[Kurz-Rezi] Totes Land – Ausnahmezustand

Tja, da hat mich im Facebook-Chat der Downloadlink zu einem Roman des Mantikore-Verlags erreicht mit dem Vermerk ich solle ihn mir doch mal „bitte dieses Buch hier ansehen“. Pflichtbewusst habe ich mich an die Arbeit gemacht und mir das Teil Seite um Seite ausgedruckt, weil ich es hasse am Monitor zu lesen, gerade, wenn es Zerstreuungs-/Erbauungszwecken dienen soll. Okaaaaaaaaay! Das Ding hat 507 Seiten?!? Selbst wenn ich halbwegs klein vier Seiten auf ein Blatt Papier drucke sind das ja immer noch ungefähr ein paar Millionen??? Noch dazu habe ich nur das blanke PDF – keine Titelseite, keinen Klappentext, keinen Presseblurb, keine Infos zum Autoren (den ich auf jeden Fall schonmal nicht kenne…)
Aber nun gut, wenn ich es mir ansehen soll…
Roman: Totes Land – Ausnahmezustand
Autor: M.H. Steinmetz
Verlag: Mantikore
ISBN: 978-3939-212-56-0
Preis: 14,95 demnächst in Printform – derzeit nur als Kindle-Version für 9,99 erhältlich
Link: Amazon (da man auf der Mantikore-Seite leider keine Direkt-Links setzen kann)
Was soll man sagen? Nic von Mantikore ist zwar nicht mehr der größte Unterstützer von Labyrinth Lord, aber das Verlagsprogramm (basierend auf einer gleichmäßig starken Einsamen Wolf-Reihe) ist immer breiter und besser aufgestellt. Gerade im Bereich Romane geht da seit gut zwei Jahren einiges. Neben Sci-Di-Klassikern wie den Haldemann-Romanen oder Fantasy-Urgesteinen wie Lord Valentine gibt es auch „junge“ deutsche Autoren wie Andy Schnell mit seinen bisher zwei erschienen Zombie-Romanen und nun eben M.H. Steinmetz, der auch so brutal in die Zombiakalypse-Bresche schlägt, dass Blut und Gedärme nur so spritzen.
Wir beginnen mit einer Kriegsszene, die sich schnell als Larp-Kampf in einem Wäldchen nahe Berlin herausstellt. Nur wenige Seiten später sind die ersten Charaktere eingeführt (und auch wieder getötet), ein „Markus“ scheint der Held des Romans zu werden und auch eine „Sabine“ könnten wir später noch wiedersehen.
Die Larper erreicht auf jeden Fall die Kunde, dass es in ganz Deutschland zu einer Grippe-Epidemie gekommen sei und die Infizierten die Normalen angriffen. Hut ab davor, dass erst weit jenseits von Seite 100 der Begriff „Zombie“ das erste Mal fällt, denn dem gewieften Leser ist schon nach kurzer Zeit klar, in was der gute Markus da hineinschlittert – eine ausgewachsene Zombiekalypse allererster Kajüte.
Er macht sich auf den Weg nach Speyer wo er seine Frau zurückgelassen hat und erhält zuerst auch noch SMS und E-Mails von ihr, aber irgendwann bricht jegliche Kommunikation zusammen und er schlägt sich einzig auf die Hoffnung, seine Frau könnte noch leben, quer durch Deutschland. Dabei trifft er immer mal wieder Weggefährten, die allerdings ebenso schnell wieder verschwinden wie sie auftauchen.
An dieser Stelle einen Dank an den Autor, denn er hat es geschafft „irgendwie krass und realistisch“ zu schreiben, aber meine persönlichen Grenzen nicht zu überschreiten. So reist Markus eine Zeitlang mit einem kleinen Mädchen, das er dann zurücklassen muss. An dieser Stelle hatte ich schon Sorge, dass jetzt lang und schmutzig geschildert würde was mit diesem Mädchen und den heranrückenden Zombies geschieht, aber darüber wird dankenswerterweise das Mäntelchen des Schweigens gedeckt (auch wenn ich es mittlerweile irgendwie im Urin habe, dass wir das Mädchen in der einen oder anderen Form im Laufe der Reihe nochmal wiedersehen werden).
Die Reise ist ein absoluter Parforce-Ritt, der mich als Leser fast so geschlaucht hat, wie er den guten Markus mitgenommen haben muss. Ganz ehrlich, der Aufbau der Geschichte ist zwar romantheoretische betrachtet ziemlich „unklassisch“, aber es gelingt absolut, den Leser in die Handlung hineinzuziehen, auch wenn die Figuren teilwesise etwas blass bleiben. Also schreiben kann er auf jeden Fall, dieser Steinmetz.
Ich will hier wirklich nicht viel verraten, denn der Roman lebt davon sich einfach kopfüber in die Lektüre zu stürzen, die „Heldenreise“ nachzuvollziehen und sich mit dem Blutstrom treiben zu lassen. Gesagt sei nur so viel – auf dem Weg nach Speyer kommen wir in „Ausnahmezustand“ immerhin bis nach Frankfurt, wo bis vor Kurzem noch eine „sichere Zone“ eingerichtet war, wo Markus aber wieder auf Larp-Sabine und viele halbwegs frische Zombies trifft.
Etwas ratlos lässt mich das Ende des Romans zurück – interessanterweise nicht mehr aus Markus‘ Perspektive erzählt, sondern aus der von Susan, die ihn auf dem letzten Stück seines Weges begleitet hat. Hier erfährt man mehr über den Hintergrund der Infektion und wundert sich sehr über die Tatsache, dass ausgerechnet Sabine und Markus eine große Rolle zu spielen scheinen, was schon im Laufe des Romans immer mal wieder unauffällig versteckt durchscheint. Das gefällt mir immer gut, wenn der Autor einen Masterplan verfolgt und den aufmerksamen Leser immer mal wieder mit einem kleinen Blick darauf belohnt.
Fazit: Wow! Respekt! Das ganze Buch über macht der Autor einfach nix falsch, klaut sich hier ein Klischee, dort eine Szene und hetzt den Leser mit seinem Helden von Berlin bis hinter Frankfurt und dann gibt es ein letztes Kapitel, das irgendwo zwischen: „Geil! Endlich eine Erklärung!! und „Verdammte Axt! Ich will JETZT wissen wie die Sache ausgeht und habe keinen Bock auf eine Fortsetzung zu warten!“
Insgesamt war die ganze Chose aber zugegebenermaßen so packend, dass ich die Fortsetzung definitiv lesen werde und gnädig drüber hinweg sehe, dass ich mich irgendwie „um ein Ende gebracht“ fühle.
… nachdem ich jetzt etwas im Netz recherchiert habe, stelle ich fest, dass die Kiste direkt als Trilogie angekündigt wurde – diejenigen, die das Buch „rechtmäßig erwerben“ werden also mental darauf vorbereitet sein. Alles klar also, Entwarnung und eine wirklich uneingeschränkte Lese-Empfehlung, wenn man sich für Endzeitszenarien und Zombiekalypsen jeglicher Art interessiert.