Realismus der Welt und die Eisenbahn?

Ich habe mich ja in letzter Zeit intensiver mit DSA befasst, als ich es wohl seit dem Jahr 1985 getan habe.

Dabei fällt mir eine scheinbare Unvereinbarkeit auf, die sich durch unendlich viele Publikationen zieht – vielleicht könnt ihr mir auf die Sprünge helfen.

Stellen wir fest: DSA ist (völlig zurecht) sehr stolz auf seine realistische und bis ins I-Tüpfelchen festgelegte Welt AVENTURIEN.

Viele DSA-Fans sehen genau darin das Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Rollenspielen und ich denke ich muss ihnen da Recht geben. WENN mich etwas an DSA interessiert, dann ist es die Welt, auf der man mit diesem System spielt.

Wie aber vereinbart sich dieser Realismus mit den Eisenbahnschienen, die spätestens seit Ende der 80er durch Aventurien gebaut wurden? Warum, bitte sehr, siegt also der krampfhafte Versuch eine Geschichte zu erzählen immer wieder gegen diesen Realismus, auf den man so viel hält?

Nur als Beispiel: Ich blättere gerade im Promo-Abenteuer T5 Für die Ewigkeit. Hier bilden 9 Monolithen einen Steinkreis, an jedem dieser Monolithen geschieht etwas anderes, was für die Lösung des Abenteuers wichtig ist. Nun ist es aber nicht so, dass die Helden hinreisen könnten, wo sie wollten, um bei den Steinkreisen zu erleben, was die Welt dort für sie in petto hat – nein, es ist gleichgültig, in welcher Reihenfolge sie die Monolithen aufsuchen, die Handlung spielt sich in immer der gleichen Reihenfolge ab. Ich zitiere:

“ Sollte dabei die Reiseroute der Helden von der im Abenteuer vorgesehenen abweichen, ist es trotzdem sinnvoll, die einzelnen Ereignisse in der unten aufgeführten Reihenfolge stattfinden zu lassen. Allerdings ist es egal, ob das erste Ereignis bei Monolith 1 oder 5 eintritt, wichtiger ist es vielmehr, einen Spannungsbogen aufzubauen…“

Klar kann das Abenteuer auf diese Art und Weise Spaß machen, aber sobald ich als Spieler mitbekomme, dass ich tun kann, was ich will, denn es hat ohnehin nur einen minimalen Einfluss auf das Abenteuer, dann fühle ich mich doch verarscht.

Denke ich nun den Realismus-Anspruch konsequent weiter, so ist es doch absolut imperativ jedem Monolithen ein Ereginis zuzuordnen und nun können sich die Helden frei bewegen.

7 Gedanken zu „Realismus der Welt und die Eisenbahn?“

  1. Ein Arbeitskollege hat mich neulich darauf hingewiesen, dass zur Zeiten der 1st Ed von DSA auch ein Abenteuer erschienen ist, in dem ein gestrandetes Raumschiff enthalten war. Dieses konnte sogar von den Helden geflogen werden, wenn sie denn so weit kamen…

    Und dann über Firepeak Mountain lachen, jaja… 😉

  2. Eben das meine ich! Wenn man eine völlig realistische Welt hat, dann sollte man das auch in den Abenteuern berücksichtigen und sich nicht genau dann Sachen so hinbiegen, dass sie krampfhaft einem Plot folgen.

    Gegen völlig wahnsinnige Abenteuer habe ich nun wirklich als letzter etwas einzuwenden…

  3. Das Aventurien des ersten Basis-Spieles (und der ersten vier Module) ist ja sowieso ein völlig anderer Ort als später.

    Ich habe mal für einen Con ein DSA1-Abenteuer angeboten, auf der Basis genau der Welt-Informationen, die in dem Basis-Spiel waren. "DSA!? Cool!" war die Reaktion. Gefolgt von: "Alternatives Aventurien? Ach nee, lass mal… (Ist in der DSA-Runde daneben noch ein Platz frei? Ach, das ist DSA4? Ich habe nur 3er-Charaktere…)"
    Ich habe keine Spieler gefunden…

    Ich frage mich, inwieweit Perry Rhodan, Atlan, Mythor, Raumschiff Orion etc. mit ihren Metaplot-Zwiebelschalen-Megazyklen nicht ein (unbewusstes?) Vorbild für ein Metaplot-Aventurien waren.
    Alle Schöpfer DSAs waren in der deutschen SF-Literatur irgendwie beheimatet (Lektoren, Übersetzer), dass es mich wundern würde, wenn da nicht ein (intuitives?) Verständnis dieses Kundenbindungselements vorgelegen hätte.

  4. Gerade die Fixierung auf die Welt bedingt doch, dass der Realismus dort endet, wo die Spieler unmittelbaren Einfluss die Gestaltung des Hintergrundes nehmen könnten. Wenn nun einmal primär Aventurien das ist, was vermarktet und als "Produkt" an den Mann gebracht wird, ist zu gewährleisten, dass es tunlichst eine einzige Hintergrundwelt ist, um die es sich handelt, und nicht die relativ kleine Schnittmenge so vieler Spieleuniversen, wie es DSA-Gruppen gibt. Dies gebietet schon der Wiedererkennungswert… Es ist eben die alte Leier des Rollenspiels als Produkt…

  5. Aber im von mir geschilderten Fall ist doch der Einfluss der Spieler ohnehin schon vorauszusehen. Sie schaffen es nicht: dann hat die Region ein Problem. Sie schaffen es: alles in Butter.
    Da ist es nicht notwendig, noch, um unbedingt einen Spannungsbogen zu haben, die Reihenfolge vorzugeben. Ich sage einfach: "Bei dem Monolithen ist die Situation so, bei dem so, beim dritten so.
    Nun haben die Charaktere (sorry: Helden) die Möglichkeit das Problem so zu lösen, wie sie es wollen und ihre Aktionen haben tatsächlich Gewicht.

  6. Hehe, die alte Leier. Wenn man sich anguckt, was die ursprünglichen Erfinder eigentlich gelernt haben, wundert es mich nicht, dass dieses Spiel vorbelastet ist und kein Ausbund von Kreativität, denn keiner der Urväter hatte einen kreativ schaffenden Beruf. Aber sich darüber zu ärgern freut mich zwar in sofern, dass es noch mehr gibt, die sich dem DSA-Schmu-Diktat in Deutschland nicht unterwerfen wollen, aber Früchte trägt es sicher keine.

    Über den Realismus von Aventurien wurde auch schon viel gestritten und es bleibt ein Fakt, dass eine solch kleine Welt mit einer derartigen Vielfalt von Kulturen einfach total unrealistisch ist. 😉

    Das Einzige, was mich an DSA noch reizt ist die Tatsache, das man dort wunderbar Power-Gaming betreiben kann. Und das man Railroad-Meister und SchErz-Spieler auf die Palme bringe kann. Gnihihihi 🙂

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