Sehr, sehr schön! Wenn es ein Buch gibt, das mal eben kurzfristig unterhält, dann ist es diese Sammlung von Slam-Texten aus dem Nerdiversum. Der „Oberpornerd“ El Grasidente rief und alle, alle kamen – jeder, der schon einmal auf irgendeiner Bühne ein Mikro in der Hand gehalten hat, eine dicke Brille trägt und sich mit Computern und Star Wars auskennt, hat sein Schärflein zu dem Band beigetragen und es geschafft, mich gestern bestens zu unterhalten.
Auf 177 Seiten hauen einem 26 (ich hoffe, ich habe richtig gezählt) Nerds und Nerdinnen Slam-Texte der unterschiedlichsten (aber immer angemessen hohen) Qualitäten und Themen um die Ohren. Auch das Vorwort von Retro-Minimax Hennes Bender slammt schon ordentlich rein, auch wenn ich schon nach wenigen Seiten das Bild von Hennes in seinem braunen Jedi-Mantel selbst mit Kernseife nicht aus dem Gehirn bekomme.
Die beiden Texte von Grasi, in denen er sich mit seinem Nerdtum und Waldemar, dem Stufen-Rowdy auseinandersetzt, wie auch den, in dem er sich mit dem traurigen Ende von Mario, Harry Potter oder Marty McFly auseinandersetzt, kannte ich schon von der FeenCon und muss sagen, dass es gerade bei Slam-Texten absolut von Vorteil ist, wenn man sich beim Lesen den Vortragsstil des Autors vorstellen kann; da kommt man direkt in den Flow. Auch André Wieslers Betrachtung eines absolut durchschnittlichen Rollenspielabends kannte ich schon von seinem Blog, konnte mich aber dennoch köstlich über Milliarden und Abermilliarden klassischer Rollenspielerklischees amüsieren. Das sind schonmal drei ganz sichere Bretter, wenn man sich für Nerdkram und Rollenspiele interessiert.
Wo ich eben vom Flow schrieb – meine Problemchen hatte ich mit den beiden eher „gedichtsähnlichen“ Texten „Zocken“ von Fabian Navarro, aber ich habe ganz schwer die Vermutung, dass das auf der Bühne ganz gewaltig loskachelt. Ich sollte ihn zwingen auf die FeenCon zu kommen, um dort den Beweis seiner Kunstfertigkeit anzutreten.
Problemchen? Pah! Die kennt Annika Blanke nicht, der ich mal den schönsten Satz der Sammlung attribuieren möchte – mitten in einem Text über einen werdenden Schiedsrichter findet sich folgendes Kleinod: „Er pfiff so laut, dass… und die bei Konopkas nebenan musizierende Heavy-Metal Band Scullcrushing Warriors of Terrorizing Deathcoreirritiert das Proben einstellte und Frontfrau Crucified Bärbel die nietenberankte Faustzum Leisefuchs formte…“ Geil! Danke, Annika! Das reicht alleine schon, um den Kaufpreis zu rechtfertigen.
Mein zweites großes Highlight ist dann die Szene, in der Patrick Salmen lang und schmutzig berichtet, wie er seinen zweijährigen Neffen in Stadt-Land-Fluss brutal abledert. Herrlich! Ich sage nur: „Na, da guckst du dumm… kleiner Stinker. Wer ist der Chef? Wer ist der Chef? Kennst du wohl nicht, die Zwönitz? Dumm bist du, dumm wie Brot!“ Ein hervorragendes Schlusswort, dem ich nichts mehr hinzufügen kann.
Fazit: Mal im Ernst (obwohl dir Redewendung hier nicht so richtig angebracht ist): Auf jeder Seite dieses Buches lassen sich mindestens drei bis vier Elemente notieren, die man irgendwann mal sinnvoll in einer Unterhaltung (über egal welches Thema) einbringen kann – was, bitte sehr, will man mehr von einem Buch?
… wie immer kauft der Nerd von Welt, der was auf sich hält, direkt beim Verlag und schmeißt nicht dem Zwischenhandel oder gar einem bösen Riesenkonzern sein Geld in den Rachen – also her mit den 13,90€, die sind ganz ausgezeichnet investiert, wenn ihr auch nur die kleinste Bazinga-Tasse irgendwo herumstehen habt.
Bitte, netter Rezensent! 🙂