[Rezension] Ein Traum von Macht

Das neue DSA-Einsteigerabenteuer schreit förmlich danach, dass ich es mir mal genauer ansehe…
Ein Traum von Macht
Autor: Florian Don-Schauen
System: DSA
Verlag: Ulisses
Seiten: 110 Hardcover
Preis: 20 Euro
Aussehen“:
Erster Blick auf das Cover. Geniale
Frisur! Tolle Details im Fokus des Bildes. Dann. Oha. Ein eiserner
Ritter, geflügelte Katzen und 3 Raben oder Krähen im Hintergrund,
von denen das vordere Tier aussieht wie ein Kaninchen. Strange, aber
durchaus interessant. Prima ist auch das Kleid der Dame im Zentrum,
das nach unten hin einfach in einem Nebel ausläuft.
Mal sehen wann und wo wir die Elemente
im Abenteuer wiederfinden.
Was mir von außen betrachtet noch
auffällt, ist, dass auf der Aventurien-Karte auf der Rückseite
nicht angezeigt ist, wo wir uns bei diesem Abenteuer befinden. Das
finde ich sonst immer einen sehr nützlichen Service.
Innenillus und Layout sind DSA-typisch
unspektakulär, aber übersichtlich – wobei mir die kleinen Illus
der Bildergeschichte am besten und die Harpyien am wenigsten gefallen
haben. Aber Bilder sind ja immer Geschmackssache und ich liege da
ohnehin gerade bei Fantay-Bildern wohl nicht gerade im
repräsentativen Mittel.
Was allerdings auf den ersten Blick
auffällt, ist, dass es für die etlichen Handlungsorte, die im Laufe
des Abenteuers vorzukommen scheinen, lediglich eine einzige Karte
abgedruckt ist und auch die ist keine stylische Übersichtskarte,
sondern eher eine schematische Darstellung.
Zum Lektorat muss man nicht viel sagen,
außer, dass man es mal positiv hervorheben kann, wo es doch sonst so
viel Schelte gibt. Es gibt einige kleine Hacker, wie den „schalen
Pfad“ oder direkt die erste Vorlesebox, wo der letzte Abschnitt
ganz sicher nicht hinein soll. Auch, dass eine Box mit Belohnungen
(die eigentlich eher ein kurzer Infotext zu hochelfischen Artefakten
ist) nicht abgedruckt wurde, ist schade, aber zu verschmerzen, da
deren Inhalt im Ulisses-Forum schon nachgeliefert wurde und wohl auch
als schick bearbeitetes PDF nachgereicht werden soll.
Aber ansonsten sind ja von FDS
geschrieben oder übersetzte Texte schon immer recht sauber und
„fehlerbereinigt“ – da muss man sich nicht viele Sorgen machen.
Wo wir nun schon beim genaueren
Betrachten der Texte sind, können wir nun auch zu dem kommen, was
ein Abenteuer ausmacht …

„Innere
Werte“:
Puh! Wie drücke ich es charmant und
freundlich (wie es meine Art ist) aus?
Dieses Abenteuer ist aus
vielerlei Gründen nicht so meins!“
So! Das wäre erledigt, jetzt kann ich
mich guten Gewissens dran machen Positives zu schildern und zu
erklären welche Passagen oder Mechaniken mir nicht so schmecken.
ACHTUNG! Wer
das Abenteuer noch spielen möchte, sollte hier besser nicht
weiterlesen!
Fangen wir doch mal mit dem an, was gut
gemacht ist. (Apropos „gut gemacht“ – an dieser Stelle sollte
ich vielleicht in einem „aside“ erwähnen, dass ich natürlich
keine absoluten Wahrheiten verkünden kann, sondern lediglich nach
den Kriterien bewerte, die mir wichtig sind. Dass das nicht das Maß
aller Dinge sein kann, ist mir völlig bewusst.)
Zuerst fällt auf – das Ding ist
wirklich gut und unterhaltsam geschrieben. Liest sich von vorne bis
hinten wie ein Roman und schlägt an Aufbau von Spannungsbögen und
Personenzeichnungen einiges, was man sonst auf dem Fantasy-Romanmarkt
findet. Auch das Thema ist dazu angetan, den frischen Helden den
Eindruck zu geben, nicht nur Ratten im Keller unter der Schenke töten
zu dürfen, sondern sich tatsächlich mittendrin im „großen
Geschehen“ Aventuriens zu befinden. Gefällt mir.
Es gibt tolle Momente mit Gelegenheit
für Rollenspiel, wie die Swafnirsprobe und denkwürdige
Meisterpersonen wie den Auftraggeber Deoderich, die geflügelten
Katzen oder die Thorwlerin Ifirnja. Da ergeben sich ganz sicher
einige Szenen, die den Rollenspielneulingen im Gedächtnis haften
bleiben werden. Ich denke gerade in diesem Punkt zeigt sich eine der
Stärken von FDS – das ist wirklich ausgesprochen gut gelungen.
Super für Einsteiger sind viele kleine
und große grau unterlegte Boxen mit kleinen Hilfen,
Personenbeschreibungen und Tipps – so wird beispielsweise auf fast
zwei Seiten darauf eingegangen, wie mit Informationen zu Hochelfen
umzugehen ist – sowohl aus Helden- als auch aus Spielersicht. Auch
geben diese Boxen Hinweise wie man das Abenteuer anders gestalten
kann, wie zum Beispiel wie man den Abschnitt „Farlorn“ umgehen
kann, damit der hoffnungsvolle Nachwuchsmeister nicht denkt er müsse
seine Gruppe durch das Dörfchen prügeln, auch wenn diese gar keine
Lust darauf hat.
Wo aber sind die Knackpunkte? Ich werde
das Wort Railroading in diesem Beitrag nur einmal benutzen (und zwar
genau hier), denn darum geht es mir gar nicht. Mittlerweile habe ich
mich damit abgefunden, dass es zu vielen DSA-Produkten gehört und
dass sehr viele Spieler und Meister damit kein Problem haben, es
sogar als etwas Positives ansehen. Gut. Reisen werden also nicht
irgendwie mit Hilfe irgendwelcher Regeln ausgespielt, sondern mehr
oder weniger erzählerisch gelöst und mit kleinen fest geplanten
Elementen „ausgeschmückt“. Und das ist bei den ersten Stationen
permanent er Fall. Es geht einfach zum nächsten Ort. Keinerlei
Variation möglich.
Erst bei der Reise durch das Gebirge
wird diese – durchaus valide – Möglichkeit, Reisen auszuspielen,
etwas genauer ausgearbeitet und selbst wenn die Spieler nicht
wirklich bestimmen können, wann es wie warum woher gehen soll, gibt
es doch unterschiedliche passende Begegnungen und Ereignisse, die
ihnen zumindest die Illusion geben könnten, für ihr eigenes
Schicksal verantwortlich zu sein.
Ich wäre auch gar nicht drauf
rumgeritten, wenn nicht FDS just vor ein paar Tagen im
Herokon-Interview gesagt hätte, dass er so tolle freie
Einsteigerabenteuer schreiben würde und das hier, mein Herr, ist
sowas von überhaupt nicht frei.
Ein kurzes Wort zum Thema „Freiheit“
– ich beobachte den deutschen Markt ja erst wieder seit einigen
Jahren, aber es fällt schon auf, dass DSA immer noch mit vielen
Sachen zu kämpfen hat, die seit den Endachzigern gang und gäbe
sind. Scheint mir eine logische Entwicklung zu sein, denn die Autoren
wachsen mit den Machwerken der Autoren vor ihnen auf, welche wiederum
größtenteils die Texte der DSA-Autoren kennen, die wiederum die
Abenteuer und Regelwerke der vorhergehenden Autoren gelesen haben,
welche ihrerseits mit Uli K. An pädagogisch wertvollen
Hotzenplotzgeschichten geschrieben haben. Ihr versteht was ich meine?
Was man der aktuellen Ulisses-Spitze
und Redaktion (schon seit einigen Jahren) hoch anrechnen muss, ist,
dass sie versuchen, diesen Teufelskreis aufzubrechen und auch mit
Autoren zusammenarbeiten, die nicht die typische DSA-Sozialisierung
erfahren haben. Natürlich kann man auch immer mehr beobachten, dass
die DSA-Autoren breiter gefächerte Interessen aufweisen, wodurch dem
„Problem“ (was es ja nicht für jeden sein muss) auch aus anderer
Richtung beigekommen wird. Und nochmal für’s Protokoll. Ich denke
nicht, dass jedes DSA-Abenteuer eine Hexkarte haben muss und jeder
erzählte Reiseabschnitt „das Böse“ ™ ist, aber eine etwas
breitere Produktpalette könnte auf jeden Fall nicht schaden.
Kommen wir noch einmal kurz zur
Organisation der Reise, denn die ist regeltechnisch schön abgebildet
und mir fehlt einfach an dieser Stelle ein graues Kästchen. So wird
der unerfahrene Meister brav den Regeln entsprechend das Vorankommen,
Nahrungssuche, Schlafplatz, Orientierung,… abgehandelt, wo ich die
Gefahr sehe, dass das rein mechanisch geschieht und nicht organisch
in die Handlung eingebunden wird. Da wäre ein kurzer Meisterhinweis
nicht übel gewesen.
Eins muss auch mal raus: Dieses
Abenteuer hat viel zu viele und viel zu lange Vorlesetexte. Klar wird
erwähnt, dass sie auch umschrieben werden können oder enthaltene
Informationen im Zuge des Ausspielens gegeben werden können, aber
welcher Meister-Frischling wird das schon tun? Er wird brav die Boxen
vorlesen und wenn er kein begnadeter Entertainer ist, seine Spieler
zu Tode langweilen. Schade, hier wäre weniger mehr gewesen.
Mich selber ärgert es auch immer, wenn
Informationen, die die Helden nicht aus eigener Kraft erlangen, dann
von Meisterpersonen oder aus anderer Quelle zugefüttert werden. Eine
Methode die ich nicht für sonderlich elegant halte und sie kommt
hier immerzu vor, denn es gibt viele kleine bis mittlere
Nachforschungs-Elemente in diesem Abenteuer. Aber das mag auch nur
Geschmackssache sein, ich wollte es nur erwähnt haben.
Mein persönliches Hauptproblem aber
ist, dass die Ergebnisse zu vieler (wichtige) Szenen schon im
Vorhinein feststehen. Jungs, das ist „so 90ies“! Klar macht man
mit den Elfenartefakten ein ordentliches Fass auf, aber dann
Ergebnisse festzuschreiben ist meiner Meinung nach nicht das richtige
Mittel, um der Problematik Herr zu werden. Nur mal so aus der Hüfte
geschossen ist die fetteste Festsetzung:
Bei der Ankunft in Nostria ist
Deoderich tot – okay. Das geht ja noch. Aber dass niemand den
Helden glauben soll, egal was auch immer sie tun, ist echt bitter und
frustrierend.
Aber auch vorher schon gab es etliche
Szenen, wo es völlig egal ist, was die Helden tun, die Plotmaschine
läuft gnadenlos auch ohne ihr Zutun weiter. Alleine im letzten
Kapitel gibt es da das Iamandalwa, das die Helden auch völlig
ohne ihr Zutun irgendwie aus der Situation rettet. Kurz zuvor findet
ein Kampf statt, für dessen Teilnehmer es nicht einmal Werte gibt
und den wichtigen Hinweis: „Gestalten Sie auch einen solchen Kampf
eher spektakulär und dramatisch als regelgenau.“ Solche Abschnitte
durchziehen tatsächlich den gesamten Text. Come on, Flo! It’s not
1992!
Fazit:
Ein absolut spielbares Abenteuer mit
einer für Anfängerhelden außergewöhnlichen Handlung, vielen
denkwürdigen Szenen und Personen. Wer sich nicht daran stört, dass
viele Dinge schon feststehen, bevor die Helden Aventurien auch nur
betreten haben, wird den Traum sehr gerne träumen.
Mit freundlicher Unterstützung von
Ulisses-Spiele.
… herrje – jetzt ist die kurze
Besprechung schon zu Ende und ich habe nicht einmal das Wortspiel mit
„Alben“ und „albern“ verwurstet. Naja, man kann nicht alles
haben.

2 Gedanken zu „[Rezension] Ein Traum von Macht“

  1. Öhmmm…. Ich hatte die Aussage von FDS irgendwie anders verstanden. Nämlich das er selber gerne "freie" Abenteuer leitet, aber für die Einsteiger-Reihe halt so etwas nicht abliefern soll:

    Dazu muss ich allerdings auch sagen, dass ich als Spielleiter komplizierte Abenteuer mit mehreren Ebenen und Handlungssträngen und einer großen Spielerfreiheit bevorzuge. Aber im Spektrum der DSA-Abenteuer war ein Mangel an einfacher strukturierten Einsteigerabenteuern augenfällig, deswegen bin ich in diese Lücke gesprungen. Und nach dem Erfolg der Spielsteine-Kampagne war ich auf solche Abenteuer abonniert und bekomme halt immer wieder entsprechende Schreibaufträge.

    Gruß,
    Teich

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