Äh, ja! Nachdem ich bei Facebook auf diesen völlig wahnsinnigen Titel gestoßen war, konnte es nur noch die Sache von Sekunden sein, bis ich ihn mir irgendwo bestellte. Gesagt, getan. zwei Tage später lag das gute Stück im Briefkasten und bei 132 Seiten leistete es dann auch nicht viel Widerstand.
Titel: Sherlock Holmes und die Legende von Greystoke
Autor: Philip José Farmer
Übersetzer: Ben Sonntag
Lektorat: Thomas Michalski
Verlag: Atlantis
Format: Taschebuch, 132 Seiten
ISBN: 978-3-86402-066-7
Preis: 10€
Er kann’s noch!!! Heureka! Und hier rede ich nicht von Arthur Conan Doyle oder Philip José Farmer, sondern von Thomas, dem Lektor, dem es hier gelungen ist, einen erfreulich fehlerlosen Roman auf die Menschheit loszulassen. Bärenstarke Leistung!
Die kann man aber allen Beteiligten attestieren. Die Übersetzung ist wirklich gelungen und liest sich schön flüssig runter und die gesamte Story ist einfach nett verschroben, obwohl sie ihren Vorbildern nicht in allen Elementen gerecht werden kann.
Aber kommen wir kurz zum Inhalt: Holmes und Watson werden im Jahr 1916 als betagte Herren von Mycroft noch einmal „reaktiviert“, um einen Bazillus in ihre Gewalt zu bringen, der ursprünglich entwickelt wurde, um die Moral der deutschen Wehrkraft dadurch zu zersetzen, dass er die gesamten Sauerkrautvorräte vernichtet. Nun ist der Bazillus in die Hände der Deutschen geraten und könnte „umprogrammiert“ werden und Ale oder Stout vernichten, was wiederum die Moral der Briten empfindlich schwächen würde.
Äh, natürlich! Schon klar! Dieser Aufhänger führt auf jeden Fall dazu, dass die beiden altern Säcke von einer Art Richthofen auf LSD und später von einem russisch-englischen Gentleman-Piloten nach Afrika transportiert werden. Dort kommen sie natürlich nicht dort an, wo es hingehen sollte, sondern müssen auf einem deutschen Zeppelin notlanden. Auch dieser macht es nicht mehr lange und sie landen inmitten eines Dschungels, wo sie von Tarzan (Greystoke) gerettet und anschließend von einem Kannibalenstamm gefangen genommen werden. Fehlt eigentlich nur noch Superman für eine wirklich gute Geschichte…
Ich persönlich habe mir noch etwas mehr „holmeseskes“ erwartet. Okay. Die Geschichte wird konsequent aus der Sicht von Watson erzählt, wie man es aus den Holmes-Romanen kennt, Tarzan zeigt es den fiesen Deutschen in bester Predator-Manier ganz souverän, aber Holmes selber bleibt für mich persönlich etwas blass. Auf den ersten 70 Seiten beschränkt sich seine Holmesigkeit darauf, dass er ein intoleranter, dämlicher britischer Snob ist, auf den letzten 30 reimt er sich die „wahre Geschichte“ hinter der Geschichte von Lord Greystoke zusammen, aber die ist so unfassbar abstrus, dass man sich nicht wie üblich denkt: „Brilliant kombiniert, Holmes! Darauf wäre ich nicht gekommen!“, sondern eher „Was für ein Quatsch mit Soße. Das ist ja wahnsinniger als der Flieger zu Beginn, der immer dachte, er würde von fliegenden Riesenkakerlaken attackiert!“ Schade, da hätte mir persönlich etwas mehr messerscharfer Verstand gefallen.
Trotzdem liest sich aber – wie schon gesagt – alles sehr flüssig und unterhaltsam.
Abgeschlossen wird der Band von einem Nachwort von Win Scott Eckert, der noch (fiktiv – ich betone – FIKTIV) etliche Brücken schlägt zwischen Holmes, Greystoke, The Shadow, James Bond… Sehr unterhaltsam fabuliert – Münchhausen hätte seine wahre Freude daran.
Fazit: Wem schon bei den Stichworten Tarzan, Holmes, bösen Deutschen und Zeppelin das Wasser im Munde zusammen läuft, der kann sofort zur Bestellung schreiten, wer es nur auf die kriminalistischen Fähigkeiten von Holmes abgesehen hat, der darf kurz die Schultern zucken und zur Tagesordnung übergehen. In der Mitte stehen alle jene, die wie ich einfach nur gerne nett zusammenschwadronierte Geschichten lesen wollen – all jene können gerne zugreifen, müssen es aber nicht…
Ihr könnt euch das Teil bei Amazon bestellen oder – was mir persönlich natürlich lieber wäre, direkt beim Atlantis-Verlag, um etwas mehr Geld in die Kassen des Kleinverlags zu spülen.
"Wem schon bei den Stichworten Tarzan, Holmes, bösen Deutschen und Zeppelin das Wasser im Munde zusammen läuft, …" – Tut es, aber ehrlich gesagt nur in maximaler Kombination zweier der Begriffe … 😉