[Kurzbesprechung] Kids on Bikes (Hunters Entertainment)

„Aus Gründen“ muss ich mir gerade Kids on Bikes von Hunters Entertainment genauer ansehen – und es ist sowas von „die Antithese zur OSR“ und so weit aus meiner Komfortzone raus, dass es einfach Spaß machen muss. Den Schnellstarter, den ich mir hier angesehen habe, könnt ihr euch bei DrivethroughRPG kostenlos runterladen und falls ihr noch mehr zu dem System hören wollt lauscht mal bei Grasis Kopfkinocast rein.

Das Cover – (Co) Hunters Games

Wie ihr am Cover schon erkennen könnt, spielen wir zwar Jugendliche (oder Kids oder Erwachsene), aber nicht im Stile einer Jugendbande à la TKKG, sondern eher wie in Stranger Things, ET oder Stand by me. Ich liebe ja die letzteren beiden, aber an Stranger Things musste ich mich erst einmal gewöhnen und Summer of 84 hab ich mir begeistert auf BluRay gekauft, aber noch nie angesehen.

Die Rückseite

Wenn ich mir das System ansehe, kommt es auf den allerersten Blick sehr traditionell daher. Es gibt Fight, Brawn, Flight, Grit, Brains, Charm 6 Hauptwerte, auf die die Würfel W4, W6, W8, W10, W12 und W20 verteilt werden, um Stärken und Schwächen des Charakters abzubilden. Mit diesen Würfeln wird dann in Konflikten gewürfelt, um einen Zielwert zu treffen oder zu übertreffen. Identisch läuft es im Kampf, wo je nach Narrativ zwei Attribute aufeinanderprallen. Das ist noch sehr klassisch. Und okay, ich bin kein Fan explodierender Würfel, aber – come on – so richtig modern ist das auch nicht mehr.

Ihr fragt was explodierende Würfel sind? Tschuldigung. Das bedeutet, dass ein Würfel, der sein jeweiliges Maximum würfelt, nachgewürfelt werden darf, wobei die Werte addiert werden. Das geht so lange, wie erneut der Höchstwert getroffen wird.

Innen-Titelblatt

Das war es aber auch schon an „traditionellen“ Mechanismen, denn alles andere ist sowas von NICHT-OSR, das habt ihr noch nicht erlebt.

Alleine ein Blick auf die Charaktere zeigt, dass hier einiges an Player Empowerment läuft. So bekommen sie Token, wenn sie Proben vergeigen und diese Token können sie nutzen, um Boni auf spätere Würfe zu erhalten (langweilig) oder um ihre jeweiligen Stärken auszulösen (zu aufregend). Mit diesen Stärken können sie Gegenstände erscheinen lassen oder Boni für ihre Freunde erhalten. Nicht flammneu, sondern schon oft gesehen, aber weitab von allen OSR-Gedanken.

Insgesamt sind die Charaktere sehr interessante Gebilde, die neben den 6 Werten noch durch einige Fragen definiert werden und zu Beginn des Spiels ihre Rucksäcke gefüllt bekommen – nicht nur materiell, sondern auch psychologisch. Wäre ich jetzt nicht verbohrt und altmodisch, wäre das hier ganz sicher mein liebstes Elements des ganzen Spiels.

Auch zu Beginn des Abenteuers können die Spieler*innen schon Einfluss auf die Welt und das Spiel nehmen, indem sie je ein Gerücht in die Welt setzen, das sich später als wahr erweisen kann oder doch nur Kokolores war.

Abenteuer sind hier nicht festgelegt, sondern es werden einzelne Elemente angeboten, die die Gruppe anspielen kann oder auch nicht. Falls ich als SL nicht weiterweiß, soll ich dann die Spieler*innen einfach fragen, was sie denken, wie es denn weiter gehen wird – um dann damit weiterzuspielen. Niiiiiicht mein Stil, aber hey, ausprobieren kann ich es ja mal.

Am krassesten un-old-schoolig finde ich das Konzept des Powered Characters, einer Spielfigut, die im Laufe des Spiels dazukommt, irgendwelche besonderen Fähigkeiten besitzt und von der Spielleitung und den Spieler*innen gemeinsam mit Leben gefüllt und im Spiel geführt wird. Abgefahrener Shit. Bon gespannt, wie das im Spiel fluppt.

Ich freue mich auf jeden Fall sehr auf die Runde – das wird ganz sicher cool werden. Nach der Runde Space Pirates auf dem Twitch-Kanal des Retrocast Ende letzter Woche wird es nun die zweite interessante Indie-Runde innerhalb weniger Tage. Wenn alles glatt läuft, werdet ihr euch in Bälde vom Ergebnis dieses Experiments überzeugen können. Was denkt ihr, mit wem ich Kinder auf Fahrrädern spielen werde?

Cineastisches Dungeoncrawlen saugt…

… zumindest etwas.
Auf meinen letzten beiden Laufrunden habe ich mir mal die Tonspur dieser Dungeonworld-Runde Die Sklavengrube von Drazhu von der CONline angehört und mir im Anschluss das Regelwerk (das natürlich!!! in meinem Regal steht) angesehen. Solltet ihr am Ende dieses Blogartikels noch Lust auf das Spiel haben, das sich definitiv gut im Regal macht, schaut mal bei Roland, dem Sphärenmeister vorbei.
Und? Was soll ich sagen? Mir sind die Regeln zu „schwammig“ für eine ordentliche handfeste Kerkerschnetzelei. Dass wir uns nicht falsch verstehen – ich war beim Hören der Runde super unterhalten, der SL war gut, die Spieler gut aufgelegt und auch das Regelwerk ist nicht mal übel.
Aaaaaaallllerdings verregelt es Sachen unnötig, während es an anderen gerade für Kämpfe wichtigen Stellen etwas schwammig daherkommt.
Zum Grundmechanismus – ähnelt etwas dem von BoL – nur in noch simpler und mit noch weniger Würfelwürfen. (Coolerweise würfelt der SL gar nicht.) Man würfelt 2W6 und je nach Höhe des Ergebnisses, zu dem immer noch ein Bonus/Malus durch irgendwas dazukommt, hat man Erfolg, Misserfolg oder es tritt eine Mischform ein. Eigentlich sehr cool und es kommt dadurch auch zu coolen Szenen, aber genau diese Mischform liegt mir persönlich etwas schwer im Magen.
Innerhalb von Kämpfen ist das absolut fair – der Charakter erleidet Schaden und der Gegner ebenfalls.Fair and square. Bei der Exploration ist es aber dann zu Wischiwaschi. Bei Würfen zwischen 6 und 9 – und ihr werdet nicht glauben wir unfassbar oft diese Spanne getroffen wird (okay- das sollte jedem klar sein) – schlägt der SL dem Spieler einen Handel vor und dieser muss sich zwischen zwei Problemen entscheiden, die in der Situation enstehen könnten. Oft werden diese Probleme durch Trefferpunktverluste ausgedrückt und wenn man wirklich mit Ressourcenverwaltung spielt ist das einfach extrem „unnötig“. So werden Abenteuer auch für den SL nicht mehr sinnvoll planbar.
Nochmal für’s Protokoll, der Mechanismus ist cool und es entstehen tolle Szenen, aber für das Spiel, das ich gerne spiele, taugt das nicht unbedingt.
Ähnliches gilt für andere Elemente wie die „bonds“ – Verbindungen zwischen SC – oder den ganzen „moves„, die die Charaktere drauf haben, sind eher Verregelungen von Dingen, die wir eigentlich schon immer in unser Spiel einbauen und für die wir keine Regel brauchten.
Ich werde Dungeon World ganz sicher mal anspielen und ihm auch gerne noch eine zweite oder dritte Chance geben, wenn die Zeit ist, aber ich habe schwer die Befürchtung, dass es für mich persönlich nicht zu dem Genre passt, für das es geschrieben wurde.