[Theorie] Railroading zu Abenteuerbeginn

Vor einigen Tagen hörte ich das System MattersPodcastinterview, das die Koryphäe des deutschsprachigen Swords&Wizardry Günther mit Gazer PressMarkus führte.

Darin ging es unter anderem um das demnächst erscheinende Abenteuer Wintertod und die Tatsache, dass die Charaktere sich in diesem direkt zu Beginn in Gefangenschaft befinden und das Abenteuer darin besteht, sich daraus zu befreien. Die beiden sprachen dann im Zuge dessen über Railroading und die Tatsache, dass es mehrere vorgeschlagene Einstiege gäbe, um eben dieses Railroading umgehen zu können. Eigentlich ja ein nobles Ansinnen, das ich unterstützen würde, aber…

Ich habe da echt während mehrerer Laufrunden drüber nachgedacht und habe versucht, meine persönliche Meinung dazu halbwegs kohärent zu formulieren. Denn – und das war es, was mir im Kopf herumspukte – eben diese ganzen unterschiedlichen Optionen und Vorschläge sind natürlich Railroading in Reinform. Die Gruppe kann hier tun und lassen was sie will – am Ende führen alle Wege in die Gefangenschaft.

Da ist es wirklich deutlich ehrlicher (in einem One Shot) zu sagen: „Eure Charaktere befinden sich in Gefangenschaft – befreit euch!“

Für eine Kampagne würde ich mir da sämtliche Vorschläge schenken, die Machtgruppe, die die Charaktere gefangen nehmen wird, in die Handlung einbauen und dann wirklich das Abenteuer so lange liegen lassen, bis die Gruppe wirklich einmal auf „natürliche“ Art und Weise in Gefangenschaft gerät. Passiert dies nicht, ist zwar das Abenteuer für die Füße und ich habe es umsonst gekauft, aber ich muss mich wenigstens nicht verbiegen. Selbstverständlich wird die gegnerische Partei, wenn es in ihre Pläne passt, versuchen, der Charaktere habhaft zu werden, aber ich würde das wirklich nicht forcieren oder über das Knie brechen wollen.

Was denkt ihr? Tue ich mich da unnötig schwer? Ist das Kokolores? Liege ich richtig?

5 Gedanken zu „[Theorie] Railroading zu Abenteuerbeginn“

  1. Ich denke, du tust dir da unnötig schwer. Wenn sie natürlich in Gefangenschaft geraten ist das natürlich ideal, aber wenn nicht und dir das Abenteuer unter den Fingern brennt, fände ich ein offenes Gespräch mit der Gruppe völlig ausreichend. Sowas wie das folgende:

    „Ich habe ein tolles Abenteuer zum Befreien aus Gefangenschaft. Wäre es für euch OK, wenn wir das spielen? Dafür müssten wir in Gefangenschaft kommen. Die Frutarier-Amtskreider jagen euch ja schon lange — wäre es OK, wenn die euch mal nachts erwischt und eingesperrt haben?“ — falls „eher nein“ oder so „wäre eine andere Gruppe für euch OK? Gibt es Bedingungen, unter denen es für euch OK wäre? Oder habt ihr Ideen, wie ihr eingesperrt worden sein könntet, die für euch passen würden? Falls wir keine finden, würde ich das Abenteuer fallen lassen, ich würde es aber eigentlich gerne mit euch spielen.“

    1. Ganz grob ist es ja das was ich sage. In einem One Shot würde ich da einfach in die Situation reingehen.

      In einer Kampagne wäre es mir unangenehm, da „unnatürlich“ in die Situation hineinzuführen.

  2. Da bin ich bei Dir.

    Irgendwo muss meiner Meinung nach ein Oneshot einsteigen. Warum nicht in Gefangenschaft? Das hat für mich nichts mit Railroading zu tun. Es sollte dann nur sichergestellt werden, dass die Gruppe direkt in Gefangenschaft beginnt und nicht bei der Gefangennahme. Denn bei einer Gefangennahme sollte die Gruppe die Möglichkeit haben, sich zu widersetzen, wegzulaufen etc. Das heißt, dass hier erst Railroading greift, wenn ich den gewünschten Ausgang – Gefangenschaft – als SL erzwinge.

    In einer Kampagne finde ich das schwierig. Meiner Erfahrung nach läuft das eher schlecht, weil die meisten Gruppen lieber bis zum Tod kämpfen, maximal noch weglaufen, wenn eine Gefangenschaft in Aussicht steht. Das funktioniert eventuell, wenn es Teil eines Plans ist, den die Gruppe selbst ausheckt. Das macht den Einstieg ungünstig, weil hier viel zusammenkommen muss. Was meiner Erfahrung nach jedoch funktionieren kann: Wenn die SL ehrlich kommuniziert, dass das Teil des nächsten Abenteuers ist, denn dann wird es häufig akzeptiert. (Warhammer-Einsteigerset ich schiele auf Dich!)

  3. Ich sehe das auch so. In dem Fall, dass das Gefangensein als Prämisse vor einem One-Shot etabliert wird, ist es für mich auch kein Railroading, weil die SCs eh noch keine Entscheidung treffen können. Problematisch wird es, wenn man es in einem laufenden Spiel zurechtbiegt, damit die Gefangennahme zustande kommt.

  4. Railroading ist ein übler Dämon der immer wieder in Abenteuern auftaucht.
    Erfahrene Spielleiter und Spieler können (hoffentlich) damit umgehen, das ihnen Nachhaltige Entscheidungen für einen Teil des Abenteuers abgenommen werden.
    Aber was ist mit den neuen Spielleitern, die ihre Inspiration aus eben solchen Kaufabenteuern beziehen?
    Hier wird Ihnen vermittelt, dass es ok ist, den Spielern ihre Entscheidungsfreiheit zu nehmen, wenn es das Abenteuer voranbringt.
    Dies ist IMHO eine ganz große Gefahr. Deshalb lehne ich derlei Railtoading in jeglicher Form strikt ab.

Kommentare sind geschlossen.