[Rezension] Berlin – Welthauptstadt der Sünde (Cthulhu)

Wieder etwas Auflockerung zwischen den vielen #dungeon23-Räumen. Ein wenig Cthulhu kann niemals schaden. Dieses Mal habe ich mir den Berlin-Band genauer angesehen.

Disclaimer: Ich habe ein kostenloses Rezensionsexemplar von Pegasus erhalten.

  • Produkt: Berlin – Welthauptstadt der Sünde
  • Autor*innen: David Larkins, Mike Mason, Lynne Hardy
  • Illustrationen: Sam Beck, Kristina Carroll, Caleb Cleveland, Emanuele Desiati, Trevor Henderson, Chris Huth, Pat Loboyko, Michelle Lockamy, Magdalena Mieszczak, Loic Muzy, Odessa Sawyer, Dimitar Stoyanov
  • Verlag: Pegasus (Im Original von Chaosium)
  • Aufmachung: Hardcover, vollfarbig, 278 Seiten
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Preis: 19,95 Euro
  • ISBN: 978-3-96928-058-4

Gestaltung

Wieder mal ein von Cover bis Rückseite stimmiges Hardcover. Eine berliner Straßenszene über der eine attraktive Dame aus den 20ern thront, hinter der Tentakel wie aus einem Dimensionenriss hervorschlängeln – da weiß ich sofort, in welche Richtung der Band gehen wird. Wie üblich ist das Papier etwas angegilbt und hat zu den 1920ern passende Elemente rechts und links der Seite. Alles ist übersichtlich und die Illustrationen sind zwar nicht so einheitlich wie bei vielen anderen Cthulhu-Bänden, aber sie passen allesamt gut zu Thema und Situation und trösten mich über meinen letzten internationalen Cthulhu-Schock mit den eher biederen Illus des Rivers of London-Bandes souverän hinweg. Hier passt einfach alles.

Rückseite – (co) Pegasus Spiele)

Inhalt

In vier Kapiteln wird das cthuloide Berlin der 1920er Jahre vorgestellt, gefolgt von satten 3 Abenteuern.

Kapitel 1 befasst sich mit der Stadt an sich und beginnt damit, welche Investigator*innen hier gespielt werden können. Fazit: So ziemlich alle bereits vorhandenen können problemlos in dieser Weltmetropole einfach übernommen werden – es gibt aber auch spezielle Erschaffungspakete für Straßenkämpfer*innen, Unterschichts-Angehörige und Verbindungsstudenten (absichtlich kein *, da auf Männer beschränkt).

Mein Lieblingsabschnitt befasst sich aber mit Organisationen, die den Investigator*innen in Berlin freistehen: Der unabhängige Orden der Eulen, Hilde-Film, Landsberger Mieterbund und Die Apachen-Pfadfinder.

Nach einer doppelseitigen Karte der Stadt (die ich gerne noch als separaten Druck gehabt hätte, aber da war wohl leider bei einem Preis von 19,95 Euro kein Spielraum für) folgt seitenweise die Geschichte der Stadt – ich gebe es zu, das sind immer die Abschnitte, die ich nur überfliege. Ganz ausgezeichnet gefallen mir aber die kurzen Abschnitte über die einzelnen Bezirke mit Beschreibungen und je einer kleinen Box mit Stichworten zu: Gotteshaus, Sehenswürdigkeiten, Kontaktpersonen, Banden, Nachtleben, ständigem Problem und Prostitution. Toll. Hier springen mich zahlreiche Abenteuerideen an.

Der nächste Abschnitt behandelt dann das Alltagsleben in Berlin schildert alles, wirklich ALLES, was die Spielleitung wissen muss, um eine Kampagne in Berlin zu leiten. Wusstet ihr, dass es 1920 drei namhafte Flughäfen in Berlin gab? Tempelhof, Johannisthal und das Aerodrom Berlin-Staaken. Ihr wüsstet gerne, wie Verbrechen in Berlin geahndet werden oder welche Drogen verfügbar waren und wie sie wirken? Dann seid ihr hier genau richtig.

Pfiffige Investigator*innen – (co) Pegasus Spiele

Kapitel 2 wird dann speziell. Interessante Orte, Prostitution (again), Essen und Trinken, Kontakte, Friedhöfe… Sehr interessant finde ich die Seite über „Investigatoren (?) des dritten Geschlechts“, die auf interessantere Persönlichkeiten in der Gruppe eingehen, die in Berlin genau richtig sind, da diese Stadt nach dem Ende des Ersten Weltkriegs scheinbar sehr weltoffen war. Habe ich so auch noch in kaum einem Rollenspielbuch gesehen (kann aber nicht beurteilen, wie sensibel und korrekt dieser Abschnitt geschrieben ist). Ein weiteres Highlight dieses Kapitels sind drei Seiten mit Zufallstabellen, auf denen ich die diversesten Cabarets und Clubs auswürfeln kann. Da fällt mal wieder auf: Cthulhu kann einfach mehr Zufallstabellen gebrauchen.

Auch in Kapitel 3 spielt Cthulhu wieder seine Stärken aus. Hier werden zahlreiche Persönlichkeiten, die ihr in Berlin antreffen könnt, genauer besprochen. Ihr wollt Bertolt Brecht? Bekommt ihr! Marlene Dietrich? Klar! Käthe Kollwitz? Logo! Einstein, Fritz Lang, Nabokov, Tucholsky – alle waren zu dieser Zeit in Berlin. Großartige Lektüre (die vermutlich in den wenigsten Kampagnen wirklich zum Tragen kommen wird) die ich keinesfalls missen möchte.

Kapitel 4 ist das kürzeste im Band, aber für potentielle Spielleitungen ist es wohl das interessanteste, denn es bespricht den Mythos in Berlin. Neben einzelnen Kulten finden sich hier auch ein ganzer Haufen an Szenarioideen. Seien es ein Ring im Würstchen eines Automatenrestaurants am Kudamm, oder Gerüchte über eine Bestie, die auf der Pfaueninsel ihr Unglück treibt oder eine eigenartige Substanz im Trinkwasser auf dem Prenzlauer Berg – aus all diesen Aufhängern lässt sich mit den im Band präsentierten Hintergrundinformationen schnell ein ausgewachsenes Abenteuer basteln.

Die Unterwelt – (co) Pegasus Spiele

Über die Abenteuer in den Kapiteln 5-7 möchte ich nicht viel verraten. Wir wollen euch ja hier nicht den Spaß verderben. Okay, wenigstens die jeweiligen Ausgangssituationen kann ich hier vielleicht kurz vor euch ausbreiten:

In Der Teufel frisst Fliegen steht im Raum, dass Anastasia Romanov vom Kannibalen Carl Großmann ermordet wurde. Wie Tänze des Lasters, des Grauens und der Extase schon im Titel verrät, starten wir in einer Tanzaufführung. Schreckfilm schleudert die Investigator*innen mitten in die Aktivitäten eines Hexenzirkels.

Hört sich gut an? Ist es auch. Alle drei Abenteuer werden mit allen Schikanen präsentiert von Grundrissen, Beschreibungen aller Personen und den cthulhu-üblichen Handouts.

Fazit

Hier wird wirklich einiges geboten für knappe 20 Euro. Die Cthulhu-Städtebände haben ja eine große Tradition und Berlin kann da problemlos mithalten. Ihr bekommt jede Menge Hintergrundinformationen, Abenteueraufhänger, Persönlichkeiten und noch drei wirklich umfangreiche Abenteuer obendrauf. Ich habe zwar bisher nur das dritte Abenteuer Schreckfilm leiten können, aber ich bilde mir ein auch nach dem Lesen gut beurteilen zu können, ob ein Abenteuer funktioniert oder nicht und ich wage zu behaupten. dass alle drei Abenteuer sowohl einen ausgezeichneten investigativen Part haben als auch einen spannenden Showdown.

Bewertung

4,75 von 5 Todsünden

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