"Sehr professionell!"

In einem meiner letzten Posts habe ich festgestellt, dass das Wort „professionell“ für einen großen Teil der von einigen empfundenen Misere von DSA „verantwortlich“ ist. Ihr werdet entschuldigen, wenn ich mal gänzlich ohne Verlinkungen auf die einzelnen Episoden auskomme, ich versuche einfach meine Gedanken etwas Struktur zu geben – dabei werde ich wie immer wohl die tatsächlichen Geschehnisse irgendwo zwischen 10 und 30% treffen…
Ich möchte auch vorausschicken, dass, wenn ich in diesem Beitrag „man“ oder „Ulisses“ schreibe, doch Menschen hinter dieser grauen gesichtslosen Maske stecken, die im Prinzip fast Menschen wie du und ich sind…
Innerhalb weniger Monate ist es den Schlawinern aus Waldems gelungen, einiges an Chaos und Unsicherheit in Fankreisen auszulösen. Die Veerlagsspitze hat beschlossen, einen klaren Kurs zu fahren und unterwegs mehr als einmal Lehrgeld zahlen müssen. Da dieser Kurs sich eben nicht so klar fahren ließ, wie es sich am Schreibtisch geplant angehört hatte.
Wann der Entschluss kam, die „kompletten Rechte an DSA zu erwerben“, weiß ich nicht und kann auch nur vermuten – dieser Gedanke dürfte aber zu Beginn der ganzen Überlegungen gestanden haben. Ich mache auf jeden Fall mal diesen Rechte-Erwerb und den damit einhergehenden Versuch, „wirtschaftlich“ zu handeln für so ziemlich alles verantwortlich, was im Jahr 2011 bisher geschehen ist.
Let’s zusammenfass:
(An dieser Stelle erwarten wohl einige als Schritt 0 die ganze Kiste um Mark Wachholz, aber ich gehe persönlich davon aus, dass diese Geschichte nichts mit dem später Kommenden zu tun hatte.
Schritt 1 des Programms „Wir werden professionell und effizient“ bestand darin, die Redakteure und wichtigsten Verlagsmitarbeiter in Waldems zu bündeln. Da nahm man billigend in Kauf, dass einige wichtige Redakteure wohl nicht mitspielen würden, hatte aber sicher nicht damit gerechnet, dass nur Daniel „mitspielen“ würde und sah sich sowohl intern („Wer soll den ganzen Kram denn jetzt schreiben und planen?“) als auch in der Außenwirkung („WAS?!? Gerade die, die in den Internet-Communities einen guten Stand haben und „modernes“ Material schreiben, sind nicht mehr dabei?!?“) Nebenbei wurde noch die „erweiterte Redaktion“ abgeschafft – auch wieder ein Schachzug, der nicht gerade auf ungeteilte BEgeisterung stieß.
Schritt 2 war dann das Verkünden der tollen Neuigkeit auf der Neuigkeit: „Wir besitzen alle Rechte! U.S.A.! U.S.A.! U.S.A.!“ Das war natürlich für den gemeinen Fan erstmal völlig schnuppe und öffentliche Begeisterungsstürme fielen deutlich leiser aus, als man wohl erhofft hatte.
Schritt 3 bestand darin, zu zeigen, dass man die tollen neuen Rechte besitzt und mit Händen und Füßen verteidigen wird. Es wurde also ein Statement rausgeprügelt, das mehr als einen Fan verärgerte und den Beginn einer wunderbaren Aneinanderreihung aus „Mitteilung –> FAQ“ darstellte. Im Zuge dieser Nummer stellte sich dann schnell heraus, dass man gar nicht „alle Rechte“ besaß und etliche Autoren und Zeichner uralter Veröffentlichungen auch in Zukunft noch ein riesiges Problem darstellen könnten, da es in Deutschland gar nicht so leicht ist, die Rechte an einem Text zu erwerben – Nachdrucke und gar Neubearbeitungen von Abenteuern und Regelwerken könnten so zu einem Riesenproblem werden.
Schritt 4 wurde gleichzeitig mit Schritt 3 rausgeballert – neben Autoren und Ex-Autoren gelang es auch die Fans professionell zu verärgern – es gab neue Fanrichtlinien und im ersten Moment sah es so aus, als würden diese das Ende der Wiki, des Riesland-Projekts oder des Dere-Globus bedeuten, weil „man ja seine Rechte wahren musste“. Glücklicjerweise wurde auch hier ordentlich gerudert und mittlerweile sind sowohl die Richtlinien überarbeitet, als auch die Riesland-Sachen wieder höchst offiziell-inoffiziell online.
Schritt 5 besteht aus der schicken Umfrage – welche natürlich auch nicht ohne Kinderkrankheiten aus der Hüfte geschossen wurde – die nun bis zum Ende des Jahres laufen soll undauf deren Auswertung ich jetzt schon gespannt bin. Es wird sich zeigen, welche Schlüsse sich daraus ziehen lassen und wie auf diese Ergebnisse reagiert wird. Zumindest hatte man als Fan/Kunde mal wieder irgendwie den Eindruck Einfluss auf den Kurs des schlingernden DSA-Schiffes nehmen zu können.
Schon mit Auflösung der Kernredaktion und der „Verschlankung“ der Kernredaktion kam von Fan-Seite die Forderung auf, nun einen Einblick in die Vision zu erhalten, die das „neue gestreamlinete DSA“ in Zukunft antreiben würde. Diese folgte dann als Schritt 6 in einer Mitteilung des Verlagsleiters. Für mich persönlich fehlte in dieser Mitteilung etwas die tatsächliche Vision, aber als längerfristige Produktplanung taugte sie absolut und kam, so kam es mir vor, in Fankreisen viel besser an, als ich es erwartet hätte. Der gemeine Fan ist dann anscheinend doch damit zufrieden, wenn er ein paar Projekte findet, die ihn interessieren und auf die er sich freuen kann. Dass dann alles doch irgendwie „die gleiche Soße wie bisher“ ist, stört ihn nicht großartig.
… aber Jungs, wenn ihr die Uthuria-Kampagne verwieslert, denn hat der Hintern ordentlich Kirmes. Epische Romane haben wir mit DSA lange genug nachgespielt – wir wollen mal wirklich was entdecken dürfen! Die Romane sind ja schön und gut, aber ich fürchte das (für DSA) wirklich moderne Konzept mit eigenständig planbaren Expeditionen, die einen komplett neuen Kontinent entdecken dürfen ist einfach 1000 mal besser.
In Schritt 7 wurde versucht, das schon oft bemängelte Kommunikationsproblem zu lösen und es wurde sowohl eine offizielle E-Mail-Adresse eingerichtet, an die man sich mit Problemen aller Art wenden kann, wie auch 6 apokalyptische Reiter auf die Rösser „geschwungen wurden“, die den Weg zwischen den diversen Internet-Communities und den Verlagsoberen verkürzen sollen. Eine gute Idee, die natürlich wieder wie üblich im ersten Anlauf vergeigt wurde, die aber in meinen Augen ein tragbares Konzept ist, wenn die Reiter ihre Bindegliedrolle kritisch wahrnehmen und sich nicht dafür hergeben in den Foren die Jubelperser zu spielen und bei Problemen die linken Demonstranten mit Dachlatten verprügeln.
Kurz davor waren sie schon im Schritt 8, dem aktuellsten Kapitel. (Wobei gerade Sperber im Tanelorn bisher einen sehr guten Eindruck gemacht hat, während einer seiner Kollegen bei Vinsalt schon immerhin die erste Dachlatte fast vom Boden aufgehoben hat.). In Schritt 3 stellte sich ja heraus, dass das mit den Rechten doch nicht alles so schön in trockenen Tüchern ist, wie man gehofft hatte. Dieser Erkenntnis (gepaart mit dem Bemühen wirtschaftlich zu arbeiten) haben wir anscheinend neue vereinheitlichte Richtlinien für die Illustratoren zu „verdanken“, was dazu führte, dass mit Caryad und Mia S. zwei Aushängeschilder verkündeten, keine Illustrationen mehr für DSA anzufertigen. Das ist bedauerlich und bei aller Professionalität denke ich, dass man sich keinen Zacken aus der Krone brechen würde, wenn man zugeben würde, dass manchmal einfach einige „gleicher als gleich“ sind und sich mit ihren Verdiensten um das Produkt doch einen gewissen Vorsprung verschafft haben.
Aber auch das scheint auf besagter „klarer Linie“ zu liegen – alles soll vereinheitlicht und somit vereinfacht werden, es sollen klare Schnitte gemacht werden, um ebenso klar für die Zukunft planen zu können. Da ist ja von der Grundidee her eigentlich nichts dran auszusetzen.
Dass parallel zu der Umstrukturierung bei den Autoren, wo ein Autorenwettbewerb vorangegangen war, auch hier ein Fan-Zeichencontest stattfand, bevor man den Illustratoren die neuen Richtlinien mitteilte, sieht natürlich echt bei Licht betrachtet nicht sonderlich gut aus und die Befürchtung, dass hier in Zukunft gerade das Gegenteil von „professionell“ regieren könnte, scheint nicht nur aus der Luft gegriffen.
Und um mal einen Nebensatz zur Bezahlung im deutschen Rollenspielbereich zu machen – wenn die Illustratoren jammern, dann muss man sich nur mal vor Augen halten, was die Autoren oder Übersetzer „verdienen“. Das deutsche Rollenspiel lebt insgesamt davon, dass es etliche „Hobbyisten“ gibt, die sich engagieren – ausschließlich mit „Profis“ wäre das in dieser Nische gar nicht machbar. Ich würde mal über den Daumen peilen, dass in Deutschland bei den Verlagen zwischen 10 und 15 Leute komplett vom Rollenspiel leben können – und davon sind ja schon einige bei Ulisses am Start…
Ich fasse zusammen: Ulisses haben versucht und versuchen noch, ihre Richtlinien (was Fanprodukte  Illustratoren und Autoren angeht) zu vereinheitlichen, ihre Kommunikation zu verbessern, sich tatsächlich in den Besitz sämtlicher relevanter Rechte zu bringen und alle Personen, die mit der Planung zu tun haben, an einem Ort zu versammeln.
Ich weiß nicht, ob es nur mir so geht – aber Schritt 9 kann in der logischen Folge eigentlich nur darin bestehen, ein neues Grundregelwerk zu erstellen (gerade, wo deutsche Verlage immer propagieren, dass sich fast ausschließlich Regelwerke verkaufen). Wofür sollte man sonst versuchen, alle einzelnen Faktoren so in trockene Tücher zu bringen.
Einziges Problem: Wenn man sich die Mitteilung aus Schritt 6 ansieht, kann man sich nicht vorstellen wer noch Zeit dazu haben soll (oder gar die Kompetenz) ein neues DSA in die Zukunft zu führen. Ein paar Leute, denen ich das durchaus zugetraut hätte, sind ja zum Beispiel seit Februar oder April anderweitig beschäftigt. Schade, eigentlich. (Und ich sage es ja nur sehr ungern, aber seit ich mich mit ihm unterhalten konnte, traue ich sogar „dem Römer“ zu, in dieser Beziehung zu reißen, auch wenn er in der Vergangenheit scheinbar das Gegenteil bewiesen hat.)
Poah! Ich habe gerade den Eindruck Etliches vergessen und übersehen zu haben, schieße den Beitrag aber einfach mal ab.

21 Gedanken zu „"Sehr professionell!"“

  1. Ich finde es immer schade, wenn die Leute „professionell“ mit „gut“ verwechseln. Da draußen gibt es so viel „professionelle“ Scheiße für die man bezahlt, nur in unserem Hobbybereich ist es gleich der potenzielle Verlagsuntergang.

    Und zum Römer kann ich nur sagen, dass er viel mehr über den Tellerrand schaut als der durchschnittliche DSA-Konsument.

  2. Sehr gut getroffen.
    Sehr wichtig auch Dein Hinweis zu Uthuria. Noch genereller kann man auch den Vorwurf erheben, die vorgestellte Produktpalette eben nicht auf die Bedürfnisse verschiedener Kunden diversifiziert.

  3. Sehr schön zusammengefasst. Dein Artikel stimmt mit meinem Eindruck fast völlig überein.

    Zum neuen Grundregelwerk: Bei DSA ist es nicht so, dass sich Abenteuer nicht verkaufen. Erfolgreiche Abenteuer erscheinen oft in mehreren Auflagen. Aber klar: Regelwerke sind wichtiger. Und ich glaube auch nicht, dass die Kompetenz gerade da ist, ein neues auf die Beine zu stellen.

    Und ja, gerade der Römer interessiert sich für mehr, als man vermuten mag, wenn man ihn nur durch die DSA-Veröffentlichungs-Brille sieht.

  4. Hm, ehrlich gesagt seh ich das Problem eher in einer Gruppe Leute, die jede Entscheidung aus dem Hause Ulisses möglichst negativ darzustellen versuchen. Dass Ulisses versucht, die ganzen Verkrustungen aufzubrechen, sehe ich eher positiv und wo gehobelt wird, da fallen halt Späne.

    Ganz frei ist da auch dein Blogeintrag nicht von, da bewegt sich ja auch manches im eher spekulativen Bereich, was Ulisses eher schlecht dastehen lässt.

    Uthuria sehe ich übrigens mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Wäre natürlich sehr positiv, wenn Uthuria dazu führen würde, dass Ulisses nicht den eigentlich interessanten Teil Deres kaputtmacht (wie das den Vergessenen Reichen geschehen ist). Aber eigentlich wäre ich persönlich eher für "Verwieslerung", für die Spieler, die generische 08/15-Fantasy alas D&D bevorzugen, gibts doch nun wirklich genug Auswahl.

    Ich bin nicht überzeugt davon, dass es einem Produkt gut tut, wenn man es mit Gewalt auf die "Bedürfnisse verschiedener Kunden diversifiziert". Liegt aber auch daran, dass die generische Soße, die dabei meist rumkommt, mir jetzt nicht so richtig gut schmeckt.

  5. Hmmm… Als jemand, der sich mit vieren der ehemaligen Kernredakteure "gut versteht" muss ich natürlich dieses "Aufbrechen von Verkrustungen" ablehnen. Ich halte nämlich alle vier nicht für sonderlich verkrustet und halte es auch nicht für notwendig ihre Strukturen aufzubrechen. 😉

    Ich glaube aber, dass ich doch zu denen gehöre, die Verständnis für den Ulisses-Kurs haben und dies auch für gewöhnlich ausstrahlen. Daher nehme ich mir einfach mal raus meine Angst vor einem nachzuspielenden Uthuria in Worte zu fassen. Denn genau das wäre "die gleiche alte Soße". Sowas hatten wir schon oft, die Jungs bei Ulisses wissen, dass es sich ordentlich verkauft, auch wenn es teilweise hart kritisiert werden wird. Es wäre der einfach Weg, aber nicht der, der mir gefiele.

  6. Nicht falsch verstehen, um die Personen gings mir gar nicht, der einzige, der sich da in meinen Augen im Nachgang völlig disqualifiziert hat, ist Mark Wachholz, und da gehts rein um die Persönlichkeit, nicht um seine Arbeit.

    Aber: Die alte Struktur hatte viel zu hohe Synergieverluste, insoweit ist die Umorganisation nicht nur folgerichtig, sondern eigentlich sogar zwangsläufig (im Sinne einer Professionalisierung). Dass diesen Schritt nicht jeder mitgehen mag oder kann, ist zu bedauern, sollte aber in keinem Fall bedeuten, dass man deswegen im alten Trott weitermacht.

    Und nicht vergessen, die gegangenen Leute hatten ihre Finger überall in der "alten Soße" drin. Insoweit sollte es eigentlich so sein, dass ich sie verteidige und du dich eher drüber freust, mir schmeckt sie ja. ^^

    Bei Uthuria mag es sein, dass wir ein bissl aneinander vorbeireden. Ich hab gerade ein Interview gelesen (dazu schreib ich demnächst in meinem Blog selber was), in dem die Änderungen an den Realms auch mit dem Argument rechtfertigt wurde, dass man da nichts mehr entdecken könne. Was ich ehrlich gesagt für ziemlichen Quatsch halte,zumal (und das gilt auch für DSA)der Großteil des geschrieben Materials ja für den Spielleiter geschrieben wird, nicht für die Spieler, letzere dadurch also gar nicht am Entdecken gehindert werden.

    Allerdings interessiere ich mich nicht für Sandbox-Settings. Ich hab nichts gegen das Konzept, aber wenn ich eine Sandbox will bau ich mir selber eine. Offizielle Settings besorge ich mir gerade wegen des vorhandenen Detailreichtums, und wenn mir da dann jemand sagt, dass dieser Detailreichtum das "Entdecken" verhindere, hab ich halt immer den Eindruck, dass er oder sie statt dassen das Wort "Selbst erfinden" gemeint hat.

    Aber wie gesagt, da hab ich dich vielleicht auch einfach falsch verstanden.

  7. Danke für die tolle, umfangreiche, umfassende Zusammenfassung. Dein Artikel stimmt hierbei fast völlig mit meinem Eindruck überein.

    Ein Punkt, der überall zuwenig oder überhaupt keine Beachtung zu finden scheint, ist die Außenwirkung vom Begriff 'Lizenzrecht'.

    Nach alle Dem, was Du in Deinen Schritten beschrieben hast, hat sich bei mir so nach und nach eine ganz andere Furcht breit gemacht. Eine, die noch in keinem Post oder FAQ von Ulisses, Herrn Plötz und Herrn Truant (um es nicht bei man zu belassen), entkräftet wurde: und zwar, daß wenn man (ich) DSA innerhalb meiner Spielrunde nutze oder innerhalb einer Veranstaltung nach außen trage, nicht in den nächsten Tagen von einem Rechtsanwaltsbüro ein Abmahnschreiben wegen irgendeiner Lizenzrechtsverletzung bekomme.

    Beispiel: Bei uns findet zweimal im Jahr durch die Jugendorganisation der Stadtbibliothek in der Stadtbibliothek ein sogenannter Fantasy-Rollenspielnachmittag statt, um vorwiegend Jugendlichen und Teenagern das Hobby des Rollenspiels näher zu bringen. In vier bis fünf Gruppen leiten hier engagierte Spielleiter Runden verschiedene Systeme (Dungeonslayers, Savage Worlds, Warhammer) für die vielen Interessierten. Ich biete kein DSA an, da ich Angst habe, wenn ich das im Vorfeld mit irgendeinem Symbol, allein dem Begriff 'DSA' oder 'Das Schwarze Auge' bewerbe oder kopierten Charakterdokumenten, die ich dann den Spielern aushändige, Tage später ein Abmahnschreiben von irgendeinem Rechtsanwaltsfuzzi wegen Litzenrechtsverletzung bekomme. Und wir wissen alle, das mit dem Abmahngeschäft in Deutschland mehr Geld zu verdienen ist als mit dem Produkt selbst. Da wird man dann zur Unterlassung aufgefordert und muß auch gleich und sofort, am besten vorgestern, 750,00 € an den Rechtsanwalt für seine hehren Dienste überweisen.

    Ich werde erst einmal mindestens 1 Jahr lang in Foren und Blogs verfolgen, ob diese Praxis zur Anwendung kam.
    Erst, wenn dies nicht ein einziges Mal irgendwo Erwähnung fand, werde ich entscheiden, ob ich wieder Produkte aus dem Hause Ulisses (egal ob Pathfinder, für das ich erst kürzlich mein Interesse entdeckt hatte, oder DSA) kaufen werde.
    Ich hoffe auch, daß nicht das erste Rechtsanwaltsfuzzischreiben kommt, weil ich in diesem Post mehrmals die Buchstabenkombi DSA verwendet habe. 😉

  8. Nur kurz zum Sandbox-Setting:

    Zwischen ALLES SELBST ERFINDEN und ALLES VORGEFERTIGT BEKOMMEN gibt es noch eine große Spannen, in denen sich Sandbox-Setting-Produkte plazieren können.

    So ist "Red Tide" von sine nomine ein Sandbox-Setting, welches einerseits eine wohldefinierte Regionenbeschreibung liefert, aber nur einen TEIL der insgesamt bespielbaren Region mit gewissem Detail ausarbeitet und den Rest des Settings als Sandbox offen läßt. Zum Ausfüllen dieser Sandbox liefert "Red Tide" einen Menge Material, Hilfsmittel, Ideen mit, so daß eben auch hier NICHT "alles selbst" gemacht werden muß (aber, wie bei Sandbox üblich, immer noch vieles dem jeweiligen Spielleiter überlassen bleibt).

    Sandbox-Produkte sind durchaus sinnvoll, eben WEIL nicht jeder wirklich ALLES selbst machen möchte.

    Auch bei einem selbstgebackenen Kuchen kauft man sich Eier, Mehl und Butter, statt selbst Hühner zu züchten, Getreide anzubauen und Milchvieh zu halten. – Alles selbst ist auch bei Sandbox-Settings eher ein Extremfall.

  9. @Anonym: Das ist aber schon ein Teil aus deinem Bühnenprogramm, oder? Also der Teil mit der Angst vor Anwälten, weil du im öffentlichen Raum DSA spielst…

  10. Zornhau hat natürlich recht, was die Bandbreite des Begriffs Sandbox angeht. War vielleicht auch von meiner Seite unglücklich gewählt, weil Moritz ja vom Entdecken (Exploration) sprach.

  11. Aber auch Entdecken kann ich ja, indem ich umherwandere und meine eigene Karte erstelle (die natürlich schon existiert und nur noch "aufgedeckt" werden will) oder so, dass ich irgendeiner schicken Erzählung folge, die mich das Land mit erzählerischem Spannungsbogen "entdecken" lässt.

  12. Das stimmt natürlich, aber so wie du es formulierst, muss ich natürlich zugeben, dass ich zweiteres viel interessanter finde, da ich an reiner Exploration nur um der Exploration willen nicht das geringste Interesse habe.

    Wobei man natürlich genauer definieren müsste, was unter "schicker Erzählung" zu verstehen ist. Auf Plotrailroading ala Borbarad kann ich auch gut und gerne verzichten. Und natürlich kann man es auch mit dem Metaplot übertreiben. Andererseits kann ich statischen Settings ohne jede dynamische, spielerunabhängige Weiterentwicklung wenig abgewinnen, ganz ohne Metaplot gehts also (für mich) auch nicht. Und unter Metaplot verstehe ich durchaus auch den Teil der Entwicklung, die durch mein eigenes Zutun und das meiner Spieler entsteht.

    Um auf Uthuria zurückzukommen: Ich hab keine Probleme, wenn der Kontinent so gestaltet wird, dass er für Spieler interessant wird, die mit dem alten Aventurien wenig anfangen können. Auch Myranor sollte ja diesem Zweck dienen.

    Womit ich ein Problem habe, ist die Haltung, dass diese Art der Gestaltung in irgendeiner Form besser wäre als die "alte Soße". Dann läuft man nämlich ganz schnell in Gefahr, dass dasselbe passiert wie mit den Realms, dass nämlich die Alt-Fans (aka jetzige Kundschaft) nahezu komplett vergrault werden. Für DSA wäre das der Tod, denn das könnte man nie im Leben durch neue Spieler wieder auffangen.

  13. Nee. Uthuria ist keine Sache womit man "alte Fans verliert" – die haben ja weiterhin Aventurien – aber man könnte ja mal etwas anderes als Settingtourismus betreiben und vielleicht ein paar neue Fans dazugewinnen.

  14. @ Moritz

    danke für diese Zusammenfassung. Ich stimme dir zu 99% in den Aussagen zu.

    Den einen Prozentpunkt halte ich zurück wegen dem Vergleich von Illustratoren und Autoren.

    Bis auf einige wenige internationale Größen der Spieledesigner (wie z.B. Robin D. Laws) halte ich die meisten RPG-Autoren für Fans mit Know-How und Elan, Texte zu schreiben, die nicht nur ihre Spielgruppe liest, sondern.

    Im Gegensatz zu Illustratoren, die für Illus mit überdurchschnittlichen Anspruch jahrelang ihr Handwerkszeug lernen müssen.

  15. Hm, Settingtourismus…

    um bei dem Bild zu bleiben, sehe ich nicht, wie ein in deinem Sinne designtes Uthuria etwas daran ändern würde, das würde nur eine andere Art von Touristen anlocken. Und ich bin nicht sicher, ob Dere auf einen eigenen Ballermann nicht gut verzichten kann. Für Bildungsurlauber ist ja bereits gesorgt :p

    Ok, Gemeinheiten beiseite, die meine ich eh nicht ernst. Aber solche Begriffe wie "Settingtourismus" sind es halt, die mir in dem Zusammenhang aufstoßen, weil damit letztlich einfach nur ein anderer, VÖLLIG GLEICHWERTIGER Spielstil schlechtgeredet wird. Und ich hab dass ja nun schon alles bereits einmal miterlebt (Vergessene Reiche) und wäre sehr enttäuscht, wenn dieselbe Entwicklung auch Aventurien treffen würde.

    Ich hätte aber sicher nichts dagegen, wenn ein für mich eh bisher irrelevanter Teil der Spielwelt dafür genutzt würde, den Geschmack anderer Spielergruppen zu bedienen.

  16. Die Zusammenfassung wirkt gelungen.

    Obwohl ich bei Leibe kein Vertreter der "ist nichts persönliches – ist buisness" Fraktion in der Sache bin, die zu meinem Erschrecken sehr stark zumindest das Ulisses Forum im Griff hat, möchte ich doch sagen, dass ich einige etwas harsch wirkende Massnahmen verstehen kann – und zwar gerade eben weil ich mit einem vierjährigen Fanprojekt sozusagen Ziel der neuen Fanrichtlinien (Punkt 4) und der Rechtsüberlegung war.

    Ich sah mich einigen Druck ausgesetzt, da ich nicht sicher war ob ich nicht hunderte von Euro Anwaltskosten oder Hunderte von Arbeitsstunden am Projekt durch einen Rechtstreit verlieren würde.

    Man stelle sich nun jemanden beim Verlag vor, der gewissermassen einer ähnlichen Situation ausgesetzt ist, nur dass daran auch noch sein Job hängt. Da kann man denke ich verstehen, dass klarere Richtlinien von nöten sind, um nicht in Paranoia zu verfallen – vorallem nach einer Schlammschlacht wie der von Punkt 0 deiner Zusammenfassung.

    Und auch wenn ich einige Schritte der Ulisses Leitung nicht verstand/ gutheisse (Punkt 1 z.B., den ich immernoch nicht anders sinnvoll einordnen kann als dass es ein Politisch motivierter (Um)Zug war), scheinen die Verantwortlichen mit denen ich zu tun hatte höfliche und keineswegs engstirnige, sondern eher besorgte Leute zu sein.

  17. Der Umzug ist tatsächlich der Punkt, den ich mit am Besten vestehen kann, denn eine Gruppe, die sich täglich sieht, arbeitet wesentlich effizienter, als Gruppen die über das Land verstreut sind.
    Ich arbeite bei einer High-Tech-Company, die in mehr als 100 Ländern ihre Niederlassungen hat und kann dir aus Erfahrung sagen, dass virtuelle Gruppen Schrott sind.

  18. Sehr gute und aus meiner Sicht treffende Darstellung der jüngsten Entwicklungen und "Kursänderungen" ("Wir schlingern jetzt in eine andere Richtung, wissen aber nicht genau in welche…")

  19. @Moritz: Diese Angst vor Abmahnanwälten ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Ich kenne kein Gesetz, das es einem Abmahnnwalt verbietet, "in Erscheinung zu treten", ohne daß der Lizenzinhaber davon etwas wüßte.

    Ich glaube zwar nicht, daß diese Praxis auch bei DSA zur Anwendung kommen wird (ich halte da Ulisses für sehr tolerant, und schließlich basiert ja Rollenspiel darauf, daß damit auch im öffentlichen Raum (Cons !) geworben wird), aber merke : "Die eigene Fantasie wird oft nur noch von der Realität übertroffen."

    Einmal ganz abgesehen davon sollte man meiner Ansicht nach den Beitrag von "Anonym" auch im Meta-Sinne sehen : Der Beitrag ist ein sehr gutes Beispiel (auch ein Spiegel) für die derzeit in Fan-Kreisen vorherrschende Verunsicherung … Nicht mehr und auch nicht weniger.

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