Cover |
Ich glaube ab heute oder morgen (oder schon seit gestern???) ist das gute Stück im Handel – ich hatte das Glück es schon auf der FeenCon mitnehmen und mir eine Meinung bilden zu können.
…. Aaaaaaaaaaaaaaaaaachtung, Uffgebasssssst!! Ich habe das Abenteuer nicht gespielt, maße mir aber mittlerweile an, schon beim gründlichen Lesen ein Gefühl dafür entwickelt zu haben, wo es knarrt und knirscht und was auch an meinem Spieltisch problemlos funktionieren würde:
Aussehen:
Backcover |
Von außen im perfekten Splittermond-Trade-Dress. Hellblau, eine athmosphärische Stitz-Illu mit ordentlich Action und seiner klassischen Bildaufteilung. Augenscheinlich bewachen die Abenteurer zwei junge Mädchen vor Entführern, Assassinen oder sonstwas – prima – endlich mal ein Rollenspielcover, das sich auch wirklich auf das bezieht, was einen im Inneren erwartet.
Die Rückseite weist einen kleinen Teaser-Text auf mit dem klassischen Fantasy-Blurb: Ioria, strahlende
Metropole, großes Orakel, die Götter selbst, Königreich Midstad, Schicksal, tyrannischer König Finn von Harreburh, Göttin Hekaria…
Man merkt – ein klassisches Einsteigerabenteuer.
Der Teasertext ist aber nur halb spannend, denn darunter findet sich eine wirklich sinnvolle Neuerung für größere deutsche Systeme. Kurzen Infos zum Abenteuer folgt eine Kategorisierung des Abenteuers auf zwei verschiedenen Achsen: Was den Spielstil angeht und inwieweit die unterschiedlichen Handlungselemente im Abenteuer enthalten sind.
Großes Lob für diese Maßnahme, auch wenn ich schon wieder gleich rumnöhlen muss, denn bei meinem Steckenpferd, der Freiheit der Spielwelt, ist der Pfeil hier in meinen Augen einen Tacken zu lang geraten. Aber als Lehrer bin ich mir der Tatsache bewusst, dass solceh Beschreibungen im besten Falle Krücken sind, wenn auch gerade hier absolut sinnvolle. Super!
Das Layout im Inneren ist angenehm unaufgeregt und ich sage es nur ungerne – erinnert mich ohne den peantenblauen Hintergrund dann irgendwie doch an DSA (sorry, aber den Vergleich werdet ihr nur sehr langsam loswerden können, liebes Splittermond-Team), ein Eindruck, der nicht gerade dadurch verringert wird, dass die Innenillus von Mia Steingräber, Caryad und Peter „Myranor“ Horstmann“ und das Layout von Ralf Berszuck stammen. Das ist jetzt nicht schlimm, denn alles ist wirklich übersichtlich und unterschiedliche Infokästen helfen noch bei der Gliederung und das Lektorat/Korrektorat hat wirklich sorgfältig gearbeitet. Zusammen mit der flotten Schreibe von S.U., die im deutschsprachigen Raum nur noch von Martin John übertroffen wird, ergibt sich hier ein wirklioches Lesevergnügen – nur als Info für die Spielleiter, die auf so etwas stehen, bei mir sind das ja Perlen vor die Säue, ich bevorzuge trockene Anleitungen, die sich auf’s reine Spiel beschränken und mir nicht mit miliarden wohlformulierter aber völlig unwichtiger Nebeninformationen auf die Nüsse gehen. (Okay, ganz so schlimm ist es hier nicht, ich wollte nur meine Position verdeutlichen.)
Einziges kleines Manko ist die Tatsache, dass mir schon nach dem ersten Aufschlagen die Klebebindung etwas Sorge bereitet. Ich hoffe mal sehr, dass mein Exemplar da ein Einzelfall ist, denn noch haben sich keine Seiten gelöst, aber das kann nur noch eine Frage der Zeit sein. Ihr könnt mir ja hier kommentarmäßig berichten, wie es bei euren Exemplaren aussieht, wenn ihr euch die Hexenkönigin gekrallt habt…
Inhalt:
Hmmm… Ein guter Zeitpunkt auf meine Kritik an der Einstufung im Bereich „Detailgrad“ zurückzukommen, denn das Abenteuer ist ein exemplarisches Beispiel (oh, eine Tautologie) dafür wie man ein Abenteuer auf einer Perlenkette bestimmter abzuarbeitender Begegnungen aufreiht. Die einzige „Freiheit“ besteht darin, dass es Wurscht ist, ob die beiden zu beschützenden Kinder sich in der Gesellschaft der Abenteurer befinden oder von den „Bösen“ geschnappt wurden. Lobenswerterweise gibt es für letzteren Fall in jedem Kapitel eine kleine Box, die dem Spielleiter Rüstzeug dafür an die Hand gibt, wie er in diesem Fall verfahren kann. Gut gemacht, aber noch kein wirklicher Beweis einer freien Spielwelt.
SPOILER ANFANG
Die Story ist schnell erzählt: Ein Mädchen wurde geboren, das einst für die Menschheit sehr wichtig sein wird, und das die Optionen hat, sich selbst (und somit in kleinem Rahmen die „Menschheit“) zum Guten oder zum Bösen zu verändern. Die Charaktere schlittern (wie eigentlich immer) mitten in diesen Schlamassel hinein und haben auf einmal zwei kleine Mädels im Schlepptau, die sie zum nächsten Mondtor in Ioria bringen müssen, um anschließend in der Anderswelt einem der Mädchen die Möglichkeit zu geben, sein Schicksal frei zu wählen.
Hört sich einfach an, ist es auch, denn man kann die Reise in kleinen Häppchen streng vom Abenteuertext geführt, ohne Probleme absolvieren und alle Stationen brav abarbeiten – sei es der Weg nach Karing, die Reise auf der Turteltaube, die Ankunft in Samutia, der Weg zum Mondtor…
Alles ist perfekt beschrieben und es stellt nicht das geringste Problem dar, den Überblick zu bewahren, aber Freunde, kann man das Ganze nicht wirklich etwas freier gestalten? Ich muss meine Klientel doch nicht schon im ersten Abenteuer zu Eisenbahnfahrten allererster Kajüter erziehen.
SPOILER ENDE
Okay, über die große Konzeption bin ich nicht besonders glücklich – aber das ist ja mein persönlicher Geschmack, der da mit dem Abenteuer nicht gerade parallel verläuft, aber selbst in meiner Unzufriedenheit erkenne ich ein gut gemachtes Abenteuer, wenn ich eins sehe. Es gibt nämlich an jeder Ecke und jedem Ende zahllose Möglichkeiten zu interessantem Rollenspiel, die Welt wird adäquat vorgestellt und gerade in der Anderswelt (irgendwie eine Art: Brüder Grimm treffen auf Lovecraft) zeigt sich der Reiz des Settings. Ich sage nur: „Farbfrösche for the win!“. Mit den Schlawinern kann eine aufgeweckte Rollenspielgruppe schonmal ein gutes Stündchen Spaß haben.
Überhaupt muss ich sagen, dass das Abenteuer mir (in diesem Falle durch die rigide Struktur begünstigt) sehr viel Spielspaß für den doch recht geringen Umfang zu ergeben scheint. Jedes der drei Kapitel könnte bei konsequentem Ausspielen aller Situationen zwischen 3 und 5 Spielsitzungen umfassen, wodurch wir auf etwa 10 Sitzungen kämen, was ich doch recht sportlich für ein Heftchen halte, das nur ziemlich genau 50 Seiten an reinem Abenteuerteil umfasst.
Super gefällt mir, dass hier wirklich daran gedacht wurde, für alle Situationen eine regeltechnische Untermauerung zu finden. Gerade die Szene „Die gläserne Tür“ (die interessanterweise auf den Karten „Das gläserne Tor“ heißt) ist mir hier im Gedächtnis geblieben mit einer Hex-Karte, auf der die Abenteurer strategische Entscheidungen treffen müssen. Ich habe zwar etwas die Befürchtung, dass sich das interessanter liest als es dann im Spiel tatsächlich rüberkommt, aber was will ich meckern? Es gibt eine mit Strategie zu lösende Problemstellung und ich finde alle Regeln dafür direkt vor Ort. Das ist im deutschsprachigen Rollenspielbereich keine Selbstverständlichkeit.
Fazit:
Kein Abenteuer wie ich es selber schreiben würde, aber abgesehen davon wirklich gut durchdacht und schön geschrieben – und wer weiß – vielleicht durch seine Gradlinigkeit gerade für Neulinge im System, die wir ja alle sind, gut zu leiten. Wer Besonderheiten von Lorakis (verdammte Axt, das hört sich in meinen Ohren immer noch an wie eine Marke für Klosteine) erleben will, ist spätestens ab dem Abschnitt „Auf dem Pfad des Wahnsinns“ bestens bedient und kann einen kleinen Blick in die Welt jenseits der Mondtore erhaschen. Die hier aufgefahrenen Ideen machen wirklich Spaß.
Neben dem aufgeräumten Äußeren muss ich noch absolut die Abenteuerkategorisierung auf der Rückseite lobend hervorheben – das ist etwas, was bei einem anderen großen deutschen System schon lange gefordert und versprochen wird, was sich aber in der Form dort noch nicht so richtig durchgesetzt hat.
Wertung:
Für meinen persönlichen Spielgeschmack gibt es 3 von 5 wahnsinnigen Welten hinter den Mondpfaden.
Denke ich mich in einen „klassischen deutschen Rollenspieler“ (TM) hinein, erhöhe ich auf 4 von 5 Mondsplitter.