[Rezension] Die Baker Street-Artefakte

Feder & Schwert haben mich mal wieder mit einem Rezi-Exemplar ihrer Neuheit versorgt. Prima, denn das Ding ist (neben seinen inneren Werten) ein absoluter Blickfang im Regal. Was sage ich, das Ding gehört in eine Glasvitrine!
Das Cover – (Co) Feder & Schwert
Produkt: Die Baker Street-Artefakte
Autor: Christian von Aster (Hrsg.)
Verlag: Feder & Schwert
Aufmachung: fest eingebundene Kladde mit Gummiband-Verschluss
Erscheinungsjahr: 2015
Preis: 17,99 Euro
ISBN: 978-3-86762-249-3
Gestaltung
Alter, ich wusste ja, dass bei Feder & Schwert Leute arbeiten, die Bücher lieben, aber das kleine Schmuckstück hier ist einfach eine Wucht. Das etwa A5 große Buch hat abgerundete Kanten und eine Einbanddicke irgendwo zwischen Taschenbuch und gebundener Ausgabe. Es ist mit einem Gummiband zu verschließen und hat das unaufdringliche Umschlaglayout eines schicken Notizbuches. Chapeau!
Inhalt
Hey, was muss ich da auf dem Cover lesen? „Spektakuläre Entdeckungen in einem Saarbrücker Hinterzimmermuseum“?!? Wie? Was? Wo? Baker Street und kein Sherlock Holmes?!? Verdammte Axt, wollt ihr mich veralbern?
… wenig später mit einem leidlich auf Normalmaß getrimmten Blutdruck kann ich mir dann endlich das Vorwort des Herausgebers durchlesen und erfahre, dass als „Backdrop“ für die hier versammelten Kurzgeschichten ein (fiktiver???) Saarbrücker Pub dient, in dem bei Baumaßnahmen ein Raum gefunden wurde, der etliche Artefakte versammelte, die der (fiktive???) Weltenbummler Heinz Rox-Schulz hier versammelt hat. So wird jede der 16 Kurzgeschichten von einer Seite eingeleitet, auf der ein Exponat abgedruckt ist, das zentraler Anteil des im Anschluss gewobenen Seemannsgarns ist. Großartige Sache. Gefällt mir sehr gut und ich bin versucht, meine Enttäuschung ob der mangelnden Sherlockholmesigkeit zu vergessen. Also nichts wie rein in die Sammlung.
Ich denke mal ich greife meine 3 Favoriten-Geschichten raus, schreibe kurz was zu ihnen und versichere euch, dass die restlichen Stories auch allesamt nicht von schlechten Eltern sind:
Beginnen wir mit Brandspuren von Oliver Hoffmann. Sauber. Der gute Olli scheint beim Briefing gepennt zu haben oder die Mails des Herausgebers nicht gründlich genug gelesen zu haben, denn hier haben wir doch eine waschechte Holmes-Erzählung vorliegen. Oder sagen wir zumindest mit einer Geschichte aus dem Holmes-Universum, denn hier klärt Moriarty eine Mordserie auf, die eigentlich gar nicht als eine solche zu erkennen ist. Der Autor spielt sehr schön mit Holmes-Klischees und dei Auflösung ist sogar fast ein wenig überraschend…
Total cthuloid und recht morbide kommt Ding-Ding von Germaine Paulus daher. Der Ich-Erzähler ist im Besitz einer Säge eines Sägerochens, der ihn via Gedankenkraft mit dem Vorbesitzer Jakob Hannsen verschwimmen lässt und nicht mehr aus seinem Kopf verschwinden will. Die „alte Kätt“ erklärt sich bereit ihm zu helfen…
Hört sich schleimig an ist aber so: Auch die Geschichte von Herausgeber und Initiator Christian von Aster Das Dunkle Erbe von Amarna gehört unbedingt in meine Top 3. Die könnte von Stimmung und Handlung her auch aus der Feder des großen Meisters H.P.L. stammen. Hier sorgt eine Mumie im Saarbrücken der 50er Jahre für einige morbide Unordnung…
Mir fällt gerade auf, dass ich alle drei Kurzbeschreibungen mit drei Punkten habe enden lassen. Was für ein dämlicher Kniff, der eigentlich schon beim ersten Mal nervt. Sorry, aber genau so offen sind alle Geschichten, die sich zumeist in bester Lovecraft-Manier mit den letzten zwei bis drei Sätzen noch einmal komplett  drehen.
Wie in solchen Anthologien üblich wird die Sammlung mit Kurzvorstellungen der Autoren beendet, die wahrscheinlich kaum jemand liest, aber ich habe immer Spaß daran, wenn ich die vorher gelesenen Werke im Anschluss besser einordnen kann. Das kommt meinem Schubladengehirn sehr entgegen.
Fazit
Sieht toll aus, liest sich mehr als gut, hier gibt es nicht viel zu bemängeln.
Bewertung
4 von 5 durchgeknallte Artefakte