dem Tod der eigenen Spielfigur konfrontiert zu werden; wer zudem noch gerne flockige und gut recherchierte, aber nicht im geringsten trockene Texte mit einem coolen Witz und perfekt dazu passende Illustrationen zu würdigen weiß, der sollte bei den knapp 15 Euro nicht knickrig sein und direkt zum Rollenspielhändler seines Vertrauens sprinten oder direkt im Shop von Prometheus bestellen.
Die Toten rocken gewaltig!
… und um endlich mal ein Wertungssystem in meinen Rezis einzuführen:
Ich gebe Los Muertos 5 von 6 tanzende Totenschädel.
(1 Schädel Abzug, weil ich mir ob des sehr rudimentären Systems etwas Sorgen um die Langzeitmotivation mache, weil es definitiv einsteigerfreundlicher gegangen wäre und weil mein Name nicht drinsteht)

Improvisieren? MY ASS!!!

„Ach! Ich meistere auch total frei. Ich habe mir für die Runde heute mittag ne kurze Story ausgedacht und wenn die Spieler was anderes machen, dann improvisiere ich einfach!“

Argh! Diese Aussage kräuselt mir auf so vielen Ebenen die Zehennägel hoch, dass es gegen sämtliche Kriegsgefangenen-Konventionen verstößt.
Schon wenn ich mir „ne Story ausgedacht“ habe, dann kann es doch mit dem „freien Meistern“ nicht so weit her sein, oder? Frei kann doch eigentlich wirklich nur eine Szene mit möglichst genau definierten Rahmenbedingungen sein. Und je mehr festgelegt ist, umso freier können sich die Helden in diesem Kontext bewegen, da der Meister für alle Eventualitäten gerüstet ist.
… und „dann improvisiere ich einfach“ hört sich auch gräuselig an. Das ist nicht „mein“ Improvisieren. Es mag zwar nach irgendeiner Definition „frei“ sein, wenn der Meister sich alles spontan aus den Fingern saugt, aber es ist leider ebenso beliebig.
Improvisation ist für mich das rasche gedankliche Verarbeiten von Spieler-Input in bestehende Gegebenheiten – dazu muss aber dann auch erstmal irgendwas gegeben sein.
… und ja – natürlich kann man so auch spielen, es macht unglaublich viel Spaß und ich muss toleranter sein! Ist ja schon gut. Diese „deutsche Rollenspielfreiheit“ nervt mich einfach wie die Sau!
Aber das musste mal raus. Jetzt bin ich wieder total entspannt und kann alle Spielarten des Rollenspiels tolerieren und akzeptieren.

[DSA] Der Abenteurer

Abenteurer sind Helden! (Also im DSA-Sprech sowieso, aber ich meine regelrechte „Heroen“.

Jawollja! Das musste mal jemand laut aussprechen!

Für die Unglücklichen, die nur neuere Inkarnationen des größten originär deutschen Systems kennen, möchte ich noch kurz erklären, was ein solcher „Abenteurer“ eigentlich ist:

Damals hat man ja noch mit aus Holz selber geschnitzten Würfeln die Eigenschaften seines Charakters todesmutig ausgewürfelt und das Wohl und Wehe des frisch gebackenen Helden in die Hände von Mutter Fortuna gelegt.
Hat man also nicht mindestens 12 in MUT und KÖRPERKRAFT (Kämpfer) oder KÖRPERKRAFT und GESCHICKLICHKEIT (Zwerg), KLUGHEIT und GESCHICKLICHKEIT (Elf) oder gar KLUGHEIT und CHARISMA (Magier) – dann bleib einem nichts anderes übrig, als erst einmal als stinknormaler Abenteurer loszuziehen.

Dadurch, dass man in DSA 1 mit Aufsteigen einer Stufe auch eine Eigenschaft nach Wahl steigern konnte, konnte man gezielt darauf hinarbeiten, in eine der Klassen aufzusteigen. Ähnliche Mechanismen gibt es zwar auch bei moderneren Systemen, aber in der Radikalität: „Starte doch einfach als Vollpfosten – besser werden kannst du immer noch!“ gibt es das leider nicht mehr. Da war jeder Aufstieg ein gewaltiges Fest, denn er war mit Schweiß und Blut erkämpft worden und etliche Orks haben sich auf dem Weg in ihrem Blut gekrümmt und unzählige Rätsel waren gelöst worden.

Für mich ist das irgendwie sinnbildlich für das „Held-Werden“. Der rollenspielerische American Dream – vom Tellerwäscher zum Millionär, vom Bauernjungen in Andergast zum Granden in Al’Anfa…
Und das ist genau das, was ich im Bereich Fantasy gerne spiele!

[Angespielt] Praetor – Zum Ruhme Roms

Kurz vor der RPC landete das brandaktuelle Brettspiel „Praetor – Zum Ruhme Roms“ in meinem Briefkasten. Passt hervorragend, bin ich doch alter Römer-Fan und wollte Archäologe werden, bevor mich der Geschichts-Leistungskurs erfolgreich von dieser fixen Idee kurierte. Zwar wäre mein Karriereziel eigentlich Caesar, aber für den Anfang ist das Amt des Praetors gar nicht zu verachten. Und landschaftlich schön ist der Norden Britannias noch dazu – mögen also die Spiele beginnen.

Spiel: Praetor – Zum Ruhme Roms
Designer: Andrei Novak
Verlag: Heidelberger (NSKN)
Art: Worker Placement
Spieler: 2-5
Spieldauer: 60-90 Minuten
Alter: 12+
Preis: 39,95€
Verlags-Link: Praetor
BGG-Link: Platz 3935

Hervorragend! Es ist schon mal jede Menge Kram in der Box – Würfel, Holztoken zweierlei Art, jede Menge unterschiedliche Counter, Spielplatten, um das Spielfeld aufzubauen und Pappleisten zur Ressourcenverwaltung für die Spieler und eine Wertungstafel. Clevererweise gibt es neben dem Regelheft auch noch 4 auf dünner Pappe gedruckte Übersichtspläne mit Erklärung der Stadtplättchen sowie einer Kurzübersicht über den Spielablauf.

Worum geht’s und was tut man in diesem Spiel?
(Maximal) fünf Ingenieure machen sich im Jahr 122 n. Chr. auf den Weg nach Britannia, um Kaiser Hadrian eine neue Stadt im Norden zu errichten. Derjenige mit den meisten Sympathiepunkten wird zum Praetor ernannt und darf die Stadt weiter führen (was dann aber nicht mehr Bestandteil des Spiels ist).
Zäumen wir mal das Pferd von hinten auf: Sympathiepunkte werden – neben denen, die man für die Stadtplättchen und Wall-Teile bekommt – in der letzten Runde vergeben, wenn jeder Möchtegern-Praetor Punkte für seine Arbeiter, den Stand seiner Moral und erwirtschaftete Ressourcen erhält.
Das Spiel läuft in drei Phasen ab:

1. Initiativephase: Die Zugreihenfolge ist schnell bestimmt – je weniger Sympathiepunkte man hat, desto eher ist man an der Reihe.

2. Aktionsphase: In dieser Phase sind die Arbeiter Mittel zum Zweck, um Stadtplättchen zu aktivieren oder neu ins Spiel zu bringen. Ich kann Arbeiter auf ein schon liegendes Plättchen setzen, um es zu aktivieren oder sie mit einem neu gezogenen Plättchen ins Spiel bringen. Der Mechanismus, dass man durch die Plättchen mehr Sympathiepunkte als normal bekommt, wenn sie von den Ecken her günstiger liegen ist auch mal ne nette Sache und fügt eine weitere Strategie-Ebene hinzu.
Spielen kann man in dieser Phase so lange wie man noch freie Arbeiter hat. Theoretisch kann man auch früher aufhören, aber ich wüsste jetzt spontan keinen Fall, in dem das sinnvoll sein könnte.

3. Aktualisierungsphase:
Nun dreht sich alles um die Arbeiter. Diese werden zuerst ein Feld nach rechts gesetzt, um ihre wachsende Erfahrung auszudrücken. Auch die Arbeiter auf den Plättchen erhalten Erfahrung und kommen zurück in den Pool der aktiven Arbeiter. Anschließend werden die Arbeiter ausgezahlt – Achtung! Man sollte drauf achten immer genug Kohle am Start zu haben, sonst geht es mit der Moral bergab.
Und verdammte Axt: Das ist echt mal clever die Arbeiter mit Würfeln darzustellen, sodass man sie nur drehen muss, um den Erfahrungswert der Arbeiter darzustellen.

Sind keine Stadt- und Wallkarten mehr übrig, ist dies die letzte Runde und wie oben beschrieben werden abschließend die Sympathiepunkte aktualisiert.

Die „Production Value“ des Spiels ist super – man bekommt einiges für sein Geld – und es ist nicht alles aus Pappe, man bekommt auch etliche Würfel und Holzklötzchen dazu. Apropos Kleinteile: Auch zusätzliche kleine Plastiktütchen liegen bei, um Ordnung in der Schachtel zu halten. Neben der Aufmachung überzeugt auch die Anleitung; die ist gut aufgebaut und verständlich geschrieben – kleinere Unklarheiten werden immer spätestens von einem Spielbeispiel am Ende jedes Abschnitts geklärt.

Über die grundsätzlichen Spielregeln hinaus gibt es noch einen kleinen Abschnitt mit Expertenregeln und erschwerten Spielregeln – allerdings nur für 3, 4 oder 5 Spieler, nicht für 2 Spieler.

Fazit: Schickes Worker Placement-Spiel mit historischem Thema. Auf den ersten Blick und nach zwei Partien habe ich keine größeren Probleme oder Ungleichgewichtungen erkennen können. Wer also auf diese Art von Spiel und das Genre steht, sollte unbedingt zuschlagen – vielleicht lässt sich noch ein kleiner Kampfmodus dazu erfinden, das hat auch schon die Siedler von Catan retten können.
Bisher habe ich zwar noch keine erfolgversprechende Strategie rausgefunden, werde aber noch einige Dinge ausprobieren, wer außer mir soll schließlich Praetor werden, auch wenn ich natürlich noch viel lieber Kalif wäre an Stelle des Kalifen…
Und falls ihr auf Videos steht – dieser junge Herr hier scheint nochmal eine Schippe begeisterter zu sein als ich und ich werde Praetor in Zukunft sicher öfter mal rauskramen.