Herrschaftskampagnen mit D&D Classic

Wie sicher einige wissen, enthält das D&D Ausbau-Set aus dem Jahr 1985 Regeln, wie man eine Kampagne spielen kann, in der die Charaktere über Baronien oder Königreiche herrschen.

Ich vermute mal, dass die meisten nicht in den Genuss einer solchen Kampagne gekommen sind, obwohl der derzeit bei Ulisses erscheinende Königsmacher-Abenteuerpfad für Pathfinder in eine ähnliche Kerbe schlägt.

Wie also lief ein solches Spiel „damals“ (TM) ab? 

Nun, ganz einfach. Lasst es mich aus Sicht des Spielleiters beschreiben. Zuerst einmal erschuf man ein paar Charaktere der „Namensstufe“ (Stufe 9), da durch „ehrliches Hochspielen“ eine solche Stufe erst nach jahrelangem Spiel erreicht wurde und dies kam nur sehr selten vor.

Nun verlieh man im Rahmen eines Abenteuers einem Mitglied der Gruppe die Herrschaft über ein Wildnis-Hex irgendwo in der Pampa und erklärte ihm, dass ihm dieses Gebiet nun gehörte, er allerdings zuerst mal dafür zu sorgen hatte, dass es von allerlei Gefahren befreit werden musste. Er zog also mit seinen Kumpels los, um eigenhändig alle möglichen Gegner freundlich aber bestimmt des Landes zu verweisen und den benachbarten Orkstämmen schonmal kategorisch mitzuteilen wo der neue Herrscher die Locken hat. Die nächsten „klassischen“ Abenteuer waren gesichert.

Irgendwann wurde dann im beherrschten Hex ein sinnvoller Ort gesucht, an dem man eine Burg errichten konnte – und dafür gab es tolle Tabellen. Der Möchtegern-Herrscher durfte also tief in seine Portokasse greifen und seine Burg aus einem Baukasten zusammenstellen – meist hat er sie dann direkt auf einem Zettel skizziert und man hatte für zukünftige Belagerungen schonmal das nötige Rüstzeug an der Hand. Die Charaktere, die keine direkte Herrschaft hatten, wurden einfach vom Herrscher zu Beratern und Ministern und natürlich zu Mitglidern der Task-Force ernannt, die immer dann loszog, wenn irgendwo mal wieder die Kacke am Dampfen war.

Die nächsten Schritte bestanden daraus, die Ressourcen des befehligten Hex sowie die Anzahl der dort lebenden mutigen Bauernfamilien zu ermitteln. Auf Basis dieser Daten konnte man dann Steuern erheben, um die alljährliche Steuerlast zu ermitteln. Weiterhin musste man sowohl ein Heer ausheben – eventuell Söldner anwerben als auch weiter Spezialisten wie spezielle Handwerker oder Hofalchimisten oder ähnliches in Lohn und Brot nehmen. (Und ja – für all das gab es Tabellen und Richtwerte/Richtlinien, die man anlegen konnte.) Falls irgendwelche mitlitärischen Konflikte am Horizont zu erkennen waren, erstellte man besser schonmal den Streitmachtwert seiner Truppen, um diese bei Bedarf sofort in die Schlacht schicken zu können.

Im Verlaufe eines Jahres passierten nun zufallgenerierte Ereignisse wie Naturkatastrophen oder Angriffe benachbarter Goblinhorden. Das erste Ziel musste also darin bestehen, seine Herrschaft zu sichern, was im Idealfall dadurch erreicht wurde, dass man Bündnisse mit benachbarten Herrschern einging, oder sich einen Lehnsherren suchte, der eine schützende Hand über seinen Vasallen hielt.
Im weiteren Verlauf des Spiels hieß es dann natürlich seinem Reich benachbarte Hexe einzuverleiben, um durch Expansion immer mächtiger werden – diese weiteren Teile des Reiches können dann beispielsweise von den anderen Gruppenmitgliedern beherrscht werden, sollte jeder einzelne Spieler sein eigenes Reich haben wollen – ansonsten fallen die neuen Gebiete einfach unter die Kontrolle des herrschenden Charakters.
Alle Ritt lang wird man zu einem großen Turnier eingeladen (oder richtet eines aus, um die benachbarten Herrscher positiv zu stimmen), auf dem nicht nur alle möglichen in den Regeln abgedeckten Kampf-Arten zwischen Bogen-Wettbewerb oder Ring-Turnier stattfinden, sondern auch auf diplomatischer Ebene so manches geboten ist.

Irgendwann ist das eigene Reich dann sicher so weit ausgedehnt, dass man an ein größeres Gewässer stößt und man neben seiner Armee auch noch eine Flotte aufstellen muss, um eigene Gebiete zu schützen oder feindliche Gebiete einzunehmen.

Ich kann in diesem kurzen Blogbeitrag gar nicht darauf eingehen was genau dann alles geschehen konnte, denn es war EINFACH ALLES möglich.

Es gab keine Grenzen.

5 Gedanken zu „Herrschaftskampagnen mit D&D Classic“

  1. Die Grenze war wahrschienlich nur das Fassungsvermögen des menschlichen Hirns. Auf das wird heute ja mehr Rücksicht genommen, indem man lieber kleine sehr überschaubare Scharmützel oder ähnliches anbietet. Das reicht dann auch für Hirne mit reicht überschauberen Grenzen. Und für alternde Rollogruppen mit überschaubarem Zeitplan. Von alledem halte ich nichts. Es lebe die grenzenlose Freiheit!

  2. Das erinnert mich an die alten AD&D-Tage, an denen ein Rollenspielwochenende mehr aus Burgenbau und Planung als aus eigentlichen Abenteuern bestand!

    Und verdammt nochmal, das hat nen Heidenspaß gemacht! Deshalb freue ich mich schon tierisch auf den Basisbau in Contact, der sicher genausoviel Spaß macht.

  3. Dass das ganze von TSR dann doch eher stiefmütterlich behandelt wurde, zeigt wohl eher, dass auch die damaligen Rollenspieler zum größten Teil keine Lust auf Herrschaftsspiel hatten.

  4. Paizos Kingmaker schlägt nicht nur in eine ähnliche Kerbe, wie du sagst, sondern macht genau das Gleiche. Natürlich fühlt sich das mit 3.x Regeln anders an und es läuft natürlich auch doch wieder irgendwo ein Plot versteckt im Hintergrund, aber deine Beschreibung zeigt noch keinen Unterschied auf – einschließlich Hexe und Turnier. 😉

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