[Rezension] Auf den Spuren von Marco Polo (Brettspiel)

Das letzte Spiel meines fetten Schmidt Spiele-Pakets – Auf den Spuren von Marco Polo – ist direkt mal ein richtiger Strategieklopper. Viele hätten es gerne als Kennerspiel des Jahres 2015 gesehen, aber dafür war es wohl noch einen Tacken zu komplex. So wurde es „immerhin“ noch mit dem Deutschen Spielepreis 2015 geehrt, was auch mal sicher absolut verdient ist.
… und als kleinen Podcast-Tipp kann ich gerne noch die erste Folge der Brettagogen loswerden – hört mal rein, die beiden Herren haben sich Spiel und historischen Hintergrund näher angesehen.
Das Cover – (Co) Schmidt Spiele
Name: Auf den Spuren von Marco Polo
Verlag: Hans im Glück (Vertrieb: Schmidt Spiele)
Autoren: Daniele Tascini, Simone Luciani
EAN: 4-001504-482459
Preis: ca. 40 Euro
Link: Schmidt HP
Alter: 12+
Spieler: 2-4
Dauer: 20-25 min pro Spieler (HÜSTEL!!!)
Genre: Worker Placement, Strategie, Reisen
BGG-Ranking: 40
Aufmachung
Echt schick! Und vor allem bekommt man hier einiges für sein Geld geboten. Derzeit muss man etwa 38-45 Euro in die Hand nehmen, um die schwere, prallgefüllte Schachtel mit in die heimatliche Höhle schleifen zu können:
– 1 riesiger und wunderschöner Spielplan
– 2 Startspielermarker
– 1 Spielregel / 1 Beiblatt
– 4 Spielerhilfen
– 4 Spielertableaus
– 10 Charaktere
– 10 Stadtboni
– 26 Würfel in mehreren Farben
– 40 Münzen (1er, 5er, 10er)
– 44 Auftragskarten
– 49 Stadt- und Zielkarten
– 123 Holz-Ressourcen (in jeweils 2 Größen)
Das Spiel
Der Aufbau ist zwar einerseits eine Wissenschaft für sich, aber wie bei vergleichbaren Spielen ist er auf einer Doppelseite der Anleitung bestens dargestellt, sodass daran eigentlich niemand scheitern sollte.
Wie so oft ist das Grundprinzip des Spiels babyeinfach. In nur 5 Runden würfle ich meine 5 Aktionswürfel und setze sie als „Arbeiter“ auf bestimmten Feldern ein, um dort Ressourcen und/Oder Siegpunkte zu kreieren oder um auf der großen Landkarte zu reisen, was auch seine Vorteile hat.
Kinderkram! Warum ist das Spiel nicht ab 6 Jahren. Okay, das könnte daran liegen, dass man mit diesen Würfeln etliche Aktionen auslösen kann und es etliche Kniffe gibt, die man anwenden kann. Dazu kommen noch die 10 Charaktere, die sich komplett unterschiedlich spielen und sowohl einen selbst als auch die Mitspieler dazu zwingen, die Strategien anzupassen.
Ich denke, dass ich in diesem Fall beim kurzen Versuch, das Spiel zu erklären, das Pferd von hinten aufzäumen werde. So ist derjenige mit den meisten Siegpunkten der Sieger und diese Punkte erhält man durch das Erfüllen der Zielkarten, durch Einheimsen von Geld, durch das Erreichen von Beijing, durch das Horten von Waren (wenn man denn einen Handelsposten in Beijing hat) und durch das Erfüllen der meisten Aufträge. Okay, jetzt kennt ihr also die Parameter, an denen man während des Spiels drehen kann und sollte.
Wie aber kann man das tun? In jeder der 5 Runden würfelt man seine 5 Würfel und kann diese so auf das Spielbrett legen, dass man 6 unterschiedliche Aktionen auslösen kann:
– Man kann sich Geld nehmen
– Man kann auf dem Markt Waren einsammeln
– Man kann die Gunst des Khan anrufen und so Waren erhalten
– Man kann sich Auftragskarten nehmen
– Man kann die Aktionen der Stadtkarten auslösen
– Man kann reisen und sich auf der Landkarte bewegen
 Außerdem gibt es noch 5 verschiedenen Zusatzaktionen, die man vor oder nach seiner Aktion durchführen kann:
– einen Auftrag ausführen (meist Ressourcen gegen Siegpunkte eintauschen)
– 3 Geld nehmen
– 1 Würfel neu würfeln (gegen ein Kamel)
– 1 Würfel rauf oder runter drehen (gegen zwei Kamele)
– 1 schwarzen Würfel kaufen (nur für eine Runde und gegen drei Kamele)
Wichtiges Element ist hier die Tatsache, dass Felder, die belegt sind, nur noch gegen eine (meist horrende) Gebühr doppelt belegt werden können. Je eher man in der Runde also am Zug ist, umso weniger Probleme hat man in dieser Hinsicht – ist man der vierte Spieler, wird die Runde entweder recht teuer oder man muss einfach nehmen, was noch übrig ist.
Eine große Varianz bringen weiterhin die 10 komplett unterschiedlich spielbaren Charaktere, die auf den ersten Blick so aussehen, als würde die Macht-Schere unter ihnen schwer auseinander klaffen, aber nach einigen Spielrunden stellt man fest, dass sie wirklich sehr ausgewogen sind – es gilt lediglich, sich auf die Stärken des eigenen Charakters zu besinnen und gleichzeitig zu versuchen, die gegnerischen Stärken ins Leere laufen zu lassen…
Fazit
Tja, was soll ich sagen? Spiele in den Top 100 der Bordgame Geek-Charts sind eigentlich sowieso über jeden Zweifel erhaben, aber Marco Polo kann wirklich was. Es macht riesigen Spaß die unterschiedlichsten Strategien auszuprobieren und auszutesten, wie sich die einzelnen Charaktere spielen. Das Thema ist hervorragend umgesetzt und bei häufigerem Spielen geht es auch immer flüssiger von der Hand. Ganz ehrlich? Es gibt eigentlich nichts wirklich zu kritisieren, aber ich ziehe dennoch 0,5 Punkte ab, einzig und allein deshalb, weil mir als Gesamtpaket der vergleichbare Konkurrent „Orléans“ minimal besser gefällt. Dennoch sollte man unbedingt beide Spiele im Regal stehen haben, denn sie legen komplett unterschiedliche Schwerpunkte und Marco Polo bietet noch ein paar zusätzliche kleine Kniffe, die zu mehr Interaktion mit den anderen Spielern führen.
Kurzfazit: Tolles Teil! Kauft es euch! Für mich hat es genau den richtigen Grad an Komplexität und ich würde mich vom Spielverhalten her irgendwo zwischen Familienspieler und „Kenner“ einsortieren – also keine Angst vor der angeblich so hohen Komplexität.
Bewertung
4,5 von 5 Fernostreisen