[Rezension] Die Baker Street-Artefakte

Feder & Schwert haben mich mal wieder mit einem Rezi-Exemplar ihrer Neuheit versorgt. Prima, denn das Ding ist (neben seinen inneren Werten) ein absoluter Blickfang im Regal. Was sage ich, das Ding gehört in eine Glasvitrine!
Das Cover – (Co) Feder & Schwert
Produkt: Die Baker Street-Artefakte
Autor: Christian von Aster (Hrsg.)
Verlag: Feder & Schwert
Aufmachung: fest eingebundene Kladde mit Gummiband-Verschluss
Erscheinungsjahr: 2015
Preis: 17,99 Euro
ISBN: 978-3-86762-249-3
Gestaltung
Alter, ich wusste ja, dass bei Feder & Schwert Leute arbeiten, die Bücher lieben, aber das kleine Schmuckstück hier ist einfach eine Wucht. Das etwa A5 große Buch hat abgerundete Kanten und eine Einbanddicke irgendwo zwischen Taschenbuch und gebundener Ausgabe. Es ist mit einem Gummiband zu verschließen und hat das unaufdringliche Umschlaglayout eines schicken Notizbuches. Chapeau!
Inhalt
Hey, was muss ich da auf dem Cover lesen? „Spektakuläre Entdeckungen in einem Saarbrücker Hinterzimmermuseum“?!? Wie? Was? Wo? Baker Street und kein Sherlock Holmes?!? Verdammte Axt, wollt ihr mich veralbern?
… wenig später mit einem leidlich auf Normalmaß getrimmten Blutdruck kann ich mir dann endlich das Vorwort des Herausgebers durchlesen und erfahre, dass als „Backdrop“ für die hier versammelten Kurzgeschichten ein (fiktiver???) Saarbrücker Pub dient, in dem bei Baumaßnahmen ein Raum gefunden wurde, der etliche Artefakte versammelte, die der (fiktive???) Weltenbummler Heinz Rox-Schulz hier versammelt hat. So wird jede der 16 Kurzgeschichten von einer Seite eingeleitet, auf der ein Exponat abgedruckt ist, das zentraler Anteil des im Anschluss gewobenen Seemannsgarns ist. Großartige Sache. Gefällt mir sehr gut und ich bin versucht, meine Enttäuschung ob der mangelnden Sherlockholmesigkeit zu vergessen. Also nichts wie rein in die Sammlung.
Ich denke mal ich greife meine 3 Favoriten-Geschichten raus, schreibe kurz was zu ihnen und versichere euch, dass die restlichen Stories auch allesamt nicht von schlechten Eltern sind:
Beginnen wir mit Brandspuren von Oliver Hoffmann. Sauber. Der gute Olli scheint beim Briefing gepennt zu haben oder die Mails des Herausgebers nicht gründlich genug gelesen zu haben, denn hier haben wir doch eine waschechte Holmes-Erzählung vorliegen. Oder sagen wir zumindest mit einer Geschichte aus dem Holmes-Universum, denn hier klärt Moriarty eine Mordserie auf, die eigentlich gar nicht als eine solche zu erkennen ist. Der Autor spielt sehr schön mit Holmes-Klischees und dei Auflösung ist sogar fast ein wenig überraschend…
Total cthuloid und recht morbide kommt Ding-Ding von Germaine Paulus daher. Der Ich-Erzähler ist im Besitz einer Säge eines Sägerochens, der ihn via Gedankenkraft mit dem Vorbesitzer Jakob Hannsen verschwimmen lässt und nicht mehr aus seinem Kopf verschwinden will. Die „alte Kätt“ erklärt sich bereit ihm zu helfen…
Hört sich schleimig an ist aber so: Auch die Geschichte von Herausgeber und Initiator Christian von Aster Das Dunkle Erbe von Amarna gehört unbedingt in meine Top 3. Die könnte von Stimmung und Handlung her auch aus der Feder des großen Meisters H.P.L. stammen. Hier sorgt eine Mumie im Saarbrücken der 50er Jahre für einige morbide Unordnung…
Mir fällt gerade auf, dass ich alle drei Kurzbeschreibungen mit drei Punkten habe enden lassen. Was für ein dämlicher Kniff, der eigentlich schon beim ersten Mal nervt. Sorry, aber genau so offen sind alle Geschichten, die sich zumeist in bester Lovecraft-Manier mit den letzten zwei bis drei Sätzen noch einmal komplett  drehen.
Wie in solchen Anthologien üblich wird die Sammlung mit Kurzvorstellungen der Autoren beendet, die wahrscheinlich kaum jemand liest, aber ich habe immer Spaß daran, wenn ich die vorher gelesenen Werke im Anschluss besser einordnen kann. Das kommt meinem Schubladengehirn sehr entgegen.
Fazit
Sieht toll aus, liest sich mehr als gut, hier gibt es nicht viel zu bemängeln.
Bewertung
4 von 5 durchgeknallte Artefakte

[Rezension] Road to Essen – Tag 8 – Mara und der Feuerbringer – Das Kartenspiel

Zum Abschluss darf es nochmal etwas „Kleineres“ sein, das ihr problemlos in eure Rucksäcke bekommt und euch keinen Wolf tragen müsst – Mara und der Feuerbringer:

Das Cover – (Co) Heidelberger

Name: Mara und der Feuerbringer – Das Kartenspiel

Verlag: Heidelberger
Autor: Fabian Dittmann
EAN: 4015566033252
Preis: ca. 18,95€
Alter: 10+
Spieler: 2-4
Dauer: 30-60 Minuten
Genre: Kartenspiel, Fantasy
BGG-Ranking: noch keins
Aufmachung
Eine schicke kleine Packung mit Sichtfenster für die vier Runensteine. Enthalten sind 110 Spielkarten, besagte vier Runensteine und eine kleine Spielanleitung, die ich gerade noch so ohne Lupenhilfe entziffern konnte. Die Karten als Hauptbestandteil des Spiels, sind übersichtlich gestaltet und die Illustrationen, die ich zuerst entwas fies fand, wissen doch im Laufe der Zeit mehr und mehr zu gefallen. Um noch etwas rumzumäkeln – ich hätte neben den recht gut zu erkennenden grünen und blauen Karten nicht rot neben rosa gewählt, die sehen sich dann doch recht ähnlich (mal abgesehen davon, dass rosa in allen Spielen, die nicht zum My little Pony-Merchandise gehören, eher unpassend ist).

Einen fetten Pluspunkt gibt es für die konsequente Verwendung von Elementen nordischer Sagen. Das macht echt Spaß, seine Kenntnisse spielend aufzufrischen, was durch die kleinen Infotexte auf den Karten noch unterstützt wird.

Das Spiel
Nach etwas Hin- und Hergemische, damit die Spieler gleiche Voraussetzungen an Karten auf der Hand haben und die 4 Gemeinschaftsstapel gleich ausgestattet sind, kann es auch unverzüglich losgehen. Wie so oft, geht es darum, Siegpunkte zu generieren und der erste Spieler mit 14 Siegpunkten hat augenblicklich gewonnen.
Siegpunkte kann man auf dreierlei Arten erhalten: durch ausspielen von Machtkarten, dadurch, dass man dem Gegner Karten zerstört und dafür, dass man im Besitz von Runensteinen ist.

Das Spiel wird in vier Phasen gespielt:
1. Energiephase: In anderen Spielen auch Aufladungsphase genannt. Hier werden ausliegende Runensteinkarten wieder um je 1 Punkt aufgeladen – aber Achtung vor Überladung, die eintritt, wenn schon vorher alle Runensteine maximal aufgeladen sind.
2. Ausbauphase: In dieser Phase spielt man entweder einen Runenstein aus oder einen Mythologischen Ort. An jedem Mythologischen Ort können maximal 4 Runensteinkarten liegen – an jeder Kartenseite einer. Durch die Position der Runensteinkarten erkennt man, ob diese für einen, zwei oder drei Punkte aufgeladen sind.
3. Aktions- und Kampfphase: Nun können Karten von der Hand gespielt werden, um in der eigenen Auslage zu landen, oder um eine gegnerische Karte zu attackieren (dies kann auch mit mehreren Karten in Kombination geschehen). Die Konflikte werden denkbar einfach aufgelöst – wer die meisten Punkte und die beste Unterstützung hat ist der Sieger.
4. Karten nachziehen: Jetzt wird auf die normalerweise 5 Handkarten nachgezogen.
Als kleine Spezialaktion kann man hier eine Vision haben – das bedeutet, dass man drei gleichfarbige Energieeinhaiten ausspielen, um sich eine Karte aus einem der Stapel herauszusuchen und sie auf die Karte zu nehmen (natürlich unter Berücksichtigung der Handkartengröße).

Auch nach einigen Runden habe ich noch keine perfekte Strategie gefunden, keine Ahnung, ob das mein Unvermögen ist, oder ob hier der Glücksfaktor größer ist, als ich es zu Beginn annahm, denn beim Lesen der Regeln dachte ich, ich hätte es mit einem komplett berechnebaren Spiel zu tun. Ich muss das mal den Sammelkartenspiel-Spezialisten im Zeitgeist vorsetzen, was die dazu sagen, die finden sowas immer nach einer oder zwei Spielrunden heraus…

Fazit
Schönes Spiel, das mich zwar nicht auf Anhieb weghauen kann, das aber auf jeden Fall mehrere Partien lang Spaß garantiert. Trotzdem fühlt es sich irgendwie wie ein „kleines“ Spiel an und so einen rechten Zusammenhang zum Mara-Roman/-Film sehe ich eigentlich auch nicht. Darüber kann ich aber locker hinwegsehen, denn ich habe eine Schwäche für nordischen Kram und dieses Kartenspiel verströhmt die nordischen Heldensagen aus jeder Pore.

… außerdem mag ich solch haptische Dinge wie die 4 Runensteine – so etwas wertet ein Spiel in meinen Augen immer ganz ordentlich auf.

Bewertung
3 von 5 quasselnde Brote (3,5 unter Berücksichtigung der Runensteine)
SPIEL-Empfehlung
Unbedingt kaufen, wenndu auf einfache und schnell zu erlernende Deckbau-Spiele ohne Deckbau stehst und gerne die deutsche Fantasy-Szene im Allgemeinen unterstützen möchtest.

[Rezension] Wo ist der Zombie? – Ein Wimmelbuch … mit Zombies!

Äh, ja. Manchmal geraten verteufelt merkwürdige Teile auf meinen Rezensionsstapel – ein solcher spezialgelagerter Sonderfall ist dieses Wimmelbuch. Ich war schon als Kind nicht allzu scharf drauf Waldo zu finden oder mit meiner Mutter auf Erkundungsreise in den Ali Mitgutsch-Riesenbüchern zu gehen. Zombies mag ich eigentlich auch nicht sonders – ich würde sagen wir haben perfekte Bedingungen…

Das Cover – (Co) Cross Cult
Produkt: Wo ist der Zombie?
Autor: Paul Moran und Jen Wainwright
Verlag: Cross Cult
Aufmachung: Hardcover, ca. A3, 48 Seiten (wenn ich richtig gezählt habe…)
Erscheinungsjahr: 2013
Preis: 16,80€
ISBN: 978-3-86425-200-6

Gestaltung und Inhalt
Sauber! Endlich mal ein Buch, bei dem der Abschnitt „Inhalt“ deutlich kürzer zu behandeln ist, als die Abteilung „Gestaltung“. Ich werfe die beiden Rubriken also am besten einfach zusammen:
Natürlich kommt es in diesem Wimmelbuch darauf an, den Illustrationen Details zu entnehmen, aber das hat die Macher nicht daran gehindert, auch noch eine Hintergrundgeschichte und eine kleine Handlung einzubauen. So wird uns zu Beginn der Laborarbeiter J. Peters vorgestellt, der einen bedauerlichen Unfall  mit dem neuen Virus ZX-5 hatte und nun unter Quarantäne steht. Er entkommt, flüchtet zu seiner Familie und die 8 infizzierten Personen und 2 Haustiere tauchen unter. Nun gilt es, die Familie Peters im Auge zu behalten und auf jedem der Bilder zumindest mit dem Auge dingfest zu machen, um die Menschheit zu retten. Auf 17 doppelseitigen Panels verfolgen wir jetzt einerseits die Familie Peters, als auch das rapide Herabsinken der Menschheit ins Chaos und schließlich eventuell sogar die komplette Vernichtung.
Obwohl ich, wie zuvor geschildert, kein großer Zombie-Fan bin, hat mir die Suche doch wirklich Spaß gemacht und das Buch liegt seit mehr als einer Woche neben meiner Badewanne, wo ich immer nach dem Joggen auf die Jagd nach den Peters‘ gehe. Komischerweise finde ich den Opa und den Vater am schwersten aufzufinden, die Zwillinge mit den roten Schleifen im Haar finde ich immer recht flott. Die Haustiere fallen mir auch immer schnell ins Auge.
Die Illustrationen sind in einem für Comicverhältnisse recht realistischen Zeichenstil gehalten und so bekommt man schnell ein Auge sowohl für die Familienmitglieder als auch für kleine Nebenhandlungen, bei denen sich das Gehirn seine eigenen Filme denkt.
Die Infektion beginnt logischerweise in einem Krankenhaus, verbreitet sich über die Luft im Park und in den städtischen Malls. Die ersten Schulen werden geschlossen und Überlebende verbarrikadieren sich in U-Bahn-Stationen. … in dieser Logik geht es weiter über den Bankenbezirk, ländliche Gebiete, direkt ins Weiße Haus. Nach etlichen Stationen, an denen es immer weniger Überlebende gibt, wenden sich die letzten Aufrechten im letzten Panel nach Fort Z, da die Forts X und Y soeben in die Hände der Untoten gefallen sind…
Fazit
Eiderdaus! Ein wirklich cooles Zeit mit Langzeitmotivation. Sehr gut gefallen mir die Auflösungsseiten, wo neben den eingekringelten Familienmitgliedern auch noch 5 Details pro Doppelseite aufgelistet sind, die man zusätzlich suchen kann. Ein wirklich gut aufgemachtes Wimmelbuch, das gerade im Moment, wo die Zombie-Apokalypse eines DER Themen in der Science Fiction ist, auf dem Markt eigentlich losrasen müsste wie verrückt.
Bewertung
4 von 5 Zombiehunde

[Rezension] Road to Essen – Tag 7 – Orkensturm

Ulisses ist ja derzeit wieder recht rührig, was Brett- und Kartenspiele angeht. In diesem Fall hat man ein schon bestehendes Spiel (Richard I) etwas umgemodelt und ein DSA-Abenteuer daraus gebastelt, das während des Orkensturms spielt.
Das Cover – (Co) Ulisses Spiele

Name: Orkensturm
Verlag: Ulisses
Autor: Andrea Chiarvesio
Übersetzer: Kai Großkordt, Eevie Demirtel
EAN: 4260091156376
Preis: 32,95€
Link: F-Shop
Alter: 14+
Spieler: 3-8
Dauer: 90 Minuten
Genre: Kooperativ, Bündnisse, klassische Fantasy
BGG-Ranking: noch keins
Aufmachung
Ein wirklich schönes und – mit etwas Übung – auch übersichtliches Spielbrett. Insgesamt gefällt mir das Spiel vom Aussehen her ganz gut. Hat etwas vom neuen DSA-Zeichenstil, den ich ja noch hotzenplotziger finde, als er in den 80ern/90ern unter Yüce und Konsorten schon war. man könnte ihn glatt als „realistische Hotzenplotzigkeit“ bezeichnen. Die Karten sind schmucklos, aber zweckmäßig und die Holzpöppel sind Carcassonne-Pöppel von der Stange – da wäre ganz sicher noch mehr gegangen (ja, ja – ich weiß – Produktionskosten…).
Insgesamt also ein absolut wertiges und gut aussehendes Spiel mit durchdachten Komponenten – lediglich die Anleitung hätte ich persönlich mir noch etwas „ausschweifender“ und mit mehr Beispielen gewünscht. Da wäre didaktisch noch etwas rauszukitzeln gewesen, auch wenn das echt Meckern auf hohem Niveau ist, denn man kapiert alles problemlos und die kleine Box „Bedeutung der Kartenfarben“ habe ich zu spät gefunden, bin es also selber schuld, dass ich da kurz bei der ersten Partie rumgeflucht habe.

Sehr gut gemacht sind die grauen Optional-Boxen, die deutlich sichtbar angeben, mit welchen Elementen man das Spiel zusätzlich bereichern kann.

Also alles im Soll – auf zum Orkensturm!!!

Das Spiel
Schon beim Betrachten der Komponenten hat man festgestellt, dass man es nicht mit einem taktischen Strategiekracher zu tun hat, wie man bei dem Thema fast vermuten konnte, denn es gibt kein riesiges Hex-Spielfeld und auch keinen einzigen Würfel in der Schachtel.
Vielmehr haben wir es mit einem sozialen Wettbewerb zu tun, in dem sich zwei Fraktionen gegenüberstehen, wobei man auch innerhalb der Gruppierungen seine eigene Agenda verfolgt und sich um seine eigene Machtbasis kümmern muss.

Sehr witzig finde ich etwas, was man sonst bei anderen Brettspielen nicht in dem Maße hat (obwohl es das vor zwei Tagen vorgestellte „Winter der Toten auch bietet) – und zwar gibt es für jeden der möglichen Ausgänge des Spiels einen kleinen Vorlesetext, der kurz beschreibt, wie sich das auf die aventurische Geschichte auswirkt. Da kann man wohl aus seiner Rollenspielhaut nicht ganz raus.

Aber was tut man überhaupt im Spiel?

In Phase 1 platziert man seinen Pöppel auf einem Charakter, den man beeinflussen möchte – sprich: Man wählt die Aktion aus, die man in diesem Zug durchführen möchte. Zur Verfügung stehen: Regent, Ritter, Kaufherr, Magierin, Steuereinreiberin, Inquisitor, Spion und Aventurischer Bote, letzterer steht nur im Spiel mit 6 oder mehr Spielern zur Verfügung.

Phase 2 befasst sich mit den Auswirkungen der Beeinflussungen. Hier gibt man an, welche der beiden Aktionen des jeweils gewählten Charakters man ausführen möchte. Hier generiert man Ressourcen oder fährt den anderen Spielern mit einer Steuereintreibung oder einer Tjoste an den Karren, man kann hier auch (beispielsweise mit dem Inquisitor) schon „AP“ generieren – die in Orkensturm entscheidenden Siegpunkte.

Anschließend legt jeder Spieler 2 seiner Handkarten in den Orkensturmstapel. In dieser 3. Phase muss man bedienen, denn für jede Karte, die man nicht in den Stapel legen kann, muss man mit 1 AP „bezahlen“. Also Achtung – man sollte möglichst genügend sinnvolle Karten auf der Kralle haben…

In der abschließenden 4. Phase wird der Ausgang des Orkensturms ermittelt. Es werden aus dem gemischten Kartenstapel immer so viele Karten ausgelegt, wie es der doppelten Anzahl der Spieler entspricht. Man beachte – der „gemischte“ Kartenstapel. Man weiß also nie, wer genau was gelegt hat. Bündnisse können hier äußerst trügerisch sein.
In dieser Auswertung gibt es 3 Kartenpaare, die die Handlung beeinflussen.
So gibt es rote und grüne Karten, die die Truppen der Orks und des Mittelreichs darstellen. Was hier das Resultat des Kartenvergleichs bedeutet, sollte jedem klar sein – entweder Brin oder die Orks haben die Schlacht gewonnen, der Verlierer wird auf dem Schlachtfeld so weit zurückgesetzt, wie der Unterschied in der Anzahl der Karten war.
Lila und blaue Karten geben Zeit und Handel an und sie verzögern oder beschleunigen Brins Rückkehr.
Weiße und gelbe Karten stehen für Bündnisse und Vermögen, ihre Differenz gibt an, ob sich die Schatzkammer füllt oder leert.

Unter vier Bedingungen endet das Spiel: Entweder die Truppen der Orks werden auf 0 reduziert oder aber die des Mittelreichs. Die Zeitleiste landet bei 0 oder die Kaiserliche Schatzkammer erreicht 0. Zu den genauen Auswirkungen will ich hier nichts schreiben, das könnt ihr selber im Regelwerk nachlesen, wenn ihr euch das Spiel in Essen in die Hamsterbacken gestopft habt.

Nach der Auswertung wird der Zeitmarker eine Position in Richtung 0 verschoben, Brins Ankunft rückt näher. Die soeben gezogenen Karten kehren in die Reserve zurück, der nächste Spieler wird Startspieler und eine neue Runde beginnt…

Fazit
A oder B? Answin oder Brin? Und wie wird einer der beiden an die Macht kommen? Welcher der Spieler kann seine ambitionierten Pläne durchsetzen und setzt gleichzeitig auf’s richtige Pferd. Das Spiel hat und bisher überraschend viel Spaß gemacht und weist immer wieder neue Möglichkeiten auf, das Spiel und seien Mitspieler zu manipulieren. Wirklich interessante Variante des semikooperativen Spielens. Da hat Ulisses ein gutes Näschen für das erste DSA-Brettspiel seit Jahren gehabt.
Bewertung
4 von 5 DSA-Ikonen
SPIEL-Empfehlung

Unbedingt kaufen, wenn du auf DSA-Geschichte und Spiele mit Fantasy-Thematik stehst, bei denen zwei Parteien kooperativ gegeneinander spielen

[Rezension] Road to Essen – Tag 6 – Drakon

Zur Halbzeit, am Messe-Freitag, präsentiere ich mit Drakon noch ein mittelgroßes Heidelberger-Spiel. Ich will für euch hoffen, dass es am Stand noch erhältlich ist, denn auf der vergangenen SPIEL und der letzten RPC hatten die Jungs immer recht flott alle möglichen Artikel ausverkauft.
Das Cover – (Co) Heidelberger

Name: Drakon (4. Edition)

Verlag: Heidelberger (Fantasy Flight Games)
Autor: Tom Jolly
Übersetzer: Ferdinand Köther
EAN: 4015566022102
Preis: ca. 29,95€
Alter: 14+
Spieler: 2-6
Dauer: 20-60 Minuten
Genre: Dungeoncrawl
BGG-Ranking: 4611
Aufmachung
Cooles Cover. Da ist schon klar, dass man als durchschnittlicher Abenteurer keine Chance gegen diesen übermächtigen Drachen mit dem amtlichen Schatzhort hat. Und so ist es dann auch. Drakon dient lediglich als Spielmechanismus – mal ganz abgesehen von der putzigen Hintergrundgeschichte, die in knappen, etwas schludrig übersetzten Worten mitteilt, dass Drakon sich einen Spaß daraus macht, geldgierige Helden einzukassieren, auf seinen Dungeon loszulassen und dann nur denjenigen freizulassen, der als erster 10 Goldmünzen gesammelt hat. Was mit den restlichen der maximal 6 Helden geschieht, ist der jeweiligen Fantasie der Spielgruppe überlassen.
Die Box enthält einen ganzen Rutsch an Kärtchen, mit denen man den Dungeon sukzessive weiterbaut, 7 Minis für die Helden und den Drachen sowie Goldmünzen, auf deren Unterseite Goldwerte von 1-3 stehen. Außerdem noch 6 Übersichtskarten über die Spezialfertigkeiten der Helden und der Räume und 6 kleine Kärtchen für die einzelnen Helden. Dazu ein knappes Faltblatt als Anleitung – fertig.
Na, das lässt doch mal auf einen Komplexitätsgrad schließen, mit dem ich auch zurechtkomme.
Das Spiel
Wie schon gesagt, geht es darum, als erster der Helden Gold im Wert von 10 Münzen einzusammeln. Gelingt das, deckt man sein Gold auf und hat gewonnen, alle anderen werden vom Drachen gefressen.

Während meines Zuges habe ich 2 Möglichkeiten. Ich kann eine Karte legen (und eine nachziehen) – normalerweise hat man 4 Handkarten – oder meinen Helden bewegen.

Einige der Karten haben nun spezielle Auswirkungen, um aus diesem simplen Grundmechanismus dann auch tatsächlich ein interessantes Spiel zu machen. So kann man auf einigen Feldern Münzen sammeln, anderen Helden Münzen klauen, sich auf ein beliebiges Feld teleportieren, Gegnern Plättchen klauen oder Ähnliches. Pfeile auf den Karten, die nicht gegeneinander zeigen dürfen, verhindern, dass sich Spieler immer wieder von einem Goldfeld zurück zum letzten bewegen können und wieder zurück und wieder zurück… Clever gemacht. Ich hatte mir da beim ersten Überfliegen der Regeln wirklich Sorgen gemacht, aber wenn ein Spiel schon in der vierten Auflage existiert sollte man eigentlich davon ausgehen können, dass solch ein grundlegender Fehler vorliegt. Da habe ich also zu Unrecht gezweifelt.

Fazit
Nettes kleines Spielchen für zwischendurch. Schnell aufgebaut, schnell gespielt und mit mehr Spieltiefe als ich auf den ersten Blick vermutet habe, denn es lohnt sich unbedingt, sich nicht nur auf den eigenen Weg zu konzentrieren, sondern auch die Wege der anderen zu erschweren und ihnen möglichst genüsslich Drakon vor die Nase zu fahren. Auch kann der erfahrene Spieler sich selber münzträchtige Wege basteln und sich später mit einem Teleportfeld wieder an den Anfang der „Münzstraße“ setzen…

… das können natürlich auch alle anderen Helden. Sei es wie es sei – ich entdecke bei jeder Partie neue Strategien und erfolgversprechende Züge. Das ist echt mehr, als man von einem solch „kleinen“ Mechanismus verlangen kann. Vor allem mit ein paar ambitioniert spielenden Erwachsenen ist der Ärger-Faktor unglaublich hoch, wenn jeder versucht, dem anderen kräftig in die Suppe zu spucken.

Bewertung
3,5 von 5 Dungeon-Kärtchen
SPIEL-Empfehlung
Unbedingt kaufen, wenn du kleine, aber abwechslungsreiche Dungeoncrawler magst und am Messe-Samstag noch etwas Platz in deinem Loot-Wägelchen hast – keine Angst, die Drakon-Schachtel ist nicht groß und wiegt nicht viel.

[Rezension] Road to Essen – Tag 5 – Winter der Toten

An Tag 5 gibt es von mir direkt mal meinen bisherigen Knaller der in meiner Essen-Reihe vorgestellten Spiele: „Winter der Toten„. Ich stehe zwar nicht so richtig auf Zombies, aber hier sind die Zombies nur ein Teil der zu bekämpfenden Bedrohung, neben den verdammt knappen, zu verwaltenden Ressourcen und dem Verräter, der sich inmitten der Spieler befinden kann…
Das Cover – (Co) Heidelberger
Name: Winter der Toten
Verlag: Heidelberger (Plaid Hat Games)
Autor: Isaac Vega, Jon Gilmour
Übersetzer: Susanne Kraft
EAN: 4015566100275
Preis: ca. 44,95€
Alter: 14+
Spieler: 3-5
Dauer: 60-90 Minuten
Genre: Kooperation, Bluffen, Zombies, Ressourcenverwaltung
BGG-Ranking: 18
Aufmachung
Hossa, eine ziemlich schwere Schachtel mit echt viel Papp-Kram und Karten drin. Wie bei Plaid Hat Games üblich sieht alles aus wie aus einem Guss, da hat Colby wirklich ein Händchen für. Das Spiel ist wirklich, wirklich komplex – aber man wird durch das Material so gut unterstützt, dass es wirklich nur mit leichtem Nachschlagen im Regelwerk problemlos zu spielen ist.
Das Spiel
Ich werde euch hier nicht mit Details langweilen, da ich es echt klasse finde, das Spiel nach und nach für sich zu entdecken. Da steckt etwas Arbeit drin, aber es lohnt sich absolut.
Die Spieler sind Überlebende einer Zombie-Apokalypse und haben sich in einer Kolonie verschanzt. Außerhalb dieser Kolonie liegen sechs Orte wie Schule, Supermarkt und Co., zu denen man seine Überlebenden spielen kann, um nach coolen und sinnvollen Dingen zu spielen.
Am Überleben wollen sie einige „Dinge“ hindern und man muss ordentlich Kram im Kopf behalten, um erfolgreich zu sein. So bekommt die Gruppe eine Aufgabe, die innerhalb einer bestimmten Rundenzahl erfüllt werden muss und jeder Spieler hat seine eigene Agenda, die festlegt, ob er im Gruppen-Erfolgsfall das Spiel für sich entscheiden kann. „Witzigerweise“ besteht die Möglichkeit, dass einer der Spieler ein Verräter ist, der will, dass die Gruppe völlig demoralisiert scheitert, in welchem Fall ihn seine Siegbedingungen zum Sieger küren würden.
Okay, was also sind die schon angekündigten „Hindernisse“?
Zum einen sind da Horden von Zombies, die auf die Kolonie und die 6 nahe gelegenen Orte einstürmen. Die sind allerdings (gerade in der Kolonie) das kleinste Problem. Dazu kommt die Moralleiste, die durch allerlei Missgeschicke ziemlich flott gen 0 streben kann. Stirbt ein Charakter (von denen zu Beginn jeder  2 spielt), sinkt die Moral – hat man zu viel Müll in der Kolonie, sinkt die Moral – hat man nicht genug Nahrung für die Kolonisten am Start, sinkt die Moral – verkackt man eine Krise (von der je eine pro Runde gezogen wird), sinkt die Moral…
Und nehmen wir nur mal den Charaktertod – dieser tritt schnell ein, beispielsweise wenn man beim Bewegen an einen anderen Ort oder im Kampf mit einem Zombie mit dem Infektionswürfel einen Zahn würfelt. In diesem Fall Kann man sogar noch Charaktere mit der tödlichen Krankheit anstecken, die sich am selben Ort befinden. Der Spieler des Charakters vor Ort mit dem geringsten Ini-Wert muss dan entscheiden, ob er ihn freiwillig aus dem Leben scheiden lässt, oder ob er ihm eine Chance gibt, die zur Konsequenz haben kann, dass er trotzdem stirbt und den mit dem nächstgeringen Status infiziert. Beim Reisen oder Kämpfen kann man auch nur eine Verletzung oder eine „Verfrostung“ erhalten, wobei allerdings bei 3 Stück davon dann auch der Exitus eintritt.
Man kann allerdings im Gegenzug auch beim Suchen statt tollen Gegenständen auch neue Charaktere finden, die man dann spielen kann.

Verdammte Axt, ich quassel mich hier um Kopf und Kragen und kann die Optionen und Mechanismen des Spiels nur im Ansatz anreißen. Ich fürchte ihr müsst es euch selber kaufen und spielen, bis der Zombieschädel knackt…

Fazit
Einfach nur genial. Eine der coolsten Brettspielerfahrungen der letzten Jahre. Dieses Spiel ist eine absolut runde Sache und damit ich etwas Negatives zu sagen habe, erwähne ich wenigstens, dass ich mir ein paar Fächer in der Schachtel wünschen würde, um die vielen, vielen Karten und Token zu separieren. Zu einer Bewertung von 5,5 würde ich mich tatsächlich hinreißen lassen, wenn es eine Spezial-Edition gäbe, in der es statt Papp-Aufstellern fertig bemalte Plastik-Minis gäbe.
Bewertung
5 von 5 fiese Verräterschweine
SPIEL-Empfehlung
Unbedingt kaufen, wenn du The Walking Dead und Battlestar Galactica magst

[Rezension] Road to Essen – Tag 4 – Euphrat und Tigris

Welcher Honk kommt denn auf die Idee, ausgerechnet mir so ein Ding wie „Euphrat und Tigris“ zu schicken? Da explodiert mein Gehirn doch schon beim Lesen der Spielanleitung.
… mal ganz davon abgesehen davon, dass völlig an mir vorbeigegangen ist, dass die Heidelbären den 1997/1998er Kracher neu rausgebracht haben.  Aber man sieht unten rechts ein „Euro Classics“-Logo. Da muss ich die Verlags-Hoschis doch glatt mal fragen, ob es da noch mehr Klassiker gibt oder geben wird.

Sei es wie es sei, vom Genre her passt das Spiel perfekt in meine Essen-Serie, denn etwas in der Art fehlt mir da an den übrigen Tagen komplett.

Name: Euphrat und Tigris

Das Cover – (Co) Heidelberger

Verlag: Heidelberger
Autor: Reiner Knizia
EAN: 4015566021747
Preis: ca. 42,95€ (33,95€ bei Amazon)
Alter: 12+
Spieler: 2-4
Dauer: 90 Minuten
Genre: Gebietskontrolle, Strategie
BGG-Rating: 33
Aufmachung
Alter Schwede! Wenn es einen Preis für das Spiel mit den meisten Token gäbe, dann wäre E&T ganz sicher ein Kandidat für die Goldmedaille. Lasst mich mal nachzählen: 153 Zivilisationsplättchen, 140 Siegpunktmarker, 26 „andere“ Plättchen – macht summa summarum 319 (oder so). Dazu kommen noch 6 Plastikmonumente, 16 Plastik-Anführerfiguren und 4 Sichtschirme – sowie für Profivarianten, an die ich mich noch nicht herangewagt habe, 4 Plastik-Zivilisationsgebäude, 1 Wunderplättchen und eine Plastik-Shedu-Figur. Ein beidseitig bedrucktes Spielbrett macht die prall gefüllte Packung komplett. Ihr merkt schon, das Spiel direkt auf der Messe mitzunehmen, ist nur für die Kräftigsten unter uns empfehlenswert.

Lobenswerterweise ist das Thema zwar irgendwie „draufgeklatscht“ und ist eigentlich ein recht abstraktes Strategiespiel, aber die Zweistromland-Thematik wird dann doch konsequent durchgezogen und toll ausgeführt – angefangen bei der Anleitung (mit schöner Einleitung und immer mal wieder eingestreuten historischen Informationen) über das Brett und die Counter – da wird man glatt zum Sumerer

Das Spiel
Tja, was soll ich sagen? Prinzipiell ist das Spiel vom Schwierigkeitsgrad her Pipifax. Pro Runde kann ich zwei Aktionen durchführern (darf auch gerne zweimal dieselbe sein): einen Anführer setzen, ein Plättchen legen, ein Katastrophenplättchen ausspielen oder bis zu sechs Plättchen austauschen. Da gibt es Spiele mit deutlich weniger Optionen.

… AAAAABER! Jede dieser Handlungen kann wiederum so einiges auslösen, was nicht immer ganz so simpel aufzulösen ist. Aber dazu später mehr, denn auch die Grundidee ist recht simpel: Ich muss Plättchen verbinden und möglichst viele Siegpunkte auf vier verschiedenen Gebieten sammeln: Steine, Amulette, Getreide und Waren. Ganz pfiffig ist hier, dass man diese Gebiete möglichst gleichmäßig beackern sollte, denn Sieger ist der, der auf seinem schlechtesten Gebiet die meisten Punkte hat. Ach ja, das Spiel endet, wenn nur noch zwei Schätze auf dem Tisch liegen oder keine Plättchen mehr nachgezogen werden können.

Nun aber zurück zu den (scheinbar) wenigen Optionen, die sich mir in jeder Runde bieten.
a) Anführer setzen: Ich habe vier verschiedene Anführer: König, Priester, Bauer und Händler. Hier gibt es dann jeweils vier Regeln wo ich Anführer hinlegen kann und wo nicht. Treffen zwei gleiche Anführer in einem Königreich aufeinander, so gibt es einen Konflikt.
Anführer selber geben keine Siegpunkte, aber ohne Anführer kann man keine Siegpunkte kassieren. Kapiert? Na klar! Und dazu kommt noch, dass ich nicht Anführer einer Farbe spiele, sondern vier Anführer mit meinem Symbol habe, die den jeweiligen Farben Gebieten zugeordnet sind. Das ist zu Beginn doch sehr unintuitiv und verwirrend.

b) Zivilisationsplättchen legen: Auch hier gibt es wieder vier Regeln, die festlegen was ich wohin legen darf. Nun gibt es zwei Bedingungen unter denen ich Siegpunkte einsacke und drei fest definierte Bedingungen, die dafür sorgen, dass ich keine Siegpunkte bekomme.


c) Katastrophenplättchen ausspielen: Diese Plättchen sind eine Art Joker, mit denen man Felder fix belegen kann, um etwa ein Königreich aufzutrennen oder Verbindungen von vorne herein unmöglich zu machen. Eine schicke strategische Möglichkeit und jeder Spieler hat zwei davon zur Verfügung.

d) Plättchen austauschen: Ich lege Plättchen ab und ziehe dieselbe Anzahl an Plättchen aus dem Beutel. Endlich mal was, was ich auf Anhieb kapiert habe.

Okay, das waren die Optionen, so weit, so übersichtlich. Aber nun kann es zu zwei verschiedenen Arten von Konflikten kommen – zu Kriegen und Revolten. Letztere gibt es, wenn ein Anführer in ein Gebiet gesetzt wird, wo schon einen solchen Anführer steht und zu einem Krieg kommt es, wenn zwei Königreiche durch das Legen eines Plättchens verbunden werden. Revolten werden halbwegs easy durch das Zählen und Ausspielen von Tempeln aufgelöst, aber ein solcher Krieg ist eine Wissenschaft für sich. Und mit einem komplizierten Konflikt ist es dann nicht genug. Wenn in dem neuen großen Königreich nicht nur zwei Händler stehen, sondern auch zwei König (oder Bauern…) dann kommt es zu mehreren „Kampfhandlungen“ zwischen den einzelnen Anführern. Ja, leck mich doch am Besen.
Ins Konfliktdetail will ich hier gar nicht gehen – zwingt einfach irgendeinen armen Heidelberger-Supporter auf der SPIEL mit euch Euphrat & Tigris zu spielen.

… klingt kompliziert? Dabei habe ich die erweiterten Regeln mit Zivilisationsgebäuden, zweitem Spielbrett und Wundern noch gar nicht erwähnt. Wer also gerne Strategieklopper mit viel Grübelpotential spielen möchte, der ist hier genau richtig.

Fazit
Zwar recht komplex, aber dennoch dank der guten Anleitung hervorragend verständlich. Toll gemacht, aber ganz einfach nicht so mein Ding, da wir hier ein recht abstraktes Spiel im seidigen Themenmantel vorliegen habe. Auch die Tatsache, dass ich nicht Dinge einer Farbe, sondern eines Symbols spiele, hat mich zu Beginn total in den Wahnsinn getrieben, gab es da keine andere Möglichkeit, das zu lösen? Dafür, dass ich mit dem Schlimmsten gerechnet habe, war ich noch echt gut unterhalten und ich bin ganz sicher, dass es da draußen etliche Spieler gibt, die Euphrat & Tigris lieben werden und das Spielbrett gar nicht mehr von ihrem Spieltisch abbauen werden.
Bewertung
3,5 von 5 Zikkurate (5 von 5 für Menschen, die schlauer sind, als ich es bin)

SPIEL-Empfehlung
Unbedingt kaufen, wenn ihr auf komplexe Spiele mit historischem Background steht und auf der Messe eure Oberarme trainieren wollt.

Die Eskapisten vs. Railroading!!!

Die Jungs und Mädels vom Eskapodcast wagen sich in ihrer 8. Episode an eines der ganz heißen Eisen des Rollenspiels – „Railroading„.
Und das tun sie mal wieder mit atemlosem Tempo und einer ausgezeichneten Tanelorn-Beschwichtigungs-Litanei. Die werde ich mir mal bei Gelegenheit ausborgen.
Insgesamt ist der Cast wieder rundum unterhaltsam (es gibt wenig Besseres, um beim Joggen den Puls schnell in die Höhe zu treiben) und es werden viele valide Punkte angesprochen und viele gute und unterschiedliche Positionen vertreten. Ich mag auch Martins Art immer mehr, die Truppe voranzupeitschen und keinen Stillstand eintreten zu lassen – das ist tatsächlich etwas Neues in der deutschen Rollenspielpodcastszene, unterscheidet es sich doch krarr vom (von mir sehr geschätzten) netten Geplauder, wie ihn beispielsweise Greifenklaue bietet. Klarer Fall von „Nicht besser, aber anders!“. Ein weiteres Plus für meine Hörgewohnheiten ist es, dass ich das Team immer besser einschätzen kann und beispielsweise weiß, dass ich an Gernots Tisch nicht sofort hysterisch schreiend aufspringen würde, sondern gerne mal ne Runde mit ihm spielen würde (mit Martin ja sowieso, weil der Kerl wirklich mitreißend erzählen kann).
Wie schon gesagt, werden viele Positionen dargestellt und etliche kritische Punkte beleuchtet – eine exzellente Möglichkeit nochmal meine Position darzustellen, denn in der Form gab es sie als kohärente Grundidee im Podcast nicht zu hören, sondern man musste sie sich aus einzelnen Schnippseln zusammenbasteln.
Ich persönlich „glaube“ ja nicht an eine vorgefertigte Geschichte oder einen präexistenten Plot. Mein Ziel ist es, eine glaubhafte Welt darzustellen, in der Hintergründe und Geschehnisse mit möglichst gut angepassten Zufallstabellen entstehen. Ich habe als Spielleiter also keine Story, die ich durchprügeln möchte und aus der ich mein Vergnügen ziehe, sondern ich verwalte die durch (im Rahmen liegende) Zufälle entstehende Welt. Dabei versuche ich so neutral wie möglich zu sein, was natürlich nicht bedeutet, dass ich keinen Spaß am Spiel habe. Ich sehe mich schon als eine Art „Dienstleister“, der aber ebenso wie die Spieler von der Welt herausgefordert wird, schließlich muss ich die den Tabellen entspringenden Zufälle irgendwie in die Welt einbetten und da muss man oft wirklich gewitzt sein. Gelingt mir das Darstellen der Welt gut und kommt sie den Spielern wie eine logische Hintergrundwelt vor, bin ich froh und denke, dass ich meine Aufgabe gut gemacht habe.
Dazu gehört natürlich auch, dass mir die Charaktere und ihre Fähigkeiten scheißegal sind. Ich mache keinerlei Einschränkungen was die Zusammensetzung der Truppe angeht – darum wird sich schon die Welt kümmern. (Und zwar nicht so, dass ich mir die Hände reibe und denke „Dem Idiot zeigst du es jetzt! Was muss der auch einen Ork spielen!“, sondern so, dass ich versuche, mir auszumalen, wie die Umwelt auf den Ork reagieren wird.)
So! Und jetzt ab mit euch auf www.eskapodcast.de und die Folge runtergeladen…

[Rezension] Road to Essen – Tag 3 – Wo ist das Gehirn?

Die Essen-Reihe geht weiter und nach zwei etwas größeren Schachteln stelle ich heute mal wieder eine kleine Box vor, die sich (wenn man einen Parka trägt) esogar in der Jackentasche unterbringen lässt – die zweite Truant-Neuheit für die Messe, die mir schon vorab ins haus getrudelt ist: Wo ist das Gehirn? Das war ja einige Jahre lang vergriffen und wird gerade bei Amazon für sportliche 36 Öcken gehandelt, jetzt ist es also in neuer Version für etwas weniger Geld wieder erhältlich!
Das Cover – (Co) Truant
Name: Wo ist das Gehirn?
Verlag: Truant
Autor: James Ernest
Übersetzer: Marc A. Truant
EAN: 978-3-934282-69-8
Preis: 14,95€ (sicher gibt es das direkt auf der Messe billiger…)
Link: Truant HP
Alter: 12+
Spieler: 3-8
Dauer: 15 Minuten
Genre: Kartenspiel, Party
BGG-Ranking: 3262
Aufmachung
Kleine Schachtel mit zombigem Layout – 100 zombige Spielkarten, eine zombige Anleitung und einen neutralen zombiefreien Würfel. Jetzt braucht ihr (neben euch) nur noch 2 bis 7 weitere Zombies und es kann losgehen. Das oben abgebildete Cover gibt schon einen guten Eindruck und die Karten schlagen in dieselbe Kerbe.  Vor allem die auf den 28 Auktionskarten abgedruckten Zombies sind echt witzig (zumindest bei den ersten beiden Partien, danach nutzt sich das etwas ab). Ich mag am liebsten die 28, die gerade den Kopf ins Klo tunkt, um das Meer rauschen zu hören. Insgesamt lohnt es sich aber gerade zu Beginn, die Karten einer genaueren Betrachtung zu unterziehen.
Das Spiel
Ich glaube, ich kann schonmal den Preis für die absolut dämlichste Hintergrundgeschichte verteilen. Die Spieler sind Zombies, die in einem Schnellimbiss arbeiten. Insgesamt steht ihnen ein Gehirn zur Verfügung, das sie sich irgendwie organisieren müssen, wenn sie komplexere Aktionen ausführen wollen. So kann man sich auch ohne Gehirn problemlos aus Versehen im Klo einschließen, aber um zu blicken, wie die Rührmaschine funktioniert, muss man schon das Gruppengehirn verwenden. Alles klar!
Das grundsätzliche Spielprinzip ist schnell erklärt: Man beginnt mit 7 Handkarten und muss diese auf 0 reduzieren. Das stellt die Aufgaben dar, die man als Imbiss-Angestellter erledigen muss, bevor man nach Hause gehen darf. Seeeehr clever!
Zu Beginn einer Runde wird immer das Gehirn versteigert, wenn ein Spieler das Gehirn besitzt, geht es „normal weiter“ und es werden reihum Karten gespielt, die die unterschiedlichsten Auswirkungen haben. Neben den 28 Auktionkarten gibt es gelbe Job-Karten, die man immer spielen kann und die geringeren Einfluss auf das Spiel nehmen. Rosa Jobkarten sind für absolute Profis und können nur dann gespielt werden, wenn du gerade das Gehirn besitzt. Jede dieser Karten hat einen Gehirn-Wert und nach Benutzung muss man würfeln, um festzustellen, ob man das Gehirn behalten darf oder ob es einem herunterfällt und neu versteigert werden muss. (Vom Mechanismus her kann ich mir die Altersempfehlung von 12+ nicht erklären, denn dass kriegen auch jüngere Zombies hin, es muss also an der Thematik liegen.) Wenn ich jetzt noch erwähne, dass man während seines Zuges immer Karten im Wert von 2 Händen ausspielen kann (also eine Karte mit zwei Händen oder zwei Karten mit je einer Hand), dann habe ich auch schon alle Regeln am Start und es kann losgehen.
Fazit
Je mehr Mitspieler, desto besser! Downtime gibt es kaum, weil man immer am Puls der Zeit sein muss, um nicht den Überblick zu verlieren, außerdem wollen immerzu irgendwelche Leute in deine Karten gucken, zwingen dich, deine Handkarten mit irgendeinem dahergelaufenen Hoschi zu tauschen oder ziehen einfach irgendwelche Karten von dir. Wer zusätzlich zu einem völlig chaotischen Spielablauf noch auf Zombies steht, kann sich das Teil auf der Messe in die Loot-Tüten packen.
Bewertung
4 von 5 fallen gelassene Gehirne
SPIEL-Empfehlung
Unbedingt kaufen, wenn du auf anarchische Kartenspiele und Zombies stehst!

[Rezension] Road to Essen – Tag 2 – Epix

Tag 2 meines Essen-Countdowns!

Ich stehe ja schwer auf 8 Bit-Retro-Grafik, da kommt mir Epix absolut gelegen. Mal schauen, was die Heidelberger da schon wieder im Vertrieb haben…

Das Cover – (Co) Heidelberger
Name: Epix
Verlag: Ferti (im Vertrieb von Heidelberger)
Autor: Rikki Tahta
EAN:
3760093330602
Preis: ca. 24,95€
Trailer: Youtube
Alter: 10+
Spieler: 2-4
Dauer: 30 Minuten
Genre: Strategie
BGG-Ranking: 4944
Aufmachung
Alter, das sieht mal richtig klasse aus! Und die Anleitung kommt in drei Sprachen daher – genau so muss es. Da kann man es ohne große Fisimatenten weltweit vermarkten. Es gibt drei verschiedene Spielbretter für 2, 3 oder 4 Spieler, einen Stapel Karten und ein paar Papp-Token – alles in schicker 8 bit-Grafik. Das muss man immer wieder zugeben, illustrationstechnisch haben die Franzosen schwer was auf dem Kasten.
Ich finde übrigens auch den Titel sehr wirtig, denn er erinnert einen a) etwas an die 8 bit-Könige „Epyx“, die uns beispielsweise Summer Games und Winter Games beschert haben und b) haben wir es alles andere als mit einem epischen Spiel zu tun. Alleine schon die cheesy Pseudo-Hintergrundhandlung mit einem toten König, der keine Erben hinterlässt, was dazu führt, dass sich die mächtigsten Adeligen nun um den Thron balgen ist so klischeetriefend, als hätten sie sich die faulsten C64-Spieledesigner des Jahres 1985 bei einem Kasten Budweiser ausgedacht. Grandios!
Ein großes Lob muss ich auch der Anleitung zollen. Die ist echt gut aufbereiter und mit Bildern und Beispielen unterfüttert. Selbst ich habe da wirklich alles im ersten Anlauf kapiert und konnte ziemlich schnell mit meiner ersten Partie loslegen.
Das Spiel
Und die Verlage scheinen mich mittlerweile zu kennen – allzu komplizierte Mechanismen kapiere ich nicht, deswegen werde ich vornehmlich mit leichterer Kost bedacht.
Um das Spiel zu gewinnen muss man entweder eine gegnerische Burg einnehmen oder am Ende der vierten Jahreszeit (ihr werdet es nicht glauben – Winter) die meisten Provinzen zu besitzen. Bei Gleichstand entscheidet die meiste Kohle.
Ich empfehle übrigens direkt die „Expertenversion“ mit Spezialfertigkeiten zu spielen, denn diese geben dem sonst recht übersichtlichen Spiel noch etwas Tiefe.
In diesem Spiel dreht sich alles um das liebe Geld. So wird zu schon bevor das eigentliche Spiel beginnt, auf die Karten mit Spezialfertigkeiten geboten und auch in 2 der in jeder der vier Runden abzuhandelnden Aktionen geht in den beiden wichtigsten ohne Moos rein gar nichts.
Zu Beginn jeder Jahreszeit (Runde) wird auf die Startspielerkarte geboten, die einen nicht unbeträchtlichen Vorteil sichert. Anschließend spielt jeder Spieler eine von drei Aktionskarten aus (im Winter dann zwei Karten), Nun werden die Aktionskarten reihum abgehandelt, anschließend gibt es Einkommen für Lager und besetzte Provinzen, die +1 Gold geben. Nun geht es zur nächsten jahreszeit, wo alles auf’s Neue beginnt.
Aber zurück zur Kohle. Die brauche ich natürlich, wenn ich auf die Startspielerkarte bieten will und dann um Einheiten zu kaufen und – am wichtigsten – bei der Konfliktresolution. Im Kampf muss nämlich der Angreifer so viel Geld zur Hand nehmen, wie ihm die Attacke wert ist. Der Verteidiger muss nun raten, wie viel Gold das ist. Liegt er richtig, ist der Angriff abgewehrt. In manchen Fällen hat er sogar eine doppelte Ratechance und darf auf zwei Zahlen tippen. Witziger Mechanismus, der mich zwar nicht so richtig überzeugt, aber mal wieder etwas „Neues“ ist und der vor allem konsequent durchzieht, wie wichtig die Ressourcen in Form von Gold sind.
Ursprünglich dachte ich, dass in diesen 4 Runden mit nur 5 Aktionskarten ein immer sehr ähnliches Spiel entstehen würde, aber ich habe mittlerweile die unterschiedlichsten Matches miterlebt und einige Strategien erweisen sich als deutlich erfolgversprechender als andere. Auch die 4 unterschiedlichen Einheiten (wenn man das Lager mitzählt) bringen wirklich viel mehr Abwechslung ins Spiel, als es zuerst den Anschein hat.
ACHTUNG! Es gibt ein wichtiges Erratum! Statt der in der Anleitung erwähnten 5 Goldmünzen Startkapitel beginnt man mit 15 Öcken (was man auf der Illustration allerdings auch erkennen kann).
Fazit
Ein schnuffiges kleines Spielchen mit schnuffiger kleiner Optik und schnuffigen kleinen Mechanismen. Ich mag ja solche Biet-Spielchen, wobei ich auch nix gegen einen simplen Würfelwurf zur Konfliktrevolution einzuwenden habe. Steht ihr auf einfache französische 8 bit-Strategiespiele mit Biet-Mechanismus, dann haben wir hier einen absoluten Volltreffer. Würfelt ihr gerne monumentale Schlachten aus, bei denen man das Spielbrett auch mal drei Tage lang stehen lassen muss, dann solltet ihr Epix selbst mit eurem 10-Fuß-Clownsstab nicht anfassen.
Bewertung
4 von 5 Pixel

SPIEL-Empfehlung
Unbedingt kaufen, wenn du Defender of the Crown und Summer Games magst