Hmmmmmmmmmmmmmmm… Inspiriert von dieser Diskussion im
Nerdpol-Forum (yeah, ich weiß – die Verlinkung nutzt leider nur denen, die angemeldet sind. So ab Seite 4/5 beginnt der Teil der Diskussion, der zeigt in welche Richtung es gehen könnte.) habe ich mir mal einige Gedanken gemacht.
Ich zitiere hier mal zwei Postings – nachdem ich nach messbaren Kriterien gefragt hatte:
Ich finde schon, dass man das merkt. Ich kann ja unterscheiden, ob
jemand seinen Charakter mit einem eher ungewöhnlichen Konzept versehen
hat, oder ob ihm einfach jedes Konzept fehlt und/oder er einfach
keinerlei hintergrundkenntnis hat, um einen Charakter glaubhaft
darzustellen.
Ein weiteres messbares Kriterium wäre, ob
ein Spieler in der Lage ist etwas zu beschreiben und ob er in der Lage
ist in der ersten Person zu kommunizieren.
Für mich, der ich
weniger auf „Games“ als auf „Play“ stehe, um mal den guten Taschi in
Abwesenheit zu zitieren, ist es auch ein klares Qualitätskriterium, ob
jemand zu Immersion beitragen kann oder nur auf Mechaniken herumreitet
oder sich verhält wie in einem PC-Spiel und krampfhaft alles weglootet
und nach Klickmanier die Umgebung durchsucht.
Darauf antwortete ich – zugegebenermaßen wenig strukturiert – da spontan:
Das sind schon gute Punkte.
Um dir direkt mit Taschi zu antworten: „Ja, aber…“
–
Ist es denn fürchterlich wichtig einen tollen Charakterhintergrund zu
haben? Ich spiele saugerne total stinknormale Kämpfer und gebe ihnen
erst im Laufe der Zeit Marotten oder Ähnliches.
– Bin ich ein
schlechter Spieler weil mir Hintergrundwissen fehlt? Okay, dann werde
ich meine Mitarbeit an Myranor und Aventurien sofort hinlegen.
–
Ich bin kein guter Spieler, wenn ich nicht gut beschreiben kann? Reicht
es nicht zu sagen, dass Hand Guckindieluft gegen den Marktstand donnert
und mit leutem Getöse zu Boden geht?? Muss es sein: „Ich schlendere im
wunderherrlichen Sonneschein über den Marktplatz von Al’anfa, als
plötzlich eine Wolke von ganz besonderer Form meine Aufmerksamkeit
fesselt…“ – You know the drill….
– Wenn ich sage: „Mein
Charakter klettert die Wand hoch.“ bin ich ein schlechter Spieler. Fuck.
Ich muss mir ein anderes Hobby suchen.
– Und gerade beim letzten
Punkt zeigt es sich ganz besonders – ist der denn dann kein guter
Spieler (bloß weil er einen anderen Schwerpunkt setzt als du)?
Böse zusammengefasst (ja, natürlich ist das insgesamt differenzierter) lautet dort ein von Vielen vertretenes Credo: „Klar gibt es bessere Rollenspieler und schlechtere. Man kann ja auch sagen, dass Al Pacino ein besserer Schauspieler ist, als Arnie.“
Und genau in dem Punkt greift der Gedanke viel zu kurz. Denn es liegt ja in der Natur der Dinge, dass manche wortgewaltiger oder ausdrucksstärker sind als andere – aber sind sie dadurch bessere Rollenspieler?
Um meine geschmeidige rhetorische Frage zu beantworten: Wohl kaum!
Hier wird das Rollenspiel auf einen Aspekt heruntergebrochen, der einem scheinbar der interessanteste (wohl weil offensichtlichste) zu sein scheint und es wird eine Aussage über die „Gesamtleistung“ getätigt. Auch ich habe sicher schonmal gesagt: „Poah. X ist aber ein toller Spieler.“ Aber war das auch gerechtfertigt? Oder waren die anderen Spieler an dem Abend automatisch „schlechter“?
Dieser Absatz geht vor allem an meine Diskussionspartner im oben verlinkten Thread:
Rollenspiel geht weit über eine tolle Charakterdarstellung hinaus – denkt doch mal über den Stimmunúngsspiel-Tellerrand hinaus.
Es kann auch einen tollen Rollenspieler ausmachen, wenn er maximal ausgebaute Charaktere erstellen kann – wenn er klug genug ist, um Rätsel zu lösen, die die Gruppe ansonsten bremsen würden – wenn er kapiert hat, dass der Bennie-Fluss für ein System wertvoll ist und er ordentlich Zustimmungs-Bennies raushaut – wenn er sich gruppendienlich zurückhält, damit andere glänzen können – wenn er das Regelwerk gut kennt und den Spielleiter unterstützt – wenn er die anderen Charaktere der Gruppe anspielt und sie ins Rampenlicht zieht – wenn es ihm gelingt, sein Meta-Wissen zu ignorieren – wenn er Chips mitbringt – wenn er den Heiler spielt, den sonst kein Schwein haben will – wenn er für die anderen die Karte mitzeichnet oder die Gruppenkasse verwaltet – wenn er sich an ein obskures vor langer Zeit erwähntes Detail erinnert, dasd plötzlich wichtig wird – wenn er…
Und an genau diesem Punkt setzen meine Überlegungen an – und ihr dürft mich gerne unterstützen – da ist noch nix so richtig spruchreif:
Wirklich messen kann ich ja eigentlich nur strukturelle Dinge.
- Kennt der Spieler die Regeln für seinen Charakter?
- Ist er immer pünktlich?
- Konzentriert er sich auf das Geschehen am Tisch?
Das sind für mich wirklich konkret feststellbare und – sagen wir mal – „universelle“ Dinge, die mich einen Spieler in meinen Augen „qualitativ“ bestimmen lassen. Inwieweit das dann für mich als Spielleiter oder Mitspieler relevant ist, sei mal dahingestellt…
Ansonsten besteht ja das Rollenspiel wie oben schon angedeutet aus einem sehr diffusen Geflecht an Fertigkeiten und ich würde mir nie anmaßen wollen, einen Spieler als „guten“ oder „schlechten“ Spieler zu bewerten. Und ich hoffe sehr, dass das auch von mir niemand tut, denn ich bin sehr häufig sehr zurückhalten und konzentriere mich auf Situationen, in denen es wirklich darauf ankommt das Spiel weiterzutreiben. Ich bin kein toller Immer-in-der-ersten-Person-Sprecher, der tolle Reden auf dem Marktplatz schwingt oder stundenlang blumig beschreiben kann wie sein Charakter die Maitresse des Königs verführt, um an Informationen zu gelangen. Andererseits mögen ja auch eben diese Dinge für viele total unwichtig erscheinen und meinem Ruf als „guter Rollenspieler“ stünde bei ihnen nicht zur Disposition.
Ein Spieler, der großartig drei Stunden lang mit hervorragend schauspielerischer Darstellungskraft dem Piratenkapitän den Schlüssel zum Keuschheitsgürtel der Tochter des Königs abluchst, mag ein toller „Rollenspieler“ sein. In meinen Augen wäre er aber nur ein doofer Pisser, der dafür sorgt, dass die anderen Spieler am Tisch (außer vielleicht dem schlechten SL, der ihn nicht vorher eingebremst hat) in der Zeit nix zu tun hatten. Super. Sie durften seiner Aktion beiwohnen und manche mögen auch das befriedigend finden, aber mir würde so etwas total stinken.
Wobei wir wieder bei Al Pacino und Arnie sind – In den Conan-Filmen ist Arnie ganz sicher der bessere Barbar als Al Pacino das halbe Hähnchen. Und hätten wir die Conan-Filme geliebt, wenn Conan seine Gegner stundenlang an die Wand geschwallt hätte, anstatt ihnen amtlich die Rübe runterzuhacken?
… aber ich schweife ab. Meine derzeitige Idee geht dahin, dass man für jeden Spielertyp (und wenn man schon dabei ist für jeden nur erdenklichen Spielstil und eigentlich jede Gruppe) Kriterien festlegen könnte, anhand derer man für diese Spielform feststellen könnte, ob ein Spieler dann objektiv betrachtet „gut“ oder „schlecht“ ist.
Aber wäre hier nicht schon das Festlegen der Kriterien von mir oder anderen etwas, das die Untersuchung subjektiv einfärben würde. Wer gibt mir das Recht diese Kriterien zu bestimmen? Versuche ich dann der jeweiligen Form meine persönliche Meinung überzustülpen? Habe ich das Recht andere so zu beurteilen? Wäre es überhaupt sinnvoll herausfinden zu wollen ob es gute oder schlechte Spieler gibt?
Verdammt. Als jemand, der ständig zwischen (viel) Praxis und (etwas) Theorie hin- und herpendelt sind diese Fragen für mich nicht leicht zu beantworten.
Verdammt. Das war jetzt eine ordentliche wall of text – ich versuche mal sie mit Farben und Highlights noch etwas zu strukturieren und hoffe, dass trotzdem einige die Zeit und Konzentration gefunden und bis hierher durchgehalten haben.
@Theorie-Spezialisten: Hat Laws oder irgendein anderer kluger Kopf schonmal Kriterien für diese Fragestellung entworfen?
Nun. Was bringt mir dieser Artikel. (Also mir – nicht euch!) Keine Ahnung. Ich bin mir immer noch sicher, dass ich die Qualität eines Spielers nicht nur auf einer Ebene betrachten kann. „Er hat ein tolles Charakterkonzept und kann den Charakter gut darstellen. Er ist also ein toller Rollenspieler.“ Ich bin mir auch sicher, dass es ein paar grundlegende Dinge gibt, die ich über die Qualität eines Mitspielers aussagen kann: „Der Depp weiß immer noch nicht, dass er bei Dungeonslayers mit einem W20 würfelt.“ Ich bin mir ebenso sicher, dass man auf „individuellerer“ Ebene Kriterien finden könnte, die eine Aussage über die Qualität eines Spielers aussagen lassen. „Sie hat einen hervorragend optimierten Charakter erstellt. Die Tussi ist in diesem Bezug eine tolle Spielerin in unserer herausforderungsorientierten Gruppe.“
Ich weiß aber auch, dass ich mir total unsicher bin, ob es die Sache wert ist, diese Fragestellung weiter zu untersuchen…
Edit: Idee! Vielleicht kann man einen Riesenkatalog von Kriterien erstellen, der in den unterschiedlichsten Gruppen, Spielstilen, Situationen… nützlich sein kann – und wer viele Häkchen hat, ist ein guter Rollenspieler. Obwohl – auch da müsste man die einzelnen Punkte wieder in ihrer Qualität unterscheinden, denn ein Spieler, der seinen Charakter toll darstellt, dürfte in jeder Gruppe ein besserer Rollenspieler sein, als der, der die Chips mitbringt…