Sechs Mal 3W6 in Reihenfolge!

Auch die heutige Seifenkisten-Predigt schubst eine der heiligen Kühe des Rollenspiels. Mal sehen, ob sie fällt.

Es gibt unendlich viele Methoden, um bem D&D-Spiel Werte für die Attribute zu erstellen. Die häufigsten sollten das Würfeln oder das Kaufen und Verteilen von Punkten sein.

Die ursprüngliche Variante ist die, sechs Mal jeweils 3 Sechserwürfel zu rollen und die Werte der Reihe nach auf die Attribute zu verteilen.

Das führt dazu, dass zum Einen die Werte sehr niedrig sein können, zum Anderen sind nicht die Attribute hoch, die der Spieler gerne gehabt hätte. Das ist ja fürchterlich! Die Spieler werden weinen, die Würfel in die Ecke werfen und nach Hause gehen, wenn nicht mindestens 5 der 6 Attribute weit über dem Durchschnitt liegen.

Weit gefehlt. Wenn sich alle (auch der Spielleiter) auf diese Variante einlassen, kann man mit diesen „Behinderungen“ sehr gut leben, in meinen Augen sogar etliches Positive daraus ziehen.

Begründung für diese vergleichsweise geringen Werte ist für mich ganz klar, dass sich die Charaktere zu Beginn ihrer Karrieren nur unwesentlich von normalen Menschen unterscheiden – erst im Laufe der Kampagne entwickeln sie sich zu Persönlickeiten, die aus der Masse herausstechen.
Dem Ganzen muss also die Grundüberlegung vorangehen, dass Charaktere niedriger Stufe noch keine Supermänner sind, die alleine ganze Orkheere niedermähen können, sondern dass sie diese Fähigkeiten erst im Laufe der Zeit erwerben müssen.

Bei D&D Classic haben die Klassen und Rassen teilweise Mindestvoraussetzungen. Dies führt dazu, dass die Spieler gar nicht den Charakter spielen können, den sie vorher im Kopf hatten.
Ein Problem? Weit gefehlt. Viele empfinden es als Befreiung „mal etwas anderes“ spielen zu können. Die Attribute haben nicht für den Kämpfer gereicht, den ich immer spiele? Gut! Dann spiele ich eben mal einen Dieb, weil der Geschicklichkeitswert so hoch ist.

Der unschätzbare Vorteil bei der ganzen Sache ist das Rollenspiel. Die Spieler werden fast schon gezwungen, die Stärken und Schwächen ihrer Charaktere besser auszuspielen. Sie müssen sich völlig darauf besinnen, was ihr Platz in der Gruppe ist und welche Aufgaben sie dort übernehmen wollen.
Gerade für Rollenspiel-Neulinge ist es einfach und macht richtig Spaß den tumben Kämpfer, oder den cleveren, aber zwangsläufig eher hasenfüßigen Magier zu spielen. Fortgeschrittene finden dann ihre eigenen Herausforderungen darin auch mal einen schwachen Kämpfer zu spielen, der vielleicht seine körperliche Schwäche durch Geschicklichkeit ausgleicht…

P.S.: Noch zwei Anmerkungen: Diese Überlegung basiert auf dem Spielen mit alten D&D-Regelwerken – ich habe nicht die geringste Ahnung wie und ob das bei 3e oder 3.5e durchführbar ist.
Außerdem spiele ich auch nicht immer so, meistens benutze ich etwas kulantere Methoden. Dieser Artikel soll lediglich zum nachdenken und Diskutieren anregen.

16 Gedanken zu „Sechs Mal 3W6 in Reihenfolge!“

  1. Gar nicht übel! Da habe ich Schlimmeres gesehen:

    3, 1, 4 = 08
    5, 3, 3 = 11
    6, 3, 3 = 12
    4, 4, 6 = 14
    5, 1, 6 = 12
    1, 2, 6 = 09

    Das wären dann
    Stärke 8
    Intelligenz 11
    Weisheit 12
    Geschicklichkeit 14
    Konstitution 12
    Charisma 9

    Vier Werte sind durchschnittlich und geben keinen Bonus. Die Stätke hatte einen Abzug von -1, die geschicklichkeit einen Bonus von +1.

    Das sieht mir schwer nach einem Halbling aus, der ohnehin schon einen Bonus im Fernkampf hat.
    Oder es könnte ein Dieb sein, der sich bei Kämpfen eher im Fernkampf bewährt.

    (Alle Angaben nur für Classic D&D oder LABYRINTH LORD.)

  2. D&D3 und 4 gehen von Charakteren mit überdurchschnittlichen Werten aus.
    In D&D3 wurden Würfelverfahren vorgeschlagen, die für überdurchschnittliche Werte sorgen, zur Aufbesserung kann man noch Boni bekommen. Die D&D4 Standardverteilung sieht so aus:
    16, 14, 13, 12, 11, 10, beliebig verteilbar. Dazu kommen je nach Rasse noch 1-2 +2 Boni. Generell sollen in D&D4 die Werte verteilt und nicht gewürfelt werden, wohl um die Balance zwischen den Charakteren einigermaßen zu halten.

    Wenn ich mir den schlechtesten und den besten der 5 gerade erwürfelten Charaktere anschaue
    [2] 08, 08, 07, 05, 13, 06 und [5] 12, 11, 12, 14, 16, 15 scheint mir das keine schlechte Idee.
    Denn [5] ist zwar noch kein Supermann, aber der fürs Abenteuererleben wohl ungeeigneten Lusche [2] in allen Werten überlegen. Ich habe die OD&D Regeln nicht mehr im Kopf, aber selbst mit Klassenboni kommt [2] wohl nicht an [5] heran, er wäre also auch in seinem Spezialgebiet noch immer schlechter.

    Wer möchte, dass Charaktere Stärken und Schwächen haben, könnte eine entsprechende, frei verteilbare Werteauswahl zusammenstellen, z.B. 15, 13, 11, 10, 08, 06. Damit hätte jeder Charakter seine Nische, wenn sich die Spieler untereinander einigen. Und wer mal die Befreiung erleben möchte, etwas anderes als seine übliche Klasse zu spielen, der kann das einfach tun.

  3. Klassenboni gibt es überhaupt nicht – die gibt es bei AD&D.

    Der Zweier ist ja wirklich eine Graupe! Der hätte ja bei 5 Attributen einen Abzug und nur bei der Konstitution einen Bonus von +1.
    Den Loser würde ich auch keinem Spieler zumuten, wenn er sich nicht freiwillig daran probieren wollen würde.

    … und du siehst wieder, dass es hier vom Grundverständnis von Rollenspiel ein klassischer Fall von "Äpfeln mit Birnen vergleichen" ist.

    Logischerweise macht diese Attributgeneration keinen Sinn in einem Rollenspiel, das davon ausgeht, dass die Helden sich schon ursprünglich vom normalen Durchschnittshansel unterscheiden.

  4. Word – genau dafür schätze ich zufallsbasierte Charaktererschaffung, da sie einen aus der Komfortzone treibt und dazu bringt, auch mal was ungewöhnliches auszuprobieren.

    Natürlich will ich sie nicht in jedem Spiel haben, aber in vielen.

  5. Das ist auch der Vorteil dieses Würfelsystems, den ich sehe. Ansonsten gibts da (ev. bis auf Mensch-Äregere-Dich-Nicht Prinzip) nichts.

    ————–
    Moritz:
    … und du siehst wieder, dass es hier vom Grundverständnis von Rollenspiel ein klassischer Fall von „Äpfeln mit Birnen vergleichen“ ist.
    ————–

    Wie meinst Du das? Auch überdurchschnittliche Charaktere kann man mit einem Zufallssystem leicht erzeugen.

  6. … was die Chance erhöht, sich aus der Masse der normalen Bevölkerung zu lösen, ohne vorher ins Gras zu beißen.

    Das bringt mich schon auf ein Thema für folgende Predigten – es könnte um den Tod gehen, der Charaktere immer ereilen kann.

    Mit dem Grundverständnis meine ich die Annahme, ob die Abenteurer von Anfang an schon Helden sind, oder ob sie erst zu solchen werden müssen.
    Und da sind für einen Basic D&D-Charakter die Aussichten überhaupt die 2. Stufe zu erreichen mit besseren Attributen auch nur unwesentlich größer als für deine "Lusche 2".

  7. Fand zufallsbasierte Charaktererschaffung lange doof, habe in letzter Zeit aber wieder mehr Lust darauf; allerdings nicht immer und überall.
    Was mich aber viel mehr an den Attributen stört, ist, dass sie, wenn ich das richtig verstanden habe, sich nicht weiter erhöhen. Das finde ich halt irgendwie doof und albern. Nach jahrelangem Herumziehen und Schätze schleppen hat man nicht mehr Konstitution 6 Und Stärke 7. (Ich gebe zu: das ist ein vielleicht etwas ’simulatives‘ Argument.)

    Grüße
    kirilow

  8. Bei meinen Spielern ist das Haupthindernis die ständige Suche nach der „Balance“. Selber finde ich das eine Illusion, da Zauberer auf hoher Stufe je nach Situation sehr mächtig bis machtlos sein können, dh. die situationsgegebene Varianz ist um ein Vielfaches höher als die Varianz bei den Attributen.

    In meiner M20 Hard Core Variante werden auch 3d6 verwendet aber beliebig zugewiesen. Bei meinem Online Generator wird natürlich „in order“ genommen und der Code wählt die passende Klasse (nach einer haarsträubenden Methode).

    https://alexschroeder.ch/wiki/M20_Regeln

    (Mit Perl Quellcode)

  9. Ich habe meinen eigenen Kommentar gelöscht, da mein link irgendwie nicht funktioniert hat.

    Wenn ihr eine interessante Diskussion zum Thema lesen wollt, dann könnt ihr ja mal im Forum von Dragonsfoot.org nach dem aktuellen Thread: „First Level PCs“ suchen.

  10. ————-
    Moritz:
    Mit dem Grundverständnis meine ich die Annahme, ob die Abenteurer von Anfang an schon Helden sind, oder ob sie erst zu solchen werden müssen.
    ————–

    Wie gesagt, dass ist unabhängig von zufälliger oder willkürlicher Charakterschaffung. Mit einem willkürlichen Verfahren könnte man sogar sicherer Durchschnittscharaktere erschaffen, als durch würfeln.

    Der Unterschied zwischen Würfel und Willkür ist, dass man beim Würfeln vorher nicht weiß, was am Ende herauskommt.

  11. Wir reden wieder fröhlich umeinander ohne die Gedanken des Anderen genau zu treffen:
    Beim „Heldentum der Charaktere“ geht es im von mir geschilderten Denkansatz nicht um tolle oder niedrige Attribute. Es ist die Grundüberlegung, dass JEDER Abenteurer zu Beginn ein ganz kleines Licht ist.

    Nur zur Verdeutlichung: Ein Magier des ersten Stufe hat maximal 4 Trefferpunkte – mit einer Konstitution von 18 wären es maximal 7. Ein doofer Ork mit einem stinknormalen Schwert mach tzwischen 1 und 8 Punkte Schaden.
    Unwesentlich besser sieht es bei einem Kämpfer aus, der kann im maximalen Fall 11 Trefferpunkte haben.

  12. @ aneinander vorbei posten

    Vielleicht liegts daran, dass mir nicht klar ist, ob Du die Vorzüge auf Zufall basierender Charakterschaffung diskutieren möchtest, oder ob es Dir darum geht die Vorzüge Deines Spielstils, in dem das Erwürfeln der Werte eine Teilstück ist, geht.

    Wie gesagt hat Würfeln für mich genau ein Alleinstellunsgmerkmal – man kennt das Ergebnis vorher nicht.
    Alles andere ist davon unabhängig und sowohl mit willkürlichen, als auch mit zufallsbasierten Mechanismen zu realisieren.

  13. Ich will immer einzelne Teile meiner Anschauungen von Rollenspiel vorstellen und freue mich über jegliche Diskussion dazu, denn es zeigt mir, dass Leute sich mit meinen Ideen auseinandersetzen.

    In diesem Fall geht es darum, dass ich es einen interessanten Ansatz finde einfach mal die Würfel sprechen zu lassen und mich ihnen auszuliefern, bei der Entscheidung welchen Charakter ich spielen werde oder wie ich ihn anlegen und spielen möchte.

  14. Auch ich stimme dem Blogbetreiber in seinen Ausführungen überwiegend zu. Es ist definitiv eine Herausforderung, Charaktere mit zufallsgenerierten Attributen zu spielen. Zu diesem Thema habe ich in unserem Forum selbst einmal eine kleine Glosse geschrieben, die ich in aller Bescheidenheit hier nochmal als Link reinstelle:

    http://22568.rapidforum.com/topic=101069500442

    Ich finde, der Würfel bringt ein Element ins Charaktererstellen, daß man danach kreativ füllen kann (und muß). Sozusagen.

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