[Rezension] Bergungskreuzer Möwe (FATE-Settingband)

Ich habe mir mal meinen Rezi-Stapel angesehen und festgestellt, dass ich mich da wieder auf meine Kernkompetenz besinnen sollte und gerade den Jungs und Mädels vom Uhrwerk-Verlag bin ich da noch einige BEsprechungen schuldig. Daher rufe ich zum zweiten Male eine
UHRWERK-REZENSIONEN-WOCHE aus!
Den Anfang macht ein kleines FATE-Heftchen, dann folgt das SPACE-Abenteuer „Das Erbe der Kanalwächter“, anschließend die drei Splittermond-Abenteuer 4 bis 6, eine Besprechung eines Splittermond-Quellenbandes und die SM-Klammer wird vollendet von einer Batrachtung des Contact-Knarrenbandes. Das sind dann zusammen knackige 914 Seiten, die ich mir reingetan habe und ich kann mich wieder auf ein paar Brettspiele und Theorie-Texte konzentrieren…
Das Cover – (Co) Uhrwerk Verlag
Produkt: Bergungskreuzer Möwe
System: Fate
Autor: Günther Lietz
Verlag: Uhrwerk
Aufmachung: Softcover, A5, 79 Seiten
Erscheinungsjahr: 02.06.2016
Preis: 14,95 Euro
ISBN: 978-3-95867-050-1
Aufmachung
Ich finde ja das Aussehen der FATE-Produkte und gerade der deutschen wirklich klasse – mal unabhängig davon, wie ich zum eigentlichen Spielsystem stehe. Auch hier gibt es ein ganz klares, leicht comichaftes Design und das Schwarz-Weiß im Inneren wird von einem kräftigen Grün der Überschriften und Seitenzahlen angenehm aufgelockert.
Inhalt
Bei „Bergungskreuzer Möwe“ haben wir dem Siegerbeitrag der ersten deutschen FATE-Setting-Challenge zu tun und – ohne die Konkurrenz nach so langer Zeit genau beutreilen zu können – es scheint mir ein absolut verdienter Sieger zu sein.
Schon alleine die Grundvoraussetzung rockt ordentlich das Haus, und zwar aquaformte eine außerirdische Flugscheibe, die über dem Atlantik „parkte“, im Jahr 1909 die Erde. Kaiser Wilhelm II. schickte seien Flotte los und die Flugscheibe konnte abgeschossen werden. So weit so gut, aber der Meeresspiegel war schon amtlich angestiegen und die Küsten des Jahres 1982 sind dann doch deutlich andere als die, an die wir alle uns aus unserer Kindheit erinnern. So liegt Brüssel beispielsweise schon einige Kilometer in der Nordsee und auch die Kölner Bucht ist nun genau das, nämlich eine Bucht. Der Meeresspiegel hat sich bei 125 m n.N. eingepegelt und das Leben nimmt seinen gewohnten Gang.
Die Spieler spielen in diesem Settign die Besatzung des namensgebenden Bergungskreuzers und begeben sich tagtäglich auf See, um Schätze zu finden, untergegangene Städte zu „untersuchen“ oder sich mit den vaterlandslosen hollänsischen Nomaden auseinanderzusetzen.
Spektakulär. Eine Mischung aus 80er Jahre Flair und maritimem Setting. Das macht einfach Spaß. Man merkt, wie es dem Autor Spaß gemacht hat, mit dieser Grundannahme herumzuspielen – so geht er auf logische Folgen ein, wie die Tatsache, dass sich die Seefahrt im Vergleich zur Luftfahrt viel weiter entwickelt hat – politisch haben sich die afrikanischen Staaten gegen ihre geschwächten Kolonialherren aufhelehnt und ihr Joch abgeschüttelt oder das recht wenig betroffene Osmanische Reich hat sich zur Führungsnation im Nahen Osten aufgeschwungen.
Der historisch-geographische Teil des Bandes hat mich insgesamt etwas in die frühen 90er zurück versetzt, denn ein ähnliches Vergnügen am Spielen mit der Realität hatte ich zuletzt bei „Deutschland in den Schatten“, dem legendären Shadowrun-Quellenband. Unterstützt wird das durch die doppelseitige Karte wo man sofort beginnt, sich Gedanken darum zu machen, was sich wohl in dem gewaltigen See zwischen Fulda uns Straßburg befinden mag. Ach, der Teil hätte meinem Geschmack nach gerne doppelt oder dreifach so lang sein dürfen.
Wichtig bei solch kurzen Setting-Beschreibungen ist immer die Information dazu, was man denn nun als Spieler genau in diesem Setting tun kann und das wird hier mustergültig ausgeführt und mit Regeln unterstützt. So gibt es alle möglichen neuen Regeln und Stunts für die Mannschaft des Bergungskreuzers wie auch für den eigentlichen Star des Schiffs, die Möwe.
Anschließend gibt es Werte für die unterschiedlichsten Schiffe zwischen Kriegsschiff, Unterseejäger und Piratenjetski, bevor mein nächstes Highlight kommt: Zufallsbegegnungen auf der Nordsee des Jahres 1982. Diese existieren einmal in Kurzform und sind mit den Fate-Würfeln auszuwürfeln, aber es gibt auch 6 kurz angerissene Szenarien. Gerade diese Szenarien sind echte Kleinodien. „Bohrinsel 5 antwortet nicht“ soll da als Anschmökertipp genannt sein, da man hier sehr gut erkennt, wie das gesamte Setting funktionieren soll.
Die letzten Seiten bieten Werte für potentielle Gegner, eine beispielhafte Besatzung und auf satten 9 Seiten wird uns Landratten die Seemannssprache näher gebracht. Sehr schön, um das Gefühl für das Setting im Spiel zu vertiefen – hier nochmal so viele Seiten mit Facts zu den 80ern für die, die nicht wie wir live und in knalliger Farbe dabei waren und ich wäre wunschlos glücklich gewesen. Insgesamt ist das mein einziger kleiner Kritikpunkt – die 80er-Komponente hätte man noch etwas unterstreichen können – aber sonst ist hier echt ein tolles kleines Setting entstanden, das man nicht unterschätzen sollte.
Fazit
Ein toller kleiner Settingband mit grandioser Grundidee und vielen tollen Ideen. Keine Ahnung, ob ich ihn jemals mit einer meiner Gruppen spielen werde, aber ich war alleine durch das Lesen so gut unterhalten, dass ich mich fast zur Höchstnote versteige.
… eventuell muss ich mal nach dem Spielen Abbitte leisten und die 5 ziehen (oder aber einen satten Punktabzug durchziehen)!
Bewertung
4,5 von 5 Vokuhilas