[Rezension] Fremde Erde (SPACE 1889)

Die ersten Produkte, die ich auf der RPC mitnehmen durfte, konnte ich schon in Ruhe studieren – gestern abend und heute in der Badewanne habe ich mir das brandneue Abenteuer für SPACE 1889 vorgenommen. Das werde ich in nächster Zeit ganz sicher mal leiten – auch wenn ich noch nicht so genau weiß wie…
Produkt: Fremde Erde
System: SPACE 1889
Art: Abenteuer
Autor: Gareth Hanrahan
Übersetzer: Thomas Markwart
Verlag: Uhrwerk
Aufmachung: Softcover, A4, 30 Seiten
Erscheinungsjahr: (Mai) 2015
Preis: 9,98€
ISBN: 978-3-95867-014-3
Gestaltung
Die SPACE-Sachen sehen ja imemr sehr gediegen aus und die Illus (innen Rich Longmore und außen Robin Blicker) ergänzen das aufgeräumte Layout wirklich gut. Die Werteblöcke von Ubiquity-Abenteuern sind ja ohnehin über jeden Zweifel erhaben und die Übersetzung ist wirklich ordentlich gelungen. Bei zwei Sätzen habe ich mich gefragt was das heißen soll und wie es wohl im Original geheißen haben mag, aber ansonsten gibt es 3-4 kleine Tippfehler, die durchgeflutscht sind, das ist locker unter dem klassischen deutschen Rollenspielprodukt-Durchschnitt. Gute Arbeit, insgesamt eine wirklich tadelloses Produkt.
Inhalt
Teil 1 – Erde
Die Helden sind auf dem Anwesen des Lord Feltam-Hithe eingeladen, der einem marsianischen Jungen Unterschlupf gewährt hat. Dieser wird in der Nacht entführt und nur wenige ABenteurergruppen dürcten nicht problemlos herausfinden, wer ihn wohin entführt hat.  Nach einer kleinen Verfolgungsjagd landen sie in London mitten im Lufthafen der Arbeiterliga, für die Kime zu einer Art Maskottchen, ach was, zu einem Symbol für ihren Arbeitskampf geworden ist. Tja, da will es gut überlegt sein, ob man den Auftrag von Feltam-Hithe koste es was es wolle ausführen will, oder die Chose etwas freier auslegt. Als großen Showdown gibt es einen fetten Luftkampf, in dem ein paar fiese Streikbrecher angreifen und es gilt den Jungen zu beschützen und mit heiler Haut wieder aus der Nummer raus zu kommen. Leider ist gerade die amtliche und fast schon bondmäßige Abschlussschlacht nur sehr rudimentär beschrieben, da wäre echt mehr gegangen, aber ansonsten haben wir hier ein grundsolides Abenteuer, das sich, da es auf der Erde spielt, auch problemlos mit kleinen Modifikationen mit HOLLOW EARTH EXPEDITION spielen lässt.
Teil 2 – Mars
Mittlerweile hat der heranwachsende Kime irdische und marsianische Ideen verschmolzen und unter marxistischem Einfluss das Traktat „Wasser und Leben“ herausgebracht und beschwört dabei die Gefahr herauf, die Gesellschaftsordnung auf dem roten Planeten ordentlich durcheinander zu wirbeln. Er hat sich mit ein paar Getreuen zu einem Pumpenwerk zurückgezogen und die Spielercharaktere müssen schauen, wie sie nun agieren wollen. Sie können den örtlichen Lord „Shune“ unterstützen und dem kleinen Kerlchen in den Hintern treten, um die Gesellschaftsordnung zu belassen, wie sie sich gerade darstellt. Das dürfte vermutlich nur für wenige Gruppen eine Option sein und so läuft alles darauf hinaus, das Pumpenwerk gegen die Angriffe zu verteidigen und gleichzeitig noch ein paar politische Strippen zu ziehen, dass der Lord nicht noch mit zusätzlichen englischen Waffen ausgerüstet wird.
Ich überlege die ganze Zeit, ob ich die Option, das erste Abenteuer als Rückblende hinter das zweite Abenteuer zu schieben, sehr cool, oder total fürchterlich finden soll. Fürchterlich, da so der kleine Mars-Schlawiner definitiv überleben muss, komme was wolle. Das ist ja eigentlich nix, was ich leiden kann. Aber je nach Position der Helden im Mars-Abenteuer dürfte es für sie eine richtig miese Tour werden, den kleinen Kerl mit allem, was sie haben zu beschützen, und währenddessen wissen sie die ganze Zeit, dass er ihnen nachher noch ordentlich Probleme bereiten wird. Aber er kann ja nicht sterben, da er die tragende Person beim späteren Mars-Abenteuer sein wird. Eigentlich ganz schön mies, das könnte mir gefallen.
Fazit
Ein „nettes kleines Abenteuer“ im besten Sinne des Wortes. Ich bekomme hier grobes Material für zwei kurze Abenteuer geliefert – ein gesellschaftlich-sozial-detektivisches Abenteuer auf der Erde und ein sehr, sehr freies eventuell recht kampfintensives auf dem Mars. Bei beiden stehe ich vor dem Problem was wir Abenteurer nun mit unseren jeweiligen Gewissen in Einklang bringen müssen und wie es gelingt, gemeinsam eine vernünftige Entscheidung zu fällen, die jeweiligen Herausforderungen schätze ich hingegen als eher gering ein.
Leider ist gerade das zweite Abenteuer nur sehr sporadisch ausgearbeitet (wenn auch serh frei konzipiert, was mir natürlich ausgesprochen gut gefällt) und Ryder-Hanrahan verlässt sich sehr drauf, dass es den Teilnehmern (sowohl SL als auch Spieler) an seinem Abenteuer wichtiger ist, knackige Action und knifflige Dilemmata (Ist das der korrekte Plural??? Bestimmt nicht!) zu erleben, als ein wirklich handfestes Abenteuer mit festgelegten Werten vor die Steinschlossflinte zu bekommen. Ist man also entweder bereit, ordentlich in die Vorbereitung des Abenteuers zu investieren oder aber auf Teufel komm raus zu improvisieren, wird man an beiden Abenteuern viel Spaß haben (und wird sicher die Bepunktung problemlos um 0,5 oder 1 Punkt höher schrauben).
Bewertung
3,5 von 5 Mars-Marxisten