[Historie] Private Eye

Ich habe mal wieder ein wenig in meinem Regal umstrukturiert und dabei ist mir aufgefallen, dass es mal ganz witzig sein könnte, sich die Entwicklung eines Systems durch die Jahre anzusehen. Das könnte man mal exemplarisch am Beispiel von PRIVATE EYE tun. Mal sehen, ob das Konzept auf Interesse stößt:
1. EDITION
Vorbemerkung: Was mich wahnsinnig fuchst, ist dass in allen Bänden der 1. und 2. Edition im Impressum die Jahresanzeige komplett fehlt. So etwas bringt mich schier zum Durchdrehen. Hoffentlich lesen irgendwelche der damaligen Macher diesen kleinen Blog-Beitrag und können mir da mit genaueren Infos aushelfen. Vielleicht stimmen auch die Angaben im Impressum der vierten Edition. Das hieße:
1. Edition – 1988
2. Edition – 1992
3. Edition – 1993
4. Edition – 2008
Ich hatte mal das gewaltige Glück irgendwann bei eBay ein paar fiese kleine braune Heftchen für ein paar Euro zu schießen und bin dadurch in der Lage, euch die erste Edition des großartigen deutschen Detektivspiel im viktorianischen London zu präsentieren:
Regelheft und Hintergrundinformationen
Diese beiden Bände der ersten Edition wurden ganz klar kopiert und dann mit einem Tacker verbunden. Beide Bände haben sportliche 16 Seiten und ein gewisser Thilo Bayer sowie Frank Bezner verbergen sich hinter diesen schicken braunen Umschlagseiten, die den klassischen Fanzine-Look der Frühen 90er atmen, dass es nur so kracht. Alter Schwede – das sieht wirklich genau so aus, wie man sich die Sachen vorstellt, die einst 1974 in der Garage von gary Gygax von einarmigen Waisenkindern zusammengeklöppelt wurde…
Eine tödliche Wette und Charakterbogen
Abenteuer 1: Ebenfalls 16 Seiten hat das erste kleine Abenteuer, das tatsächlich mehr als nur gut spielbar ist. Chapeau! Auch am Charakterbogen erkennt man unschwer, an welchem beliebten Horror-Rollenspiel man sich hier doch recht deutlich orientiert.
Beispielseite
Wie man sieht – „Fanzine inside“, aber schoon damals liebevoll aufbereitet und zu jedem Zeitpunkt gut recherchiert.
2. EDITION
Zu dieser Edition wird ein kleiner Schritt weg von der reinen Fan-Publikation getan und es gibt „echte Druckbögen“ mit regulärer Klammerbildung. Gerade bei den Abenteuern sieht man aber, dass auch hier noch auf die Fanzine-Masche gesetzt wird, das Cover in Schwarz auf buntes Papier zu drucken. Das war damals state-of-the-art für Amateur-Publikationen. 
Regelwerk
Hossa! Gab es in Edition 1 noch 2 16-Seiter, hat man hier amtlich aufgerüstet und die „2. erweiterte Auflage“ kommt mit 126 Seiten und einem kleinen Kartenheftchen daher. Ein Quantensprung. Zu den ursprünglichen Machern ist mittlerweile beispielsweise noch ein gewisser „Jan Christoph Steines“ gekommen. Wenn euch der name nichts sagt, schmeißt einfach mal Google an… Auch im Lektorat findet sich mit „Oliver Hofmann“ jemand, der es auch inzwischen zu A-Promi-Status gebracht hat, was den Rollenspielbereich angeht. Auch dir Illustrationendichte ist gewaltig angestiegen.
Der Schrecken von Randall Castle & Der Millionencoup
Abenteuer 2 und 3: Leider habe ich von der 2. Edition nur diese beiden Abenteuer. Witzigerweise fehlt auf dem Cover von  „Abenteuer No 2“ der eigentliche Titel des Moduls. Geile Sache, das ist mal wirklich amateurhaft. 😉 Wie schon oben geschrieben war man auch hier der Ansicht, dass ein Umschlag in buntem etwas dickerem Papier, der schwarz bedruckt wird, eine total schicke Sache ist. Wie schon im Regelwerk merkt man hier, dass in alle Hefte sehr viel Liebe geflossen ist und man sich an jeder Ecke um historische Akkuratesse bemüht – für mich ganz klar der Grund dafür, dass sich PE auch heute noch großer Beliebtheit erfreut.
Eine Beispielseite
Sehr klares und gut strukturiertes Layout. Damit könnte ich auch heute, im Jahr 2015, noch sehr gut leben!
3. EDITION
Die Professionalisierung schreitet weiter voran und statt der Fanzine-Cover hat man jetzt immerhin einen leichten Glanz-Effekt und vernünftig gebundene Hefte. Langsam wird’s!
Das Regelwerk
Das Regelwerk wurde wieder etwas gestrafft und man scheint jetzt – wie auf der Rückseite zu erkennen – eine Art „Verlagsplan“ zu haben. Immer noch keine Jahreszahlen… Immerhin erfährt man im Vorwort, dass Edition 3 ein Jahr nach Edition 2 erschienen ist.
Der doppelte Biber & Auge um Auge
Abenteuer 4 und 5: Zwei grandiose Abenteuer – und beide von Janni Steines. Gut, dass ich dem mal irgendwann auf der RPC 2009 zwischen dem Verkauf von 2 Labyrinth Lord-Regelwerken mal für seine Arbeit an PE gedankt habe – sonst wäre dieser Dank wohl komplett untergegangen.
Eine Beispielseite
Das übersichtliche Layout bleibt – mehr Illustrationen lommen. (Diese könnten allerdings teilweise etwas professioneller sein – vielleicht hätte man wie der „große Alte (Bruder)“ auch etwas mehr auf Fotos und gefakete Fotos setzen sollen.
4. EDITION
Mittlerweile haben die beiden Damen von der Redaktion Phantastik übernommen und die ganze Kiste nach 15 Jahren Pause auf das absolut professionelle Level gehoben, das das Spiel verdient. Das Regelwerk ist ein fettes Hardcover und es erscheinen in recht regelmäßigen Abständen sehr gut recherchierte und produzierte Abenteuer. Topp!
Das Regelwerk
Das Regelwerk hat jetzt 256 Seiten und (für DSA-Fans) ein schwarzes Lesebändchen. Für die Regeln zeichnen jetzt Janni Steines und Peter Schlauch verantwortlich, weitere Namen sind Ulrike Pelchen und Sylvia Schlüter. Natürlich wird auch Thilo Bayer weiterhin erwähnt – Ehre, wem Ehre gebührt! Witzigerweise könnte Janni scheinbar auch Arzt werden, wenn man sich mal seine Unterschrift auf Seite 5 ansieht. Putzig!
Neben den Regeln, die mittlerweile nicht so sehr von den Mechaniken, aber doch von der Präsentation einen weiten Weg hinter sich gelegt haben, enthält dieser schwere Band auch gleich noch ein umfangreiches Abenteuer „Familienglück“.
Eine Beispielseite
Das Layout ist immer noch klar, hat aber mittlerweile einige verspielte Elemente – tja, wenn Damen beteiligt sind, spielt auch das Auge eine Rolle. 
Wer jetzt neugierig geworden ist kann ja mal auf der HP der Redaktion Phantastik vorbeischauen und den beiden Damen ein paar Regelwerke und Abenteuer abkaufen…
So wurden seit 2008 nach und nach alle alten Abenteuer neu aufgelegt (wie ihr auf der oben verlinkten Homepage gut sehen könnt) und jedes Jahr erscheint zumindest ein brandneues Abenteuer. Kauft den heißen Shit, damit dieses tolle kleine System weiter von einem Verlag unterstützt wird.

4 Gedanken zu „[Historie] Private Eye“

  1. Peter Schlauch ist übrigens eine Fanziner-Legende, bei ihm hab ich gepennt, als wir auf der RPC zusammen LabLord verkauft haben … (Womit sich irgendwie irgendein Kreis schließt …).

  2. Hallo,

    Danke für die Historie und die ehrliche Meinung. 🙂

    Als "Erfinder" von Private Eye (zusammen mit Frank Bezner) kann ich eigentlich alles so bestätigen. PE war immer nur ein "Amateurprojekt" (im besten Sinne, dass es immer nur nebenbei gemacht wurde – neben Schule, Studium usw.), bis die freundlichen Damen von der Redaktion Phantastik übernommen haben. Die legendären braunen Heftchen entstanden wirklich auf einem Kopierer "in der Garage". Und hätte ich gewusst, dass Private Eye über 25 Jahre leben würde, hätte ich bestimmt auch Jahreszahlen eingebaut. Aber so eine Langlebigkeit hatte ich selbst nicht erwartet.

    Beste Grüße von Thilo Bayer

  3. Hey, Thilo!

    Cool, dass du den kleinen Artikel gefunden hast! Bei Janni habe ich mich ja schon für die Mitarbeit an dem tollen System bedankt – dann muss hier auch ein großes Dankeschön an dich gehen!

    Gracias!

  4. Die freundlichen Damen von der Redaktion Phantastik haben zur SPIEL16 die 5. Auflage des Regelwerks und einen neuen Abenteuerband veröffentlicht!

Kommentare sind geschlossen.