Charakterhintergundgeschichten stinken

Ich habe mir ja vorgenommen neben Spielmaterial für LL und Rezis auch mal wieder öfter ein paar theoretische Themen anzupacken – auch wenn es mir persönlich immer so vorkommt, als hätte ich alles, was ich zum Rollenspiel zu sagen, schon mehrfach zu virtuellem Papier gebracht hätte – aber wer kann es Leuten, die jetzt frisch ins Hobby rutschen verdenken, wenn sie sich nicht brav die Seifenkistenartikel bis 2008 rückwärts durchlesen, um zu erfahren, wie ich ticke…
Und da kommt mir Norberts Artikel zu Charakterhintergründen gerade recht, denn der Kerl schreibt mal wieder (fast) genau das, was ich auch denke. Checkt also erstmal gründlich den wirklich lesenswerten Artikel auf der Analogkonsole durch, dann seid ihr auf meinen Sermon bestens vorbereitet.
Ich bin natürlich wie immer deutlich simpler strukturiert als mein Vorredner, daher möchte ich einfach nur drei Dinge zum Thema „Charakterhintergründe“ sagen, die sich mit Norberts Meinung häufig decken, aber von mir etwas angepasst werden.
1. Charakterhintergründe langweilen mich zu Tode. Und da ist es egal, ob sie mir irgendein dahergelaufener DSA-Hoschi im Rollenspielladen oder auf ner Con in die Ohren drückt oder ob einer meiner Mitspieler sich zu Beginn der Spielrunde vorstellt und alles über seine von Orks getöteten Eltern und seinem tragischen Erbe erzählt. Wobei der erste Fall noch krasser ist, da ich da zu Mensch und Charakter noch weniger Bezug habe. Da möchte ich mir echt die Finger in die Ohren stecken, „lalala“ singen und im Kreis rennen.  Also nochmal die Kurzfassung: Charakterhintergründe sind laaaaaangweilig!
2. Hintergrundgeschichten zu erzählen ist total sinnlos. Treffen mehrere Charaktere in einem Setting aufeinander, dann lasse ich es mir gefallen, wenn die Spieler das Aussehen ihrer Charaktere beschreiben. Das ist okay. Aber in der Vorstellungsrunde die traurige Vergangenheit zu erwähnen und die fürchterlichen Selbstzweifel, die den nach außen so toughen Asbold Doldenschwinger plagen, ist absolut daneben. Asbold wäre es sicher nicht recht, wenn seine Schwächen direkt mal jedem dahergelaufenen Typ in der Taverne offenbart werden. Man kann gerne ein paar Ideen im Hinterkopf haben, aber die sollten sich im Spiel auf das Handeln des Charakters auswirken und nicht zu Beginn einmal erzählt und dann für alle Zeiten vergessen werden. Hintergrundgeschichten zu erzählen, ist hoffnungslos unrealistisch!
3. Weiße Blätter sind cool. Ich bevorzuge es, mit meinem Charakter als leeres Blatt ins Rennen zu gehen und ihn nach und nach zu entwickeln. Dabei würde es mich nur ausbremsen, wenn ich schon 12 Seiten Hintergrundgeschichte ausformuliert hätte. Auch beginnt mein Charakter im Idealfall ja das Spiel als komplett unerfahrene Person – wenn er all das erlebt hätte, was ich in vielen Hintergrundgeschichten der letzten 31 Jahre so gelesen und gehört habe, dann könnte er schon satt auf Stufe 5 sein, 479235 Abenteuerpunkte haben oder 7 EP gesammelt haben. Also nicht nur Charaktereigenschaften, sondern auch Erlebnisse sollten bei 0 beginnen. Man könnte diesen Punkt mit dem Credo des DCC-Rollenspiels zusammenfassen: Heroes are made, not born!

[Rezension] Marsbound

Und mal wieder ein Haldeman-Roman, die bei mir bisher irgendwo zwischen „Genial“ und „Der hat doch was am Appel, der Typ“ schwanken. Schauen wir mal, in welche Richtung das Pendel in diesem Fall ausschlägt…
Titel: Mars Bound

Autor: Joe Haldeman

Cover – (C) Mantikore Verlag
Übersetzer: Daniel Mayer
Art: Roman
Format: Taschenbuch, 369 Seiten
Verlag: Mantikore
ISBN: 978-3-945493-12-0
Preis: 13,95€
Link: Manti-Shop
Gestaltung
Ja, das ist der Mars auf dem Cover – der rote Planet. Ich erkenn’s! Ansonsten ist nicht viel zu sagen, das Lektorat ist wie immer okay, es haben sich wieder ein paar Trennungsfehler eingeschlichen – pfui, Matthias! 😉 , aber da ist alles im grünen Bereich und das Lesevergnügen wird nicht gemindert.
Inhalt
… sagte ich gerade „Lesevergnügen“? Absolut. Denn der Roman macht echt Spaß. Haldeman besinnt sich hier auf seine Stärke, bekannte Sci-Fi-Tropes mit Bedacht zu verarbeiten – hier ist es das Treffen von Menschen auf eine außerirdische Macht, und zwar zuerst „Marsmenschen“ und dann geht es noch eine Ebene höher.
Es wird hier schwer, um die Details rumzuschlawinern, da es ein Roman ist, wo man wirklich nicht zu viel spoilern sollte, da er serh von der Handlung und ihren Irrungen und Wirrungen lebt.
Ganz grob geht es um Carmen, eine junge Frau, die mit ihrer Familie zur zweiten Welle an Mars-Kolonialisten gehört – da geht es zuerst mit einem Weltraumaufzug (der wohl, wenn ich richtig informiert bin, theoretisch sogar so funktionieren würde) und dann einem Shuttle auf den roten Planeten. Hier wird zuerst in aller Ruhe die Station mit ihren alltäglichen Problemen geschildert und Haldeman ist sich hier nicht zu fein, auch Kleinigkeiten, wie die Probleme des Fern-Schulbesuchs der Jugendlichen zu durchdenken und genauestens zu beschreiben.
Dann wird es auf einmal minimal spannend, als Carmen bei einem Solo-Ausflug an die Mars-Oberfläche auf außerirdisches Leben trifft, bunte Kartoffelköpfe, die zwar irgendwie großartige Dinge vollbringen können, aber von Technik und Zivilisation nicht den geringsten Plan haben.
Bei ihrem zweiten Aufeinandertreffen mit den Wesen gibt es die erste und einzige Actionszene – ein in der Ferne knapp geschildertes Feuergefecht, aber dann raufen sich die beiden Kulturen zusammen und es stellt sich nach und nach heraus, dass die Marsmenschen nur zu dem Zweck da sind, die Menschen in Empfang zu nehmen, wenn sie interstellar reisen können. Aber wer steckt nun hinter ihnen und wie wird er reagieren…?
Fazit
Tolle, unaufgeregte Science Fiction. Wäre ein unfassbar öder französischer Themenfilm, bei dem ich einschliefe, aber als Roman finde ich es großartig! Mehr davon!
Bewertung
4,5 von 5 Mars-Aufzügen

[Rezension] Oddball – Kampf der Aeronauten

Und mal wieder eine Rezension – mal wieder ein kleines Spiel von Pegasus. Die Jungs und Mädels haben Oddball – Kampf der Aeronauten ein vor einiger Zeit gecrowdfundetes Spiel eingekauft, übersetzt und souverän in ihrer Zweispieler-Serie eingebaut. Alter Schwede! Wir leben gerade scheinbar im Goldenen Zeitalter der Zweispieler-Spiele! Super. Einen zweiten Mitspieler findet man schneller mal als 3, 5 oder 12…

Name: Oddball – Kampf der Aeronauten

Das Cover – (C) Pegasus-Spiele

Autor: Nigel Pyne
Verlag: Pegasus / Maverick Muse
EAN: 4250231706844
Preis: ca. 10€
Alter: 8+
Spieler: 2
Dauer: 15-20 min (stimmt ziemlich genau)
Genre: Kartenspiel, Deckbau
BGG-Ranking: 2981
Aufmachung
Schick! Schachtel und (82) Karten sehen cool aus (und sind Pegasus-typisch sehr stabil) – irgendwo zwischen „putzig“ und „schnuffig“. Ich fühle mich zwar nicht als Zielgruppe, aber muss anerkennen, dass die leicht steampunkigen Illus gut gemacht sind und es ganz sicher Leute gibt, denen sie besser gefallen als mir. Auch die Anleitung ist übersichtlich gelayoutet und ist schnell gelesen und kapiert. Zusätzlich gibt es Hilfestellung auf den Karten, denn ein ein kleines „LD“ für „Losspiel-Deck“ gibt genau an, welche Karten man in die beiden Decks hauen kann, um ohne Umschweife loszulegen. Aber ich presche voraus – mehr dazu in der Abteilung „Das Spiel“…
Das Spiel
Von der Hintergrundgeschichte her treten die „Piraten“ gegen die „Weißdrachen“ an – zwei Besatzungen fliegender Schiffe, die versuchen müssen, den Todfeind vom Himmel zu pusten. Spielmechanisch stehen sich zwei Kartendecks (aus ursprünglich je 29 Karten) gegenüber und versuchen dafür zu sorgen, dass der andere schneller seine sämtlichen Karten umdrehen muss als man selber.
Es gibt je 33 Karten von jeder Fraktion, dazu Söldnerkarten und Ereignisse, die zufällig in die Decks gemischt werden. Nun gilt es vom groben Prinzip her mit den obersten 1-3 Karten dem Feind in einem der drei Werte Segeln, Schießen und Entern überlegen zu sein, wobei der Unterlegene seine Karten umdrehen und unter sein Dekc stecken muss. Und wo wir schon beim groben Prinzip sind – das geht so lange, bis ein Spieler nur noch umgedrehte Karten auf der Hand hat, was ihn zum Verlierer der Partie macht.
Hört sich grob wie die Quartette unserer Kindheit an: „Zylinder 6 – STICHT!!!“ und funktioniert von der Grundidee her auch verdammt ähnlich.
Allerdings haben fast alle Karten noch kleine magische Tricks, die man einsetzen kann, um das Spiel zu seinen Gunsten zu beeinflussen. So kann man nicht nur Karten „Ausmustern“ (umdrehen), sondern auch „Retten“ (umdrehen vom umdrehen – also umdrehen!) Diese Tricks sind oft als kleines Sätzchen, aber auch als Symbol auf der Karte notiert, man kann sie aber gerade zu Beginn auch noch im kleinen Regelheftchen nachlesen. Apropos Regelheftchen: Auf der Rückseite gibt es eine Regelzusammenfassung. Danke!
Hat man sich an den Basiskarten sattgespielt, kann man auch noch einen kleinen Deckbau-Mechanismus und man kann nun neben den 26 Startcharakteren noch 7 weitere in das Deck mischen, wenn man sie nur gegen eine gleichrangige Figur des alten Decks austauscht. Nicht schrecklich komplex, aber es funktioniert und verändert das Spiel nochmal minimal.
Bewertung
Hmmm… Deckbau und Karten gegeneinander dreschen ist genau mein Ding, aber hier erreicht Oddball nicht die Tiefe, die ich mir wünschen würde, um es öfters mal auf den Tisch zu bringen und – sorry – aber ich stehe nicht so auf diesen Schnuffige-Tiere-Comic-Kiddie-Steampunk-Look. 
Ich muss allerdings zugeben, dass der Spielmechanismus absolut solide ist und hervorragend funktioniert und auch das (doch recht übersichtliche) Deckbauen wirklich Spaß macht. Wahrscheinlich müsste ich einen halben oder gar einen ganzen Punkt höher werten, aber was soll’s ich bin heute mal knallhart.
Sucht ihr ein einfach zu erlernendes, aber trotzdem herausforderndes Kartenspiel mit geringen Deckbaufaktor, das ihr mit der ganzen Familie spielen könnt, dann liegt ihr hier ganz sicher goldrichtig.

Fazit
3,5 von 5 bekloppte Luftschiffer

[Crowdfunding] LAND OF OG – Endspurt

Ich berichtete bereits hier über den Start des Crowdfunding-Projekts zum kleinen Steinzeitrollenspiel DAS LAND OG, das sich vor einiger Zeit übersetzt habe.
Nun läuft gerade der letzte Tag und das Ding schießt (für die Größe des Projekts) durch die Decke. Ich hatte so mit einem Endergebnis von 2000 Euro gerechnet und Andre innerlich ausgelacht, dass er Stretchgoals bis 4000 Euro geplant und von Beginn an ausgelobt hatte. Zwischendurch hat er dann noch zwei Ziele für 4250 und 4500 Euro eingebaut – der Vollidiot!
Nun läuft das Ding noch bis morgen (Mi. 12.08.15 – 23:59 Uhr) und steht aktuell bei 4505 Euro. Okay. Ich leiste Abbitte! Wie konnte ich nur an der Anziehungskraft des Systems zweifeln. Um euch aber noch etwas anzuheizen und zu einem Last-minute-Kauf zu zwingen (wo ich ausnahmsweise mal tatsächlich direkt finanziell etwas von habe, da ich mit kleinen Prozenten am Umsatz beteiligt bin…) möchte ich noch kurz schildern, was man hier derzeit alles für 20 Euro erhält:
– das (virtuos übersetzte) farbige Hardcover-Regelwerk mit Lesebändchen
– zusätzliche Szenarien von Andre Wiesler
– noch mehr Szenarien
– Soloabenteuer
– Kurzgeschichte von Andre
– ZWEI Bonusworte (womit es nun satte 20 sind)
– 5 zusätzliche Bilder (mal abgesehen davon, dass ohnehin heu illustriert wurde)
– Land of Og-Artbook
– Block mit 25 Charakterbögen
– ein Lesezeichen
– Satz mit Wortkarten
– Poster mit altem und neuem Cover
Mal ehrlich. Das ist gut angelegtes Geld, selbst wenn man das nur zwei oder dreimal besoffen mit ein paar Homies spielt. Und es besteht ja die Hoffnung, dass die Ulissen sich noch ein paar zusätzliche Goals aus den Rippen schnitzen.
Also nix wie ab zur Crowdfunding-Seite und fette 20 Euro vom Konto geschaufelt!!!