[Historie] Drachenväter

Mit Hilfe von etwa 4684691475259 Interviews haben Konrad Lischka und Tom Hillenbrand sich daran gemacht, in Drachenväter die Ursprünge und Entwicklung unseres Lieblingshobbys nachzuzeichnen. Ein Crowdfunding in den Jahren 2013/2014 ermöglichten ihnen dieses ehrgeizige Projekt – natürlich war ich dabei…

Wenn ich das richtig sehe, ist das Buch nicht mehr regulär im Handel vertreten, aber ihr könnt auf den üblichen Wegen nicht allzu überteuert Druck-Ausgaben bekommen – es lohnt sich wirklich. Als eine Mischung aus coffee table book und Buch-um-nebenbei-mal-ein-Kapitel-zu-schmökern. Nehmt das schonmal als absolute Kaufempfehlung.

(Wenn ihr mehr über Verfügbarkeit – eventuell auch als PDF oder epub oder so wisst – immer her mit den Infos. Danke.)

Das Cover – (co) Edition Octopus

Okay. Die beiden Autoren versuchen wirklich einen richtigen Rundumblick zu bieten und beginnen ihre Reise wirklich absolut bei Null, sprich: den preußischen Sandkastenspielen, wie man auf dem folgenden Foto mehr als unscharf erkennen kann…

Der unscharfe Reiswitz – (co) Edition Octopus

Sehr interessant, wie viel Zeit sie sich hier lassen, bis sie zum Kern des Ganzen, dem Rollenspiel, kommen. Von den 6 Kapiteln geht es erst ab Kapitel 4 um das Rollenspiel, oder auch: erst ab Seite 170 von 360. Ich habe es beim Lesen aber als eher angenehm empfunden, denn so entwickelt sich vor dem inneren Auge langsam ein Bild des gesamten fantastischen Umfelds, von militärischen Planspielen über fantastische Literatur (ich sage nur: Appemdix N) über Spielbücher hin zu den Entwicklern des ersten „echten“ Rollenspiels. Ich zeige euch mal noch eine typische Doppelseite – hier mit Covern von Jackson/Livingstone-Fighting Fantasy-Spielbüchern. Tja, wenn eure Spielfigur mal gestorben ist, weil ihr nicht links, sondern rechts herum gegangen seid, dann wisst ihr was knallharte Entscheidungen sind…

Fighting Fantasy – (co) Edition Octopus

Das Hauptkapitel befasst sich mit der Entstehung und Entwicklung des Rollenspiels (weiter unten auf dem Foto zwei der drei little brown books aus der ursprünglichen Box). Angenehm finde ich hier, dass der Beitrag von Dave Arneson weniger klein geredet wird, als dies in vergleichbaren, sehr gygaxo-zentrischen Werken der Fall ist. Selbst der gute Dave Wesley bekommt einen Schimmer vom Ruhm ab. Ausgezeichnet. Meine beiden Lieblingskapitel des Buches befassen sich mit Dungeons und ihrer Historie, sowie der Rolle des Würfels – auch wenn ich da etwas beleidigt bin, dass die Autoren mich da nicht gefragt haben, denn ich habe zu beiden Themen mal längere E-Mail-Wechsel mit Gygax und mit Arneson geführt und hätte da noch 2-3 kleine Zusatzinformationen gehabt. Aber abgesehen von diesem eindeutigen Makel, sind gerade diese zwei Kapitel super und machen wirklich Spaß.

LBB – (co) Edition Octopus

Wie wir ja alle wissen, war Gygax der Ansicht, dass keine Sau Abenteuer kaufen würde, da ja jeder mit seinem Regelwerk seine eigene Fantasy bemüht und sich selber alle benötigten Abenteuer schreibt. Okay, er hat sich etwas geirrt. Und, alter Schwede! Ich liebe die klassische monochrome Gestaltung der ersten Abenteuer. Das sind einige der ganz wenigen Rollenspiel-Sachen, von denen ich mich niemals trennen würde.

Monochrom-Cover – (co) Edition Octopus

Kapitel 5 beschreibt dann die Ankunft des Rollenspiels auf dem europäischen Kontinent. So waren die Franzosen schon 1981 am Start, wir Deutschen zogen erst Ende 1983 mit der roten Mentzer-Basis Box nach. Wie ihr sehr, gab es sogar ein deutsches Drache-Magazin, das ich heiß und innig liebe. Neben dem Solo-Abenteuer in der roten Box, das ich traditionell einmal jährlich in der Weihnachtszeit spiele, nehme ich auch die ersten vier Drache-Ausgaben immer mal wieder aus dem Regal und blättere versonnen darin.

Sehr schön auch, dass die Macher hier zusätzlich Interviews mit wichtigen Personen des deutschen Rollenspiels geführt haben, um auch an dieser Stelle ein paar Informationen bieten zu können. Dieser Teil ist allerdings für meinen Geschmack etwas zu kurz und bietet sich laut brüllend für einen Nachfolgeband an – ich stünde da Gewehr bei Fuß, um zuzuarbeiten…

Drache-Werbung – (co) Edition Octopus

Das abschließende Kapitel erzählt dann etwas von anderen Einflüssen des Rollenspiels, beispielsweise auf Brettspiele oder Computerspiele. Und ja, seien wir ehrlich – spätestens seit 2004 und World of Warcraft ist für Otto-Normalbürger der Begriff „Rollenspiel“ gleichbedeutend mit „Computer-Rollenspiel“ – nur die Wenigsten wissen, dass das ursprünglich picklige Jugendlich sind, die in den elterlichen Partykellern Chips gegessen und Würfel geworfen haben…

Die Anhänge des Buches sollte man nicht unter den Tisch fallen lassen, denn hier findet sich eine umfangreiche Literaturliste, die zum Weiterlesen anregt – die beiden haben auch den legendären „Appendix N“ abgedruckt, mit Literatur, die Gygax in den 70ern beeinflusst hat und es gibt sogar noch einen kleinen Rundumschlag wie Rollenspiel überhaupt funktioniert. (Auch wenn gerade das entweder an den Anfang gehört hätte – aber ja, wahrscheinlich ist es bei dem vermuteten Klientel für dieses Buch auch mehr als unnötig.)

[Historie ]Dave Arneson bittet zu Tisch – Teil I

Die Macher des Doku-Filmes Secrets of Blackmoor haben einige Schnipsel ihres Interviewmaterials frei auf Youtube zur Verfügung gestellt. Ich habe mir ein etwa zehnminütiges Interview mit den beiden Blackmoor-Veteranen James Laferrier und Greg Svenson angesehen und mal auf die Frage hin abgeklopft, was wir über den Spielstil von Dave Arneson, einem der beiden Schöpfer von Dungeons & Dragons, erfahren können…

Über Laferrier erfahren wir, dass er 1973 zu Arnesons Kampagne stieß, als man sich gerade dabei befand, die Regeln gegen Ende des Jahres zu drucken und zu verkaufen. Svenson ist als „The Great Svenny“ einer der ursprünglichen Spieler des großen Meisters und ich erwähne immer gerne, dass ich mit ihm zum Ende der 2000er Jahre eine längere Online-Kampagne gespielt habe – ein netter Typ und kreativer Rollenspieler.

Was aber erzählen die beiden im Interview?

  • Blackmoor war eine große Welt mit vielen Spieler*innen/Charakteren, die nicht alle zur selben Zeit und am selben Ort an der Handlung beteiligt waren. (Ich habe gelesen, dass die Kampagne etwa 50 Spieler*innen umfasste – die natürlich nicht alle gleichzeitig am Tisch saßen, sondern mal hier, mal da in wechselnder Besetzung das Schicksal der Welt beeinflussten.)
  • Blackmoor war nicht nur eine Stadt (und ein Dungeon), sondern es gab neben einer geplanten Zeitlinie mit Invasionen und politischen Entwicklungen auch Auswirkungen von Wetter, Hungersnöten oder Seuchen.
  • Es gab kein Railroading – das heißt, die Charaktere wurden nicht in eine Richtung gedrängt, sondern konnten die Welt frei erkunden und bereisen – schluckten sie aber beispielsweise eine Abenteuerhaken nicht und taten etwas anderes, hatte dies Konsequenzen auf die Hintergrundwelt. So wurde beispielsweise einmal Blackmoor von Orks überrannt.
  • Arneson hielt das Geschehen nach, wodurch es ihm gelang, eine lebendige Welt zu erschaffen.
  • Höherstufige Charaktere konnten sogar so weit in die Welt eingreifen, dass sie Festungen, Dörfer oder gar Baronien errichteten und beherrschten.
  • Hobbit-Vampire! Es gab frickin‘ HOBBIT-VAMPIRE!!!!
  • Das Hauptziel war, dass jede*r Spaß haben sollte. Jede*r war am Spielfluss beteiligt. Charaktere starben nur sehr selten. (AHA! Das geht nur, wenn man es mit den Regeln sehr lax hält! Gotcha, Dave! Statistisch mussten OD&D-Charaktere ungefähr alle zwei Minuten sterben – das ist wissenschaftlich erwiesen. 😉
  • Spieler*innen verstorbener Charaktere wurden mit ins Spiel eingebunden, indem Arneson ihnen die Rollen von NSC (Nichtspielercharakteren) oder gar Monstern übertrug.

Der Interviewer arbeitet zurecht heraus, dass sich diese gigantische Kampagne mit ihrer immer weiter wachsenden und sich entwickelnden Welt komplett anders entwickelte als die meisten Kampagnen zu dieser Zeit und zu Beginn des D&D-Hypes, als sich das Augenmerk vor allem in die Dungeons richtete. Er vermutet, dass es in der Person Arneson begründet war und ich denke auch, dass es tatsächlich schon hier die Tendenz gab, komplette Welten zu erschaffen und den Spieler*innen als Spielwiese zur Verfügung zu stellen.

Auch, wenn ich einige Punkte zusammengefasst habe, lohnt es sich, das ganz oben verlinkte Video anzusehen, da die Musikuntermalung klasse ist und immer mal wieder Ausschnitte einer Original-Stadtkarte von Blackmoor und einer Karte der kompletten Welt eingeblendet werden. Wunderschön. Ich liebe alte Karten. Und diese hier sind locker 35-38 Jahre alt…

… in vielen anderen Bereichen des Lebens wäre das etwas für ein Museum!

Hui! Mir bleibt gerade die Spucke weg und ich ärgere mich nicht zum ersten Mal, dassin nächster Zeit keine fette Erbschaft ansteht und ich kein Lotto spiele – Dave Arnesons private Rollenspielsammlung kommt unter den Hammer.
Ab dem 6. Mai kann man in mehreren eBay-Auktionen zuschlagen, die wie schon so manches Schmankerl von Paul Stromberg’s Collector’s Trove ausgerichtet werden.

Spenden werden gerne genommen!

Wie gerne hätte ich gerade etwas Kohle auf der hohen Kante…

Beim derzeitigen Dollar-Kurs tun die Preise nicht einmal soooo weh, so eine Chance kommt nie wieder – MUSS WIDERSTEHEN! MUSS WIDERSTEHEN!!!

Derzeit laufen nämlich auf eBay parallel zwei Auktionen der hochbegehrten und hochpreisigen WOODGRAIN BOXEN – ihr wisst schon – die, die Gary im Keller mit Speichel und alten Milchkartons selber zusammengemeißelt hat… 😉

Auktion 1 ist eine Box der 2. (von 3) Auflage der Woodgrain Box (Zusatzinfo – danach kamen noch drei Auflagen der White Box) und man ist mit fluffigen 666 Euro dabei – Sofortkauf für 999 wäre vor zwei drei jahren immer noch ein Hammerschnäppchen gewesen, aber den 5-10 verrücktesten US_Sammlern geht auch langsam die Kohle aus.

Auktion 2
ist noch einen Tick spektakulärer! Für 1999 Euro Sofortkauf – und ich wette er würde bis etwa 1700 Euro runtergehen, gibt es eine Woodgrain Box (vermutlich 3. Auflage) und dazu gibt es die Supplements Greyhawk, Blackmoor, Eldritch Wizardry, Gods, Demi Gods and Heroes, sowie die Chainmail-Regeln.

HALTET MICH FEST!