[Rezension] Ein ruhiges Jahr (System Matters)

… und mal wieder eine kurze Rezension eines Spiels der „kleinen Reihe“ von System Matters – dieses Mal sehe ich mir Ein ruhiges Jahr an.

Disclaimer: Ich habe ein Rezi-Exemplar erhalten – was mich natürlich nicht im Geringsten beeindruckt. Zerreißen ist angesagt!

Das Cover – (co) System Matters
  • Produkt: Ein ruhiges Jahr
  • Autorin: Avery Alder
  • Illustrationen/Layout: Axel Weiß/Patrick Wittstock
  • Verlag: System Matters
  • Aufmachung: Querformat, A5, 72 Seiten
  • Erscheinungsjahr: 2018
  • Preis: 14,95 Euro (7,49 Euro für das PDF)
  • ISBN: 978-3-96378-006-6

Gestaltung

Die Jungsmädels von System Matters haben einfach ein Händchen für tolle Gestaltung von Rollenspielprodukten, wobei erfreulich oft der Spagat gelingt, das Teil sowohl übersichtlich als auch einfach schön daherkommen zu lassen. Hier gibt es 5 Kapitel (plus Anhänge), wobei jedes Kapitel von einer farbigen, ganzseitigen Illustration eingeleitet wird. Und dabei handelt es sich nicht um klassische Fantasy-Rollenspiel-Zeichnungen, sondern um wahrhaftige Gemälde. Das fällt sofort ins Auge.

Die Rückseite – (co) System Matters

Auch didaktisch ist der Band einfach nur gut, denn ich kann das Buch lesen und habe immer zwischendurch Passagen, die ich den Spieler*innen vorlesen kann mit genauen Instruktionen, was wir als Gruppe tun müssen. So bin ich nicht direkt Spielleiter, sondern im Prinzip ein normaler Spieler, der einfach nur das Buch vor sich liegen hat, es schnell liest und die anderen immer wieder ins Spiel hineinzieht.

Trennergrafik – (co) System Matters

Letzter positiv zu erwähnender Punkt ist es, dass die Illustrationen das soeben Gelesene immer wieder ausgezeichnet unterstützen. So habe ich eine komplette Seite ziemlich zu Beginn, die gezeichnet darstellt, was wir alles zum Spielen benötigen. Ein toller Service.

Inhalt

Tja, was brauchen wir also?

  • Spielkarten
  • Referenzkarte
  • Orakeltabelle
  • Bleistifte
  • Radiergummi
  • 20 Ärgersteine
  • Karteikarten
  • 6 sechsseitige Würfel
  • 1 DinA 4 Blatt

Dazu noch 2-4 Spieler*innen und 2-4 Stunden Zeit. Die Zeitangabe scheint mir sehr korrekt. Wir haben immer zwischen 2,5 und 3,5 Stunden gebraucht.

Nun spielen wir sowohl eine Gruppe, die ein Gebiet nach dem Krieg mit den Schakalen wieder aufbaut, als auch das Gebiet selber. Hört sich verrückt an, funktioniert aber super.

Die Karten werden nach „Farbe“ sortiert und dann sind: Herz = Frühling, Karo = Sommer, Kreuz= Herbst und Pik = Winter.

Vor Spielbeginn wird gemeinsam im Gespräch das Gelände angelegt. Die Gemeinschaft nimmt nun etwa ein Drittel des Blattes ein, es werden Details beschrieben und von allen am Tisch ergänzt.

Seite 57 – (co) System Matters

Anschließend werden Rssourcen festgelegt, die für unsere Gemeinschaft wichtig sind – eine pro Spieler*in. Eine davon ist im Überfluss vorhanden, an den anderen mangelt es.

Von nun an wird das Buch am Tisch herumgegeben, damit jede*r mal etwas vorliest. In jeder Runde (Woche) wird eine Karte gezogen, die dann einen Orakeltext im Anhang des Buches auslöst. Die Projektwürfel werden um 1 gesenkt, Projekte werden abgeschlossen und die aktive Spielerin kann eine Aktion ausführen: Etwas Neues entdecken – Eine Diskussion abhalten – Ein Projekt beginnen.

Mein Lieblingsmechanismus sind die „Ärgersteine“. Diese nehme ich mir, wenn ich den Eindruck habe, dass ich etwas nicht sagen darf oder meine Meinung nicht genug Gehör findet. Die Dinger hießen in allen Runden schnell „AfD-Steine“. Anders als im wahren Leben sind diese Steine aber ein sehr sinnvoller Mechanismus, die das Zusammenleben und die Organisation von Gesprächen unterstützen. Ich darf nämlich beispielsweise beim Angehen von Projekten nicht wiedersprechen, wenn ich nicht aktiver Spieler bin, aber ich kann mir einen Stein nehmen und ihn vor mir ablegen, um zu zeigen, dass ich nicht einverstanden bin. Gleiches gilt, wenn ich gerne außerhalb der Spielreihenfolge sprechen würde, was mir aber schlicht und einfach verboten ist.

Die Steine zeigen an, wie rauh das Klima in unserer Gesellschaft ist. Ich kann sie allerdings durch uneigennützige Taten wieder abgeben, um zu zeigen, wie wichtig mir die Gemeinschaft ist.

Insgesamt sind die Rederegeln sowohl ein Hemmnis als auch eine der Stärken von ErJ. So muss ich mich als Spieler an die Reihenfolge halten, und darf nicht frei über die nächsten Schritte sprechen – dies stellt dar, wie schwierig es ist, alle Mitglieder der Gemeinschaft in die Geschehnisse zu integrieren

Nun werden Woche für Woche neue Orakelkarten gezogen und die Gemeinschaft entwickelt sich weiter. Das Spiel endet augenblicklich, wenn der Pik-König gezogen wird, denn dann erscheinen die Frosthirten. Finito.

Hmmm… Ich bin mir nicht ganz sicher, ob diese Besprechung dabei hilft, zu verstehen, wie genau das Spiel funktioniert, aber ich würde ohnehin dazu raten, die paar Euro zu investieren und euch selber am Tisch durch den band zu schmökern…

Fazit

Respekt. Ich habe lange nicht mehr so viel Spaß beim Erschaffen einer Welt gehabt – und das mit nur einem Spielkarten-Blatt, 6 Würfeln und ein paar Token – okay Papier und Stifte waren auch beteiligt.

Ich mochte es sehr, dass das Buch so aufgemacht ist, dass man sich direkt im Zuge des Spiels hindurchlesen kann und gleichzeitig das Spiel versteht und Passagen hat, die man den Spieler*innen vorlesen kann, um auch sie direkt in das Spiel hineinzuziehen.

Bitte rechnet hier nicht mit einem D&D-Style-Rollenspiel, hier gibt es völlig andere Zielsetzungen und Mechanismen, aber wer sich darauf einlässt, wird mit einer angenehmen Spielrunde belohnt. Auch das Konzept, sowohl die „Helden“ zu spielen als auch die Spielwelt, finde ich einen tollen Kniff.

Bewertung

4,25 von 5 wieder aufgebaute Zivilisationen

[Rezension] Ork Kriegskunst (Truant / Osprey)

Ich muss doch mal ein paar ältere und schicke Sachen wegrezensieren, dienach dem Neustart zur wieder etwas old-schooligeren Seifenkiste passen. Den Anfang macht da ein absolut system- und werteneutraler Quellenband aus dem Hause Truant ORK KRIEGSKUNST. (#werbung # rezensionsexemplar)

Das Cover – (Co) Truant Spiele

System: neutral

Autor: Chris Pramas (Übersetzung von Jan Enseling)

Verlag: Osprey (deutsche Fassung von Truant)

Aufmachung: Softcover, etwas größer als DinA 5, 64 Seiten, vollfarbig

Erscheinungsjahr: (19.01.) 2017

Preis: 14,95€

ISBN: 978-3-934282-78-

GESTALTUNG

Sehr old-schoolig und ruhig gesetzt, wenige, aber dafür oft vollfarbige und ganzseitige Illus aus einem Guss. Ein schönes, übersichtliches Buch, das man wirklich gut lesen kann. Nix zu beanstanden – ich zeige euch mal ein beispielhaftes Bild…

Illu eines Schamanen – (Co) Truant

INHALT

Das komplett regel- und wertefreie Buch schildert die Orks – vor allem alles, was bei ihnen mit Krieg zu tun hat. Persönlich wäre ich ja titelmäßig eher bei etwas flüssiger zu lesendem wie „Die Kriegskunst der Orks“ oder so gewesen, aber insgesamt geht die Übersetzung, abgesehen, von einigen kleinen umgeangssprachlichen Schlenkern mehr als in Ordnung und das Buch liest sich einfach gut. Obwohl es fast schon wie ein wisschenschaftlich angehauchtes Sachbuch aufgebaut ist, kann man es hervorragend einfach runterlesen und seine bisherige Meinung über Orks etwas überdenken. Neben den eigentlichen Texten gibt es immer wieder Boxen mit interessanten Details

Aber zurück zum Inhalt – dieser gliedert sich in: Die OrksOrkische Truppenarten Strategien und TaktikenOrkische Siege.

Insgesamt gefällt es mir ausgezeichnet, dass hier die Orks mal nicht die trotteligen EP-Lieferanten sind, die man aus so vielen klassischen Rollenspielen kennt, sondern Pramas hat ihnen Kraft und Persönlichkeit gegeben – gerade das letzte Kapitel mit den orkischen Siegen rockt hier total und ja, diese Elfen, Zwerge und Menschen haben ihre Abreibungen mehr als verdient…

Hmmm… Ich habe keine Lust, euch mit Aufzählungen des Inhalts zu langweilen – versuche mal, das etwas runterzubrechen und auf die interessantesten Punkte einzugehen. So gibt es im ersten Abschnitt bei den acht verschiedenen Ork-Arten an schönem Detail zum Beispiel auch See-Orks, die aus der Not geboren begannen, zur See zu fahren, die sich aber mittlerweile zu einer beachtenswerten Seemacht gemausert haben. Eine interessante Idee, die ich ganz sicher mal in künftigen Kampagnen und Welten einbauen werde…

Abschnitt zwei zählt dann satte 18 verschiedene Ork-Truppen und Hilfstruppen auf. Wolfsbogenschützen kennt hier ja beispielsweise jeder, aber in Kombination mit Feuerkugeltruppen und ein paar Trollen als Unterstützung wird da doch direkt schon eine ganz andere Nummer draus. Gefällt mir super. Und ich kann mir vorstellen, dass gerade dieses Kapitel nicht nur eine Freude für Spielleiterinnen, sondern auch für Autoren mit Fantasy-Ambitionen interessant sein könnte. (Mmmmmhhhhhh. Und Orkpiraten werden hier auch erwähnt! Rock’n’Roll!)

Hat man jetzt schon haufenweise Ideen, wie man seinen Charakteren mit einem Orkstamm die Hölle heiß machen kann, so wird das nach dem nächsten Kapitel nochmal potentiert sein. Meine Orkstämme sind bisher immer den Hügel hinauf auf die Charaktere und ihre Truppen zugestürmt und wurden blutig zurückgeworfen, aber, verdammte Axt, diese Bestien haben durchaus mehr drauf – und das sowohl im Feld, bei einer Belagerung und zur See. Klasse. Ich habe gerade richtig Lust, ein auf Orks basierendes Abenteuer zu schreiben; mal sehen, was die Osterferien noch so bringen…

FAZIT

Für wen (wie mich) Orks bisher nur EP-Spender für niedrigstufige Charaktere waren, dem wird die Lektüre dieses Buches die Augen öffnen. Pramas hat das echt gut strukturiert und zusammengestellt und die deutsche Überetzung stellt sich dem nicht großartig in den Weg. Das Buch liest sich flüssig runter und dient an vielen Stellen als herausragende Inspirationsquelle. Selten habe ich mir nach dem Lesen eines Quellenbandes so viele Notizen auf Schmierzettel gepinnt und hatte große Lust, die sofort zu einem Abenteuer zu verwursten – ein viel größeres Lob kann es eigentlich gar nicht geben.

BEWERTUNG

4 von 5 Orkstürme