[Rezension] Das Erbe der Kanalwächter (SPACE 1889-Abenteuer)

… und weiter geht die Uhrwerk-Rezi-Woche mit einem Abenteuer für das leicht durchgeknallte viktorianische Steampunk-Setting SPACE 1889.
Das Cover – (Co) Uhrwerk Verlag
Produkt: Das Erbe der Kanalwächter
System: Space 1889 (Ubiquity)
Autor: Marcus L. Rowland (Niklas Forreiter, Markus Kemper, Sebastian Pähler)
Übersetzer; Florian Don-Schauen
Verlag: Uhrwerk
Aufmachung: Softcover, A4, 109 Seiten
Erscheinungsjahr: 28.04.2016
Preis: 17,95 Euro
ISBN: 978-3-95867-032-7
Gestaltung
Ich wiederhole mich vielleicht, aber ich mag das Layout der SPACE-Reihe, selbst wenn wir es hier mit einem grauen Hintergrund zu tun haben. Dazu noch Innenillus von Rich Longmore und vor allem eine tolle einseitige Illustration aller (wichtigen) Menschen an Bord der Princess Alexandra – schick. Auch das Lektorat lässt keine Wünsche offen, wobei von FDS übersetzte Texte ohnehin immer schon mehr als ordentlich ankommen…
Inhalt
Wie so oft beginnt das Abenteuer mit einem absoluten Routineauftrag. Zwei marsianische Priester heuern die Gruppe an, mit ihnen gemeinsam ein Artefakt aufzuladen und sie zurück zum Mars zu eskortieren. Kindergeburtstag! Leicht verdientes Geld!
Ihr habt es geahnt, so einfach ist dann doch alles nicht – da hätte das Abenteuer nur 4 Seiten statt der vorliegenden 110. Und so beginnt eine immer mehr an Tempo gewinnende Tour de Force durch insgesamt 10 Kapitel vom irdischen London bis auf den Mars.
Ich werde mich dem anpassen und im rasanten Tempo durch die 10 Kapitel pflügen und dabei immer versuchen, nicht zu viel preiszugeben:
Kapitel I: Auf der Suche nach einem ehrenwerten Menschen
Nach einem kurzen Auftakt im Gerichtssaal werden die Charaktere zum Anwalt St. John Audley geladen, wo ihnen ein Marspriester und sein Sekretär einen lukrativen Job anbieten.
Kapitel II: Die Fenier
Entführt von Iren! Verdammte Axt! Und dann wird man mitten in der Nacht noch von einem B auerntrampel geweckt. Ts-ts-ts
Kapitel III: Ein überraschender Tod
Abgang erster Marsianer, ein marsianisches Restaurant mit besonderer Gewürznote, marsianische Kultisten und auch die Iren haben immer noch nicht aufgegeben!
Kapitel IV: Die Princess Alexandra
Jetzt geht’s LO-HOS! Und zwar auf der Titanic. Äh, nein. Natürlich auf der Princess Alexandra. Das Kapitel beginnt mit den Worten: „Wenn die Charaktere ein eigenes Ätherschiff besitzen, ist es kurzfristig nicht einsatzfähig.“ Ja, klar. Sonst hätte der Autor ja auch das schöne Schiffskapitel umsonst geschrieben. Ihr merkt, das ist leicht sarkatisch, oder? Aber sei es wie es sei, der Abschnitt auf der Princess ist hanz klar der stärkste des Abenteuers. Ansonsten dient dieses Kapitel dazu, das Schiff in aller gebotenen Präzision zu beschreiben. Super, wie Orte, Personen und der übliche Tagesablauf vorgestellt werden. Damit kann ich arbeiten.
Kapitel V: Eine Botschaft aus der Heimat
Bombenstimmung!
Kapitel VI: Schiffe, die des Nachts vorüberziehen
Exitus Marsianer Nummer zwei und Ankunft auf dem Mars. Nun sind die Charaktere auf sich alleine gestellt.
Kapitel VII: Gefahr in Parhoon
Cricket auf dem Mars – der weiß-rote Sport! Das Amulett wird gestohlen! (Logo – warum sollte man das auch nicht immer bei sich tragen und nicht gut drauf aufpassen!) Mal wieder Kultisten, damit die nicht aus der Übung kommen!
Kapitel VIII: Westwärts nach Garyaan
Eine fast ereignislose Schiffsreise.
Kapitel IX: Das Auge der Baumeister
Willkommen im Tempel der Kanalpriester. Jetzt wird sicher alles gut. Nee doch nicht. Und dass der marsianische Dom ein Testgelände für alle Bände von Grimmzahns Fallen sein würde, hätte man auch nicht geahnt. Prophezeiungen – Schmofezeiungen.
Kapitel X: Endlich für immer glücklich
Überraschung! Eine Wendung geht noch! Aber dann ist erstmal Erholung angesagt!
Fazit
Ich muss es sagen, aber trotz aller railroadigen Tendenzen und vorweggenommenen Entscheidungen ist dieses mein bisher liebstes der größeren auf Deutsch erschienenen SPACE-Abenteuer. Die beteiligten Kulte gefallen mir, die Reise auf der Princess ist super (wenn auch brutal gescriptet), der Mars ist immer gut und es gibt so manche überraschende Wendung und viele einfach nur coole Rollenspielmomente. Daumen rauf und wir nähern uns der Höchstnote.
Bewertung

4,5 von 5 zwangsläufig zum richtigen Zeitpunkt versterbende Priester

[Rezension] Aufbruch zum roten Planeten (Brettspiel – Heidelberger)

Viktorianisch? Count me in! Faidutti/Cathala? Eigentlich immer gut! Gebietskontrolle? Super! Mars? Weltklasse!
Sieht ganz so aus, als sei alles in Position, damit mir das Spiel ausgezeichnet gefallen könnte. Schauen wir uns also Aufbruch zum roten Planeten mal genauer an – auf Deutsch ist das gute Stück vor Kurzem bei den Heidelbären erschienen, international zieht es schon seit 2015 seine Kreise und belegt bei Boardgame Geek einen starken 224. Rang.
Ich würde sagen da geht was, als auf den Tisch damit!
Das Cover – (Co) Heidelberger Spiele

Name: Aufbruch zum roten Planeten



Verlag: Heidelberger / FFG
Autoren: Bruno Faidutti und Bruno Cathala
Preis: ca. 45 Euro
Alter: 14+
Spieler: 2-6
Dauer: 45-90 min
Genre: Gebietskontrolle, Mehrheiten, viktorianisches Zeitalter, Worker Placement
BGG-Ranking: 224
Aufmachung
Die Schachtel enthält eine zusammenbastelbare Marskarte, sowie das Mahnmal und den Mond Phobas. Dazu kommen 70 Schiffskarten und Charakterkarten, 132 süße, ameisengroße Plastik-Astronauten, 1 Rundenzähler, 20 Zielplättchen, 1 Karte mit einem globalen Auftrag, 30 Ereigniskarten, 1 bis zu sechsteilige Startrampe, 11 Rohstoffmarker und 86 Punktemarker.
All das sieht wirklich ausgezeichnet und wie aus einem Guss aus – meine absoluten Favoriten sind aber diese kleinen Astronautenbärchen, die sind echt zum Anbeißen. Steampunk und Mars sind ja ohnehin gestalterisch sehr dankbare Themen und so nimmt es nicht Wunder, dass hier wirklich alles richtig gemacht wurde – bis hin zum dezent pulpig-comichaften Zeichenstil. Sehr gelungen.
Das Spiel
Obwohl in der Schachtel viel Kram rumfliegt und man viele, viele kleine und extrem putzige Astronauten zur Verfügung hat und dazu noch irgendwelche Karten in die Hand bekommt, ist das Spiel eigentlich recht einfach und vor allem schnell erklärt:

Es geht darum, die Mehrheit an Astronauten in den unterschiedlichen Regionen des Mars zu haben – vor allem in denen, wo sich die kostbarsten Rohstoffe herumtreiben. So hat Eis einen Wert von 1, Sylvanit bringt zwei Punkte und das kostbare Celerium satte 3 Punkte.
In 10 Runden kann ich nun meine schnuffeligen knallbunten Astronauten in Raketen setzen, die hoffentlich dorthin hochgeballert werden, wo ich sie gerne hätte – hoffentlich, weil zuvor noch die ausgespielten Charakterkarten der Spieler ausgewertet werden und die können so manchen Plan vereiteln und komplett über den Haufen werfen.

So wird in bester Countdownmanier abwärts gezählt und die Karten werden von 9 nach 1 nacheinander abgehandelt. Da dies der Kernmechanismus des Spiels ist, schildere ich kurz, was diese 9 Karten tun:

9 – Anwerber – Man setzt 1 Astronauten in ein Schiff und darf seine ausgespielten Charakterkarten wieder auf die Hand nehmen.
8 – Forscherin – Man setzt 1 Astronauten in ein Schiff und darf bis zu 3 Bewegungen auf dem Mars ausführen.,
7 – Wissenschaftler – man setzt insgesamt 2 Astronauten in 1 oder 2 Schiffe und zieht eine Ereigniskarte oder sieht sich eine Ereigniskarte an, die schon zugeordnet wurde.
6 – Geheimagent – Man setzt 2 Astronauten in 2 Schiffe und zwingt ein noch nicht voll bemanntes Schiff zum Start.
5 – Saboteur – man setzt 1 Astronaut in 1 Schiff und zerstört 1 Schiff (was alle darauf befindlichen Astronauten tötet).
4 – Femme Fatale – Man setzt 1 Astronauten in 1 Schiff und kann auf einem Schiff oder in einer Region mit einem seiner Astronauten einen gegnerischen Astronauten durch einen Astronauten seienr Farbe ersetzen.
3- Reiseberaterin – Man setzt 3 Astronauten in 1 Schiff – das klappt nur, wenn auch in einem Schiff Platz für 3 Astronauten ist.
2 – Soldat – Man setzt 1 Astronaut in 1 Schiff und tötet einen Astronauten auf Phobos oder einer äußeren Marszone und man kann bis zu 3 seiner Astronauten von Phobos auf beliebige Marszonen verteilen.
1 – Kapitän – Man setzt 2 Astronauten in 1 oder 2 Schiffe und legt ein Zielplättchen auf ein angedocktes oder bereits gestartetes Schiff.

Ihr merkt es schon – in dieser Phase geht es ordentlich rund und zwischen Table-Flip und Massenschlägerei ist hier schon so ziemlich alles vorgekommen.

Am Ende wird ein schicker steampunkiger Rundenzähler weitergesetzt und man erkennt auf den ersten Blick, ob man es direkt mit einer neuen Runde zu tun hat, oder ob nach den Runden 5, 8 und 10 noch Wertungen ausgelöst werden – und zwar in der sogenannten Produktionsphase. Hier produzieren die Regionen 1, 2 und schließlich 3 Punktemarker des jeweiligen Rohstofftyps. Diese erhält der Spieler mit den meisten Astronauten in dieser Region.

Kurz vor Schluss zeigt der Rundenzähler noch die Entdeckungsphase an, in der die untergelegten Entdeckungskarten aufgedeckt werden und abschließend gibt es noch die Schlusswertungsphase. Hier gibt es Punkte für die Erfüllung des globalen Auftrags wie auch für die Erfüllung der Bedingungen der eigenen Aufträge.

Ihr werdet es nicht glauben, aber der Spieler mit den insgesamt meisten Siegpunkten gewinnt die Partie.

Fazit
Hmmm… Nach dem Lesen der Regeln war ich etwas ernüchtert und konnte mir nicht vorstellen, dass das Spiel wirklich gut sein würde, aber ich gebe sehr gerne zu, dass ich mich geirrt habe. Es hat tolle Spielerinteraktion, schöne Mechanismen mit den Aufträgen und der Bewegung auf dem Mond (und Phobos) und je mehr Spieler am Start sind, desto besser wird es. Dazu noch das wirklich schöne viktorianische Mars-Thema und die knuffeligen Astronauten, und fertig ist ein ganz ausgezeichnetes Spiel, das sich sicher auch wegen seiner angenehm kurzen Spielzeit einen festen Platz auf meinem Spieltisch erobern wird.

… ich bin mir nicht ganz sicher, aber habe ich schon erwähnt, dass die kleinen Astronauten ganz hinreißend sind?

Bewertung
4 von 5 Verführerinnen

[Rezension] Der marsianische Patient (Space 1889)

Und weiter geht die Uhrwerk-Woche – heute wieder mit viktorianischer „All-Seefahrt“:
Das Cover – (Co) Uhrwerk Verlag
Produkt: Der marsianische Patient
System: Ubiquiety / Spae 1889
Autor: Dennis Maciuszek
Verlag: Uhrwerk
Aufmachung: Softcover, A4, 56 Seiten
Erscheinungsjahr: 2015
Preis: 14,95 Euro
ISBN: 978-3-95867-015-0
Gestaltung
SPACE 1889 von Uhrwerk halt. Wobei diesmal neben den klassisch guten Jödemann-Karten noch zwei echt coole Illus von Rich Longmore enthalten sind.
Inhalt (möglichst spoilerfrei)
Die ersten 19 Seiten werden der Vorgeschichte auf der Erde gewidmet. Ich bin ja ein großer Fan davon, reale historische Persönlichkeiten in Rollenspiel-Abenteuern unterzubringen und der alte Siggi Freud ist da eine perfekte Wahl. Aber um ganz ehrlich zu sein, wird hier etwas viel Brimborium betrieben, bloß um die Gruppe dazu zu bringen, mit ihrem Schützling die Reise zum Mars anzutreten. Auf dem Mars geht es dann wieder richtig los, denn unser Schutzbefohlener ruft dort diverse wilde Aktivitäten von mehreren Seiten hervor, die die Gruppe wie so oft mitten in politische Ränke hineinziehen. Genaueres sollte man hier nicht sagen, aber ich kann noch den Autoren loben, der etwas tut, was im deutschen Rollenspiel nicht sehr beliebt ist – er macht sich mehr Arbeit als nötig. Als zwei Beispiele mögen da zum einen die unterschiedlichen Herbergen dienen, wie auch die „Flug-Varianten“. So schildert er genau das Geschehen für alle drei potentiellen Herbergen, in denen die Gruppe absteigen könnte. Gleiches gilt für die drei möglichen Flüge vom Ausgangsort aus. Ja, in beiden Fällen werden alle drei Szenen genau geschildert und es wird sich nicht darauf verlegt, eine Möglichkeit genau zu beschreiben und zwei andere – scheinbar unpopulärere – Varianten kurz anzureißen (oder im schlimmsten Falle zu sagen, dass dort genau das gleiche passiert…). Super. So stelle ich mir Abenteuerdesign vor, auch wenn viele die Hände über dem Kopf zusammenschlagen werden und darüber fluchen, dass sie zweimal zwei Möglichkeiten mitbezahlt haben, die die Spieler nie zu Gesicht bekommen werden. Und diese Sorgfalt zieht sich durch das komplette Abenteuer bis hin zum Schluss – wo es auch wieder drei unterschiedliche, genau dafinierte Enden gibt. Herausragend!
Fazit
Das wäre das perfekte Abenteuer, um seine pulpige Hollow Earth Expedition-Gruppe erstmals ins All zu jagen – sehr schöner kurzer Einstieg auf der Erde, um sich dann den Mysterien des Mars zu stellen. Auf dem Mars wird dann alles aufgefahren, was die Welt von SPACE 1889 zu bieten hat. Sehr gelungen!
Bewertung
4 von 5 freud’sche Therapien eines Marsianers

[Rezension] Das Geheimnis der London Bridge (Space 1889)

Ich habe noch so viele Uhrwerk-Sachen hier auf meinem Stapel, die ich gelesen und teils sogar gespielt habe, dass ich mal glatt probieren könnte, eine Uhrwerk-Woche einzulegen – nach der enthusiastischen Deponia-Besprechung gestern ist heute Zeit für ein kleines, aber feines Abenteuer für SPACE 1889:

Das Cover – (Co) Uhrwerk Verlag
Produkt: Das Geheimnis der London Bridge
System: Ubiquiety / Space 1889
Autor: Kieran Turley
Verlag: Uhrwerk
Aufmachung: Softcover, A4, 32 Seiten
Erscheinungsjahr: 2015
Preis: 9,95 Euro
ISBN: 978-3-95867-0297
Gestaltung
Bei den SPACE-Abenteuern hat sich ja mittlerweile ein gewisser Standard etabliert – nicht besonders spektakulär, aber zum Genre passend und absolut zweckmäßig – zudem sind noch Übersetzung und Lektorat wirklich gelungen. Da kann keiner dem Verlag einen Strick draus drehen…
Inhalt
Eine Beispielseite…
Zu Beginn dieses Abenteuers steht ein kleiner und eher unspektakulärer Auftrag. Die Abenteurer sollen sich auf den Mars begeben und dort im Städtchen Mylarkt in Erfahrung bringen wo die Raumstation „London Bridge“ abgestürzt ist. Dann muss man nur noch eben dorthin reisen und einen Wissenschaftler, den Ehemnann der distinguierten Lady Edith Tillington, zu suchen und im besten Falle wieder an einem Stück nach Hause zu bringen. Dem gewieften Rollenspieler ist schon nach dem ersten Satz im Brief der freundlichen Dame sowas von klar, dass hinter diesem Auftrag mehr steckt, aber was tut man nicht alles für eine Agentin der Krone – aber warum will sie mit auf die Reise gehen – und warum sucht die Krone nicht direkt nach ihrem wertvollen Wissenschaftler…?
Und so geht es auf den Mars, man klopft an Türen in Mylarkt und versucht in sechs Kapiteln (erweiterten Szenen), den Auftrag möglichst so zu lösen, dass man selber wenig zu Schaden kommt und das eigene Gewissen mit maximaler Reinheit aus der Sache herauskommt. Dazu gilt es sämtliche Dinge zu tun, die das Salz in der Pulp-Suppe sind .
Das Abenteuer ist wirklich gut geschrieben und gerade der Anhang mit der Beschreibung der Stadt gefällt mir ganz ausgezeichnet, da er eine maximale Freiheit für die ersten beiden Kapitel ermöglicht – der Rest des Abenteuers kommt von der Struktur her dann aber recht heftig im Perlenschnur-Stil daher, wobei die wirklich gelungenen Szenen für die im Großen und Ganzen doch recht wenigen Entscheidungsmöglichkeiten entschädigen.
 
Fazit
Ein absolut solides Abenteuer, das dem SPACE 1889-Fan gibt, was der SPACE 1889-Fan gerne hätte. Exotische Marskulisse, etwas Investigation, Diplomatie, einen Hauch Exploration, ein düsteres und pulpiges Geheimnis, Verrat… Wirkt etwas schablonenhaft, birgt aber etliche wirlich toll zu spielenden Szenen – für unter 10 Euro kann man sich deutlich schlechtere Rollenspielprodukte kaufen.
Bewertung
3,5 von 5 Drohnen

[Rezension] SPACE 1889 – Der Merkur

Es kommt ja stetig neues Material für das viktorianísch-pulpige SPACE 1889 raus – der fette Merkur-Band ist schon vor etwa einem halben Jahr erschienen, aber ich habe so lange dran gelesen, dass ich jetzt erst zum Rezensieren komme.
Das Cover – (Co) Uhrwerk Verlag
Produkt: Der Merkur
System: SPACE 1889/ Ubiquity
Autor: Stefan Küppers (Chefredaktion)
Verlag: Uhrwerk
Aufmachung: gebunden
Erscheinungsjahr: 2015
Preis: 29,95 Euro
ISBN: 978-3-942012-56-0
Gestaltung
Ich bin ja ein Fan der sepia-pulpigen Gestaltung der deutschen SPACE-Produkte. Und wenn die Innen-Illus von Steffen Brand, Markus Holzum, Eric Lofgren und Rich Longmore gezeichnet werden, dann KANN das Teil gar nicht schlecht aussehen. Und obwohl 7 Autoren beteiligt sind, wirkt das ganze Buch wie aus einem Guss. Wirklich gelungen, das Ganze.
Inhalt
Das Buch besteht aus sechs Teilen und einem Index. Zuerst wird Der Merkur im Überblick dargestellt, dann folgerichtig Der Dämmerungsgürtel, Die Dunkle Seite und Die Heiße Seite. Anschließend gibt es ein Abenteuer von Dominik Hladek Die Reise um den Weltenfluss, bevor Anhänge mit Archetypen und Co. die Sache rund machen. Interessanterweise wirkt das Buch wie aus einem Guss, obwohl doch so der eine oder andere Autor Passagen dazu beitragen durfte.

So ist der Merkur als sonnennächster Planet, (der sich nicht in sich dreht, wie hier behauptet wird) natürlich brutal heiß – allerdings nur auf einer Seite, denn die der Sonne abgewandte Seite ist genauso unfassbar kalt wie die der Sonne zugewandte Seite heiß ist. Capisce? Diese Annahme setzt aber gleichermaßen, dass es einen „Dämmerungsgürtel“ gibt, der genau zwischen diesen beiden Zonen liegt, und in dem Leben möglich ist, ja es hat sich dort ein den Merkur umspannender Fluss mit einem darum herum liegenden Dschungel gebildet. Saucoole Idee.
Kolonialtechnisch herrschat auf dem Merkur eine ziemlich klare Situation: Die Briten erheben einfach nur aus Prestigegründen Anspruch auf den Merkur und sind mit einer starken Garnison vertreten. Die Deutschen verlegen sich eher auf die Forschung und versuchen eher im Geheimen, die Briten davon abzuhalten, sich alle Bodenschätze (vor allem die merkurischen Energiekristalle) unangefochten unter den Nagel zu reißen. Die Russen haben den Wettlauf um den Merkur zu Beginn verschlafen, sind nun aber – wenn schon nicht mit einem großen Heer – mit einigen wenigen Elitesoldaten und einer Nadelstich-Strategie auf dem kleinen Planeten vertreten. Alle anderen kann man erstmal vernachlässigen.

Den Dämmerungsgürtel kann man am ehesten mit einem klassischen Erdendschungel vergleichen, wobei nochmal nach den beiden Ufern unterschieden wird – logo, das Ufer der Hitzeseite weist andere Faktoren auf als das Ufer der Kälteseite.
Da ich ja auf einen übersichtlichen Aufbau stehe, begrüße ich es explizit, dass die drei Teile des Merkurs jeweils analog beschrieben werden, zuerst mit Hintergrundinfos, dann mit „Schätzen“, „Flora und Fauna“ und „Besonderen Orten“. Und da sind jeweils total abgefahrene Sachen dabei, das kann ich euch sagen. Ich bin beispielsweise ein großer Fan des „Linsengleiters“, der könnte glatt von mir sein.

Kältezone und Hitzezone stellen natürlich die Menschen jeweils von ihrer Seite vor das gleiche Problem – diese Regionen sind einfach lebensfeindlich und ohne „Hilfsmittel“ überlebt man nur Sekundenbruchteile, wobei clevererweise beide nochmal in Zonen eingeteilt sind mit unterschiedlichen Temperaturbereichen und Story-Ansätzen.
Und was ganz wichtig ist: Beide Zonen sind nicht nur clever für das Spiel aufbereitet, sondern lesen sich auch noch ganz ausgezeichnet. Da hat das Team echt ein gutes Händchen bewiesen. Besonders gut gefallen mir auch die Andeutungen, dass es auf beiden Halbkugeln noch unterirdische Regionen gibt, wo man sich bewegen kann – die würde ich nur allzu gerne mit Leben füllen.


Als jemand, der den Einfluss von Abenteuern auf ein System und ein Setting extrem hoch bewertet, muss ich mir natürlich Dominik Hladeks Merkur-Variante der Phileasson-Saga genauer ansehen und den Seifenkistenlesern erzählen, ob das Teil etwas taugt…
Okay, sehr gut ist erst einmal, dass man als Spielergruppe entscheiden kann, für welche Seite man antreten möchte – hier hat man die Wahl zwischen dem preußischen Generalmajor AD, Walther Friedrich von Bornsdorff und dem britischen Gentleman Cyril Montgomery Fitzgerald. Wer Asleif Phileasson und wer Beorn der Blender ist, dürft ihr selber entscheiden. Die Einführung ist sehr liebevoll gestaltet und findet im Travellers‘ Club statt. Hier gilt es nun die Seite zu wählen und sich mit den Statuten des Wettbewerbs vertraut zu machen. Beide Expeditionsteams haben gewisse Ressourcen zur Verfügung, die es zu Beginn gilt, so sinnvoll wie möglich zu verwenden.
Jetzt wollt ihr sicher, dass ich das Wort „Railroading“ erwähne, oder? Das kann ich auch gerne tun, denn eine Reise entlang eines Flusses verläuft zwangsläufig in einem bestimmten Rahmen. Ansonsten genießen die Spieler wirklich einige Freiheiten, auch wenn bestimmte Dinge bestimmte Ereignisse recht willkürlich auslösen. Und was noch wichtiger ist. Das Rennen wird nicht gehandwedelt, sondern man kann in drei Schritten jeweils regeltechnisch festgeklopft den Fortschritt der Wettfahrt feststellen UND es gibt Zufallsbegegnungen. Da kann ich nur sagen: „Rock’n’Roll!!!“
Nun kann es auf fünf unterschiedlichen Etappen plue einigen Nebensträngen einmal um den Merkur herum gehen und seid versichert – es ist immer etwas los! Ob die Truppe sich im Inneren eines Riesenammoniten nach einem Glimmkristall sucht, versucht, Jotunwurmeier zu stibitzen, oder einen durchgeknallten russischen (sorry, kasachischen) Wissenschaftler davon abhält, den kompletten Merkur aus der Bahn zu werfen – Langeweile kann nicht aufkommen.
Vor allem hat sich in Hinblick auf die Abenteuerstruktur seit besagter DSA-Kampagne getan und so wird hier immer dafür gesorgt, dass übersichtlich in Kästen geschildert wird, was die jeweils andere Expedition gerade tut, sodass ein fairer Wettkampf (größtenteils) gegeben ist.

Abschließend findet man dann noch im Anhang mit dem Pseudowissenschaftler, dem Automobilexperten, dem Prospektor, dem Gesellschafts-Söldner und dem Dampftechnik-Ingenieur fünf komplett neue und direkt spielbare Archetypen sowie etliche Artefakte und Ausrüstungsgegenstände wie den Zinnmoloch, der einerseits eine Möglichkeit darstellt, die heiße Seite zu besuchen und andererseits einen der wenigen Produktionsfehler beinhaltet, denn die komplette Beschriftung der Zeichnung wurde leider nicht übersetzt.
Mein heimlicher Lieblingsteil sind die abschließenden Mysterien des Merkur, denn hier werden einige Dinge angerissen, die man sich schon bei der Lektüre der einzelnen Orte gefragt hat: „Was hat es mit dem Mt. Edison auf sich?“ oder „Was ist mit den Eiskrabben los?“ Total klasse und viel kürzer und inspirierender geschrieben, als die klassischen DSA-Sternchen-Mysterien.

Fazit
Der wohl abgefahrenste Ort, an dem man bisher SPACE-Abenteuer spielen kann – hat vom „Look & Feel“ her etwas von der „Bruder-Reihe“ Hollow Earth Expedition, ist aber dann noch einen Tacken überdrehter, wenn auch nie übertrieben. Für mich die bisher beste Veröffentlichung für SPACE – und die bisher auf Deutsch erschienenen Sachen waren alle nicht übel, vielleicht gerade, weil leichte Jules Verne-Nachgeschmack hier besonders deutlich zu Tage tritt!

Auf besonderen Wunsch möchte ich noch den Satz anfügen: Das, was für die Illustrationen gilt, behält natürlich auch für den Text Gültigkeit. „Wenn die Texte von solchen Autoren wie Beckert, Hladek, John, Junge, Küppers, Lindner und Maciuszek geschrieben werden, kann das Teil sich gar nicht schlecht lesen.“ Okay, einigen von denen kann ich gar keine Werke zuordnen, aber mit Dominik, Martin, Uli und Stefan sind doch ein paar Jungs dabei, die durchaus schon gutes Rollenspielmaterial veröffentlicht haben.

Bewertung
4,5 von 5 merkurische Mysterien (ich weiß eigentlich gar nicht, warum ich nicht die „5“ zücke – vielleicht hätte ich gerne noch mehr coole Illustrationen, aber das ist wohl wieder eine finanzielle Frage…

[Rezension] Space 1889: Die Macht von Angahiaa

Schon länger auf meinem Rezensions-Gabentischchen und jetzt endlich auf der Seifenkiste – ein schickes kleines SPACE 1889-Abenteuer mit unaussprechlichem Namen…
Das Cover – (Co) Uhrwerk
Produkt: Die Macht von Angahiaa
Autor: Niklas Forreiter
Verlag: Uhrwerk
Aufmachung: Softcover, A4, 68 Seiten
Erscheinungsjahr: 2015
Preis: 14,95€
ISBN: 978-3-95867-004-4
Gestaltung
Absolut klassisch! Die SPACE-Sachen sehen ja immer recht hübsch aus mit dem leicht „angesepiaten“ Papierfarbton, dem klaren, für Ubiquity typischen Layout, und den Innen-Illus von Longmore und Lofgren – der Künstler der Cover-Illu, Flavio Bolla, sagt mir rein gar nichts, aber es ist auf jeden Fall gut komponiert und macht neugierig auf das Abenteuer. Der Kerl darf ruhig weiter zeichnen, wenn es nach mir geht.
Inhalt
Ganz allgemein muss ja bei SPACE immer gesagt werden, wo genau man sich befindet – und das ist hier ganz unproblematisch dahergesagt: In Emden…

… auf dem Mars – von den Einheimischen „Angahiaa“ genannt. Damit haben wir auch schon beide Komponenten erwähnt – es geht um Marsianer und Deutsche. Und die Spielergruppe, die mitten im Schlamassel steckt.

Der Aufbau des Abenteuers ist auf den ersten Blick etwas verwirrend, aber im Endeffekt sehr zweckdienlich. So wird zuerst sehr kurz die Gesamtsituation geschildert, dann die Stadt Emden in aller Ausführlichkeit vorgestellt, anschließend gibt es drei Hauptteile unterbrochen von 4 Seitenquesten. Abgesehen von den Seitenquesten ist das Abenteuer eigentlich sehr straightforward, gibt aber innerhalb der einzelnen Elemente den Spielern durch sehr präzise Schilderung aller Hintergründe eine größtmögliche Freiheit. So mag ich das doch. Außerdem sind auch immer mehrere Optionen bedacht, wie beispielsweise ob die Charaktere in Berlin oder auf dem Mars ins Abenteuer gezogen werden oder wie es weitergeht, wenn die Charaktere diese oder jene Partei unterstützen.

Herrje, wisst ihr, worauf ich noch gar nicht eingegangen bin? Den Inhalt (Und dabei steht das sogar hier als blaue Überschrift!). Und der hat es wirklich in sich – gut, dass es da die Übersichts-Tabelle auf Seite 29 gibt, ohne die der geneigte Spielleiter tatsächlich aufgeschmissen wäre.
Alles beginnt mit einem Handelsvertrag zwischen Deutschland und Emden in Person des Prinzen, der Kanalgilde und des Priesterrats. Das Abschließen dieses Handelsvertrags bietet nun den Hintergrund für etliche kleine und große Intrigen, für Kampf, Verrat und Recherche.

Wie also solltet ihr vorgehen, wenn ihr das Ding leiten wollt? Denn die Vorbereitung ist hier die halbe Miete: Zuerst lest ihr euch den Intro-Kram durch. Dann checkt ihr alle Informationen über Emden und gbehaltet davon nur das im Kopf, was für den heutigen Tag wichtig ist. Dann nehmt ihr besagte Übersichtstabelle von Seite 29, kopiert sie euch groß und legt sie unter das Kopfkissen, um sie zu verinnerlichen. (Sie ein paar Mal durchzulesen kann allerdings auch nicht schaden.) Der nächste Schritt besteht nun darin, das Kapitel „Der Handelsvertrag von Emden“ wirklich, wirklich sorgfältig zu studieren – Notizen können hier nicht schaden.
Nun habt ihr den großen Rahmen im Blick und könnt euch daran machen, zuerst die beiden Hauptkapitel zu checken und dann die kleinen Nebenquests. Ein Hauptaugenmerk solltet ihr hier auf die IPA legen, die hier ausnahmsweise nicht für „India Pale Ale“ steht, sondern für „Interplanetare Arbeiterassoziation“.
So, und jetzt ran an den Marsianerspeck!

Fazit
Für ein „kleines“ Abenteuer steckt hier sehr viel Arbeit für den Spielleiter drin und die Sprache ist teils etwas „dröge“, da auch viiiiiiiel Hintergrund geschildert wird – ABER alles in allem haben wir es hier mit einem echt gut komponierten Abenteuer zu tun, das durch seine präzise geschilderten Hintergründe hervorragend zu leiten ist und das sowohl Diplomatie als auch Kampf erfordert. Supersache! Und vor allem ist das Abenteuer nicht so „klein“, wie ich im ersten Satz des Fazits geschrieben habe. Das hat ordentlich Fleisch auf den Rippen und ich bin sicher, dass man das (immer unter der Voraussetzung, dass es liebevoll vorbereitet wird) an mehreren Abenden spielen kann und nicht in 2 oder 3 Stündchen durchgeblasen hat. Seit Gygax‘ Zeiten habe ich nicht mehr ein Abenteuer mit so vielen Informationen auf so wenig Raum gesehen.

Habt ihr also Boch auf marsianische Politik-Intrigen, so seid ihr hier genau richtig. 😉

Berwertung
3,5 von 5 merkwürdige marsianische Städtenamen und dazu noch 0,5 Marsprinzen – macht summa summarum 4 Empfänge an der Berliner Akademie der Wissenschaften

Der stolze Papa… … oder: 13th Age steht in den Regalen!

Fertig!!! Also sowohl das 13th Age-Regelwerk ist fertig und allüberall käuflich zu erwerben, aber auch ich bin fertig, weil ich gerade vom Joggen komme. Eben brachte unsere Nachbarin das amtliche Paket aus dem Hause Uhrwerk und so kann ich diesen freudigen Moment nutzen, um meine 3-wöchige Internet-Abstinenz endgültig mit einem Blog-Beitrag zu beenden.
Das Paket enthielt neben dem neuesten SPACE 1889 Abenteuer und der auf den ersten Blick grandiosen Splittermond-Basisbox das 13th Age Regelwerk in der normalen und der limitierten Version.
Was aber ist da so aufregend dran? Nun, ich war verantwortlich für die Koordination der Übersetzung und habe etwa ein sattes Jahr lang viel Blut und Schwei vergossen, damit das Teil endlich fertig wird – und nicht nur das, es sollte so lässig daherkommen wie das Original. In diesem Jahr habe ich viel vergiegt, Millionen von Fehlern gemacht, durch Doofheit tolle Leute vor den Kopf gestoßen, Missverständnisse im Dutzend verursacht, etliche völlig überflüssige Nachtschichten eingelegt, die beiden Layouter in den Wahnsinn getrieben, weil immer wieder kleine Problemchen auftauchten und mich ganz allgemein dämlich angestellt. Irgendwie ist es dann doch etwas anderes alleine oder mit einem Partner ein Abenteuer zu schreiben und den Weg von der Idee hin zum gedruckten Buch zu gehen, als eine ganze Gruppe in den unterschiedlichen Arbeitsschritten zu koordinieren. Aber letzten Endes hat das Team dann alles aufgefangen und vor allem Bettina und Christian, die Layouter, haben sich als wahre Lebensretter erwiesen und mit viel Initiative das Buch zu dem gemacht, was es jetzt ist – und – ganz ehrlich – das Ding sieht auf den ersten Blick mal so richtig geil aus und liest sich, trotz mehrerer Übersetzer, sehr lässig und aus einem Guss.
Die Welt
Ich blättere jetzt schon seit etwas mehr als einer Stunde in dem Buch rum und habe noch keine Hacker gefunden. Okay, was das Glossar angeht, werden immer Leute andere oder auch ganz sicher bessere Vorschläge finden – so trat beispielsweise Matthias vehement für den „Bäm-Würfel“ anstatt des „Eskalationswürfels“ ein, da der, wie er treffend argumentierte, einfach mehr „BÄM!“ in den Kampf bringt, aber an dieser Stelle haben wir uns dann doch für die näher am Original liegende und irgendwie „seriösere“ Variante entschieden.
Eine Beispiel-Doppelseite
Und um die Fans des Systems zu beruhigen – die nächsten Artikel werden jetzt ziemlich zügig erscheinen, denn mit Daniel hat eine einzige Person in Windeseile übersetzt und Matthias als einer DER 13th Age Experten hat dann nochmal ordentlich sprachlich drübergebügelt, womit er den Ton des Originals verteufelt gut trifft. Ich muss dan nur noch regeltechnisch kurz drüberchecken und ein paar kleine Fehlerchen rauszuwerfen – fertig. So sind ein Abenteuer und das „Beutebuch“ schon komplett übersetzt und durch drei Lektorats- / Korrektoratsdurchgänge gelaufen und befinden sich jetzt im Layout, ein weiterer fetter Band wird gerade von Matthias durch die Mangel gedreht und ein Abenteuer ist in der Übersetzung. Da geht was, würde ich sagen!
Falls ihr so lange durchgehalten habt und euch fragt, was es mit 13th Age überhaupt auf sich hat, dann kann ich vielleicht eine Erklärung – irgendwo zwischen einem elevator pitch und einem kurzen Werbetext – liefern:
Ganz grob gesagt, ist 13th Age eine Mischung der besten Teile aus D&D 3 und D& D 4. Es gibt etliche Charakteroptionen und dennoch wird der Verwaltungsaufwand möglichst gering gehalten (was mir persönlich sehr entgegenkommt). Vom Setting her ist es recht klassische Fantasy in einer Welt, die von den Ikonen – mächtigen fast gottähnlichen Wesen – bestimmt wird. Mit eben diesen Ikonen hängt einer der zahlreichen interessanten Mechanismen zusammen, so müssen oft „Ikonenwürfe“ abgelegt werden, die bestimmen, wie die Ikonen Einfluss auf das Spielgeschehen nehmen. An coolen Mechanismen gibt es noch den oben geschilderten „Bäm-Würfel“, der in jeder Kampfrunde um ein Auge erhöht wird und auf die Trefferwürfel der Charaktere gerechnet werden, wodurch die immer amtlicher reinknallen, je länger der Kampf dauert. Ärgerlicherweise gibt es aber Monster, die ebenfalls von diesem Würfel profitieren, oder andere, die Sonderfertigkeiten haben, wodurch der Eskalationswürfel auch für die Charaktere nicht mehr nutzbar ist…
Wer also eine actionorientierte D&D-Fassung mit coolem (buntem) Layout im Regal stehen haben will, der sollte wirklich zugreifen. Ich muss jetzt im Laufe des Tages noch ein paar Sachen schreiben, aber dann werde ich mich mit dem fetten Teil auf’s Sofa hauen und etwas schmökern…

[Kickstarter] The Secret of Phobos (SPACE 1889-Spielfilm)

Meine FreundInnen von Orkenspalter TV haben mal wieder crazy Pläne am Start…
Nico, Mhaire und Konsorten wollen einen Low Budget Film zum Rollenspiel SPACE 1889 drehen – und zwar mit richtigen Effekten, Puppenmonstern und allem, was dazugehört. Sollte man auch nur das geringste Interesse an Steampunk und dem viktorianischen Zeitalter haben, dann kommt man an diesem Projekt einfach gar nicht vorbei, also zückt schonmal die Kreditkarten.
Denn zu diesem ambitionierten Projekt läuft derzeit ein Kickstarter und von 17000 geforderten Öcken sind (Stand 15.6.15) schon knapp über 10000 zusammen gekommen. Das Teil läuft noch 15 Tage lang und ich bin recht zuversichtlich, dass die Summe zusammenkommt, aber das soll euch nicht daran hindern, beispielsweise ein paar von den 500er Perks mitzunehmen, um alles aus dem Team rauszuholen und Besuch von den Orkis für eine Premiere der ganz besonderen Art zu erhalten.
… und wenn ihr euch auf der Seite umgeschaut habt und immer noch nicht restlos überzeugt seid – diese beiden strammen deutschen Soldaten wollt ihr doch ganz sicher auf der großen Leinwand sehen, oder???
P.S.: Gerade in Kombination mit diesen beiden Spießgesellen bin ich etwas besorgt, wenn ich an die Namensähnlichkeiten zum guten alten Infocom-Adventure „Leather Goddesses of Phobos“ denke… 😉

EDIT: P.P.S.: Wisst ihr, was super wäre? Ein LINK zum Kickstarter.

[Rezension] Fremde Erde (SPACE 1889)

Die ersten Produkte, die ich auf der RPC mitnehmen durfte, konnte ich schon in Ruhe studieren – gestern abend und heute in der Badewanne habe ich mir das brandneue Abenteuer für SPACE 1889 vorgenommen. Das werde ich in nächster Zeit ganz sicher mal leiten – auch wenn ich noch nicht so genau weiß wie…
Produkt: Fremde Erde
System: SPACE 1889
Art: Abenteuer
Autor: Gareth Hanrahan
Übersetzer: Thomas Markwart
Verlag: Uhrwerk
Aufmachung: Softcover, A4, 30 Seiten
Erscheinungsjahr: (Mai) 2015
Preis: 9,98€
ISBN: 978-3-95867-014-3
Gestaltung
Die SPACE-Sachen sehen ja imemr sehr gediegen aus und die Illus (innen Rich Longmore und außen Robin Blicker) ergänzen das aufgeräumte Layout wirklich gut. Die Werteblöcke von Ubiquity-Abenteuern sind ja ohnehin über jeden Zweifel erhaben und die Übersetzung ist wirklich ordentlich gelungen. Bei zwei Sätzen habe ich mich gefragt was das heißen soll und wie es wohl im Original geheißen haben mag, aber ansonsten gibt es 3-4 kleine Tippfehler, die durchgeflutscht sind, das ist locker unter dem klassischen deutschen Rollenspielprodukt-Durchschnitt. Gute Arbeit, insgesamt eine wirklich tadelloses Produkt.
Inhalt
Teil 1 – Erde
Die Helden sind auf dem Anwesen des Lord Feltam-Hithe eingeladen, der einem marsianischen Jungen Unterschlupf gewährt hat. Dieser wird in der Nacht entführt und nur wenige ABenteurergruppen dürcten nicht problemlos herausfinden, wer ihn wohin entführt hat.  Nach einer kleinen Verfolgungsjagd landen sie in London mitten im Lufthafen der Arbeiterliga, für die Kime zu einer Art Maskottchen, ach was, zu einem Symbol für ihren Arbeitskampf geworden ist. Tja, da will es gut überlegt sein, ob man den Auftrag von Feltam-Hithe koste es was es wolle ausführen will, oder die Chose etwas freier auslegt. Als großen Showdown gibt es einen fetten Luftkampf, in dem ein paar fiese Streikbrecher angreifen und es gilt den Jungen zu beschützen und mit heiler Haut wieder aus der Nummer raus zu kommen. Leider ist gerade die amtliche und fast schon bondmäßige Abschlussschlacht nur sehr rudimentär beschrieben, da wäre echt mehr gegangen, aber ansonsten haben wir hier ein grundsolides Abenteuer, das sich, da es auf der Erde spielt, auch problemlos mit kleinen Modifikationen mit HOLLOW EARTH EXPEDITION spielen lässt.
Teil 2 – Mars
Mittlerweile hat der heranwachsende Kime irdische und marsianische Ideen verschmolzen und unter marxistischem Einfluss das Traktat „Wasser und Leben“ herausgebracht und beschwört dabei die Gefahr herauf, die Gesellschaftsordnung auf dem roten Planeten ordentlich durcheinander zu wirbeln. Er hat sich mit ein paar Getreuen zu einem Pumpenwerk zurückgezogen und die Spielercharaktere müssen schauen, wie sie nun agieren wollen. Sie können den örtlichen Lord „Shune“ unterstützen und dem kleinen Kerlchen in den Hintern treten, um die Gesellschaftsordnung zu belassen, wie sie sich gerade darstellt. Das dürfte vermutlich nur für wenige Gruppen eine Option sein und so läuft alles darauf hinaus, das Pumpenwerk gegen die Angriffe zu verteidigen und gleichzeitig noch ein paar politische Strippen zu ziehen, dass der Lord nicht noch mit zusätzlichen englischen Waffen ausgerüstet wird.
Ich überlege die ganze Zeit, ob ich die Option, das erste Abenteuer als Rückblende hinter das zweite Abenteuer zu schieben, sehr cool, oder total fürchterlich finden soll. Fürchterlich, da so der kleine Mars-Schlawiner definitiv überleben muss, komme was wolle. Das ist ja eigentlich nix, was ich leiden kann. Aber je nach Position der Helden im Mars-Abenteuer dürfte es für sie eine richtig miese Tour werden, den kleinen Kerl mit allem, was sie haben zu beschützen, und währenddessen wissen sie die ganze Zeit, dass er ihnen nachher noch ordentlich Probleme bereiten wird. Aber er kann ja nicht sterben, da er die tragende Person beim späteren Mars-Abenteuer sein wird. Eigentlich ganz schön mies, das könnte mir gefallen.
Fazit
Ein „nettes kleines Abenteuer“ im besten Sinne des Wortes. Ich bekomme hier grobes Material für zwei kurze Abenteuer geliefert – ein gesellschaftlich-sozial-detektivisches Abenteuer auf der Erde und ein sehr, sehr freies eventuell recht kampfintensives auf dem Mars. Bei beiden stehe ich vor dem Problem was wir Abenteurer nun mit unseren jeweiligen Gewissen in Einklang bringen müssen und wie es gelingt, gemeinsam eine vernünftige Entscheidung zu fällen, die jeweiligen Herausforderungen schätze ich hingegen als eher gering ein.
Leider ist gerade das zweite Abenteuer nur sehr sporadisch ausgearbeitet (wenn auch serh frei konzipiert, was mir natürlich ausgesprochen gut gefällt) und Ryder-Hanrahan verlässt sich sehr drauf, dass es den Teilnehmern (sowohl SL als auch Spieler) an seinem Abenteuer wichtiger ist, knackige Action und knifflige Dilemmata (Ist das der korrekte Plural??? Bestimmt nicht!) zu erleben, als ein wirklich handfestes Abenteuer mit festgelegten Werten vor die Steinschlossflinte zu bekommen. Ist man also entweder bereit, ordentlich in die Vorbereitung des Abenteuers zu investieren oder aber auf Teufel komm raus zu improvisieren, wird man an beiden Abenteuern viel Spaß haben (und wird sicher die Bepunktung problemlos um 0,5 oder 1 Punkt höher schrauben).
Bewertung
3,5 von 5 Mars-Marxisten

Endspurt im SPACE 1889-Kickstarter

SECHS Tage lang läuft der bisher äußerst erfolgreiche Kickstarter der Combo Uhrwerk/Chronicle City noch. (Der Link lohnt sich alleine schon wegen des spektakulären Projekt-Vorstellungs-Videos.)

15000 Pfund wollte man haben – beim derzeitigen Stand hat man 43400 Pfund eingesackt! Eine absolut respektable Summe – und das, ohne sich bis in die Steinzeit zu verschulden, nur um den Backern immer weitere Stretch Goals freizuschalten, die man sich als Verlag im Endeffekt dann doch nicht leisten kann. Clever ist es hier gelöst, dass die Backer jeweils die PDFs der frei geschalteten Artikel kostenlos bekommen, was absolut fair ist – wollen sie aber eine gedruckte Fassung, können Sie das für ein paar zusätzlich in den Pott geworfene Pfund Sterling ordern.
Finde ich eine gute Regelung – die Backer bekommen die Abenteuer vor allen anderen Menschen in diesem Universum – der Verlag ruiniert sich nicht – die Fans bekommen jede Menge neue Abenteuer und Quellenbände, die sonst wohl nicht (oder erst in eventuell ferner Zukunft) das Licht der Welt erblickt hätten.

Schauen wir doch mal was man derzeit für 50 Pfund (plus 5 Pfund Porto) bekommt:
– Regelwerk SPACE 1889 – vollfarbig
– Block mit 24 Charakterbögen
– Regelwerk als PDF
– Abenteuer „The Order of the Invisible Eye“ von John Wick als PDF
– Abenteuer „Thunders of Venus“ von Steve Long als PDF
– Spielleiterschirm als PDF
– NSC-Heft als PDF
– Venus-Quellenbuch als PDF
– Abenteuer „On the Trail of the Gods“ von Shane Ivey als PDF
– Abenteuer „Lost Romance on Venus“ von Steve Kenson als PDF

(Für 30 Euro kriegt man dann alle PDFs – aber halt nix Gedrucktes!)

Werden in den nächsten Tagen noch ein paar Pfund draufgeschaufelt, werden wir Folgendes sehen:

bei 50000 – Merkur-Quellenband
bei 53000 – Abenteuer „The Strange Land“ von Gareth Hanrahan
bei 56000 – Abenteuer „Murder on the Aether Express“ von Uli Lindner
bei 59000 – Abenteuer „Godslathe“ von Sarah Newton
bei 62000 – Abenteuer „Nocturne in the City of Lights“ von Andrew Peregrine

Dazu kann man dann jeweils noch zwei verschiedene limitierte Fassungen des Regelwerks erstehen und noch ein paar Miniaturen-Sets. Da ist schon einiges geboten, bin mal gespannt, welche Ziele noch freigeschaltet werden – ich finde aus deutscher Sicht sollten wir „Uli Lindner mal etwas Liebe zeigen“, wie der Angelsachse zu sagen pflegt…