Abenteuer-Module, die keiner kennt! Teil IV

Müsste ich mich für ein Abenteuer entscheiden, das für mich mit „Rollenspiel“ gleichzusetzen ist, dann wäre das ganz klar IM RÄTSELLABYRINTH DES MINOTAURUS von Jeff Grubb aus dem Jahr 1981.

1983 war dann allerdings das Jahr, in dem die deutsche Fassung in gutsortierten deutschen Kaufhäusern und Spielwarenläden in den Regalen stand. Ich hatte im Oktober/November dieses merkwürdige, aber faszinierende Spiel kennen gelernt und mir ein paar Sachen zu Weihnachten gewünscht. Ich war damals neun Jahre alt und flog über Weihnachten alleine zu Freunden nach Paris. Ich hatte meinen Eltern den Auftrag gegeben, mir ein Abenteuer und eine Regelbox zu kaufen – und zwar das Master-Set, da ich ja unbedingt „Dungeons & Dragons Master“ werden wollte.
Ich flog also, wie immer von einer privaten Stewardess begleitet, nach Paris und riss unter dem Weihnachtsbaum die Geschenke auf, die ich im Gepäck gehabt hatte.

Diese Geschenke waren pure Magie! Die Regeln kamen im schicken schwarz daher und meine Eltern waren sogar so schlau gewesen, ein „Solo-Abenteuer“ zu kaufen, damit ich auch alleine spielen könnte.
Mit dem Sohn meiner Gastfamilie machte ich mich dann daran, das Spiel zu spielen – was alerdings nur mit dem Master-Set eher schwierig war, wie wir etwa am 27.12. feststellten. Ich rief also meine Eltern an und schon am 3.1. hielten wir das rote Basis-Set in den Händen, welches Eltern und Luftpost organisiert hatten.
Das war zwar für mich eine innere Niederlage, da ich ja Master sein wollte und mich nicht mit „Basis-Kram“ aufhalten wollte, aber es war jetzt deutlich leichter durch die Regeln zu steigen.

Diese Zeit verbrachten wir damit, das Solo-Abenteuer zu Tode zu spielen, welches übrigens für einen Charakter der Expertenstufen geschrieben ist – ich habe mich also bei meinen Abenteuervorstellungen jetzt von der BASIS- auf die EXPERTEN-Stufe emporgehangelt.

Und DAS RÄTSELLABYRINTH DES MINORAURUS hat tatsächlich alles, was ein gutes Rollenspiel braucht! Es gibt fast unschlagbare Monster, die Obsidianminotauren, die aber nicht bekämpft werden müssen, wenn ihre (absolut klassichen) Rätsel gelöst werden konnten. Dazu gab es Fallen, versteckte Schätze, und und und…
Man konnte die doppelseitigen Verlieskarte erkunden und mit einer roten Zauberfolie herausfinden, was im jeweiligen Raum zu finden war. Auch für die Abwicklung der Kämpfe brauchte man kein separates Regelwerk, sie konnten innerhalb des Abenteuers abgewickelt werden.

Zusätzlich gibt es auch kurze Regeln, um das Modul auch als Gruppenabenteuer zu spielen, was wir dann auch (mit erfundenen Regeln) taten, bis uns Hilfe in Form der roten Box erreichte. Da fanden wir zwar nicht alle Regeln, die wir benötigten, aber es reichte, um ein paar erste eigene Abenteuer zu entwerfen und zu kapieren, dass man die schwarze Box noch für ein paar Tage zur Seite stellen konnte.

Anmerkung zur US-Version: Die zwei jahre früher erschienene US-Fassung hatte noch nicht die tolle rote Folie zum Lesen der Einträge, sondern man bekam einen Stift, mit dem man wie mit Zitronensaft die unsichtbare Schrift des Heftes sichtbar machen konnte. Das Dumme an der Sache war natürlich, dass man das Abenteuer nur ein einziges Mal spielen konnte, da danach die Einträge ja nicht mehr verdeckt waren.

Er will doch nur spielen!

Als ich neulich in meiner Musikbox blätterte…

… nun gut, ich habe gestern in meinen uralten „Strategic Review“-Ausgaben gelesen,

bin ich mal wieder in einem Editorial über einen interessanten Satz gestolpert:

„We at TSR believe that it is impossible to simulate real-life situations, although some of the excitement and challenge of realitiy can be reflected in a game, although a games always remains a game.“

Dieses Zitat stammt aus dem zweiten Strategic Review (aus dem Sommer 1975) und geschrieben hat es Brian J. Blume. Der Kerl hat zwar sonst außer bei TSR „rumzuscheffen“ nicht viel geleistet – okay, man sollte zugeben, dass sein Western Shooter Rollenspiel Boot Hill ausgesprochen gut ist – aber hier hat er doch größtenteils recht.

Er liegt mit seiner Meinung nicht mehr ganz im Trend der Zeit, da es doch mittlerweile viele Systeme gibt, die tatsächlich „die Wirklichkeit abbilden wollen“ und dies auch wirklich ordentlich tun, aber ich stimme insofern völlig mit ihm überein, dass ein gewisses Maß an Abstraktion notwendig ist, um ein Rollenspiel wirklich spielbar zu machen.

Klassisches Beispiel sind hier die Trefferpunkte. Sie sind einfach ein Konzept dafür, wann der Körper eines Charakters so viel Schaden genommen hat, dass er tot ist. Natürlich hat das mit realen Verletzungen nicht das Geringste zu tun, es wird zum Beispiel nicht in Betracht gezogen, wo welche Körperstellen verletzt sind und welche Auswirkungen das auf den weiteren Kampfverlauf und das Leben des Helden hat.
Logo – ist der Schwertarm ab, dann kämpft es sich zuerst im Kampf eher schlecht und später kann dann direkt die Invalidenrente eingereicht werden.

Natürlich gibt es realistischere Modelle die Gesundheit eines Charakters darzustellen, aber ich habe noch kein System gefunden, wo das zu meiner Zufriedenheit geschehen ist. Außerdem ist das Trefferpunktsystem im Spiel sehr einfach zu handhaben.
Das „einfache Handhaben“ ist dann auch nach dem Zitat von Blume das Essentielle (Prima! Jetzt habe ich extra den Duden gezückt, um zu sehen wie man „essentiell“ schreibt, da „essenziell“ auch nicht übel aussah – und siehe da! Beides geht.) an einem Rollenspielsystem, denn es ist ein Spiel, keine Lebenssimulation.

Denkt immer dran: Er will doch nur spielen!

Helden meiner Jugend: Franklin Mentzer

Franklin Wer? Na FRANK MENTZER natürlich! Ja und? Wer ist das nun? Das ist der, der die Dungeons & Dragons-Fassung editiert hat, die wir in Deutschland für das ursprüngliche D&D halten.

Das ist allerdings nur sein Hauptverdienst, er hat bei TSR in den frühen 80ern auch unheimlich viel hinter den Kulissen gearbeitet und war eine Art „rechte Hand“ von Gary Gygax. So ziemlich alle Manuskripte des Meisters seit etwa 1982 bis zu dessen Entmachtung in seiner eigenen Firma dürften durch Franks Hände gegangen sein und er hat wohl die etwas geschraubte Prosa des große alten Mannes auf „unser Niveau“ heruntergeschraubt.

Zurück aber zu seiner Hauptleistung! Das Basis- sowie das Experten-Set sind nicht recht auf seinem Mist gewachsen! Hier konnte er auf tolle Vorarbeit von Moldvay/Cook/Marsh zurückgreifen und er musste tatsächlich bis hin zu Stufe 14 lediglich editieren und leicht anpassen. Sein Hauptverdienst auf diesen Anfangsstufen ist dann ganz einfach die Präsentation. Seinen Job, ein einfach verständliches Einsteigerspiel für Jugendliche zu schaffen, hat er mehr als ordentlich erledigt. Ich kenne bis heute kein Rollenspielsystem, welches gefühlvoller und interessanter in die Regelmechanismen einführt.

Von Gygax komplett selbständig auf das System angesetzt, das neben AD&D weiter nebenher laufen sollte, wurde er dann wirklich kreativ.

Für das Ausbau-Set erdachte er dann ein geniales Herrschaftssystem, sowie die legendäre „Warmachine“, ein tolles Massenkampfsystem, das einfach und gut ist.

Das Master-Set beendet dann die „menschlichen“ Stufen und führt fast ansatzlos in das Immortals-Set, welches leider nie ins Deutsche übersetzt wurde.

Dieses Set verdient genauere Betrachtung, denn es ist quasi ein eigenes Spiel, welches aber trotzdem organisch an die vier vorhergehenden Sets anschließt.
Frank hat hier einen kompletten Kosmos entworfen und auch die unsterblichen Charaktere sind eine völlig andere Geschichte als das, was man bisher kannte.

Einfach genial!

Dass er mit Gary Gygax zusammen DAS beste Rollenspielabenteuer EVER geschrieben hat – ich rede vom Temple of Elemental Evil sei hier nur im Vorbeigehen erwähnt…

Was macht so ein Mensch heute – 25 Jahre nach seiner Glanzzeit als (Rollen-)Spieledesigner? Ganz klar! Er leitet eine Kette von Bäckereien. Aber leider nicht mehr lange, denn absolut brandaktuelle Infos besagen, dass er die Kette gerade verkaufen will / schließen muss, da er sich mehr um seine Familie und sein Privatleben kümmern möchte, da er denkt, dass er nicht mehr viel Zeit hat, die er mit seinen Eltern verbringen können wird.
Neuestes Projekt ist ein eigener kleiner Rollenspielverlag, in dem er Teile seiner seit 25 Jahren laufenden Aquaria-Kampagne veröffentlichen will.

Ich freue mich darauf, denn er ist ein absolut sympathischer und zuverlässiger Zeitgenosse, der seine Projekte mimmer mit großer Begeisterung durchzieht.

Kleine Randnotiz am Rande: In meiner Veröffentlichung Larm habe ich einen Bäcker, der Frank Mantzer heißt und genau Franks Waren in seinem Laden anbietet. Ich habe Frank eine kurze e-Mail geschrieben und es war absolut problemlos, dieses kleine Easter Egg einzubauen, er fand die Idee nett und hat sogar noch mit mir am Namen des Charakters gefeilt! Nett und unkompliziert!

So oft es seine Zeit erlaubt antwortet er mit großer Freundlichkeit und Ruhe Fragen von Rollenspielern im Dragonsfoot-Forum.

Danke, Frank!

Fighting Fantasy! [Hunderte von Gratis-Downloads]

JA! Ich weiß schon mit welchen Schlagwörtern man den Statcounter für den eigenen Blog mal so richtig arbeiten lassen kann! Aber in diesem Fal ist es eine Win-Win-Situation für beide Seiten!
Im Zuge meines gelangweilten Blog-Durchwühlens bin ich auf eine spektakuläre Seite aufmerksam geworden, auf der sich etliche Reihen der sogenannten Fighting Fantasy Welle aus den frühen 80ern, herunterladen lassen. An dieser Stelle blicke ich in viele völlig verwirrte virtuelle Gesichter: „Was ist denn FIGHTING FANTASY???“

Ganz kurze Erklärung:
„Der einsame Wolf.“

Etwas längere Erklärung:
Anfang bis Mitte der 80er Jahre gab es eine Schwemme von Fantasy-Spielbüchern, wo man sich mit Hilfe verschiedener Paragraphen durch ein Fantasy-Abenteuer „kämpfen“ konnte – ihr wisst schon: „Wenn du gerne den Raum verlassen möchtest gehe zu 283, willst du aber vorher dem Kobold den Hintern versohlen gehe zu 232 und lies dir vorher noch einmal die Kampfregeln durch!“ Unter diesen Serien gab es einige wirklich gute und unglaublich viel Schrott, weswegen sich die ganze Chose in Deutschland nicht so recht durchsetzen konnte. Im englischsprachigen Raum oder in Frankreich, wo ich das Ganze kennen lernte, waren diese Spielebücher eine ganz große Nummer! Hier kennt man lediglich die Sachen von Dever/Chalk und Livingstone/Jackson.

Also zurück zu dieser Seite, die ich gefunden habe: Schaut einfach mal bei Home of the Underdogs vorbei und seht euch die verschiedenen Spielebuch-Serien an.

Ich will hier nicht ins Detail gehen, aber absolut lesenswert (spielenswert) sind die Reihen:
The Cretan Chronicles (solltet ihr zuallererst ansehen!!!!),
Middle-Earth Quest (Mittelerde – was sonst?),
Sagard the Barbarian (von und mit Gary Gygax),
Be an interplanetary Spy (verrückte Sci-Fi),
Sherlock Holmes Solo Mysteries (Krimi vom Feinsten) und
TheWay of the Tiger (fernöstlich angehaucht).

Natürlich sollten auch die Kuriositäten einen Blick wert sein – ich sage nur „Nintendo Adventure Books“.

Ein absolut feines Rollenspielsystem in Buchform wird euch mit „Dragon Warriors“ präsentiert! Versucht mal bei eBay an dieTeile heranzukommen, da läuft unter 80€ für alle 6 Teile mal gerade gar nichts!

… ich für meinen Teil lade jetzt schon seit mindestens 2 Stunden Spielebücher herunter und freue mich wie ein Schneekönig, selbst wenn ich außer den Kreta-Chroniken wohl nichts mehr davon spielen werde. Mal sehen, wenn ich wieder eine neue schwarze Druckerpatrone habe…

Viel Spaß!

Abenteuer-Module, die keiner kennt! Teil III

Auch in Teil 3 der Serie stelle ich ein D&D-Modul für das Basis-Set vor. NIGHT’S DARK TERROR mit dem Produktionskürzel B10 (oder in Großbritannien B/X1) ist ein selbst ernanntes „Übergangsmodul“, welches den Schritt von Dungeon Crawls (auf den Basis-Stufen 1-3) hin zu Wildnisexpeditionen (ab Stufe 4) erleichtern soll.

Trotz der Liebe vieler Mümmelgreise für Verliese liegt dieses Abenteuer bei sämtlichen Umfragen in der Beliebtheit mit „Festung im Grenzland“ zumindets gleichauf, lässt es häufig sogar hinter sich. Leider – und ich möchte das noch betonen – LEIDER! ist das Abenteuer von Jim Bambra, Graeme Morris und Phil Gallagher nie in einer deutschen Fassung erschienen.

Um nicht unnötig zu spoilern, werde ich mich auf einen groben Handlungsabriss beschränken und mit einigen persönlichen Anmerkungen garnieren, denn ich habe dieses Schmuckstückchen mit meinen Spielern vor einigen Wochen beendet und viele Details sind mit im Gedächtnis haften geblieben.

Die Rahmenhandlung ist schnell erzählt: Die Charaktere werden immer tiefer in die Suche nach einem mysteriösen Volk, den Hutaaka, hineingezogen. Das Abenteuer endet damit, dass das Tal der Hutaaka gefunden und betreten wird. Dort finden sich dann zwei Zivilisationen im Clinch, vermutlich werden die Charaktere hier genau zwischen die Mühlensteine geraten, was die Suche nach dem Geheimnis der Hutaaka nicht gerade erleichtert. Gerade hier im Tal bieten sich unendlich viele Möglichkeiten für wirkliches Rollenspiel, man kann fast komplett ohne Gewaltanwendung das Rätsel des Tales lösen. Das Ende ist hier absolut der Fantasie des Spielleiters unterworfen – und in meinem Fall eigentlich einen Großteil der Fantasie der Spieler.

Was also macht das Abenteuer SO gut? Mir hat der Schnitzeljagdansatz sehr gut gefallen. Die Charaktere können nicht auf direktem Wege nach Hutaaka losziehen, sondern ihnen enthüllt sich immer mehr an Informationen über diese geheimnisvolle Kultur, sie müssen einiges an Wissen zusammentragen, bevor es überhaupt Sinn macht, dorthin zu reisen. Diese neuen Informationen werden aber nicht in railroadender Manier erlangt, sondern die Gruppe kann sich in der Region Sukiskyn, Kelben, Rifflian, Schwellental im Großherzogtum Karameikos (Mystara) frei bewegen und es gibt nicht „eine feste Lösung“, um an das Ziel zu gelangen.

… gar nicht so leicht hier spoilerlos zu reisen, es gibt wirklich viele Details, die ich gerne ausplaudern würde, weil mir die Ideen so gut gefallen haben.

Neben dem denkwürdigen Abschluss im Tal ist auch eines der Kapitel direkt zu Beginn absolut denkwürdig! Die Belagerung von Sukiskyn ist ein absoluter Kracher! Auf einer mitgelieferten Battlemat verteidigen die Charaktere (dargestellt durch Papp-Counter) eine kleine Siedlung vor den Angriffen verschiedener Goblinstämme, welche eine sehr lose Allianz bilden. Ziel ist hier einzig und allein die Nacht zu überleben – ich habe jetzt noch den permanenten Klang der Goblintrommeln im Kopf.

Die Handlung entfaltet sich von hier aus immer weiter und viele kleinere und größere Geheimnisse wollen aufgedeckt und gelöst werden, eine Geheimgesellschaft, die sich in den Weg stellt, will aus dem Weg geräumt und die Pferde der Party wollen gut behandelt werden – da man in der Schuld eines Pferdeschützers steht…

Einziges Problem – das Teil ist unter Sammlern extrem gesucht und geht bei Ebay, je nach Zustand und grad der Komplettheit, zwischen 50 und 150 Dollar über die virtuelle Theke. Lichtblick ist die Tatsache, dass man das PDF bei RPGnow für etwas unter 5 Dollar herunterladen kann…

… was man auch absolut tun sollte, denn dieses UK-Modul ist ein absoluter Hammer, der jedem Rollenspielsystem auch 22 Jahre nach seinem Erscheinen noch gut zu Gesicht steht.

Verwöhnte Kinder?

Beim Wühlen durch die amerikanischen Rollenspielforen bin ich mal wieder über ein „bon mot“, besser gesagt ein „mauvais mot“ von Tim Kask gestolpert, welcher mich erneut auf die Seifenkiste zwingt:
„The higher numbered editions [von D&D – der Blogger] have turned the players into whiny little spoiled children who think that the world owes them the courtesy of cutting the meat on their dinner plate for them. „What? Feed myself“? „Oh, how cruel you are to us…“

Ein toller Schlachtruf von Kask.

Vielleicht sollte ich zu seiner Person noch kurz erklären, dass er einer der ersten und engsten Mitarbeiter von Gary Gygax war und gerade im Bereich der 5 Supplements für die ursprüngliche D&D-Box durch seine Editoren-Tätigkeit absolut prägend war. Er bezeichnet sich immer wieder gerne als „ersten festangestellten Mitarbeiter von TSR“ und war ganz sicher eine wichtige Person hinter den Kulissen von der Mitte der 70er Jahre an bis hin zum Anfang der 80er.
Wie Mentzer war er ein ganz wichtiger und persönlicher Mitarbeiter von Gary Gygax und hat dessen Einflüsse mit der Muttermilch aufgesaugt. Heute verdient er seine Brötchen als Lehrer und hat sich nach einiger Abstinenz auf Drängen der Jungs bei Dragonsfoot hobbymäßig wieder mit dem Thema „Rollenspiel“ befasst und hat wohl sogar geplant wieder Rollenspielartikel schreiben zu wollen – ich freue mich darauf! Wenn ich schon ein verkalkter alter Sack bin, der rollenspieltechnisch im jahr 1985 hängen geblieben ist, dann weiß Timothy Kask das um noch einmal etwa 5 bis 7 jahre zu überbieten. Der Kerl ist soooooo old-school (dass es schon mirfast weh tut!)

Zurück zu seiner These! Auf vielen Ebenen des Spieles ist D&D ganz bestimmt „einfacher“ geworden. Spontan fallen mir 2 Dinge ein, die im Laufe der Zeit immer – sagen wir einfach „spielerfreundlicher“ – wurden. Es gibt sicher noch etliche mehr, aber über diese beiden habe ich gestern abend vor dem Einschlafen noch nachgedacht.

1. Stufenaufstiege: Das D&D Ausbau-Set aus dem Jahr 1984 rechnet mit etwa 3-8 Spieleabenden bis ein Charakter der Namensstufe (ab Stufe 9) eine weitere Stufe erreicht.

Das Spielleiterhandbuch der 4. Edition rechnet mit 2 Sitzungen (wenn man von 9 nötigen „Encounters“ für eine zusätzliche Stufe ausgeht und jede Session mit 4 Encounters gespielt wird) zum Stufenaufstieg, gibt allerdings auch Tipps, dass und wie man die Charaktere am Ende jeder Sitzung aufsteigen lassen kann.

Wozu diese Hast? In meinem Spiel ist es noch ein Grund zu gewaltiger Freude, wenn man einen Charakter eine Stufe aufsteigen lassen kann – geht diese nichtflöten, wenn das automatisch am Ende jedes Abends geschieht?
Ich kann mich noch an meine Teenie-Jahre im Judo-Verein erinnern. In unserem Verein hatten wir etwa alle 1,5 bis 2 Jahre eine Gürtelprüfung, wodurch das zu einem Riesenfest für alle Anwesenden wurde. Was hat man sich über den neuen Gürtel gefreut und ist direkt in der nächsten Woche mit den Eltern in ein Sportgeschäft gefahren und hat stolz den neuen Gürtel gekauft.
Heutzutage finden in den mir bekannten Vereinen jedes halbe Jahr Prüfungen statt, sodass mir Schüler ganz gelangweilt von ihrer anstehenden Prüfung erzählen…

2. Tod: In den Mentzer-D&D-Regeln von 1983 hat ein Kämpfer zwischen 1 und 8 Trefferpunkte, wenn er 0 erreicht, ist er tot. Punkt. Aus. (Fertig ab, Tirolerkapp!)

In den Regeln der 4. Edition hat er maximal 33 (15 + Konstitutionswert), kann im Kampf einen „second wind“ auf sich wirken um die Trefferpunkte wieder auf’s Maximum zu bringen. Bei 0 Trefferpunkten hat man am Ende jeder Runde einen Rettungswurf, bei 3 Würfen unter 10 stirbt man.Ansonsten kann man seinen „bloodied“ Wert (die Hälfte der Trefferpunkte) im negativen Bereich vertragen, bevor man von der Bewußtlosigkeit ins Nirvana gleitet. Gar nicht so einfach zu sterben.

Klar! Man will hier der Frustration vorbeugen immer wieder neue Charaktere erstellen zu müssen, aber wird es in diesem Fall nicht zu leicht gemacht?

Abenteuer-Module, die keiner kennt! Teil II

Heute stelle ich kurz das wohl am seltensten gespielte D&D Basis-Modul vor – DER BUND DER SCHWARZEN KAPUZE von DAVID „ZEB“ COOK aus dem Jahr 1984 für Charaktere der Stufen 1-3.

Dieses Modul stellt den ersten Versuch von TSR dar, von den gängigen Dungeon-Abenteuern für das Basis-Set wegzukommen. Cook selbst bezeichnet dieses Abenteuer als „Stadt-Abenteuer“.

Der Titel klingt zwar irgendwie mehr nach einem Band der Fünf Freunde, aber der Inhalt ist für das Entstehungsjahr ganz interessant.
Das Abenteuer selber bietet alles zwischen politischen Intrigen und Verfolgungsjagden, wie sie auch in den Straßen von San Franzisco nicht schicker sein könnten.

Gimmiks: Das Abenteuer schickt viele nette kleine Ideen ins Rennen, wie zum Beispiel 3D-Häuser und Charakterfiguren zum Aufstellen oder eine große Karte von Spekularum, um immer den Überblick behalten zu können.

Hauptplot ist, dass drei Familien um die Macht des Herzogs Stefan Karameikos, des Herrschers über die Stadt Spekularum, ringen. Die Familien heißen RADU, TORENESCU und VORLOI, wobei erstere Familie die Tonangebende im Bund der schwarzen Kapuze ist.
Etwas „von gestern“ sind auf jeden Fall die Erstkontakte der Charaktere mit der politischen Gefahr – zumindest sind die Männer mit „lauter, betrunkener Stimme“, die rufen „Holla, ihr da! Sucht ihr Arbeit? Kommt herüber und trinkt mit mir!“, seit etwa 20 Jahren aus den Kneipen der Rollenspielwelten verschwunden. Sind sie schon in Rente?

Schön sind aber die einzelnen Kapitel, welche mit Zwischensequenzen verbunden sind, welche den Spielleiter auf der Höhe des Abenteuers hält.
Kapitel 1 (Das Fest von Lukor) gibt den Abenteurern einen kurzen Überblick wo, wie und „warum“ sie sich befinden.
Kapitel 2 (Im Untergrund) ist ein kleines Dungeon, in dem sie sich detektivisch betätigen müssen.
Kapitel 3 (Aufruhr) gibt den Spielern die Chance mal so richtig Chaos zu stiften – oder dagegen anzukämpfen.
Kapitel 4 (Hinterhalt) führt die Charaktere in einen Hinterhalt der Schergen der schwarzen Kapuze, welche direkt ins An- und Abschlusskapitel mündet.
Kapitel 5 (Die Verfolgung) bietet eine wilde Hatz auf der Jagd nach den Bösewichten, nis hin zur Beendung des Abenteuers.

Fazit: Nette Ideen. Durch die vielen Seiten mit 3D-Gebäuden hat man leider nur etwa 14 Seiten an Abenteuer. Noch interessanter als das Abenteuer selber sind die vielen Möglichkeiten, die dieses Setting einem kreativen Spielleiter für zukünftige Polit-Abenteuer bietet.

Abenteuer-Module, die keiner kennt!

Teil 1 meiner Serie um lange vergessene Schätzchen macht das D&D-Modul IN SEARCH OF THE UNKNOWN von Mike Carr aus dem Jahr 1979. Mit dem Produktcode B1 war es das erste offizielle D&D-Abenteuer von TSR. Faszinierenderweise ist das erste AD&D-Modul G1 STEADING OF THE HILL GIANT CHIEF ein Jahr älter.

Ein Hauptgrund dafür, dass dieses wirklich interessante Abenteuer in Deutschland niemand kennt, dürfte sein, dass es niemals in deutscher Sprache erschienen ist. In Deutschland wurde die amerikanische Zählweise leicht abgewandelt und das englische B5 Horror on the Hill wurde zum deutschen B1 Hügel des Grauens.

Herrschaftszeiten – haben diese monochromen Cover nicht Charme? Vor diesen Pilzen auf dem Cover habe ich heute noch eine Heidenangst!

Als Einführungsabenteuer konzipiert gehen dem Abenteuer wirklich gute Spielleiter-Tipps voran:
Notes for the Dungeon Master,
Time,
Computing Experience und
How to be an effective Dungeon Master.

Wie bei den klassischen Modulen üblich, haben die Abenteurer vor Beginn des Abenteuers Zugang zu einer ganzen Reihe von Legenden, die sie über die CAVERNS OF QUASQUETON gehört haben könnten.
Zusätzlich haben die Spieler eine komplette Seite mit der ihnen bekannten Hintergrundgeschichte.

Jetzt aber kommt das Interessante an diesem Modul. Die Räume werden kurz beschrieben, aber die Bewohner, wie auch eventuelle Schätze, können vom Spielleiter aus Tabellen ausgewählt (oder sogar ausgewürfelt) und in den Räumen platziert werden.

Im Anschluss an das Abenteuer finden sich dann noch vorgefertigte Charaktere wie auch sinnvolle Spielleitertipps zum Umgang, zur Verfügbarkeit und zur Persönlichkeit von Gefolgsleuten. Für hoffnungslos überforderte Neulinge werden sogar vernünftige Gruppenzusammenstellungen aus den fertigen Charakteren vorgeschlagen.
Abgerundet wird das Modul durch 10 Überlebenstipps für Spieler, deren letzten ich mal zitieren möchte:
„D&D is a roleplaying game, and the fun of the game comes in playing your character’s role. Take on your character’s persona and immerse yourself in the game setting, enjoying the fantasy element and the interaction with your fellow players and the Dungeon Master.“

Solltet ihr bei eBay mal für einige Euros an das Ding kommen können, greift zu! Das braune Cover ist meist deutlich preiswerter als das hier abgebildete Monochrom-Cover.

… keine Angst, das ist kein dezenter Hinweis auf eine meiner derzeitigen Auktionen, ich will meine Exemplare behalten.

Dungeons & Dragons für Mümmelgreise!

OD&D? BECMI D&D? BD&D? Moldvay D&D? Die rote Mentzer Box? RC D&D?

Wie? D&D für alte Säcke ist nicht nur einfach D&D für alte Säcke? Da gibt es Unterschiede?

Oh, ja! Die gibt es! Im Rahmen eines Blogs sollte man sich natürlich kurz halten, daher werde ich nicht auf die Unterschiede in den Systemen der Editionen eingehen, sondern mit Hilfe von Jahreszahlen das babylonische Abkürzungswirrwarr zu klären versuchen.

Ich selber bin im Jahr 1983 auf D&D aufmerksam geworden – wie jeder Deutsche damals mit der roten Basis-Box. Dass es sich dabei nicht um das „ursprüngliche“ Spiel handelt, habe ich erst Jahre – ja, Jahrzehnte, später erfahren.

Gehen wir also einfach auf eine kleine Zeitreise:

1974: Gary Gygax und Dave Arneson verlegen (zuerst in regelrechter Heimarbeit) die erste Form von D&D (siehe Foto). Diese kleinformatige Box mit drei kleinen Büchlein darin ist der Urvater und wird im amerikanischen Bereich mit OD&D (Original D&D) bezeichnet. Zu dieser Box gibt es noch 5 Supplements. (Für Kenner: Wenn man die Regeln der Supplements zu den Boxen hinzunimmt, ist man regeltechnisch schon sehr nah an der 1. Edition von AD&D)
Das Spiel selber ist sehr rudimentär, viele Regellücken müssen vom Spielleiter (Referee) geschlossen werden. In den Augen vieler Leute, die auch heute noch diese Version spielen, ist dieser große Nachteil gleichzeitig auch der größte Vorteil.

1977: Dr. Eric Holmes erledigt den Auftrag ein Basis-Set herauszubringen, dessen Regeln bis zur Stufe 3 gehen und das als direkte Einmführung in die AD&D-Regeln dient. Man spricht hier von Holmes D&D.

1981: Um neben der AD&D-Schiene bestehen zu können, wird bei TSR eine Neubearbeitung der D&D-Regeln durchgeführt, Moldvay/Marsh bringen ein Basis- und ein Expertenset heraus. Die Regeln sind schon sehr durchdacht, lassen aber noch immer viel Freiraum für Interpretationen. Wegen „Basic“ (B) und „Expert“ (X) Set wird diese Version oft als B/X D&D bezeichnet, auch Moldvay/Marsh D&D ist durchaus gängig. Insider-Info: Ein Companion-Set war geplant, kam aber nie auf den Markt.

1983-1986: Einer der engsten Mitarbeiter von Gygax – Frank Mentzer – bekommt vom Chef persönlich die Aufgabe neue Basis-Regeln zu erschaffen und darauf aufbauend weitere Regelsets.
Diese rote Basis-Box ist dann auch endlich die erste, die ins Deutsche übersetzt wird und das Rollenspiel außerhalb der englischsprachigen Welt bekannt macht. Laut Angaben von Frank Mentzer wurden weit über eine Million roter Boxen verkauft.

Er erschafft 5 Boxen, von denen die ersten 4 ins Deutsche übertragen werden:
– Basis Set (Basic Set)
– Experten Set (Expert Set)
– Ausbau Set (Companion Set)
– Master Set (Master Set)
– Immortals Set
Die 5 Anfangsbuchstaben der englischen Namen der Boxen prägen dann auch in Insiderkreisen die Bezeichnung für die Reihe: BECMI D&D oder wahlweise einfach Mentzer D&D. Da die Unsterblichen-Regeln fast schon ein eigenes Spiel für sich darstellen, sprechen Viele auch nur von BECM D&D.

1991: Eine neue Box kommt heraus, das „Neue Dungeons & Dragons Spiel“ („The new easy to master Dungeons & Dragons Game“). Wir haben hier keine neuen Regeln vor uns, nur den Versuch die Mentzer-Regeln NOCH leichter verständlich zu machen. Dadurch, dass es keine wirklichen Neuerungen eingeführt werden, ist diese Box aus historischer Sicht so unbedeutend, dass sie nie einen eigenen Namen erhalten hat.

1992: Schon seit drei Jahren ist die 2. Ausgabe der AD&D-Regeln auf dem Markt, TSR macht noch einen Versuch die guten alten D&D-Regeln als etwas leichter bekömmliche Kost nebenher zu etablieren. Aaron Allston kompiliert die (meisten) Information der ersten 4 Mentzer-Boxen in ein dickes Hardcover-Buch, die Rules Cyclopedia. Auf Deutsch musste dieses Teil einfach floppen, bei dem denkbar ungünstigen und sperrigen Namen „Das große Buch der D&D Regeln“. Logischerweise ist diese Regelzusammenfassung als RC D&D bekannt.

Etwas weniger gut greifbar sind die beiden Begriffe BD&D (Basic D&D) und Classic D&D – wobei beide für gewöhnlich alle Regeln zwischen B/X D&D und der RC bezeichnet, welche sich inhaltlich extrem ähneln, die meisten Veränderungen waren hier eher kosmetischer Natur.