Mit Rock’n Rodeo habe ich hier das erste deutsche Brettspiel in Händen, das via
Startnext entstanden ist und dessen Entstehung man somit Schritt für Schritt verfolgen durfte. Der Mantikore-Verlag war so clever, das Potential des Projekts zu erkennen und es sich genüsslich ins Portfolio zu schieben.
Bevor ich ein paar Takte dazu schreibe, möchte ich noch auf die schicke
Homepage hinweisen sowie die Tatsache, dass ihr dort im Bereich „Spielregeln“ nicht nur die Regeln kostenlos herunterladen könnt, sondern euch auch Erklärvideos ansehen könnt. Ein grandioser Service, wie ich finde!
Name: Rock’n Rodeo – Der Festivalmanager
Autor: Matthias Stark
ISBN: 4-260386-330016
Preis: 34,95€
Alter: 14+
Spieler: 2-4
Dauer: 90 min
Genre: Worker Placement, Siegpunkte sammeln
Aufmachung
Rock’n Roll, Alder! In bester Comicmanier wird man hier in die perfekte Festival-Stimmung versetzt. Alles, was sich während des Spiels am Spieltisch befindet, strömt aus jeder Pore Rock’n Roll aus! Da kann man höchstens noch zusätzlich etwas Bier auf dem Tisch verschütten, zur Simulation des Dixie-Klo-Geruchs etwas Klostein verbröseln und ordentlich einen fahren lassen und eventuell die eine oder andere Metal-CD in den Player werfen.
Gerade die Karten weisen so den einen oder anderen Gag auf, der mal mehr und mal weniger gelungen und mal mehr und mal weniger gezwungen daherkommt – irgendwo im Bereich zwischen „AD/AC“ und „Die Chirurgen“ bei den Bandkarten. Für die „Holzrocker-Figuren“, die der Fachmann auch gerne als Pommesgabel-Meeples bezeichnet, gibt es allerdings einen ganz uneingeschränkten Daumen nach oben.
Total gut gefallen mir auch die personalisierten Elemente, die wir dem Crowdfunding-Hintergrund zu verdanken haben – so gibt es bei den Metallern neben den Headbangern, den Rockern und den Gothics auch „Helga Schreier“, die scheinbar beim Crowdfunding etwas tiefer in die Tasche gegriffen hat und sich auf einer Karte verewigen durfte. Ich finde sowas immer total charmant.
Die Spielanleitung ist übrigens auch sauber aufgebaut und wird gut durch Illustrationen unterstützt. Da habe ich schon viel Schlimmeres gesehen. Besonders gelungen sind die gelben Boxen mit unterstützenden Beispielen und die orangefarbenen Boxen mit erweiterten Regeln.
Das Spiel
Auf rein mechanischer Ebene muss ich versuchen, einige Werte halbwegs im Gleichgewicht zu halten, um am Ende siegpunkttechnisch möglichst gut da zu stehen.
Man spielt über drei Jahre hinweg – wobei (nach dem Grundaufbau) jedes Jahr in 3 verschiedene Phasen unterteilt ist:
Phase 1: Booking
Jeder Spieler beginnt, sich Bands für sein Festival zu buchen. Anschließend zieht man Fankarten, spielt Ereigniskarten und nimmt sich Fans. Die Phase läuft recht zügig ab und dient eigentlich nur der Vorbereitung des eigentlichen Festivals…
Phase 2: Festival
Auch hier gibt es wieder unterschiedliche Phasen. Die Fans reisen an, es findet ein Ereignis statt, die Band spielt und es wird der allgemeine Zustand des Festivals überprüft.
Zumeist spielt jeder Spieler für sich – mit den Ereigniskarten hier, wie auch zuvor in der Bookingphase kann man allerdings Einfluss auf andere Festivals nehmen, und den anderen Spielern ordentlich einen reindrücken.
Diese Phase stellt den eigentlichen Kern dieses Spiels dar und hier gilt es, die wichtigsten Entscheidungen zu treffen.
Hier gilt es in erster Linie auf die Bedürfnisse der einzelnen Fangruppen zu achten und die Rahmenbedingungen (Chaos, Müll, Hygiene, Fanzufriedenheit…) in einem möglichst stabilen Gleichgewicht zu halten.
Phase 3: Wertung
Nach drei Tagen erfolgt die große Abrechnung. So gibt es Preise für die beste Stimmung und die meisten Fans. Außerdem gibt es Punkte, die sich nach den Fans richten, die der Veranstalter laut seiner Festival-Karte anlocken sollte sowie die Einnahmen, die im Verhältnis 1:5 eingerechnet werden.
Überraschenderweise hat dann am Schluss der gewonnen, der die meisten Siegpunkte gehamstert hat! Glüsckwunsch!
Sehr gut gefällt mir auch die Option ein Einsteigerspiel zu spielen, das nur über 2 Saisons geht. Außerdem erhält man direkt Security und Dusche dazu, spielt keine Ereigniskarten aus, kauft keine weiteren Stände und erhält 2 Wixi-Klos gratis. Dadurch gehen zwar einige wichtige Elemente verloren, aber das Spiel wird merklich einfacher, da man einige Komponenten nicht im Auge behalten muss – macht aber trotzdem noch Spaß.
Fazit
Ein tolles kleines Spiel, das gar nicht so klein ist, denn die Mechanismen sind ausgewogen, das Spiel sieht klasse aus – wer auch nur ein Fünkchen Festivalgänger in sich hat, der wird es einfach lieben müssen. Immer wieder erkennt man Personen, Bands oder Spielmomente wieder und schmunzelt still in sich hinein. Es gibt viele kleine Schweinereien, auf die man im Spielverlauf achten muss und das Spiel kratzt ganz knapp an der Grenze zum „Vielspielerspiel“, was man ihm aufgrund des eher „jung“ wirkenden Aussehens zu Beginn gar nicht zutraut.
Insgesamt gibt es einen ganz klaren Daumen nach oben für ein Spiel, das sich mit einem eher ungewöhnlichen Thema befasst und es mit einer tollen Mischung aus humorigen Ideen und ernsthaftem Gameplay transportiert.
Der halbe Punkt Abzug resultiert eigentlich nur daraus, dass ich die einzelnen Gruppierungen der Fans doch teils recht willkürlich getroffen sind und mit noch etwas mehr Genre-Kenntnis wäre da noch etwas mehr rauszukitzeln gewesen. Die „Gothics“ einfach zu einer Unterkategorie der Metaller zu machen sowie die meisten Gruppierungen, die unter „Raggae“ gefasst sind (Mittelalter-Heinis, Hillbillies,militante Veganer…), halte ich nicht für die idealen Lösungenm aber Schwamm drüber!
Bewertung
4,5 von 5 Pommesgabel-Meeples