[Rezension] Der Club der Verschwender (Heidelberger / CGE – 2015)

„CGE“ spricht ja immer für absolut interessante Produkte – die Tschechen haben echt was drauf. Hier haben wir es mit einem Worker Placement-Spiel in aristokratischen Kreisen zu tun. Es geht drum, möglichst mit Pauken und Trompeten unterzugehen, was ich in Brettspielen zuletzt mit dem Mad-Spiel oder Mankomania tun durfte – im wahren Leben habe ich da thematisch die Kölner Latinumsprüfung anzubieten…
Das Cover – (Co) Heidelberger
Name: Der Club der Verschwender
Verlag: Heidelberger / CGE
Autor: Vladimir Suchy
Illustrator: Tomas Kucerovsky
EAN: 4015566033542
Preis: ca. 35 Euro
Alter: 14+
Spieler: 2-5
Dauer: 40-90 min
Genre: Worker-Placement, Verlieren, Aktionspunkte, Karten
BGG-Ranking: 1181
Aufmachung
Top! Eine prallgefüllte Box mit einem lässigen viktorianischen Cover, auf dem im Hintergrund der Bedienstete seinen Tee selber schlürft. Besser geht’s nicht. Noch dazu finde ich das Spielbrett, das man aus den Modulen selber zusammensetzen kann, sehr schick. Dazu gibt es 8 hölzerne Botenjungen-Klötzchen pro Farbe, viele, viele Karten und pro Spieler ein Spielertableau und ein eine Gesellschaftswertungstafel (tolles Wort!). Auch die 8955750285603568 Karten und Token darf man nicht vergessen – um es mal mit GM Kretsche aus Shopping Queen zu sagen: „Da ist ganz schön was los in der Schachtel!“. Noch dazu sieht alles wirklich gut aus, da habe ich schon weniger motivierendes Material gesehen.

Auch sehr positiv fällt mir auf den ersten Blick auf, dass viel mit Symbolen gearbeitet wird, um die Komplexität des Spiels etwas abzufedern. Ich finde das immer sehr wichtig, dass es ein Spiel bei aller Sperrigkeit dem Spieler immer möglichst leicht macht – und das zieht sich hier auch in der Anleitung durch, denn auch die unterstützt den Einstieg mit Boxen und Abbildungen.

Das Spiel
Ich wollte schon immer mal Mitglied in einem Londoner Herrenclub sein und mit Mycroft Holmes einen kleinen Sherry schlürfen, während ich meine Aktienkurse in der Financial Times studiere. Das darf ich hier nach Herzenslust tun, wobei es noch besser wird, denn ich darf (muss!!!) Leute beleidigen, Sachen und Kohle verprassen und bei einer Wahl mal so richtig verkacken! Krieg ich alles hin!
Insgesamt läuft das Spiel über fünf Runden (entsprechend den fünf im Zentrum des Spielbretts platzierten Karten). In diesen Runden gilt es seine Botenjungen auszuschicken, um in den drei Bereichen (Besitztum, Wahl & Gesellschaft) amtlich abzustinken.

Nachdem ich also sorgfältig die Spielvorbereitungen abgearbeitet habe, geht es in besagte 5 Runden, wobei in jeder Runde zuerst die Botengänge stattfinden, dann werden Aktionen abgehandelt, es geht in den Hyde Park (im Wahlwettbewerb), die Dame Beatrice handelt im Gesellschaftswettbewerb und die Spielrunde endet, wobei alle Kartenstapel und Co. aufgefrischt werden.

Grob gesagt gilt es also seine Botenjungen möglichst sinnvoll einzusetzen, um in den Besitz von Karten zu gelangen, die es uns gestatten, möglichst viel Unheil anzurichten.

Clever finde ich auch die Schlusswertung, wo es nicht darum geht, in einem Bereich besonders grandios abzustinken, sondern Sieger ist derjenige, dessen höchstpunktiger Bereich insgesamt der niedrigste ist – es gilt also sich auf möglichst breiter Front danebenzubenehmen. Auch das ist definitiv etwas, das mir ganz klar liegt. Nur bei Gleichstand wird auf die nächstschlechtere Disziplin geschaut, um das Unentschieden aufzulösen.


Abschließend bleibt noch zu sagen, dass das Spiel mit seinem Vorgängerspiel „Der letzte Wille“ zu spielen ist, wofür das Material und die Regeln am Start sind – davon kann ich allerdings nicht profitieren, da ich eben jenes nicht nur nicht besitze, sondern gar noch nie von ihm gehört habe. Wissende seien also auf diese Option hingewiesen.

Fazit
Schönes recht klassisches Euro-Worker-Placement-Spiel mit etwas aufwändigem Einstieg – sobald es aber fluppt, macht das Verschwenden so richtig Spaß. Super ist auch die Option mit zwei beliebigen oder allen drei Modulen zu spielen, um sich langsam an das Spiel heranzutatsen oder sich die volle Dröhnung zu geben. Auch die Spielidee, mal so richtig rauszuprassen habe ich zuletzt in den 80ern bei Mankomania oder dem MAD-Spiel gesehen. Nach guten 25 Jahren finde ich das auch nochmal recht erfrischend und in Kombination mit dem Thema viktorianische Männerclubs finde ich das mal richtig gut.
Bewertung
4 von 5 schnöselige und verwöhnte Papa-Söhnchen

[Rezension] Valdora (Brettspiel – Abacus)

Aus dem Hause Abacus kam jüngst wieder ein kleines Paket an mit einem wirklich schick aussehenden Brettspiel – Valdora!

Das Cover – (Co) Abacus Spiele

Name: Valdora

Verlag: Abacus Spiele
Autor: Michael Schacht
Illustrator: Franz Vohwinkel
EAN: 4011898030914
Preis: ca. 30-35 Euro
Alter: 10+
Spieler: 3-5
Dauer: 60 min
Genre: Fantasy, Aufträge, Reisen, Planen
BGG-Ranking: 903
Aufmachung
Sieht. Das. Spiel. Gut. Aus. Ganz im Ernst. Alleine schon das Layout und das Spielmaterial haben einen so hohen Aufforderungscharakter, dass man wirklich Bock hat, loszulegen. Noch dazu kommt, dass wir bei unserer ersten Partie wirklich „sofort“ losspielen konnten. Während des Aufbaus habe ich die Spielregeln vogelesen und alles hat reibungslos funktioniert. Das einzige Problem bestand darin, meine Mitspieler davon zu überzeugen, dass sie die schicken Holzbücher wieder rausrücken sollen, denn es ist nicht so, dass jeder eines davon bekommt, sondern sie stehen auf dem Spielplan und sind die „Kartenhalter“ für die Ausrüstungs- und Auftragskarten. Auch die reichlich vorhandenen Edelsteine konnte ich nur unter Androhung körperlicher Gewalt wieder an einer neutralen Stelle versammeln…

Okay, genug geschwafelt, das gehört ja fast schon in die nächste Abteilung – was also enthält die schicke Schachtel?
– 1 Spielplan
– 4 Holzbücher
– 111 Karten
– 78 Edelsteine
– 1 Handwerkertafel
– 59 Plättchen
– 30 Münzen
– 5 Spielfiguren
– 1 Beutel
– Spielregeln in Deutsch, Französisch, Englisch, Spanisch und Italienisch

Das Spiel
Toooootal einfach! Während seines Zuges darf man gehen (auf jedes beliebige Feld zwischen zwei Städten) und dann etwas tun, wie eine Karte kaufen, Edelsteine und Gold nehmen, Aufträge erledigen, Bargeld auffüllen oder Proviant nehmen.
Das war’s. Mehr gibt es an Regeln nicht.

Man bewegt sich also im Verlauf des Spiels auf dem schick designten Spielbrett hin und her, kauft sich Ausrüstungsgegenstände, mit denen man Edelsteine abbauen und transportieren kann (dazu benötigt man Gold) und besorgt sich Aufträge (mit Silbermünzen), die man dann beim jeweiligen Auftraggeber erledigen kann, wofür man die auf der Karte aufgedruckten Siegpunkte erhält.
Zu Beginn ist es etwas verwirrend, dass es mit Gold (sieht aus wie ein gelber Edelstein) und Silber (eine kleine Plastikmünze) zwei unterschiedliche Geld-Ressourcen gibt, aber das ist optisch auf den Karten gut dargestellt und führt zu keinerlei Problemen. Geschwindigkeitstechnisch wäre es vielleicht eine Überlegung gewesen, nur eine Ressource ins Spiel zu bringen.

Besitzt man kein Silber mehr oder zu wenig, dann geht man einfach auf ein Feld mit einer Silbermine und kann als Aktion so viel Münzen nehmen, dass man 6 auf der Hand hat. Interessant ist auch der Proviant-Mechanismus: Befinde ich mich in einer Stadt und es bietet sich keine andere Aktion an, so kann ich Proviant aufnehmen und das bedeutet, dass ich in einem späteren Zug weiter ziehen kann als normalerweise. Normalerweise kann man sich nämlich nur im Bereich zwischen zwei Städten bewegen – mit Proviant kann man sich dann durch eine Stadt hindurch bewegen und so ziemlich jeden Ort auf dem Spielbrett erreichen.

Selbst mit vier oder fünf Spielern kommt man sich wirklich nur sehr selten richtig brutal in die Quere und es sind Aufträge und Edelsteine für alle da – selbst, wenn jemand auf einem Feld steht, auf das ich auch gerne marschieren würde, bezahle ich ihm eine Münze und ich kann meinen geplanten Zug dennoch durchführen. Das „Gegner ärgern“ spielt eine viel geringere Rolle, als ich zu Beginn der ersten Partie erwartet hätte.

Abseits dieser Basisregeln gibt es ein paar Schacht’sche Spezialkniffe, die eine größere Rolle spielen, als es auf den ersten Blick abzusehen ist. So gibt es den coolen „Blätter-Mechanismus“, der zu Beginn recht selten genutzt wird, aber sobalddie ersten Spieler merken, dass es neben den „klassischen“ Aufträgen für 3 Siegpunkte auch ein paar Aufträge gibt, die satte 15 Siegpunkte einbringen – einmal blättern ist immer umsonst, ab dem zweiten Blättern muss man dann je eine Silbermünze bezahlen. Auf der Suche nach den Hammer-Aufträgen überlegt man es sich da zweimal, ob man nicht noch in bester Überraschungseiermanier noch ein paar Seiten umblättert, ob man nicht einen weißen Auftrag bekommt.
Zusätzlich zu den Siegpunkten erhält man beim Erfüllen von Aufträgen noch Handwerker – und ab einer bestimmten Anzahl von Handwerkern einer Farbe kann man noch eine Werkstatt eröffnen, die nochmal mehr Siegpunkte einbringt und von diesem Zeitpunkt an gibt jeder erfüllte Auftrag dieser Farbe nochmal satte 10 Siegpunkte zusätzlich. Ihr könnt euch vorstellen, dass es da ein schönes hauen und Stechen gibt, um den Konkurrenten nicht zu viele Werkstätten in die Hände fallen zu lassen.
Zusätzlich zu diesem Mechanismus richtet sich auch die Spieldauer nach den ausgeteilten Handwerkern, denn wenn es nur noch Handwerker einer Farbe gibt, wird die Runde noch zu Ende gespielt, anschließend wird ausgewertet:

– Es gibt Siegpunkte für die erfüllten Aufträge, die Werkstätten und die Bonusplättchen
– Für jede Farbe, von der man einen Handwerker besitzt, gibt es 10 Punkte
– 1 Siegpunkt gibt es pro noch im Besitz befindlichen Edelstein

Sieger ist der mit den meisten Punkten. Feddich!

Fazit
Tja, was soll ich sagen? Der Aufforderungscharakter ist ungemein hoch und für viele dürfte ein großer Vorteil sein, dass der Zufall fast keine Rolle spielt. Für mich ganz persönlich ist dies allerdings der große (eigentlich auch der einzige) Nachteil, denn ich hätte mir etwas mehr „Action“ – eventuell durch Zufallsereignisse, Kämpfe, Monster oder sonstwas – gewünscht. So haben wir es aber immer noch mit einem toll aussehenden sehr abstrakten Rechenspiel zu tun, bei dem es immer gilt, in Hinblick auf die nächsten Runden zu überblicken, welche Handlung die meisten Punkte einbringt. Positiv ausgedrückt dürfte Valdora so das perfekte Spiel für Leute sein, die in ihrer Runde mal testen wollen, wer wirklich am mathematischsten und strategischsten denken kann. Auch für Turnierspiele bietet sich das wirklich an.

Ist etwas für…
Leute, die gerne Spiele ohne Glücksfaktor spielen wie Schach oder ganz allgemein für und Fantasy-Freunde.

Bewertung
3,5 von 5 bunte Edelsteine