Dungeons kartographieren…

Es gibt ja unendlich viele Methoden im Rollenspiel Karten entstehen zu lassen, es sollen sogar schon Spielleiter gesichtet worden sein, die das Anfertigen von Karten nur gestattet haben, wenn der Charakter auch eine entsprechende Fertigkeit beherrschte und Papier und Schreibgerät im Gepäck hatte. Aber um solch „unmenschliche Härtefälle“ soll es hier gar nicht gehen…
Ich stelle mal drei klassische Beispiele kurz vor und wäge sie kurz gegeneinander ab:
1) Keine Karte
Der SL beschreibt die Örtlichkeiten und die SC agieren und betreten Räume, öffnen Türen oder durchqueren Labyrinthe, aber niemand zeichnet eine Karte mit. Die schnellste, aber auch für die Charaktere unsicherste Methode, denn es besteht die Gefahr Dinge nicht zu entdecken, die einem ansonsten aufgrund der Architektur direkt ins Auge gesprungen wären. Auch, wenn die Gruppe sich aus einem Kampf zurückziehen möchte und flüchten will, ist diese Methode problematisch, da man nicht genau weiß wo man nun hinrennt und mit etwas Pech direkt der nächsten Gefahr in die Arme läuft.
Fazit: Die schnellste, aber unsicherste Methode
2) Ein Spieler zeichnet die Karte
Der SL beschreibt und ein Spieler zeichnet die Karte mit und ergänzt jeweils neue Informationen. Diese Methode dürfte am „old-schooligsten“ sein – gerade weil der SL alle möglichen fiesen Sachen wie magische Richtungswechsel oder Teleporter einbauen kann, die den Kartenzeichner völlig verwirren. Diese Möglichkeit eröffnet viele Möglichkeiten, ist aber mit Abstand die, die die meiste Zeit verschlingt.
Man kann hier natürlich unterschiedlich präzise vorgehen und die Räume präzise im Maßstab notieren, oder einfach Räume als Kreise, Wege als Linien zeichnen, um die grobe Orientierung zu haben. Ganz old-schoolig ist hier natürlich die präzise Notierung auf Karopapier.
Fazit: Die „langsamste“ Methode, die aber die meisten Möglichkeiten eröffnet.
3) Der SL zeichnet die Karte
Eine Art Kompormissvariante – der SL zeichnet entweder neue Räume direkt ein, wenn sie betreten werden oder legt – wenn es ganz schnell gehen soll – direkt eine Karte aller problemlos erreichbaren Räume und „normalen“ Türen vor. Die Schwierigkeit für die Charaktere beschränkt sich jetzt (von der Karte her) lediglich darauf, Geheimtüren und verborgene Räume zu finden.
Fazit: Eien Art Zwischenlösung – geht sehr rasch, raubt dem Spiel aber einige schöne Möglichkeiten Herausforderungen zu schaffen.
Wichtig: Ich kenne viele SL, die total auf verwinkelte Labyrinthe stehen, aber an meiner Schilderung erkennt man deutlich, dass bei allen drei Methoden der klassische Irrgarten eine totale Nullnummer ist. Wird gar keine Karte gezeichnet, so ist das Labyrinth entweder unpassierbar oder seine Wirkung verpufft ungemerkt – zeichnet ein Spieler die Karte, so ist diese Art von Dungeon fürchterlich langatmig und es macht aber mal sowas von keinen Spaß – sowohl dem SL das Beschreiben, als auch dem Zeichner das Zeichnen, als auch den anderen Mitspielern das Langweilen – wird die Karte vom SL gezeichnet, so wird dem Labyrinth jeder Schrecken genommen, da man ihn im besten Fall sofort überblicken kann und im schlechtesten Falle verkommt er zu einem Kinder-Rätsel-Irrgarten aus der Apothekerrundschau.
Kurz: Irrgärten im Rollenspiel stinken total!

9 Gedanken zu „Dungeons kartographieren…“

  1. Dem Fazit zu den Irrgärten kann ich nur zustimmen.

    Selbst mit einer komplexeren Methode, indem man z.B. nur einen Teilbereich einer vorgefertigten Karte zeigt, ist dieses künstliche hin und her stolpern langweilig.

  2. Ich habe auch noch keine vernünftige Lösung für das Kartographieren-Problem gefunden. Wie man es auch anstellt, es nervt, hält auf und schadet der Stimmung. Das ist mit ein Grund, warum ich schon vor längerer Zeit dazu übergegangen bin, kaum noch komplexere Dungeons zu verwenden. Finde ich aber schade, weshalb ich seit einer Weile darüber nachdenke, ob sich das Irrgarten-Problem nicht irgendwie abstrakt lösen ließe, mit einer Serie von Orientierungsproben oder so …

  3. Hmmm … dein Beitrag hat mich auf ein paar Lösungsideen gebracht. Die werde ich wohl demnächst mal auf meinem Blog vorstellen.
    Ausprobiert ist davon allerdings noch nichts, d.h. inwiefern sie tatsächlich eine "Problemlösung" darstellen muss sich noch im Praxistest zeigen.

    (Vielleicht starte ich ja versuchsweise mit einer der Ideen die geplante Schattenjägerrunde auf einem Space Hulk.)

    Soviel sei verraten: Alle 3 Ideen sind eine Kombi aus 2) und 3).

  4. Hm. Dem Fazit kann ich nicht so richtig zustimmen. Klar, wenn man will, dass die Spieler sich verlaufen, wird das nix. Aber ein Irrgarten bietet viele Abzweigungen und es ist nicht klar wo die Ziele liegen, man muss suchen und kann Hinweise finden. Damit das klappt, muss aber ein Spieler eine Karte zeichnen. Das funktioniert dann aber recht gut. Die Spieler müssen sich oft entscheiden und wenn man interessante Räume hat, ist es sehr kurzweilig. Mache ich gerade mit meiner Gruppe und es funktioniert gut, obwohl es nicht ihre bevorzugte Abenteuerart ist.

    Methode 1 oder 3 benutzte ich nur, wenn es kleine Dungeons sind, die eh keine echte Exploration beinhalten.

  5. Kurz: Irrgärten im Rollenspiel stinken total!

    Stimmt. Kann aber in einem Solo zu einer genialen Herausforderung werden. Meine erste, mühsam dem Buch abgerungene Karte vom "Hexenmeister vom Flammenden Berg" liegt heute noch in der Thienemann-Ausgabe…

  6. @Jan: Ich meine einen wirklichen Irrgarten – so was wie in Versailles – rein aus Gängen und Sackgassen bestehend. Sieht man immer mal wieder – gerade in Old-School-Abenteuern – und sie haben noch nie Spaß gemacht.

  7. Hm, ich sehe nicht unbedingt den Unterschied. Ist da wirklich der Fokus drauf den Weg zu finden und sonst passiert in dem Dungeon wenig? Weil eben Irrgärten mit interessanten Räumen drin funktionieren. Sicher nicht mit jeder Gruppe, aber meine alte Gruppe hatte an solchen Dungeons Spaß und meine aktuelle Gruppe durchaus auch. Auch wenn es natürlich in keinem Fall die absoluten Top-Abenteuer waren. Aber gut genug waren sie.

  8. 3a)
    Dungeon Floor Plans (oder die teurere Variante, Dwarven Forge…)

    Damit kann man auch komplexe, gewundene Höhlengänge darstellen (wenn man die Endless Plans von Beast Entz verwendet).

    Meine Horror-Dungeons sind diese elenden Teleportationsanlagen, die die Spieler in Rahasia und dem High Clerist Tower in den Wahnsinn treiben.

  9. Schöner Artikel! Eine weitere Variante, die für verwinkelte Höhlensystem (und Irrgärten) ganz gut funktioniert, kenne ich lustigerweise ursprünglich aus der Phileasson-Saga (DSA): Man deckt die Karte mit einem großen Stück Pappe ab, in das ein rundes Loch, dessen Durchmesser dem Sichtbereich der Spielercharaktere entspricht, geschnitten ist – dann lässt man die Spieler die Pappe über die Karte schieben, und sie können an jeder Abzweigung überlegen, wo sie weitergehen.

    Natürlich klappt das auch nur, wenn die Spieler ohne besondere Maßnahmen einfach mal in den Dungeon hineinlaufen, aber dann sorgt es durchaus für Kurzweil – und "echtes" Verlaufen ist definitiv möglich ;-).

Kommentare sind geschlossen.