Rezension: John Sinclair – Das Abenteuerspiel

Geisterjäger John Sinclair – Das Abenteuerspiel

Produkt: Geisterjäger John Sinclair – Das Abenteuerspiel
Produktart: Regelwerk
Autoren: Christian Günther, Markus Plötz, Mario Truant (Entwicklung und Konzeption) – Christian Günther, David Grashoff, Markus Plötz (Texte)
Verlag: Ulisses Spiele
Inhalt: Hardcover, Farbdruck, 240 Seiten, Lesebändchen, Farbposter
ISBN: 978-3-86889-023-5
Preis: 29,95€

… und ich muss direkt vorwegschicken: Gut, dass da noch das fast schon unauffällige Anhängsel „Das Abenteuerspiel“ dazu gedruckt wurde, denn nach Rollenspielmaßstäben könnte diese Rezension nur für alle Beteiligten in einer Katastrophe von biblischen Ausmaßen enden!
Regeln, die auf der Komplexitätsebene knapp über „4 gewinnt“ liegen und es selbst einem einbeinigen Rentner auf der Flucht vor Zombiehorden schwer machen, zu sterben, endlose Vorlesetexte, Abenteuer, die selbst den dunkelsten DSA-Zeiten eine Lektion in Railroading erteilen, Illustrationen, die trashiger fast nicht mehr gehen und ein merkwürdiges Konzept mit Erzähler- und Geisterjägerkarten?!? Dann heißt der Spielleiter noch „Erzähler“! Das kann ja nichts werden!

„Pfui! Bah!!!“ kann ich da als old-schooliger Sandboxer nur sagen!

Glücklicherweise muss ich das Regelwerk nicht an Rollenspielmaßstäben messen.
Auch habe ich nach einer trotzigen Protestphase in den 90ern, als ich keine Rollenspiele neben D&D (Classic), AD&D 2. Edition, Sternengarde (und verrückterweise „Ruf des Warlock“) habe gelten lassen, meinen Rollenspielhorizont um ein Vielfaches erweitert und bin nun bereit, mir das Hardcoverbuch im immer populärer werdenden Din A5-Format unvoreingenommen vorzuknöpfen.

Was will also – meiner Meinung nach – das Spiel erreichen?
Ulisses’ Ziel scheint hier zu sein mit den John Sinclair-Lesern eine riesige Gruppe von Leuten, die allgemein an Fantasy und Horror interessiert sind, aber wahrscheinlich noch nie in ihrem Leben mit Rollenspiel in Berührung gekommen sind, behutsam an diese Form von Spiel heranzuführen. Ob die „neuen“ Rollenspieler – Sorry! Abenteuerspieler dann Feuer fangen und sich auch an andere Systeme wagen, ist für mich persönlich erst einmal nebensächlich, wird aber sicher in den Verlagsüberlegungen eine Rolle spielen. Einen direkten Sprung zu DSA kann ich mir hier kaum vorstellen, aber über einen Umweg wie beispielsweise Hollow Earth Expedition (um mal verlagsnah zu bleiben) könnte ein Sprung zu DSA oder Pathfinder durchaus vorstellbar sein.

Für mich als Lehrer ist es völlig klar, wie ich vorgehen muss, um die JS-Leser zu JS-Abenteuerspielern zu machen. Ich muss Strukturen, die sie kennen, aufgreifen („Die Schüler da abholen, wo sie stehen“), und darf auf mehreren Ebenen keine zu hohen Eingangshürden aufbauen, um nicht von Anfang an zu frustrieren. Im Idealfall lasse ich sie das Ganze noch selbst erarbeiten und es kann eigentlich nichts mehr schief gehen. Richtig wünschenswert wäre dann, wenn nach dem schnellen Erlernen des Systems und nach den ersten Abenteuern der Schwierigkeitsgrad langsam angehoben würde (um einen Lerneffet zu erzielen), aber das wird vermutlich im Grundregelwerk noch nicht der Fall sein.

Schauen wir mal, ob die Autoren einen ähnlichen Weg gehen,

Ich blättere ein Rollenspielbuch ja gerne immer einmal durch, bevor ich beginne zu lesen. Dieses Durchblättern ist schon mal sehr erfreulich! Eine klare Gliederung, nicht zu überfrachtetes Layout und Illustrationen, die zwar nicht meinen persönlichen Geschmack treffen, im JS-Universum aber absolut richtig aufgehoben sind.

Hier haben wir schon den ersten Fall von „bekannte Strukturen nutzen“. Der bisherige Leser und zukünftige Abenteuerspieler bekommt genau die Illustrationen, die er von den Covern seiner Groschenromane kennt.
Bekannte Strukturen wären weiterhin unaufwändig, aber effektvoll erzählte Geschichten mit viel wörtlicher Rede – Check!
Ein ständiges Spiel mit dem Grusel, allerdings immer auf eher oberflächlicher Ebene – Check!
Geschichten in „unserer“ Welt mit der Prämisse, dass es Geister, Vampire, Werwölfe gibt… – Check!
Man trifft die Helden der Romane wie John Sinclair, Suko oder Jane Collins? – Check!

All das lässt sich mit nur etwas Blättern feststellen – meine erste Idee für den Ansatz des Spieles wurde also absolut erfüllt. Es gibt genügend bekannte Elemente zu entdecken, dass man sich nie „fremd“ vorkommt.

Kommen wir doch mal zu Inhalt und Regelgerüst:
An Hauptkapiteln bietet das Buch eine kurze Einleitung, ein Solo-Abenteuer, 25 Seiten mit Grundregeln, 19 Seiten mit Erschaffungsregeln für Charaktere – hier konsequent „Geisterjäger“ genannt, noch ein paar Regelseiten mit besonderen gegenständen und Aktionen, ein Abenteuer „Das Horrordorf“, Kreaturen der Finsternis und in „Himmel und Hölle“ ein paar Beispielcharaktere und Spielwerte für die Personen, die man aus den Romanen kennt.
Im Anhang sind dann noch einige spielkartenähnliche Karten, die im Spiel verwendet werden können – ja eigentlich sogar sollen. Glücklicherweise gibt es da jetzt schon zwei Zusatzboxen mit Karten, die Geisterjäger und Erzähler verwenden können. Auf www.john-sinclair.com lassen sie sich auch herunterladen.

Das (nicht spektakuläre, aber sich doch auf oberem Badewanne-Lese-Niveau befindetende Solo-Abenteuer und die Beispielszene aus einem fiktiven Abenteuer, sowie die leicht erste aufbereitete Regel-„Lektion“ könnte man in die Kategorie fassen – „Sich die Regeln selber erarbeiten.“ [Anm. des Rezensenten: Eine Sache, die auch im Hinblick auf Rollenspiele immer wichtiger erscheint – es gibt kaum noch Systeme, die sich drei Zwölfjährige im Laden kaufen, mit nach Hause nehmen und sich dann selber erarbeiten können. Drück ihnen DSA oder Pathfinder in die Hand und sie werden es am nächsten Tag zurückbringe, weil sie nur Bahnhof verstanden haben.]
Die Gefahr einer Frustration besteht hier kaum, denn alles ist klar und übersichtlich dargestellt und geschildert. Gut gelungen ist auch die Verzahnung der Texte, da immer wieder Elemnte verwendet werden, die später wieder aufgegriffen oder weitergesponnen werden.
Auch hier gehen die Macher wohl von derselben Grundüberlegung aus wie ich – Check!

Die Regeln sind schnell erklärt: Es gibt mit Körper, Geist und Seele drei Attribute, denen 13 Fertigkeiten wie Nahkampf, Okkultismus oder Intuition untergeordnet sind. Proben werden entweder nur auf das Attribut oder auf Attribut + Fertigkeit (evtl. plus Bonus) gewürfelt.
Die Werte im Attribut und in der Fertigkeit geben an wie viele Sechserwürfel gewürfelt werden dürfen. Jede „5“ und jede „6“ ist nun ein Erfolg – mit der Probe muss man jeweils eine bestimmte Anzahl an Erfolgen (üblicherweise zwischen 1 und 5) geschafft werden, dass sie als bestanden gilt.
Nun gibt es noch einen Ausdauerwert, der sich nach dem Körper-Attribut richtet und eine Art Trefferpunkte darstellt.
Jeder Charakter – sorry: „Geisterjäger“ – hat jetzt noch einen Beruf erlernt, der sich auch auf seine Fertigkeiten auswirkt und dann dürfen punkteweise Fertigkeiten und besondere Eigenschaften erkauft werden, verbunden mit einer anschließenden Runde durch die Asservatenkammer – fertig ist auch schon der Geisterjäger. Das geht alles wi
rklich fix.
Der durchschnittliche Rollenspieler wird die Regeln für „zu einfach, zu grobkörnig und zu wenig flexibel“ halten, aber ihr kennt ja mein Credo: „Weniger Regeln – mehr Spiel!“. Der simple Grundmechanismus kann mich also nicht schocken – im Gegenteil: für die Abenteuer, die mit ihm geleitet werden sollen, passt er wie die Faust aufs Auge.

Ziel der Geisterjäger – neben dem „In-die-Schranken-weisen“ des Bösen in der Welt – ist es, Schicksalspunkte zu sammeln, die entweder im Abenteuer verwendet werden können oder nach dem Abenteuer in Abenteuerpunkte umgewandelt werden dürfen, von denen man sich dann wieder Fertigkeiten, Ausrüstungsgegenstände oder Ähnliches zulegen kann.

Eine interessante Komponente sind noch die ESP (Erzähler-Schicksalspunkte), mit denen während des Spiels sowohl Erzähler, als auch Geisterjäger besondere Aktionen auslösen können. Aus Sicht der Spieler besteht hier die Möglichkeit durch gutes Spiel solche Aktionen, die sie dann als Karte erhalten, zu erspielen und sie später zu einem sinnvollen Moment auszuspielen. Die Aktionen des Erzählers sind, wenn wir mal ganz ehrlich sind, in den meisten Fällen reine Plot Devices und dienen dazu, die Spieler „auf Kurs zu halten“.

Das waren auch schon die gesamten Grundregeln. Schick!

Kommen wir zum beiliegenden Abenteuer: In drei Kapiteln Vorboten, Willkommen in Bignor und Das verlorene Dorf , die jeweils wieder in Szenen unterteilt sind, eröffnet sich vor den Geisterjägern ein mysteriöser Fall, der sie, auf Auftrag von Superintendent Powell, durch jede Menge abenteuerlicher Szenen jagt.
Das Abenteuer ist wirklich idiotensicher! Selbst ein dressiertes Meerschweinchen könnte es mit minimalem Vorbereitungsaufwand leiten. Es ist zu 99,9% linear, es wird genau geschildert, was der Erzähler an welcher Stelle warum wie machen soll. Die Spieler haben fast keine Chance irgendwie richtig zu versagen oder gar zu sterben.
Aus Rollenspiel-Spielleitersicht ein absolutes Fiasko, für den völlig unbeleckten JS-Leser, der Lust hat, seine Freunde ein Abenteuer im JS-Style erleben zu lassen, ebenso wie für den JS-Leser, der ein Abenteuer im JS-Style spielen will ohne direkt frustriert zu werden, weil er nichts kapiert oder dauernd sein Charakter stirbt, absolut perfekt.

Sehr nett finde ich die Randbemerkungen, die immer wieder an strategisch wichtigen Stellen platziert sind. Hier bekommt der Erzähler kleine Tipps und Kniffe, mit denen er sich besser in seine Personen hineinversetzen oder sie etwas interessanter gestalten kann. Eine wirklich schöne Idee.

Der „Monsterteil“ und der „NSC-Teil mit Beispielcharakteren“ geben genügend Hilfen und Beispiele, um bei der „Geisterjäger-Erschaffung“ hilfreich zu sein und den Fans zu zeigen wie ihre Helden aus den Romanen oder die finsteren Kreaturen durch die Spielregelbrille betrachtet aussehen, sind aber nicht sonderlich inspirierend. Schwamm drüber.

Was mir jetzt noch fehlt, ist ein kleines Kapitel, das dem Erzähler Mittel an die Hand gibt, eigene Abenteuer zu verfassen, aber das ist wahrscheinlich der eine Schritt zu weit, den man von diesem Regelwerk nicht erwarten kann und soll. Im Computerbereich würde man den Kundenkreis als „User“ bezeichnen. Leute, die etwas kaufen und damit umgehen können, aber sich nicht zwangsläufig für das technische Drumherum interessieren. Dafür gibt es ja die Programmierer, die Ulisses-Autoren, die sicher schon bald für neue Software in Sachen JS-Abenteuer sorgen werden…

Fazit:
Wenn ich im Auge behalte, was John Sinclair – Das Abenteuerspiel erreichen will, dann kann ich nur zu dem Schluss kommen, dass das gewünschte Konzept absolut greift. Die Regeln die man dem Erzähler an die Hand gibt, um den Geisterjägern ein Erlebnis ähnlich dem eines JS-Romans zu ermöglichen, sind sinnvoll erdacht und die gesamte Linie wird konsequent durchgezogen.

Kurz: Das, was das Spiel tun will, tut es ganz ausgezeichnet.

Daumen rauf!

Interessant wird sein, was die Zukunft bringen wird. Bleibt JS – Das Abenteuerspiel auf dem Stand einer Einstiegsdroge stehen oder entwickelt es sich selber als Spiel weiter? Beide Wege sind denkbar, beide haben ihre Vor- und Nachteile… Ich will es mal in Kaiser-Manier sagen: „Schau’n mer mal!“

Abschließend erneut die Warnung: Erwartet hier kein Rollenspiel, das Spielern und Spielleiter möglichst große Freiheiten gibt. Mit der Grundhaltung wird es der Reinfall des Jahres. Freut euch auf ein unkompliziertes Spiel, das – gerade von erfahrenen Spielleitern – fast gänzlich ohne Vorbereitung zu leiten ist und wirklich Spaß macht, wenn man sich als Spieler auf die Prämissen einlässt und einfach mal mit dem Strom treiben lässt.

Eine absolute Kaufempfehlung gibt es auch für alle fantasy- oder horror-affinen Menschen, die bisher ein merkwürdiges Bild von „Rollenspiel“ im Kopf haben. Sie können hier eigenständig die Regeln erlernen und es als „etwas andere Form von Brettspiel“ spielen, ohne mit quasireligiösen Verrückten, die immer hart an der BDSM-Szene vorbeischrammen und mit Verkleidung im Wald herumhüpfen in einen Topf geworfen zu werden.

[DSA] Der Falke kämpft um seinen Horst

Angeregt von Chris Gosse in diesem Tanelorn-Thread habe ich mir mal etwas angeschaut…
… in dem Mini-Kapitel „Der Falke kämpft um seinen Horst“ im Mega-Abenteuer „Hinter dem Thron“ wird dargestellt, wie die Helden Geron dabei helfen können, seine Baronie zurückzugewinnen. In Spielzeit steht ihnen dafür ein halbes Jahr zur Verfügung, das hört sich schon mal gut an. Überprüfen wir doch mal, ob die schöne Idee hart am Winde des Metaplots dahersegeln kann.

Was findet sich auf den 7 Seiten? Es gibt Abschnitte zu den Grundvoraussetzungen, 4 kleine Unter-Abenteuer, wichtige Personen, sowie eine kleine Karte der Baronie mit kurzen Beschreibungen der Ortschaften und der allgemeinen Geographie.

Sieht auf den ersten Blick wie einer der derzeit so hippen Sandkästen aus, ich würde aber wagen, zu behaupten, dass das Abenteuer in der vorliegenden Form nur mit extrem viel zusätzlicher Arbeit zu leiten ist – ich hätte da ein richtig ausgearbeitetes Abenteuer besser gefunden, als den Autor auf gerade mal 7 Seiten zu beschränken. Besonders für DSA-Spielleiter, die neben schönen Beschreibungstexte gerne eine nachvollziehbare Struktur in ihren Abenteuern haben., wäre hier einiges zu ergänzen gewesen, damit sie auch ihren Spielern ermöglichen die geplante Freiheit zu erleben. (Ich weiß, ich verallgemeinere unzulässig, aber seien wir ehrlich – dies ist ein Blog!! )

Was ist also positiv zu bewerten, was fehlt?

Überprüfen wir doch erst einmal, was die Helden erreichen müssen, um zu „gewinnen“. So ganz konkret steht das nirgends, schade eigentlich. Man kann sich aber aus den Texten zusammenreimen, dass Eroberungen gemacht werden müssen, sowie die Herrschaftszeichen der Baronie in den Besitz gebracht werden müssen. Um diese beiden Ziele zu erreichen, muss zuerst einmal Geld gesammelt werden, um Söldner anwerben zu können und in der Folge möglichst viele strategische Positionen einzunehmen und den Machtbereich Gerons auszudehnen. Auch um Verbündete muss man sich in der ersten Phase des Spiels bemühen, den Geron steht mit den Helden und seiner Burg Naumstein recht alleine da.

Gut, die Ausgangsposition und ein paar (schwammige) Ziele sind geklärt, aber ab nun folgt wildeste Handwedelei, denn es gibt fast nichts, was genau festgelegt ist. Ich schiebe das mal auf die wenigen Seiten, die zur Verfügung standen und die Fähigkeit des geübten Meisters auch aus wenig Informationen schön viel Rollenspiel zu produzieren. Ich hätte es aber doch gerne etwas präziser. Dass die Helden zu Beginn noch nicht die ganze Operation leiten und der Meister ihnen als Geron vorerst Aufträge gibt, ist ja noch okay, dass sie hier schon als Berater fungieren sollen, ist sogar sehr gut gelöst, da sie so an der gesamten Eroberungskampagne mitplanen können, ich hoffe der geneigte Meister wird Geron auf mehr oder weniger alle Vorschläge der Helden eingehen lassen, sodass es nicht zum „von Mission zu Mission schicken“ ist, sondern die Spieler tatsächlich die wahren Köpfe hinter ihrem eigenen Abenteuer sind. Schlimm finde ich aber den Abschnitt „Rückschläge“, in dem dem Meister geraten wird, „dumme und törichte Ideen der Helden mit Siegen der Schurken zu ahnden und gute und pfiffige Ideen mit besonders spektakulären Erfolgen zu ahnden“. Ach sieh mal an! Handwedelei pur ersetzt klare Richtlinien, wie Erfolge oder Misserfolge gemessen werden können.

Zugegeben, etwas unfair ist mein Zwischenfazit schon, denn gerade in den späteren Personenbeschreibungen erhält der vorbereitende Meister dann doch Hinweise, wie die einzelnen Gegner und (potentiellen) Verbündeten reagieren könnten, man muss also nicht völlig im Trüben fischen und nach dem Gradmesser „gute Idee“ – „blöde Idee“ entscheiden. (Zumal man vielleicht als Meister einfach geniale Ideen der Spieler völlig verkennt, was ja auch vorkommen soll.)

Was also hätte ich mir an „mehr“ gewünscht, um das Abenteuer weniger willkürlich leiten zu können? (Ja, ich weiß! Es standen nur 7 Seiten zur Verfügung, ich weiß warum Dinge nicht genauer beschrieben werden konnten. Ich möchte trotzdem ausführen, warum ich das gute Stück lieber als 60-Seiten Abenteuer gesehen hätte.)
Zuerst muss ja Geld in die Kassen. Dafür bietet des Abenteuer eine lange Liste mit Möglichkeiten. Das ist klasse, ich würde aber gerne noch weitergehen. Ich hätte gerne exakte Beschreibungen zumindest einer Beispielkarawane und der Minentransporte, in letzterem Fall sogar gerne eine Karte, wie die Transporte organisiert sind und wie sie bewacht sind. Natürlich muss es Spielwerte sämtlicher Wachen geben. Um wirklich gute Plätze für solche Überfälle zu finden, bräuchte man ach eine größere und übersichtlichere Karte der Baronie. Auch wird vorgeschlagen gegnerische Besitzungen zu überfallen – das führt mich direkt zum nächsten Punkt: Ich hätte gerne von jedem Ort und jeder Festung eine kleine Karte mit Werten der wichtigsten Einwohner und Angaben über Soldaten oder Milizen, die es dort gibt. Im Idealfall könnte man noch in zwei Sätzen auf die Ressourcen wie Nahrung und Wasserversorgung eingehen, um etwas in der Hand zu haben, wenn es zu einer Belagerung kommt. Da reichen wirklich neben den wirklich guten Beschreibungen im letzten Abschnitt zehn oder fünfzehn Zeilen mit Personen, Armee, Ressourcen und ein ganz kleines Kärtchen.

Auf diese Art und Weise hätten die Helden jeweils die Chance anzugreifen, zu belagern, zu verhandeln, zu infiltrieren, in Ruhe zu lassen,… was auch immer sie mit einer Ortschaft tun wollen.

Unser nächstes Ziel ist es – wir erinnern uns – einige strategische Orte und Burgen einzunehmen. Erkennt ihr was? Mit einem kleinen Kärtchen und den dort stationierten Soldaten wäre auch hier einiges gewonnen, denn ich könnte die Kampfhandlungen tatsächlich ausspielen. Hat DSA eigentlich Massenkampfregeln? Wenn nicht, hätten wir den nächsten völlig willkürlichen Punkt gefunden, der sich auch noch auf einen zentralen Punkt des Abenteuers bezieht. Schließlich vergrößere ich ja fleißig meine Armee, um Eroberungen zu machen. Warum tue ich das, wenn es am Schluss ohnehin darauf hinausläuft, dass der Meister sich mehr oder weniger spontan und bedacht eine Schilderung der Schlacht oder der Belagerung vorträgt, deren Ergebnis er sich mehr oder weniger frei ausgedacht hat.

Sehr gut gefällt mir die Jagd nach den drei Insignien, da hierfür alle benötigten Informationen gegeben sind und hier sowohl Diplomatie, als auch detektivisches Geschick und eventuell Kampf verlangt werden. Mein einziges Problem liegt hier beim Siegelring, den Phygor besitzt und zu dem angegeben wird: „Erst wenn Phygor von Gerons Fähigkeiten überzeugt ist, wird er den Ring, den er an einer Kette um seinen Hals trägt, herausgeben. Je nach Ablauf der Ereignisse mag dies auch erst am 5. Praios in Oberbomed geschehen.“ Oha! Hier wird wieder die Liebe zum Plot, zu einem Spannungsbogen und dramatischen Ereignissen befriedigt, wenn Phygor als deus ex machina bei der fest schon zu scheitern drohenden Krönung auftaucht, den Ring übergibt, sich alle vor Freude weinend in den Armen liegen und die nächsten Tage durchfeiern. Warum gibt es nicht eine glasklare Ansage, was Phygor von den Fähigkeiten Gerons überzeugt? Vielleicht soll sein Heimatdorf befreit werden oder er will eine mächtige Armee (von 200 Soldaten) vor den Toren der Hauptst
adt stehen sehen…?

Kommen wir wieder zu etwas überaus Positivem: die vier „Zwischenspiele“ sind wirklich gut und recht frei zu lösen, gerade „Das Gold der Barone“ sieht wirklich interessant aus und ist viel weiter verzweigt, als es auf den ersten Blick den Anschein hat.

Auch absolut positiv (auch wenn – wie zuvor ausgeführt – an wichtigen Stellen zu kurz) sind die Abschnitte zu Personen und Orten der Baronie. Auf wenig Raum gibt es viel Informationen und viele Hilfen dabei die Meisterpersonen in allen erdenklichen Situationen zu führen.

Noch ein persönliches Problem, das ich als Meister hätte, aber da kann das Abenteuer nichts dafür: Ich bin der weltschlechteste „Zeitmithalter“. In diesem Abenteuer ist es nämlich in meinen Augen ganz eklatant wichtig die Zeit exakt im Auge zu behalten, denn sie ist ein weiterer Faktor, der die Spannung noch erhöht – liebe Meister, bereitet euch direkt einen Kalender vor und streicht die Tage ab, damit den Helden klar wird, dass es wichtig ist, Prioritäten zu setzen, da die Zeit einem immer schneller durch die Finger rinnt. Ich interpretiere es zumindest so, dass Geron von Anfang an weiß, dass am 5. Praios die Versammlung der Herrenstände stattfindet, ansonsten hätten wir einen weiteren Fall von Wischiwaschi.

Eine letzte Frage, die sich mir stellt: Hat Geron (und mit ihm zusammen die Helden) die Chance bei dieser Aufgabe zu scheitern? Dazu finde ich nichts, denn als Ergebnis des Abenteuers steht nur: „Versammlung der Herrenstände zu Oberbomed; die Ritter Tikalens leisten Geron den Treueschwur“. Tja, Scheitern scheint wohl keine Option zu sein – schade!

Fazit: Tolle, wirklich tolle Ansätze, die aber ohne die nötigen Informationen den Meister dazu zwingen, unglaublich viel aus dem Handgelenk zu schütteln. Kommt etwa aus dieser Richtung der Kampfschrei nach „Meisterwillkür“? Hätte der Meister mehr Informationen zu den Orten des Abenteuers zur Hand und vielleicht ein Massenkampfsystem, mit dem er auch größere Konflikte regelgetreu und dennoch spannend abwickeln kann, wäre nicht nur ihm eine große Last von den Schultern genommen, auch die Spieler würden profitieren, denn sie hätten tatsächliche Siege und Niederlagen erlitten und nicht nur den Meister davon überzeugt, ob eine Idee gut oder schlecht war, denn das kann es ja nun wirklich nicht sein.

[Kurz-Rezi] The Dungeon Alphabet

Vorgestern landete mein Exemplar von „The Dungeon Alphabet“ von Michael Curtis in meinem Briefkasten! Michael könntet ihr von seinem Blog „The Society of Torch, Pole, and Rope“ her kennen, den ich auch auf der rechten Seite verlinkt habe…

Was soll ich sagen? Ich habe lange kein (neueres) Rollenspiel-Produkt mehr in Händen gehabt, welches einen solchen Charme verprühte.

Ohne, dass Michael etwas tun muss, ist ein fett – und ich meine FETT – von Erol Otus, Jeff Easley, Jim Holloway oder Jim Roslof illustriertes Hardcover schon eine absolut geile Sache! Wir reden hier nicht von kleinen Illus, sondern teils sehen die Seiten aus wie aus einem unglaublich abgefahrenen Kinderbuch gestohlen. Alleine die innere Umschlag-Doppelseite wird von einem doppelseitigen schwarz-weiß-Höhlensystem von Peter Mullen geschmückt, an dem man sich nicht satt sehen kann.
Wirklich der Hammer was Goodman Games da aus dem Boden gestampft haben – selbst für ein Vorwort von Zeb Cook hat es noch gereicht!
Noch ein kleines Anekdötchen, bevor ich zum Inhalt komme: das Hardcover kostet 9,99 Dollar, was an sich schon lächerlich genug ist – aber ich habe 5 Dollar Porto bezahlt, was mich also bei etwa 11 Euro landen lässt – ein lächerlich geringer Preis…

… vor allem, wenn man bedenkt, dass die Versandabteilung von Goodman 12,45 Dollar an Porto auf die Sendung kleben musste – wenn ihr Glück habt, haben sie die Versandkosten noch nicht geänderrt…

Auf dieser Seite von Goodman findet ihr übrigens jede Menge weitere Infos und Reviews zum Produkt.

Wie versprochen zum Inhalt: Michael fräst sich in alphabetischer Reihenfolge durch Zufallstabellen und geniale klkeine Tricks und Kniffe der Dungeonerstellung. Wir starten direkt mal mit Tabellen zu Altaren (von mir aus auch Altären) – eine gute Wahl für den Buchstaben „A“. Hier kann ich auswürfeln aus welchem Material der Altar besteht, welche Besonderheit ihn kennzeichnet und welche speziellen Eigenschaften er hat. Spontan habe ich einen Altar aus rostigem Eisen ausgewürfelt, auf dem Glöckchen stehen und der jede Nahrung oder Flüssigkeit reinigt, die auf ihn gestellt wird – schick! Um weiter kurz zu demonstrieren wie das Buch tickt – bei „B“ geht es um Bücher und man kann einerseits auswürfeln, welche Fähigkeiten gefundene Bücher haben – andererseits gibt es eine Tabelle, auf der man 100 Buchtitel auswürfel kann. Ich überspringe mal ein paar Buchstaben, aber dass man bei „K“ verschieden Koboldstämme auswürfeln kann, dürfte jedem klar sein. Mir gefällt „L“ wie „lever“ sehr gut. Hier finden sich 30 Dinge, die passieren können, wenn man sich in einem Dungeon an einem Schalter zu schaffen macht. Bevor es mit hausgemachten Zombies bei „Z“ endet, muss ich noch auf „Y“ zu sprechen kommen: hier finden sich 6 „sinister uses of the color yello“. Endgeil!

Ein absolutes MUSS – gerade zu dem Preis. Ich habe versucht das gute Stück über Amazon.de zu bestellen, habe aber leider die Mitteilung erhalten, dass man es doch nicht wie geplant führen würde. Schade! Fans von Zufallstabellen und Illustrationen, die einfach roh und mächtig daherkommen müssen hier einfach zugreifen.

Meine riesige Begeisterung lässt mich mit Superlativen um mich werfen – macht euch also auf etwas gefasst!

KAUFEN! KAUFEN!! KAUFEN!!! KAUFEN!!!! KAUFEN!!!!!

[DSA] Kirilow seziert "Von eigenen Gnaden"

Ich muss mich mal wieder mit fremden Blumen schmücken und auf einen Forumssthread im Tanelorn hinweisen. Auf Anforderung des ehemals KB heißenden Künstlers namens TAFKAKB sieht sich Kirilow das Abenteuer VON EIGENEN GNADEN an, das von vielen DSAlern als „moderner“ – sprich „old-schoolig-freier“ – angesehen wird. Uisge Beatha will mir das Gerät auch schon lange andrehen und langsam werde ich wirklich neugierig.

Der Rezensionsteil ist noch nicht sonderlich weit gediehen, aber alleine das Posting zu den Grundvoraussetzungen und ein weiteres zu „Sexualität und Gutsherrenmentalität in DSA“ haben schon zwei der Autoren und einen weiteren DSA-Redakteur angelockt, was den Thread noch sehenswerter macht. Also schaut mal rein – es lohnt sich absolut.

… wenn ich nur das Thomas Römer-Bild wieder aus dem Kopf bekäme!

[Rezi] Pathfinder Setting: Golarion

Die Jungs von Ulisses waren wieder einmal mutig und haben mir ein Rezi-Exemplar eines Produktes zur Verfügung gestellt, das ich nicht zwangsläufig gut finden muss – is aber alles in allem (aus ihrer Sicht) gut gegangen!

Produkt: Pathfinder – Golarion Kampagnenwelt
Art: Quellenband / Hintergrundband
Verlag: Ulisses (US-Fassung Paizo)
Print-Fassung: gebunden, A4, 256 Seiten, komplett farbig, ca. A3 Farbkarte
Preis: 44,95€
ISBN: 978-3-86889-001-3
Veröffentlichung: Dezember 2009
Autor: Mike McArtor (Project Lead)
Dt. Ausgabe: Björn Arnold, Peter Basedau, Friederike Fuß, Tom Ganz, Patric Götz,
Günther Hamprecht, Oliver Nick, Stefan Radermacher, Mario
Schmiedel, Ingo Schulze, Oliver von Spreckelsen, Matthias Schäfer,
Christine Schmidt-Schoolmann, Mario Truant

Produktion:
Hossa! Der Preis ist schonmal direkt amtlich! Entschuldigung, wenn ich direkt mit der Tür ins Haus falle, aber der Preis ist eigentlich fast schon der einzige Punkt, an dem ich etwas herumzumäkeln habe. Über die Illustrationen habe ich mich ja schon beim Grundregelwerk beschwert, da will ich nicht nochmal drauf herumhacken.
Einband und Bindung sind mal wieder die übliche gute Ulisses-Qualität, bloß das Papier scheint mir fast genau so dünn dünn zu sein, wie das des Grundregelwerks. Positiv formuliert: Ich glaube das Papier ist minimal dicker…
Die beiliegende fast A3 große Landkarte ist große Klasse und erinnert von der Farbgebung her an die Forgotten Realms-Karten aus der AD&D 2E-Box, was natürlich schon keine schlechte Referenz ist.
Das absolut aufgeräumte Layout und wirklich sehr wenige Tippfehler fallen absolut positiv auf. Dazu kommt, dass dies definitiv eines der übersichtlichsten Rollenspielbücher ist, das ich seit langem gesehen habe. Mit „übersichtlich“ meine ich nicht humoristisch „mit wenig Inhalt“, sondern ich meine wirklich „übersichtlich“. Man schlägt es auf und weiß direkt wo man dran ist, welche Information man wo suchen muss und findet sich spontan zurecht.
Echt gelungen! Einzige Merkwürdigkeit hier ist, dass sämtliche Aufzählungen immer noch in ihrer amerikanischen Reihenfolge sind und nicht nach der Übersetzung in neue alphabetische Reihenfolge gebracht worden sind, was ja gerade bei diesem gut strukturierten Inhalt kein Problem gewesen wäre.
Eine Sache wundert mich noch, und zwar, dass auf dem Cover der Name der Welt: „Golarion“ gar nicht vorkommt, wohl aber auf dem Buchrücken. Ich habe mal nachgesehen, es ist bei der US-Fassung ebenso, aber das ist ja keine richtige Begründung, die Frage nach dem Grund stelle ich mir nach wie vor, wird aber an Paizo gerichtet werden müssen..

Inhalt:
Sehr interessant finde ich die beiden Gast-Vorwort-Schreiber – nicht unbedingt das, was sie sagen, aber die Personen sind gut gewählt. Neben der Karte des Settings hat man mit Bob Salvatore eine zweite Verbindung zu den Forgotten Realms.
Nocht tiefer in die Geschichte des Rollenspiels hat man mit der Verpflichtung von Rob Kuntz gegriffen, ist er doch ein ehemaliger Nachbarsjunge von Gary Gygax und hat mit diesem zusammen viele wichtige Orte beispielsweise im Greyhawk Setting entwickelt.
Das Setting selbst ist in 6 übersichtliche Kapitel gegliedert: Charaktere, die Innere See, Religion, Organisationen und Die Welt.

Das Charakter-Kapitel stellt alle Rassen und Klassen vor, die der Spieler übernehmen kann. Neben Zwergen, Elfen, Gnomen, Halbelfen, Halborks und Halblingen stehen elf verschiedene Arten von Menschen zur Auswahl, die im Spektrum zwischen den wilden Mwangi, der überheblichen fortgeschrittenen Kultur der Taldani und etwas an Japan angelegte Tian liegen. Ein wüster, aber hoch unterhaltsamer Mix. Schon hier zeigt sich deutlich der aufgeräumte Eindruck, den das Werk macht. Jedes Volk wird auf einer Doppelseite vorgestellt. Oben links auf der ersten Seite ist ein beispielhaftes Bild und daneben finden sich die spielrelevanten Angaben. Zentriert darunter steht ein kurzes fiktives Zitat zu dieser Rasse und rechts oben in der Ecke der zweiten Seite ist eine grüne Box, die die wichtigste Besonderheit des Volkes hervorhebt.
Die spielbaren Klassen sind schon aus dem Grundregelwerk bekannt: Barbar, Barde, Kleriker, Druiden, Kämpfer, Mönch, Barde, Paladin, Waldläufer, Schurke, Hexenmeister und Magier werden je auf einer Seite geschildert und nur kurz mit ihren Eigenheiten auf Golarion geschildert.
Das Kapitel zur Inneren See schildert ganz kurz auf einer Doppelseite den Hintergrund der Welt mit dem wohl bedeutsamsten Ergebnis, dass die Welt in der Vergangenheit ihrer Endzeitprophezeiung beraubt wurde und nun eine große Leere herrscht, ja das derzeitige Zeitalter gar „Zeitalter der verlorenen Omen“ genannt wird.
Genauer beschriebene Regionen sind:

  • Absalom – Die Stadt am Nabel der Welt
  • Großherzogtum von Alkenstern – Wissenschaftlicher Kleinstaat ohne Magie
  • Andoran – Geburtsstätte der Freiheit
  • Belkzens Boden – Heimat der wilden Orks
  • Brevoy – Machtkämpfe zwischen verfehdeten Adelshäusern
  • Cheliax – Teuflisches Reich im Niedergang
  • Kalistokratie von Druma – Religiöses Paradies für Händler
  • Galt – Die ewige Revolution
  • Geb – Das Reich der Toten
  • Hermea – Das große Experiment
  • Irrisen – Die Heimat der Hexerkönigin
  • Isger – Chelarianischer Vasallenstadt
  • Jalmeray – Königreich des Unfassbaren
  • Katapesch – Basar des Bizarren
  • Kyonin – Das Königreich der Elfen
  • Finismur – Wachsames Grenzkönigreich
  • Die Länder der Lindwurmkönige – Die eisige Heimat der Wikinger
  • Das Reich der Mammutherren – Die verlorenen Länder des hohen Nordens
  • Mediogalti – Das versteck der Roten Mantis
  • Mendev – Der Gottesstaat der Kreuzritter
  • Molthune – Territoriale Expansionisten
  • Das Mwangibecken – Eine unerforschte Dschungelwildnis
  • Nex – Das Monument eines verlorenen Magierkönigs
  • Nidal – In Schatten gehüllter Dienerstaat
  • Nirmathas – Kriegsgebeutelte Wildnis
  • Numeria – Wildes Land der Superwissenschaft
  • Osirion – Das Land der Pharaonen
  • Qadira – Ein Wüstenkönigreich nahe der Grenze
  • Rahadoum – Das Königreich der Menschen
  • Razmiran – Das Reich des Lebenden Gottes
  • Die Flusskönigreiche – Unabhängige Königreiche von schlechtem Ruf
  • Sargava – Eine Grenzkolonie
  • Die Fesseln – Trügerische Pirateninseln
  • Die Flutländer – Eine sturmgeplagte Einöde
  • Taldor – Dekadentes Reich im Niedergang
  • Thuvia – Wüstenreich der Ewigen Jugend
  • Das unvergängliche Fürstentum von Ustalav – Nebeverhangenes Land des gotischen Horrors
  • Varisia – Eine wilde Grenzregion
  • Die Weltenwunde – Vom Krieg gezeichnetes Dämonenland im ständigen Wandel

Warum schreibe ich hier alle Gebiete mit ihrer Kurzbeschreibung auf? Ich bin doch sonst eher der faule Typ. Klarer Fall. Alleine diese Liste zeigt, dass hier alle Settingideen reingepackt wurden, die man sich nur im erweiterten Fantasy-Bereich vorstellen kann. Ich picke einfach wahllos heraus: Katapesch = Orient, Ustalav = Ravenloft, Das Reich des Mammutherren = Der Norden in den Forgotten Realms, Alkenstern = Feuerpulver und Co…
Auf nur drei Seiten werden dann die weiter entfernt gelegenen Regio
nen Casmaron, Azlant, Arkadien, Tian Xia und Sarusan kurz geschildert, bevor wir in das Thema Religion einsteigen.

Hier werden zuerst 9 neue Domänen vorgestellt, die den Klerikern Golarions zur Verfügung stehen. Es folgen 20 je auf einer Seite präsentierte Götter und 10 weitere werden im Anschluss kurz vorgestellt. Wie die Länder sind auch die Götter die typischen Götter, die ein guter Pantheon benötigt, mit Beziehungen untereinander und genauen Angaben der Gesinnung oder Herrschaftsgebieten.
Auf einer vergleichbaren Ebene wie die Götter stehen die nun folgenden 8 Erzteufel, 13 Dämonenherrscher, 6 himmlischen Herrscher und 4 Erzdaimonen.
Was ich so in der Form noch nicht gesehen habe, also ein wirkliches Plus darstellt, sind neben den Gesinnungen noch vier Philosophierichtungen. Eine tolle Idee, die ich ganz sicher irgendwann einmal „ausborgen“ werde.
Das Kapitel wird beschlossen durch eine Art Kosmologie, welche (vor allem) den Spielleiter über „Das große Jenseits“ informiert.

Aha! Erwischt! Die nächste Parallele zu den Forgotten Realms – aber seien wir ehrlich, es geht wohl bei einem derart bunt zusammengewürfelten Setting kaum diese Parallelen zu vermeiden, da die FR ja das wohl bekannteste wild zusammengewürfelte Setting sind. Spätestens bei der Gesellschaft der Kundschafter fühlt man sich doch an die Harfner erinnert, wenn man vorher beim Aspis Konsortium nicht schon die fiesen Zentharim im Hinterkopf hatte. Weitere große Organisationen Golarions sind die Adlerritter von Andoran, die Höllenritter und die Roten Mantis. 13 kleinere Organisationen runden das Kapitel ab.
Ich bin ja ein Anhänger der Verwendung von Organisationen, bieten ihre Ränke untereinander doch unendlich viele Aufhänger für interessante Abenteuer.

Die Geschichte der Welt wird (glücklicherweise) kurz abgehandelt, ein paar Zeittafeln geben denjenigen, die Spaß an solchen Dingen haben, ein Korsett, an dem sie sich entlanghangeln können. Kommen wir zu den Dingen, die direkt im Spiel verwendbar sind: Die Finsterlande. Wieder erwischt! Anscheinend braucht auch Golarion seine Unterwelt, nächste Parallele zum Vorbild. Was macht das Setting sonst noch aus? Auf 2 Seiten gibt es neue Zaubersprüche, 6 Seiten widmen sich der Ausrüstung, 4 Seiten schildern Flora und Fauna, 2 Seiten bieten neue Talente, weitere 2 widmen sich den Sprachen, die auf Golarion gesprochen werden.
Auf einer für Spielleiter wie mich sehr nützlichen Seite werden Untergegangene Königreiche vorgestellt. Solche kurzen Artikel sind immer wieder eine hervorragende Quelle für Abenteueraufhänger.
Mit dem Turmdeuter, dem Niederen Templer, dem Kundschafter-Chronisten, dem Assassinen des Roten Mantis und dem Fessel-Pirat gibt es 5 völlig neue Charakterklassen auf Golarion, die sich allesamt gut lesen und da mir persönlich die Gleichgewichtung der Charakterklassen im Rollenspiel ohnehin schnurz ist, hinterfrage ich ihre Fertigkeiten gar nicht, und behaupte einfach, dass sie sich sicher alle gut spielen lassen; mein Favorit ist ja der Niedere Templer.
Abschließend wird einem je eine Doppelseite zu Psionik, Technologie, Zeit und Raum, Handel, sowie Wetter und Klima geboten.

Verbleiben nur noch die Anhänge: Anhang A bietet 4 „golarionische“ Charaktere, mit denen man direkt loslegen kann, Anhang B enthält 10 Tabellen für Zufallsbegegnungen.
Abgeschlossen wird das Magnum Opus von 2 Farbkarten, von denen eine keine Beschriftung hat und als Basis für die Spieler kopiert werden darf, sowie einem 2 Seiten langen Index und der OGL, die man ja abdrucken muss.

Fazit:
Ein interessantes, eklektisches Setting, das schon beim Durchlesen Abenteuerideen „en masse“ liefert und an fast in jedem Abschnitt Inspiration bietet, an dieser Stelle weiterzudenken.
Ich bin zwar kein Freund von Feuerwaffen in Rollenspielsettings, aber die Welt ist groß genug, um einfach an anderer Stelle zu spielen. Gleiches gilt für alle Probleme, die man sehen mag. Dann meide ich die Region als Spielleiter einfach „unn fertich iss“.
Ich würde fast vermuten wollen, dass richtige Die-Hard-Aventurien-Fans nicht ganz glücklich mit dem Setting werden dürften, da ihnen die Welt dann doch noch zu wüst zusammengewürfelt ist. Mich stört das nicht im geringsten. Solange die Welt in ihrer ganzen Phantastik in sich schlüssig ist, bin ich absolut zufrieden und dieses Merkmal ist bei Golarion definitiv gegeben.
Wer also ein gut strukturiertes Buch zu einer interessanten Welt mit einer fast schon wand-kompatiblen Karte sucht, der ist absolut richtig und sollte zuschlagen.

[REZI] The Grinding Gear (James Raggi)

Ich würde mir ja sowieso alle Raggi’schen Produkte kaufen, aber jetzt bin ich auf seinem Rezi-Verteiler gelandet und kann diese Ehre damit zurückgeben, dass ich das heute hier gelandete Abenteuer THE GRINDING GEAR direkt mal rezensiere:

Produkt: The Grinding Gear
Verlag: Lamentations of the Flame Princess
Sprache: Englisch
Print-Fassung: Softcover, A5, 3 Pappumschläge, 16-seitiges Booklet
Preis: 10,00€ (inklusive Versand)
Direkt bei Jim
in Deutschland bei Sphärenmeisters Spiele:
ISBN: 978-952-67263-6-6
Veröffentlichung: November 2009
Autor: James Edward Raggi IV
Illustrationen: Laura Jalo

Produktion:
Nun ja, das Cover spricht mich mal so überhaupt nicht an. Merkwürdige Farben, eigenartige Leichen verschiedenster Rollenspielrassen und Verwesungsstadien. Für meinen Geschmack zu morbide, aber das war bisher eigentlich bei fast allen Raggi-Veröffentlichungen. Davon darf man sich allerdings nie abschrecken lassen, denn der Inhalt ist meistens interessant bis hervorragend. Hoffentlich werde ich dieses Mal nicht erstmalig enttäuscht.
Das erste Aufklappen wird schon mal belohnt. Im Stil alter TSR-Module ist das Booklet nicht am Cover festgetackert und man kann den kompletten Umschlag gut zum Spielleiten verwenden. Noch besser – es gibt nicht einen Papp-Umschlag, sondern deren drei. Nummer 1 enthält Cover und Rückseite, sowie eine Karte der Oberfläche mit Kneipe, Stall und Kapelle. Auf Nummer 2 finden sich die Karten der zwei Dungeon-Ebenen und ein sogenanntes „Cheat-Sheet“, eine smarte Lösung, die noch mal alle wichtigen Gebiete kurz in Textform zusammenfasst. Auf der letzten Pappe ist eine nette Schwarzweiß-Illu abgedruckt und auf der Rückseite ein Spielerhandout. Okay, kann man praktischer finden, als es ins Booklet zu drucken, muss man aber nicht.

Inhalt:
Mal sehen – was bieten die 16 A5-Seiten? Die erste Seite besteht in „Author’s Notes“. Da stehe ich richtig drauf, wenn es von „alten Haudegen“ wie von Rob Kuntz oder Dave Arneson kommt – mal sehen, vielleicht sind diese Worte von Raggi in 20 Jahren ja einmal von historisch ebenso großem Wert. Wollen wir es für ihn hoffen. Eine weitere Seite führt den Spielleiter in das Abenteuer ein. Sehr schön! Ich finde es immer gut, wenn vom „referee“ gesprochen wird. Das entspricht am ehesten meinen eigenen Vorstellungen. Drei Seiten widmen sich der Oberfläche, auf fünf Seiten geht es um Dungeon-Ebene 1 und auf ebenso vielen um Ebene 2. Die Seiten sind alle klar und schmucklos gelayoutet, es gibt außer einer ganz kleinen Illustration auf der letzten Seite und einem ganzseitigen Bild auf der Seite davor keinerlei optisches Beiwerk. Sehr old-school. Naja, wenigstens wird man nicht vom Lesen abgelenkt.

Kommen wir zum Wichtigsten – dem Abenteuer.
Als Vorbemerkung sei gestattet – die Werte der Gegner sind bewusst so vage gehalten, dass man das Abenteuer mit allen D&D/AD&D-Systemen (und ihren Klonen – sprich Swords & Wizardy, Labyrinth Lord oder OSRIC) bis hin zu AD&D 2E spielen kann, ohne größere Probleme zu bekommen. Eine wirklich gute Lösung.

Die Hintergrundgeschichte ist schon mal schnuffelig – Garvin Richrom, ein Kneipenwirt, hat ein Dungeon gebaut, das die Abenteurer, die bei ihm auftauchen, auf Herz und Nieren prüfen soll. Von ihren Geschichten inspiriert, hat er den Komplex so ausgestattet, dass nur die durchkommen, die wirklich was auf dem Kasten haben. Extrem gute Abenteurergruppen könnten sogar das versteckte Zuckerl finden und das Schwert „Ghostcutter“ abgreifen.

Um nicht zu spoilern, will ich hier nur sagen, dass die Oberfläche mit Kneipe und Co. schön ausgestattet ist und die beiden Dungeon-Ebenen wirklich clever gebaut sind. Die Hintergrundgeschichte erlaubt es glücklicherweise auch völlig sinnfreie Räume oder Begegnungen einzubauen, da ja der Dungeon ausgewiesenermaßen kein eigenes Ökosystem sein soll, sondern eine Kampfansage an die Charaktere und ihre Spieler.
Es handelt sich also vom Prinzip her um eine modernere (und zugegeben: weit weniger tödliche) Fassung von „Tomb of Horrors“.
Mittlerweile fast ebenso klassisch, aber nach wie vor schön, ist es, weitere Abenteurergruppen in den Komplex zu schicken, die das gleiche Ziel verfolgen. Ohne zu viel zu verraten: eine solche Gruppe hat sich in einem Raum verbarrikadiert. Die Leutchen haben für 87 Tage eiserne Rationen dabei, sind verängstigt und die SC müssen unbedingt in diesen Raum, da es ansonsten nicht weitergeht. Was tun?
Legendär sind natürlich Raggis beiläufige Scherzchen, wie seine Gottheit der Mechanik und ähnlicher Dinge namens St. McIver. Richard Dean Anderson würde sich ein Loch in den Bauch freuen.
Alleine auf Ebene 1 gibt es Trolle, Grünschleim, einen Pudding mit 10 Trefferwürfeln – von den Fallen mal ganz abgesehen – alles Gegner, die aus einer Gruppe niederstufiger Charaktere Hackfleisch machen, wenn nicht wirklich gut zusammengearbeitet wird. Diese erste Ebene könnte ich mir glatt als fieses Con-Abenteuer vorstellen, mal sehen ob sich das nicht schon auf der Dreieich Con ergibt…
Waren auf Ebene 1 noch die Gegner die größte Gefahr, ist auf Ebene 2 eher das Problem wichtige Geheimtüren nicht zu finden, oder unbedacht in fiese Fallen zu tappen. Gerade dieser Ebene sieht man die fast schon an den Haaren herbeigezogene Konstruktion an (die ja glücklicherweise durch die Hintergrundgeschichte gedeckt wird). Wer auf Rätsel steht wird hier Freudentänzchen veranstalten – allerdings sind einige Rätsel auf den Dungeon und die Hintergrundgeschichte bezogen, es heißt also schon von Anfang an sich alle möglichen Details einzuprägen. Vielleicht sollte man die Spieler da vor Beginn des Abenteuers drauf aufmerksam machen, denn sonst sehe ich keine Chance alle Rätsel lösen zu können.

Fazit:
Dieses Abenteuer ist für das Jahr 2009 eine unerhört mutige Geschichte. Einen derart konstruierten Dungeon habe ich seit etwa 20 Jahren nicht mehr gesehen. Und der Autor scheint sich nicht einmal zu schämen – ja er kündigt es schon durch eine clevere Hintergrundgeschichte an, sodass man ihm nicht einmal böse sein kann.
Wer sich auf diesen Dungeon einlässt (egal ob als Spieler oder als Spielleiter), wird ganz sicher belohnt werden, denn es gibt knackige Kämpfe, hervorragende Möglichkeiten zu testen wie schnell eine Abenteurergruppe fliehen kann, interessante Verhandlungen mit NSCs, brutale Fallen und knifflige Rätsel.
Der Ansatz ist in sich schon „as old-school as it gets“ – dieses Abenteuer ist als Herausforderung an die Spieler gedacht, nur in zweiter Konsequenz als Herausforderung für deren Charaktere.

[Rezi: Pathfinder] D1 – Die Krone des Koboldkönigs

Heute gibt es mal etwas, das eigentlich auf diesem Blog nicht stattfindet: Eine Rezension zu einem Pathfinder-Artikel, denn ich muss es nochmal sagen – Pathfinder mag ein gutes System sein, aber Old School ist es in keinem Fall!

Nein, das ist Pathfinder nicht!

Produkt: D1 – Die Krone des Koboldkönigs
Produktcode: US53001
Verlag: Ulisses (US-Fassung: Paizo)
Print-Fassung: Softcover, 32 Seiten, komplett farbig
Preis: 11,95€
ISBN: 978-3-86889-002-0
Veröffentlichung: Oktober 2009
Autor: Nicolas Logue
Dt. Ausgabe: Oliver von Spreckelsen (Übersetzung), Guenther Hamprecht, Tom Ganz (Lektorat), Matthias Schäfer (Layout)

Produktion:
Argh! Schon wieder dieses dünne Pathfinder-Papier. Jetzt habe ich das Heft einmal konzentriert gelesen und es sind jede Menge Knicke darin, obwohl ich immer sehr sorgsam mit Büchern und Co. umgehe. Gerade für einen Sammler wie mich ein echtes Manko. Dafür ist das ganze Abenteuer farbig gedruckt und die beiden Karten der Dungeonlevel auf den Rückseiten von Cover und Backcover sehen Weltklasse aus. Auch die vier Beispielcharaktere auf Seite 32 sind richtig gut gelungen und sehr übersichtlich präsentiert, dass selbst Riesencharakterbogen-Muffel wie ich nicht erschreckt die Flucht ergreifen.
Farblich werden auch Vorlesetexte und Monsterstatistiken hervorgehoben, was ich allerdings nicht sonderlich übersichtlich finde – richtige „Kästen“ tun da doch eher ihre Wirkung. Dies ist vermutlich geplant, dass das komplette Abenteuer etwas mehr nach Fließtext aussieht.
Mir werden keine Fehler in der Übersetzung auffallen, da ich mit dem englischen Pathfinder nichts am Hut habe. Zur Übersetzung also nur das: Sie ist wirklich gelungen, es gibt ein paar kleine Hacker, aber zu denen im Fazit.
Das Lektorat war wirklich gründlich, eine absolute Steigerung zum Grundregelwerk! Ich habe 7 kleine Druckfehler gefunden, zunehmend gegen Ende, wie zum Beispiel auf Seite 24 „… und Geifer tropf unablässig…“ oder „..: Erbstück aus Bronze wurde seid Jahrhunderten…“

Inhalt:
Ich muss vorwegschicken, dass ich nicht gewillt bin, mich zu diesem Zeitpunkt in die Pathfinder-Werte einzufuchsen, sodass ich das Abenteuer an sich betrachten werde und nicht seine Spielmechanismen.
Das Abenteuer ist ein absolut gelungenes Einsteigerabenteuer. Punkt. Es gibt ein Dörfchen als Startort mit mehreren Ideen, was dort weiterhin geschehen könnte. Es gibt einen soliden Dungeon mit 2 Ebenen, der von Gegnern und ihren Strategien über Fallen und Rätsel alles bietet, was einen amtlichen Dungeoncrawl ausmacht.
Mehr möchte ich auch nicht daran herumdeuteln. Gutes Abenteuer. Fertig!

Fazit:
Wie gesagt, das Abenteuer wird den Erwartungen gerecht und ich kann es ganz locker mit dem System meiner Wahl spielen, was ich auch demnächst ganz sicher tun werde – vielleicht biete ich es ja auf der Dreieich Con als LL-Demo-Runde an, eventuell haben ja ein paar der Ulisses-Herren Lust, sich an meinen gedeckten Tisch zu setzen.
Kommen wir zu meinem Problem mit dem Abenteuer.Welche Altersklasse wird hier, bitte sehr, angesprochen? Die Rettung von Kindern als Aufhänger ist ja noch okay, aber wenn ich mir dann die Illustrationen der Kinder auf Seite 4 und den Halbling auf Seite 15 ansehe, frage ich mich doch, ob hier die 9-jährigen direkt angesprochen werden. Und die, meine lieben Freunde, kapieren die Pathfinder-Regeln garantiert nicht ohne Hilfe.Auch die Anmerkungen des Entwicklers finde ich interessant, aber warum werden die immer von solch einem Tabaluga-mäßigen Drachen begleitet, dass man spontan in die Giraffengruppe im Kindergarten spazieren möchte? Das „Schlurk“-Monster ist auch irgendwie kindlich übersetzt, also ich habe vor einem Ding, das so heißt, keine Angst. Insgesamt wirkt der Humor des Abenteuers, der durchaus vorhanden ist, oft infantil, wie alles, was mit dem Schamanen Jekkajak zu tun hat, und lässt mich ein wenig an mir selbst zweifeln. Mein letztes Problem habe ich mit der Zeichnung des Koboldkönigs. Entweder ich ziehe die etwas lächerliche Nummer komplett durch, oder ich zeichne ihn als ernst zu nehmenden Gegner, der er tatsächlich von den Werten her ist. So ist es irgendwie dazwischen hängen geblieben und ich frage mich schon die ganze Zeit was das für ein trauriges Gesicht ist, das sein genital verdeckt. Um ehrlich zu sein, war das erste, was ich getan habe, die Werte des Königs zu suchen, um herauszufinden, was dieser vermutlich magische Lümmel-Schutz für Kräfte hat. Leider ist diese „Gürtelschnalle“ nicht als magischer Gegenstand aufgeführt. Ja, ich weiß, was ich jetzt zu hören kriege – mit all dem hat Ulisses nichts zu tun, da sind Paizo dran schuld, aber das ist mir Wurscht, da ich mich nur mit dem deutschen Pathfinder beschäftigen werde.

Um die Besprechung nicht so enden zu lassen möchte ich erneut betonen:

DIE KRONE DES KOBOLDS IST EIN GUTES ABENTEUER!

[Rezi] 1W6 Freunde (etwas länger)

Ach, was soll der Geiz? Eine kurze Rezi zu einem kurzen Regelwerk kriege ich doch schnell hin!

Titel: 1W6 Freunde – Das Jugenddetektiv-Rollenspiel
Art: Grundregelwerk
Sprache: Deutsch
Verlag: Prometheus Games / DORP
Publikationsjahr: 2009
Autoren: Markus Heinen, Tomas Michalski, Ralf Murk, Matthias Schaffrath
Illustrationen: Markus Heinen
Umfang: 96 Seiten, A5
Bindung: Softcover, Klebebindung
Preis: 12,00€
ISBN: 978-3-941077-26-3
Rezensent: Moritz Mehlem

Tja, meine Damen und Herren, das wird dann wohl eine amtliche Fanboy-Besprechung! Ich liebe schon immer (und immer noch) die drei Fragezeichen, TKKG, 5 Freunde, Point Whitmark und alles, was da so im Jugenddetektivsektor kreucht und fleucht.

Produktion:
Was soll ich sagen? Diesem schicken A5-Format, das im angelsächsischen Raum als „Digest sized“ bekannt ist, hier mittlerweile unter „Pocket System“ für immer mehr Furore sorgt, kann ich einfach nicht widerstehen. Das ist soooooo schön!
Das Logo ist prima und erinnert direkt an TKKG, denn wenn man ehrlich ist, orientiert sich das Buch zu etwa 99% an dieser Reihe, zu nur einem Prozent an den Jungs aus Rocky Beach oder Point Whitmark. Die Cover-Illu unterstreicht von Stil und Darstellung her diesen Eindruck.
Das Layout ist eine Mischung aus Karteikartenstil mit Rand und eingeklebten Bildern und Texten im Scrapbook-Style. An jedem Kopf und jeweils außen an der Seite ist farblich gekennzeichnet in welchem Kapitel man sich gerade befindet, sodass man sich schnell zurechtfindet.
Druckfehler finden sich nur wenige und sprachlich wird sich jeder TKKG-Leser schnell zurechtfinden und sich direkt wohlig in der Jugendsprache der 80er Jahre suhlen. Zum sprachlich sehr passenden und gelungenen Humor komme ich später.

Nun die flotte Inhaltsangabe:
Die Kapitel 1 bis 3 kann man getrost zusammenfassen, denn sie legen die Grundlagen, indem sie klären, was ein Abenteuerspiel ist, was Jugenddetektive auszeichnet und wie man Jugendkrimis spielt.

Kapitel 4, 5 und 6 präsentieren die Regeln, die Charaktererschaffung und eine handvoll Beispielcharaktere

Kapitel 7 und 8 helfen beim wohl größten Problem eines Systems, das keine spektakulären Metzeleien und kein Raumschiff-Ressourcen-im-Griff-halten zu bieten hat, nämlich dem Erstellen von Abenteuern.
Klasse ist der Abenteuergenerator, aber dazu später mehr.

Die Kapitel 9 und 10 liefern dann das Setting, die „Millionenstadt“ mit Örtlichkeiten und wichtigen Personen.

Das finale Kapitel ist das Abenteuer „Das Geheimnis des Wolpertingers“.

So, aber nun das Ganze in langsamer Fassung!

… okay! Auch in der langen Fassung spare ich mir die Kapitel 1 bis 3 und sage lediglich, dass sie sehr gut die zum Lesen des Buches und zum Spielen des Spieles notwendige Stimmung aufbauen.

Das Kernstück eines jeden Systems sind die Regeln und diese hier sind kurz und knapp, um dem Spiel nicht in die Quere zu kommen. Der eigentliche Regelteil hat schnuffige 5 Seiten und besteht eigentlich lediglich darin modifizierte Proben (gegen ein Attribut) mit einem W6 zu absolvieren. Zugegebenermaßen eine sehr niedrige Einstiegshöhe – genau das Richtige, um Leute zum Rollenspiel zu bringen oder um einfach mal ein nettes Ründchen in Nostalgie zu schwelgen.

Charaktere sind schnell erschaffen. Man verteilt ein paar Punkte auf die 4 Attribute STÄRKE, CLEVERNESS, MUT und UMGANG, sucht sich ein Fleißkärtchen (eine besondere Fähigkeit) aus, gibt seiner Figur einen Namen und überlegt sich einen Namen für die Bande – FERTIG!

Schon bei den Beispielcharakteren zeigt sich die TKKG-Fixierung, denn wir haben Tom, den sportlichen Kopf, Konrad, den Superdenker, Waldemar, genannt „Klops“ und Gisela, „die Tatze“.

Das Abenteuer zum Schreiben von Abenteuern gibt wertvolle Hilfe wie Abenteuer geschrieben werden können – die sind dann zwar total „von der Stange“, aber ich bin sicher, dass es ein ebensolches Raster gibt, dass die Autoren verwenden, um die vergleichbaren Jugendromane zu schreiben. Dieses Grundkorsett wird durch einen 9-seitigen Abenteuergenerator verstärkt, wo sich der geneigte Spielleiter durch 14 Tabellen von „Natur des Verbrechens“ über „Opfer und Verbrecher“ und „Details der Tat“ bis hin zu „Eskalation“ würfeln kann – ein Festival für Zufallstabellenfans. Am Ende steht dann ein zwar nicht sonderlich individuelles, aber absolut spielbares Abenteuer, das locker für einen vergnüglichen Abend tragfähig ist.

Die Schilderung der Millionenstadt besteht nicht nur darin, Orte und Personen vorzustellen, die in Abenteuern relevant sein könnten, sondern wie in einem guten TKKG-Roman wird man schon durch die liebevoll gewählten „telling names“ wie das Bistro „Skull Crusher“, das Autohaus Schieber oder die Diskothek Feuerscheune darauf eingestimmt, was man dort zu erwarten hat.
Als Ben Stiller-Fan hat mir natürlich der „Gaylord Fokker-Flughafen“ besonders gefallen.

Dieser mal mehr, mal weniger subtile Humor zieht sich durch das gesamte Regelwerk und lässt schon die Lektüre zu einem Vergnügen werden. Bei mir war es wirklich so, dass mir beim Lesen der Stadtbeschreibung spontan ein ganzes Dutzend Abenteuerideen im Kopf herumgespukt sind.

Das Beispielabenteuer ist ausgesprochen putzig und nicht einmal zu unkniffelig – das werde ich definitiv auf einem der kommenden Koblenzer Blutschwerter Stammtische leiten! Wenn bis dahin nicht jemand ein offizielles ABenteuer herausgebracht hat…

Auch hier kann meine Empfehlung nur lauten: KAUFEN! KAUFEN!! KAUFEN!!!
… und zwar ab besten direkt an der Quelle.