[Rezension] Finsterland: Compendium der Curiositäten

Verdammte Axt. Da merke ich jetzt erst, dass ich meine jüngste Finsterland-Besprechung, die schon seit Äonen fertig geschrieben ist, nicht bei Blogspot freigeschaltet habe – sorry, Finsterland-Team!
Finsterland – erstmals im Softcover (vermutlich um den Preis nicht zu sehr explodieren zu lassen). Die sympathischen Rollenspielschaffenden haben mich mit einem Besprechungsexemplar ihres aktuellen „Werkes“ ausgestattet und ich tue ja nichts lieber, als kleine Projekte zu unterstützen, gerade, wenn diese so viel Potential und Klasse haben, wie Finsterland.
Ihr könnt euch ja als Vorbereitung auf die Curiositäten erstmal in meine anderen Finsterland-Fanboy-Hysterien einlesen:
Produkt: Compendium der Curiositäten
System: Finsterland
Autoren: Georg Hugo Donatus Pils, Gregor Eisenwort, Anette Meister, Michael Prammer
Verlag: Eigenverlag
Seiten: 208 (Softcover)
Erscheinungsjahr: 2014
Preis: 29,90 Euro
ISBN: 978-3-9503270-7-6
Dass ich so viele Finsterland-Produkte besprochen habe, ist in diesem Fall ein großer Vorteil, denn die „Basics“ gelten auch im Compendium wieder ohne Einschränkungen – das Layout ist aufgeräumt und irgendwie stilvoll, das Lektorat war sorgfältig, die Sprache ist für deutsche „Ohren“ irgendwie kauzig, aber genau dadurch toll zum Hintergrund passend. Einfach jerrlich. Das Teil liest sich wieder super.
Aufmachung:
Tja – gerade hier ist wenig Neues zu sagen – das Teil passt exakt zu den anderen Finsterland-Bänden – bloß, dass es nicht mehr Hardcover, sondern Softcover ist.
Inhalt:
In 5 Kapiteln wird hier einiges geboten:
In meinen Augen das Herzstück ist die Beschreibung der 19 Bezirke von Alexanderstadt, die ich sogar – wenn ich etwas zu entscheiden hätte – ausgekoppelt und als eigenen Band herausgebracht hätte. Gerade dieser Abschnitt ist super, der vermittelt Atmosphäre, gibt Infos und immer wieder Abenteueraufhänger, wie man es sich als SPielleiter nicht schöner vorstellen kann. Großes Lob für dieses Kapitel, da habe ich selten Schöneres gelesen – ganz ehrlich und ohne Übertreibung.
Ein Kapitel für Spieler enthält neue Archetypen, Spezialmanöver, Hintergründe und Organisationen – nichts Weltwebewegendes, aber gegen mehr Optionen beim Charakterbau dürfte wohl kaum jemand etwas einzuwänden haben. Absolut lobenswert ist auch, dass die Finsterland-Autoren immer mal wieder neben Templates auch Baukästen abdrucken, mit denen der geneigte Spieler oder Spielleiter sich selber Finsterland-Elemente erschaffen kann, wie hier mit dem Baukasten „Eine Organisation entwickeln“. Die 4 Seiten über „Katzen im Finsterland“, die das Kapitel abschließen, gehören für mich als Hundemenschen natürlich absolt nicht hierher. Pfui! Welcher verquere Mensch sollte eine Katze spielen wollen?
Das Kapitel Spielleiter gibt dann weitere Optionen: Nach einer kurzen Vorstellung unterschiedlicher Spielertypen und wie man mit ihnen umgehen kann (das gehört wohl mittlerweile in jedes SL-Kapitel, das etwas auf sich hält – früher haben wir Idioten, die nicht in die Gruppe passten, immer einfach gesagt: „Geh doch DSA spielen!“) gibt es Regeln für Wahnsinn und Krankheiten und einige „Ereignisse“, von denen ich keine Ahnung habe, was sie hier treiben – die hätte man doch besser ins spätere Abenteuer-Kapitel geschmissen. An dieser Stelle fällt mir ein, dass mein einziges Problem mit den Finsterland-Büchern bisher fast immer der etwas „eigenwillige“ Aufbau war – da wird hier wohl einfach eine lieb gewonnene Tradition weitergeführt.
Engültig dem Wahnsinn anheim gefallen sind die Autoren beim Schreiben der Neuen Gegner. Regeln, wie man Gegner modifizieren kann, sind ja noch sinnvoll und passen gut in die Baukasten-Mentalität, aber rumlaufende Klavier-Dämonen (Cacophoniten) oder ganz allgemein die Bahöstren, Quasidämonen, die sich von Schallwellen ernähren, sind ja non wirklich komplett gaga. Da freut man sich direkt über die Normalität von „Schlachtern“ – humanoiden Totmachern, die aussehen wie dicke Orks in Schlachterschürzen. Das kann mein Gehirn wenigstens noch halbwegs verarbeiten.
Abschließend werden satte 32 Abenteuer, zwei Kampagnen und eine Minikampagne geboten. Respekt. Da steckt viel an tollen Ideen drin, aber wie schon bei den vorhergehenden Bänden sind mir persönlich die Abenteuer viel zu linear und storyorientiert, aber man erhält man eine unglaubliche Menge an Spielmaterial für sein Geld und das sollte man nie unterschätzen. Alleine für die geilen Abenteuertitel, die direkt von H.P. Lovecraft stammen könnten, würde ich 10 Euro locker machen – ich sage nur: Das Ticken der Uhr, Das Haus der Ratten, Der Leichentanz… Geil, Alder!
Fazit:
Wie alle vorhergehenden Bände sehr empfehlenswert, wenn man a) den Hintergrund cool findet, b) die österreichische Schreibe mag, c) auf WoD-Heartbreaker steht, man d) ein tolles Rollenspielprojekt unterstützen möchte, man e) mehr über Wie… äh, Alexanderstadt lernen möchte – oder ganz besonders, wenn alle Punkte zutreffen.
Also ab mit euch zu Amazon – oder noch lieber zum Sphärenmeister, auch wenn der es gerade nicht auf Lager zu haben scheint. (Schreibt ihm einfach ne nette E-Mail, und er wird sich ein Bein rausreißen, um euch das Buch zu besorgen.)