… und es geht weiter mit dem nächsten Brettspiel – in diesem Falle mit der Zweispieler-Variante von „Die Legenden von Andor“. Gänzlich frei von Wissen über den großen Bruder habe ich mir mal dieses kleine kooperative Zweispieler-Gerät angesehen und los ging’s!
Name: Die Legenden von Andor: Chada und Thorn
Verlag: Kosmos
Autor: Gerhard Hecht
EAN: 69253
Preis: ca. 17 Euro
Alter: 10+
Spieler: 2
Dauer: 45 min
Genre: Fantasy, Ressourcen, Kooperativ, 2-Spieler
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Bereit für Abenteuer 2 – Die Sturmweiden |
Aufmachung
Okay – anders als der große Bruder stammt das SPiel nicht von Michael Mentzel – der hat hier aber immerhin die Illustrationen gezeichnet, sodass man wohl als alter Andor-Fan direkt in die Handlung hineingezogen wird. Also aussehen tut das Ganze so wie ich mir Andor vorstelle – und auch die ANleitung ist didaktisch gut gemacht und ermöglicht ein direktes Losspielen. Es gibt sogar eine kleine Tutorialmission, die in die Handlung einleitet und die Basics des Spiels erklärt. (Hmmm – zugegebenermaßen kann man hier eigentlich nur gehen, aber da dies der Hauptmechanismus des Spiels ist, ist das schon in Ordnung.)
… sagte ich „didaktisch gut aufgemachte Anleitung“? Das kann man hier wirklich sagen, denn neben step-by-step-Erklärungen bekommt man auch eine doppelseitige Zusammenfassung über alle Regelmechanismen und auf der letzten Seite eine Zug-Zusammenfassung und noch zwei Tipps für Anfänger-Spieler. So muss das. Und wer dann immer noch überfordert ist, erhält bei den einzelnen Abenteuern noch je eine oder zwei Karten mit speziellen Infos sowie Vorlesetexte für die jeweilige Mission. Das ist wirklich gut gemacht.
Neben dem Anleitungsheft gibt es noch für beide Helden je 3 Karten und 6 doppelseitige Fluchkarten sowie 29 Nebelkarten, 4 Freundeskarten, 12 Ausrüstungskarten und drei Sonderkarten. Außerdem 36 große Abenteuerkarten für die vier Abenteuer: Die Stachelklippen, Die Sturmweiden, Der stumme Wald und Die Mauerberge. Drei Lagerfeuertoken, ein ganzer Rutsch an Willenskrafttoken und zwei (Papp-)Figuren für unsere Helden und eine für den „Fluch“ komplettieren den Inhalt der kleinen Schachtel.
Das Spiel
Nachdem ich stundenlang über die Aufmachung gequatscht habe, sollte ich vielleicht auch kurz auf das eigentliche Spiel eingehen und da haben wir es mit einer Art kooperativem Mini-Deckbau zu tun, bei dem es vor allem um das sorgfältige Einsetzen von Ressourcen geht.
Die beiden Spieler setzen ihre Figuren von links nach rechts über vier Spielpläne – dabei besteht die Haupt-Überlegung darin, welche Schwindigkeit der Bewegung (aus drei Möglichkeiten) ich wähle. So hat es mehr Nachteile je weiter ich in einem Zug gehen möchte. Entweder verliere ich Willenspunkte, muss eine Nebelkarte ziehen oder die Fluchfigur ein Feld weiterziehen. Es kann auch vorkommen, dass ich die verwendete Karte von der Sonnen- auf die Regenseite drehen muss, was ihr eine weniger weite Bewegung und eine neue Spezialfertigkeit gibt.
Die andere strategische Überlegung ist die Wahl des Weges – so sind weite Wege meist weniger gefährlich, bieten aber die Gefahr, dass man durch ein schlechtes Deck in größere Gefahr gerät. Auf kurzen Wegen zeigt sich die Gefahr meist viel direkter, beispielsweise ist da direkt auf dem Feld angegeben, ob ich Willenspunkte verliere oder ob die Fluchfigur sich bewegen darf.
Auf manchen Feldern schließen sich einem Gefährten an oder man erhält Gegenstände (wobei letzteres zumeist durch das Anwenden von Spezialkarten geschieht). Es gibt auch rote Felder, an denen angehalten werden muss und wo irgendwelche Auswirkungen zum Tragen kommen – hier ist ein wichtiges strategisches Mittel, dass ein Feld, das schon von einem Charakter belegt ist, für den anderen nicht bei seinen Schritten zählt. Insgesamt gibt es sehr viele kleine mechanische Kniffe, die für die eine odeer andere Raffinesse sorgen. Für ein „kleines“ Spiel ist hier rein vom Spiel her ordentlich was los.
Vom Spielablauf her liegen vor jedem Spieler drei Karten des jeweiligen Helden und darunter liegt eine Fluchkarte. Wenn ich eine der Karten ausspiele, um mich zu bewegen oder um eine Spezialfähigkeit anzuwenden, rückt diese Karte nach hinten und die Fluchkarte liegt oben. Jetzt muss diese mit ihrer Auswirkung ausgespielt werden (wobei sie in der ersten Runde noch ungefährlich ist), bevor ich wieder eine „sinnvolle“ Karte vorne liegen habe und so weiter. Es gilt also Nutzen und Schaden abzuwägen und zu überlegen, welchen von meinen drei Stapeln ich ausspielen möchte und welche Karten ich mir an diversen Orten und durch meine Fähigkeiten ins Deck hole. Durch das Ziehen von Nebelkarten können beispielsweise Gegner in die Stapel hineingemischt werden, die ich entweder mit ihrem Kampfwert bekämpfen kann oder ich löse ihre Spezialfähigkeit aus und muss dann mit den Konsequenzen leben…
Gewonnen haben Chada und Thorn, wenn sie auf ihren Zielfeldern ankommen (und das nicht mehr als 3 Runden voneinander getrennt). Verloren ist die Partie, wenn einer von beiden vom Fluch eingeholt wird oder wenn die über der jeweiligen Spielfeldkarte liegenden Nebelkarten aufgebraucht sind.
Das hört sich jetzt alles recht mechanisch an und im Spielverlauf gilt es auch wirklich das Maximum aus den Zügen zu holen, aber – sehr zu meiner Überraschung – hat sich dann während des Spiels doch eine interessante Abenteuergeschichte entsponnen und die Spannung wie die Geschichte weitergeht und mechanische Überlegungen hielten sich angenehm das Gleichgewicht.
Ein Problem, das klar zu Tage trat war das Hauptproblem vieler kooperativer Spiele – und zwar, dass der erfahrenere Spieler das Spiel an sich reißt und den anderen etwas „unterbuttert“.
Fazit
Nach der kurzen Tutorial-Mission hatte ich den Eindruck, dass das Spiel zu mechanisch für meinen Geschmack sein könnte, aber während der ersten beiden Missionen entspannen sich dann doch spannende Abenteuergeschichten, in denen die beiden Helden mit teilweise Hilfe von unerwarteter Seite Gefahren ausweichen oder überwinden mussten. Auch erhielten sie im Laufe des Spiels immer mehr eigenes Profil, da sie sich tatsächlich überraschend unterschiedlich spielen. Andor-Fans, die nicht genügend Spieler für eine große Mission an den Tisch bekommen, sollten hier definitiv zugreifen – und mit der Erweiterung „Stinner der Seekrieger“ lässt sich das kleine Kartenspielchen sogar solo spielen.
Bewertung
4 von 5 Nebelkarten
Verdammte Axt! Mir fällt gerade auf, dass ich die letzten 356289659 Brettspiele alle mit 4 Punkten versehen habe – das liegt wohl dran, dass die Verlage nach einem Blick auf meinen Blog Rezensionsartikel vorbeigeschickt haben, die zumindest halbwegs meinen Geschmack treffen. Bisher ist mir echt noch keine totale Graupe vor die Flinte gekommen. Aber seid unbesorgt! Ich freue mich auf meinen ersten richtigen Verriss genau so wie ihr!