[Rezension] Wege des Entdeckers

Autor: Florian Don-Schauen
Cover-Illustration: Marcus Koch
Verlag: Ulisses Spiele
ISBN: 9783868892260

Format: 167 Seiten, Hardcover, A4
Preis: 30 Euro oder 50 Euro (rotes Kunstleder – auf 150 Exemplare limitiert)

Für jemanden, der sich „schon immer“ mit den beiden Komponenten Dungeons und Exploration auseinander setzt, ist dieser neueste Wege-Band für DSA natürlich ein gefundenes Fressen. FDS hat sich hingesetzt und sämtliche Regeln, die bisher überall verteilt herumschwirren, gesammelt, vereinheitlicht und in einem Band übersichtlich aufbereitet.
Schon das Cover erfüllt Nerd-Träume eines jeden (männlichen) jugendlichen Forschers. An wen denke ich, wenn ich an „Forschen und Erkunden“ denke? Richtig! Indiana Jones! Gedanke zwei: „Indiana Jones mit Titten“ = Lara Croft. Und ein Double eben jener prominenten Raubarchäologin ziert das Cover und zieht direkt sämtlich Blicke auf sich. Blick 2 richtet sich dann direkt auf das, was sie in der Hand hält. Geil! Eine Wumme? Ist der Phaser auf Betäubung gestellt? Nun, im DSA-Kontext kann es sich nur um eine Balestrina handeln. Auch gut. Der nächste Blick richtet sich dann auf die unmotiviert herumhangelnde Dame an Laras linker Seite, die auch schon in diversen Foren ihr Fett abbekam, aber für mich als Laien scheint das ein durchaus valider Weg zu sein, die Schlucht im zu erkundenden Tempel zu überqueren.
Bei aller Kritik, die man als „Traditionalist“ anbringen kann – ich finde die Koch-Cover immer sehr atmosphärisch und finde es ebenso gut wie mutig, ihn dieses Cover zeichnen zu lassen, dass für mich persönlich das Thema „Entdecken“ hervorragend transportiert. Weiter so.
Einen kurzen Satz zu den Innen-Illus muss ich auch noch loswerden (nachdem ich meine limitierte Fassung doch noch geöffnet habe): Damn! Diese Illus sind aber sehr, sehr dunkel! Vor allem die fast identischen auf den Seiten 64 und 67, die wohl den Unterschied in der Ausrüstung darstellen sollen, sind so unfassbar dunkel, dass man nur mit viel gutem Willen überhaupt Unterschiede ausmachen kann. Das ist echt ärgerlich und ich hoffe Ulisses haben ein paar Prozent Rabatt von der Druckerei bekommen (die sie natürlich in irgendein cooles Gimmick für die Käufer des gedruckten Buches ummünzen).

Zum Inhalt:
Nach einer kurzen Einleitung enthält dieses Buch 5 Kapitel, die den Fokus des Meisters aud Reisen und Erforschen legen:
  1. Erforschung unterschiedlicher Regionen
  2. Vorbereitung von Expeditionen
  3. Transportmittel
  4. Ressourcenverwaltung
  5. Das Wetter
Schritt für Schritt:
1. Erforschung unterschiedlicher Regionen
FDS unterscheidet hier 20 unterschiedliche Regionen, die mit einem kurzen Regelkasten und immer zwischen 1 und 2 Seiten Informationstexten vorgestellt werden – als da wären Dichte Wälder, Savannen und Steppen, das Gebirge, unter der Erde, auf hoher See …
Ich finde die Einteilung etwas merkwürdig, da gerade die letzten drei Rubriken nicht so recht zu passen scheinen. Sorry, FDS, aber die Seiten 46 bis 49 hätte ich mir mal gerade gepfiffen. Die riechen irgendwie nach „Strecken“ des Regelwerks, da sie – aus der natur der Sache heraus geboren – so unfassbar allgemein gehalten sind, dass sie schon irgendwo zwischen „unnötig“ und „albern“ rangieren. Abgesehen von diesen Abschnitten über „In Feindesland“, „Der Limbus“ und „Die Globulen“ ist dieses erste größere Kapitel wirklich gelungen und auch am Spieltisch (und zur Abenteuervorbereitung) super verwendbar.
Mein persönliches Steckenpferd fehlt natürlich – klar! Aber in diesen Abschnitt hätten einfach Seiten um Seiten abgefahrener Begegnungstabellen gehört, gerade, wenn man die Regionen so eng eingrenzt. Aber vielleicht erlauben die Jungs (und Mädels) von Ulisses mir da ja mal, ein paar Sachen unter dem Fandom-Mäntelchen zu stricken …
 2. Vorbereitung von Expeditionen
Auch dieses Kapitel ist echt mal nützlich (vor allem, wenn es in eurer Gruppe gerne auch besonders hartwurstig sein darf). Hier werden Überlegungen angestellt, wer eine Expedition ausrüsten wird und mit welchem Ziel im Blick. Dann geht es darum wie eine solche Expedition sich zusammensetzen soll, welche Heldentypen hier welche Aufgaben erfüllen können. Im Anschluss gibt es Regeln zur Informationssuche – sei es in Bibliotheken (mit unfassbar präzisen Regeln), in Kneipen oder ganz einfach auf der Straße… 
Mein absoluter „Favorit“ ist hier die Box, in der man Auswürfeln kann wie das Aushorchen von Forschern regeltechnisch löst, die zuvor eine vergleichbare Expedition begleitet oder geleitet haben. Wow! DAS ist mal eine Regel, die oft zur Anwendung kommen wird.
Schon nützlicher und absolut sinnvoll ist der Abschnitt über das Verwalten der Expeditionesausrüstung. Das ist kurz und elegant gelöst und der Mechanismus ist ganz sicher kurz und schmerzlos in die meisten Systeme zu übertragen.
Die nächsten Seiten werden von detaillierten (und ich meine: DETAILLIERTEN) Ausrüstungstabellen gefüllt, bevor dreieinhalb Seiten sich mit dem Verwalten größerer Expeditionen befassen.
3. Transportmittel
In diesem Kapitel wird dem Regelfreak alles geboten, was er braucht, um glücklich zu sein: neben unfassbar vielen Reittieren und Co. gibt es Tabellen über Tabellen zur Überquerung von Gewässern, Schluchten …
Höhepunkt (und ich denke von vielen Fans heiß erwartet) ist die Tabelle, die sich mit dem CALDOFRIGO befasst und ihn ein für allemal halbwegs vernünftig in ein Regelkorsett steckt.
4. Ressourcenverwaltung
Der feuchte Traum eines jeden Meisters und Spielers, die gerne Ereignisse auswürfeln – ich zähle nur mal kurz auf worauf man alles würfeln kann – that should do the trick: Jagen (unterteilt in Pirschjagd, Ansitzjagd, Hetzjagd, Angeln, Speerfischen, Tierfallen aufstellen) und Nahrung sammeln. Dann gibt es Regeln wo man wann wie warum welche Kräuter findet und schließlich für mich DIE Regelfestlegungen schlechthin über Kochen, Braten, Zubreiten und die Suche nach einem geeigneten Lagerplatz. Wer jetzt noch Regeln haben möchte wie Holz für ein Lagerfeuer gesucht wird und man es entzündet oder wie man genau mit den Nachtwachen verfährt und wie es sich mit der Sicht im Dunklen verhält – hier ist er genau richtig.
Okay, ob man all diese Regeln verwenden will, soll jeder Gruppe überlassen sein, aber die nächsten Seiten über Orientierung sind absolute Weltklasse. Ohne Witz. Der Abschnitt ist absolut gut geschrieben und gibt einem jede Menge guter Ideen an die Hand.
5. Das Wetter
Auch dieses Kapitel bietet genau das, was die Überschrift aussagt – man erhält Tabellen zu Hitze- und Kälteschäden, es gibt etliche Tabellen zur Bestimmung des Wetters und der geneigte Meister erfährt, dass men 1W6 Schadenspunkte pro Spielrunde erleidet, wenn man in einem Sandsturm Mund und Nase nicht schützt oder dass eine Chance von 5% pro Spielrunde besteht, bei Gewitter auf offenem Gelände von einem Blitz getroffen zu werden – satte 20% auf der Kuppe eines Hügels – richtig Pech haben Rondra-Frevler, für die sich die Chance verdoppelt. Nach etwa zwölfeinhalb Minuten wird also ein Rondra-Frevler im statistischen Mittel von einem Blitz umgeballert. Da würde ich an seiner Stelle vorsichtshalber einige Zeit nicht mehr vor die Tür gehen. Hat der arme Wicht dazu noch eine Metallrüstung an, schlägt es im Mittel alle 10 Minuten bei ihm ein.
Absolut positiv ist am Ende des Regelwerkes zu verbuchen, dass die wichtigsten Regeln auf wenigen Seiten zusammengefasst werden und es ein Glossar zwecks schnelleren Zugriffs gibt, wobei zu diesem Zweck auch schon das umfangreiche Inhaltsverzeichnis gute Dienste leistet.
Immer mehr kann ich mich auch an kleineren Ingame-Texten erfreuen und auch die immer wieder vorkommenden grau unterlegten Kästchen sind oft für den Meister, der bisher seine Reisen immer erzählerisch aufgelöst hat oder der sich gar nicht an die Materie herangetraut hat, wirklich hilfreich – nur mal als praktischens Beispiel die Box auf Seite 10, die sich damit befasst, ob man nun jeden Tag lang und schmutzig ausspielen soll oder ob man auch mal Tage oder Handlungen zusammenfassen kann. Die sind wirklich oft gelungen und ich gehe – erstaunlicherweise – oft mit ihnen konform.
Zum Korrektorat an sich kann man nur Positives sagen, aber FDS-Produkte sind da eigentlich von Haus aus immer sehr sorgfältig gearbeitet – wenn da nur nicht die ärgerlichen Hacker und Patzer in diversen Tabellen wären, wo entweder brutal falsch gerechnet oder einfach nur falsche Zahlen und/oder Vorzeichen eingegeben wurde. Schade! Das hätte man durchaus beim Lektorat bemerken dürfen. Auch dem Layouter kann man Kleinkram an den Kopf werfen – warum zum Beispiel sind 5 Zeilen im Inhaltsverzeichnis normal gedruckt, der Rest aber fett?
Insgesamt ist der Band aber wirklich solide mit wenigen Stellen, an denen es sich wirklich lohnt, sich zu echauffieren.
Fazit:
Auch wenn ein leicht spöttischer Unterton mitschwingen mag (was der Tatsache geschuldet ist, dass mein persönlicher Geschmack einfach „regelleichter“ ist) – Dies ist ein wirklich gelungener Wege-Band von dem ich sicher einige Ideen für andere Systeme klauen werde, dem sich Alrik-Normalmeister aber mit Vorsicht nähern sollte, da ihm immer bewusst sein muss, dass es sich um oprionale Regeln handelt. Ob und wie viel man davon tatsächlich am Spieltisch verwenden möchte, liegt am Hartwurstgrad (TM) der Gruppe und kann nur von Meister zu Meister und von Gruppe zu Gruppe entschieden werden.
P.S.: Danke an das Land Rheinland-Pfalz, das es mir mit seiner generösen Entlohnung ermöglicht hat, mir die limitierte Fassung zu kaufen und an Ulisses, die mich mit dem PDF ausgestattet haben, damit ich als Sammler mein gutes limitiertes Teil nicht zu Rezensionszwecken öffnen musste und dafür, dass ich (hoffentlich) das Cover-JPG verwenden darf!
Kaufen könnt ihr das gute Stück natürlich neben dem Rollenspielhändler eures Vertrauens direkt im F-Shop, wenn ihr den Verlag direkt unterstützen wollt (was absolut IMMER eine gute Sache ist) oder beispielsweise beim Sphärenmeister (limitiert oder normal), wenn ihr kleineren Online-Händlern eine Chance geben möchtet.

2 Gedanken zu „[Rezension] Wege des Entdeckers“

  1. Mir sagt die Spielhilfe leider überhaupt nicht zu, weil sie das Potenzial, das auch hier in der Rezension durchklingt, nicht erfüllt. Dafür ist alles viel zu negativ formuliert: Egal, ob man einen Baum erklettern will, um eine bessere Aussicht zu haben, ein Lagerfeuer entfachen, einen Zeitabschnitt bemessen oder eine Nachtwache einteilen möchte… wenn man nicht über Magie, schwer zugängliche technische Errungenschaften oder Fach-Gelehrte verfügt, ist das alles erstmal gar nicht möglich oder sinnvoll.
    Da hätte ich mir doch lieber eine positivere Darstellung gewünscht, etwa: Wenn eine Gruppe Aventurier irgendwo in der Wildnis ein Nachtlager aufschlägt, gehen sie üblicherweise so vor …

    Einige Dinge sind sehr sonderbar, z.B. kann man plötzlich Heilkräuter das ganze Jahr über finden (mit unterschiedlicher Proben-Modifikation), obwohl sie gar nicht ganzjährig vorkommen (z.B. trägt die Vierblättrige Einbeere nur im Herbst Früchte, die Beeren können nun aber plötzlich auch im Frühjahr gefunden werden).
    Oder bei der Hetzjagd gibt es zwar sogar eine Modifikation für den Efferdbart (der für die Jagd auf Wild eher unüblich ist), dafür werden aber für Wurfbeile oder -dolche keine Modis angegeben (wohl aber eine Regel über die Verlustquote dieser Waffen, was sehr inkonsequent ist).
    Da für mich die Hetzjagd eher nagrach- als firungefällig ist, finde ich auch den Bonus durch den Segen Jagdglück unpassend, aber da will ich eingestehen, dass so etwas meinungsabhängig ist.

  2. Danke, ich denke man muss wirklich mit dem Gedanken "Es ist optional – wenn ich es nicht benutzen will verwende ich es nicht in meinem Spiel!" im Hinterkopf lesen muss. Dann muss man sich auch nicht an Formulierungen stören. Das ist mir nämlich in der Form gar nicht aufgefallen.

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