[Rezension] Wolsung – Urdapedia #1

Die Damen von der Redaktion Phantastik haben mir die erste Ausgabe der Urdapedia vorbeigeschickt – eine Art „professionelles Fanzine“, das sich mit dem demnächst erscheinenden Wolsung befasst. Na, das sehe ich mir doch gerne an.
Das Cover – (Co) Redaktion Phantastik
Produkt: Urdapedia – Ausgabe 1
System: Wolsung
Autoren: Lars Badura, Artur Ganszyniec et al.
Verlag: Redaktion Phantastik
Aufmachung: Softcover, A4, 24 Seiten
Erscheinungsjahr: 2015
Preis: 6,00 Euro
ISBN: 978-3-00-050863-9
Gestaltung
Die Urdapedia liegt von „Design und Feel“ her irgendwo zwischen einem 90er Jahre Fanzine und einer viktorianischen Zeitschrift. Ich persönlich hätte auf die paar farbigen Illus im Inneren verzichtet und dafür eine etwas stabilere pappe für den Umschlag genommen, aber das ist reine Geschmackssache. Wo wir schon bei „Geschmack“ sind – mein Wunschlayout wäre hier entweder eine auf 1890 getrimmte Wikipedia-Version oder aber wirklich die „Avalon Gazette“. Aber was nicht ist, kann ja noch werden… Texte und Lektorat sind auf jeden Fall mehr als solide und hervorragend lesbar – die Qualität der Grafiken ist bei solch kleinen Produktionen immer eher durchwachsen – aber hier gefallen mir sogar die Illus, die andere als Ausrutscher bezeichnen würden, wie zum Beispiel das Kerlchen auf Seite 13. (Nicht zu verwechseln mit der scharfen Braut von Seite 3!)
Inhalt
Tja – die Urdapedia #1 besteht aus 3 Komponenten:
1. Hinweise und Beispiele zur Konfliktresolution – gerade in einer Zeit, wo man noch auf das deutsche Regelwerk wartet, eine sehr sinnvolle Sache, denn so kann man schonmal loslegen, wenn man noch ein Abenteuer und fertige Charaktere hat. Sagte ich „Abenteuer und fertige Charaktere…?“ Aber dazu später mehr. Die drei Konflikttypen, die alle recht ähnlich abgewickelt werden sind „Diskussion“ (hätte ich „sozial“ genannt“, „Kampf“ (hätte ich auch so genannt) und „Verfolgung“ (hätte ich mir als Systembastler komplett gespart). 
2. Abenteuer Stimmen aus der Vergangenheit“ – und als (selbsternannter) Abenteuer-Spezialist muss ich sagen: „Dieses Abenteuer ist mal sowas von klassisch!“ Das bedeutet wir haben es mit keinem völlig innovativen Abenteuerschmankerl zu tun, das neue Wege geht, sondern mit einer absolut soliden Handwerksleistung, die gut in das etwas steampunkig-fantasyige Wolsung einführt. So gibt es eine Einleitungsgeschichte mit mysteriösem Hintergrund, drei gereihte Szenen auf dem Weg zum Finale und eben jenes Finale, das auf die unterschiedlichsten Arten und Weisen aufgelöst werden kann.
Um die Handlung wenigstens ganz grob und möglichst spoilerfrei zu umreißen, sei gesagt, dass der „Hauptakteur“ in diesem Abenteuer ein leuchtend grüner Edelstein ist, für den sich mehrere Parteien interessieren. Dass die Charaktere mitten im Schlamassel stecken, muss wohl nicht extra betont werden, oder?
3. Vier fertige Charaktere – einen zwergischen Draufgänger, eine menschliche Entdeckerin, einen Oger-Diplomat (der von der Illu her aussieht wie ein Kraftmensch aus dem Zirkus) und einen Halbling-Detektiv.
… uppsi! Da haben wir ja Regelkern, Abenteuer und Charaktere! AUF GEHT’S!!!!
Fazit
Eine wirklich schöne erste Ausgabe mit ein paar Erklärungen zu den Konfliktresolutionen, einem mittelgroßen Abenteuer und den ikonischen, archetypischen Charakteren mit allen notwendigen Spielwerten. Da wird für lumpige 6 Euro einiges geboten und ich kann auch über den dünnen Umschlag hinwegsehen, der meinen einzigen wirklichen Kritikpunkt darstellt.
Bewertung
4 von 5 Amateurprodukte mit Charme

[Rezension] Empire Engine

Ein großer deutscher Verlag hat mir mal wieder ein paar kleine Spiele auf einem geflügelten Pferd vorbeigeschicht und ich habe sie mir genauer angesehen – den Anfang macht hier…
Name: Empire Engine
Autoren: Chris Marling / Matthew Dunstan
Verlag: Pegasus (AEG)
EAN: 4250231706424
Preis: ca. 10€
Alter: 10+
Spieler: 2-4
Dauer: 20-40 min (sehr realistisch – mit 2 Spielern eher noch kürzer)
Genre: Bluff-Kartenspiel
BGG Ranking: 3029
Aufmachung
Ein steampunkiges Cover ist immer gut. Da habe ich direkt Bock draufloszuspielen – auch das Regelheftchen ist übersichtlich und es kann ziemlich flott an den Tisch gehen.
In der kleinen Schachtel gibt es dann 22 quadratische Kärtchen und 56 kleine Holzwürfelchen in schwarz, rot, blau und gelb.
Sieht alles sehr stylisch aus und motiviert sofort mal alles auf den Tisch zu packen.
Das Spiel
Über die etwas dünne Hintergrundgeschichte von der Welt Mekannis, die mit Hilfe einer großen Maschine regiert wurde und in der nun 4 Imperien um die Vorherrschaft streiten, decken wir mal schnell das Mäntelchen des Schweigens ebenso wie über meine ersten beiden Partien im Zweispielermodus, die eher unspannend verliefen…
Was also tut man? Jeder Spieler hat vor sich zwei Zahnräder seiner Herrschaftsmaschine liegen und kann diese mit Hilffe zweier weiterer Karten zwischen 0 und 3 Drehungen weit bewegen, um dann die beiden Effekte auszulösen, die auf der Oberseite der Zahnräder zu sehen sind.
Hier gibt es folgende Möglichkeiten:
Man bewaffnet sich und krallt sich 2 rote Soldatenklötzchen.
Man produziert und nimmt sich 2 gelbe Waren.
Man erfindet etwas und darf ein blaues Erfindungsklötzchen direkt in seinen Wertungsbereich legen.
Man greift einen Nachbarn an, bezahlt 1 Soldatenklötzchen und darf ihm im Erfolgsfalle 1 Ressource klauen.
Man verteidigt sich und einem geschieht im Angriffsfall nichts.
Man exportiert und legt all seine Waren in den Wertungsbereich.
Man schickt einen Bergungstrupp los und darf sich 1 Ressource seiner Wahl direkt in den Wertungsbereich legen. 
Bei den verschiedenen Moves kam schon der Begriff „Wertungsbereich“ vor – man hat nämlich einen Aktionsbereich. Wo man Ressourcen hineinlegen und später verwenden kann und einen Wertungsbereich, wo sie nicht mehr zu verwenden sind, einem aber auch nicht mehr genommen werden können. Außerdem spielen bei der Endabrechung (fast) ausschließlich die Klötzchen im Wertungsbereich eine Rolle.
Das war es auch schon an Regeln – nun gilt es, in 8 oder 9 (je nach Spieleranzahl) Spielrunden a) möglichst viele Klötzchen in seinem Wertungsbereich liegen zu haben und b) die meisten Klötzchen der jeweiligen Farben, denn das gibt zusätzliche Punkte.

Hört sich einfach an, ist es auch – wobei sich erst im Laufe mehrerer Spiele unterschiedliche Strategien herauskristallisieren. Und so gilt es recht bald abzuwägen, ob man seine eigene Grundstrategie weiter fahren möchte, oder ob es sinnvoller ist, den Mitspielern ihre Strategien zu versauen.
Bewertung
Ein schickes kleines Bluff-Spiel (könnte glatt von einem japanischen Autor sein), das mit zunehmender Erfahrung und größerer Spieleranzahl an Reiz gewinnt. Die ersten Zweierpartien sind noch nicht sonderlich spannend, aber wenn man erstmal raus hat was der andere Spieler für Strategien fahren könnte und wie man ihm dabei am besten in die Parade fährt, dann kribbelt es schon ganz ordentlich. 
Erst recht mit drei oder vier Spielern, wenn man noch überlegen muss, wen man angreifen kann und vor wem man sich verteidigen muss. Nimmt man dann die vier Fraktionen mit ihren Sonderregeln hinzu, wird ein wirklich herausforderndes Spiel daraus.
Fazit
4 von 5 Zahnräder