"Ohne Spannungsbogen ist es kein Abenteuer!"

Als ich neulich wieder in meiner Musikbox blätterte, fand ich den im Titel zitierten Satz eines weisen Mannes – hier nochmal zum Genießen: „Ohne Spannungsbogen ist es kein Abenteuer!“ Na, wenn mich das nicht nach langer Abstinenz auf die Seifenkiste zwingt…

Ich würde sogar eher umgekehrt mutmaßen: „Mit Spannungsbogen könnte es ein Roman sein!“ Genauer will ich mich da jetzt nicht festlegen lassen… Wahrscheinlich haben die meisten Gebrauchsanleitungen für Videorekorder einen gezielteren Spannungsbogen als viele Abenteuer, die ich in meinem Leben gespielt oder geleitet habe. Mal schauen:

Selbstverständlich gibt es immer wieder Abenteuer, in denen man von Beginn an einen Auftrag oder ein Ziel hat, sodass eine Art natürlicher Spannungsbogen entsteht, der im Sieg über den Fiesling kulminiert. Ich würde aber nie auf die Idee kommen, diesen als Spielleiter künstlich erschaffen zu wollen, oder in den Zeitraum einzugreifen, in dem die Aufgabe gelöst wird, den das ist Sache der Spieler und ihrer Charaktere. Es gibt also immer wieder kleinere Spannunsbögen, die sich einfach aus den Herausforderungen entstehen.

Sehe ich mir aber mein Dörfchen „Larm“ an, so kann man beim besten Willen nicht von einem Spannungsbogen sprechen, denn wir haben hier ein kleines Dorf, in dem die Charaktere frei agieren können. Ihnen steht somit eine Vielzahl an Optionen zur Verfügung, der Spielleiter kann vorher nicht ahnen was sie tun werden und was dadurch in Bewegung gesetzt werden wird.

Ich fürchte fast, dass sich der nächste Satz etwas „arsig“ anhört, auch wenn ich diese „Kampfbegriffe“ nur sehr ungern benutze, aber in meiner Betrachtung von Rollenspiel ist es genau diese Optionalität, die etwas zu einem Abenteuer macht. Als Spieler erlebe ich ganz sicher kein Abenteuer, wenn Dinge abgearbeitet werden müssen, oder schon im Vorneherein eingeplant sind, damit ich an ein Ziel gelange – wenn also bestimmte der Spannungskurve dienende Elemente aufeinander folgen, bis ich ein Ziel erreiche. Okay, zugegeben: Für meinen Charakter könnte es sich um ein Abenteuer handeln, aber ich als Spieler habe so kein Abenteuer erlebt, da zu diesem „Erleben“ die Freiheit gehört, dass mein Charakter tun kann, was er möchte. Gerade dieses „Tun, was ich möchte“ steht also diametral der Vorstellung gegenüber, dass es einen vorbereiteten Spannungsbogen überhaupt geben kann.

Ich würde also bezogen auf das Eingangsstatement ändern wollen: „Mit vorgefertigtem Spannungsbogen ist es kein Abenteuer.“

3 Gedanken zu „"Ohne Spannungsbogen ist es kein Abenteuer!"“

  1. "Mit vorgefertigtem Spannungsbogen ist es kein Abenteuer."

    Genau das.

    Aber darum gilt halt auch

    "Ohne Spannungsbogen ist es kein Abenteuer." Dann ist es The Sims.

    Ein Spannungsbogen muss sich im Spiel entwickeln. Und nicht erst rückblicken, wenn man nach dem Spiel das Ganze in seiner Erinnerung zu einer Story editiert.

    Der Clou ist doch, dass der Spannungsbogen der im Spiel entsteht eng mit den Spielelementen verknüpft ist und sein muss. Es entsteht ein Spannungsbogen weil wir Aufgaben haben, weil es Eskalationsmöglichkeiten gibt und weil der SL Impulse geben kann, wenn der erspielte Spannungsbogen bzw. der Spielfluss einzubrechen droht.

    Genau diese Flexibilität fehlt aber sowohl beim vorbereiteten Spannungsbogen, wie auch bei der völligen Ablehnung des Spannungsbogen im Spiel. Unterm Strich führt beides vom Rollenspiel weg, statt dazu hin.

  2. Ich sehe das, denke ich, ähnlich wie Georgios. Natürlich ist ein Szenario mit einem einzelnen Spannungbogen starr und langweilig. Aber im Umkehrschluß gilt halt nicht das ein gutes Szenario darum garkeinen Spannungsbogen haben sollte. Sondern, daß ein gutes Szenario so angelegt ist, das sich beim Spiel Spannungbögen ergeben (müüssen).

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