[Rezi] Myrunhall

Mir ist mal wieder etwas „Frisches“ in die Hände gefallen – da ist es nur meine Bürgerpflicht, die ersten Eindrücke mit euch zu teilen.
Myrunhall – eine imperiale Provinz
Autoren: Christian Bender, Peter „Horst“ Horstmann
Verlag: Uhrwerk Verlag
Preis: 22,50€
ISBN: 978-3-942012-74-4
Format: A4-Hardcover mit myranisch-orangefarbenem Lesezeichen, 96 Seiten
Wo kaufen?: Na, beim Verlag, beim Sphärenmeister oder natürlich bei eurem örtlichen Händler…
Schickes Mia Steingräber-Cover…
Wie der Titel schon verrät, handelt es sich um die exemplarische Beschreibung einer imperialen Provinz. Myrunhall ist nicht nur das, es verspricht auch im Vorwort genügend Informationen zu Myranor zu geben, damit auch klassische Aventurien-DSAler alleine mit Wege des Schwerts und dem vorliegenden Band mal eine Exkursion „über den großen Teich“ machen können.
… und was soll ich sagen – das gelingt den beiden Autoren auch ausgezeichnet. Ooooookay, ich würde sie beide (wie mich selbst auch) eher als „Spiele-Designer“ bezeichnen denn als „Autoren“, aber das ist in meinen Augen ja kein Beinbruch. Sprich: Man erhält wirklich alles, was man zum Spielen braucht – gut strukturiert, gut aufbereitet – aber ich muss ganz ehrlich zugeben, dass der Schreibstil und das „Lesevergnügen“ oft den Charme eine Oberstufen-Geschichtsbuches versprühen. Wie gesagt: Für mich ist das kein Minus, aber wer mental auf blumig-prosaische „Alrikiaden“ vorbereitet ist, der wird zwischendurch das eine oder andere Tränchen nicht verdrücken können.
Kommen wir aber nach dem kleinen Schreibstil-Exkurs zurück zum Unterfangen Myranor kurz aber spielbereit vorzustellen…
Die Jungs haben hier einen „Top-Down-Approach“ gewählt – und das finde ich außerordentlich clever und gut durchgezogen.
Zuerst gibt es Infos zum Kontinent Myranor, dann wird es etwas präziser und der Leser wird auf 6 Seiten über das Imperium aufgeklärt. Dann geht das Mikroskop noch näher ran, denn der nächste Abschnitt beschäftigt sich mit dem Horasiat Gyldraland bevor es dann endlich in die titelgebende Provinz Myrunhall geht. Hier werden wichtige Häuser, typische Siedlungen und sogar Recht und Gesetz in Hinblick auf ihre Wichtigkeit im Spiel abgeklopft. Mittlerweile sind wir auf Seite 31 angekommen und hier ist doch gleich mal meine Lieblingsillu. Respekt! Sieht auch nach Mia aus, aber ich bin mir nicht sicher. Ich tippe mal ich werde in Kürze den richtigen Zeichner genannt bekommen…
... danke an die Uhrwerk-Crew, dass ich die tolle Stadtansicht vorstellen darf!
Zwischendurch sollte ich noch erwähnen, dass uns eine scharfe Neristu-Dame in kleinen grau unterlegten Kästen durch das Buch führt und immer mal wieder die eine oder andere interessante Randbemerkung fallen lässt. Das wurde zwar nicht in aller Konsequenz durchgezogen: „Hallo, ich bin X und eure Begleiterin durch Myrunhall…“, aber man weiß schon, dass, wenn eine solche Box kommt, Meta-Informationen auf einen warten.
Langsam wird das Bild immer schärfer – bisher wurde nur grob beschrieben, jetzt gibt es auch mal präzise Fakten und sogar Spielwerte für drei „klassische“ Monster, die der Aventurien-Meister seinen gelangweilten Zuckerbäckern mal ordentlich vor den Latz knallen kann: Varken, Iolonische Hydra und Thalassische Hydra.
Dazu gibt es alle Häuser in Myrunhall. Infos zu Wirtschaft und Religion sowie wichtige Persönlichkeiten. Auch für liebevolle Details ist Platz – wer die Anspielung auf „Das Leben des Brian“  und den ACI findet, der darf beim Uhrwerk-Stammtisch am 15.11. ordentlich den Klugscheißer raushängen lassen…
Menschen genannt Römer gehen das Haus!

Das ist aber noch nicht alles: Die Autoren drehen weiter an der Stellschraube und nun gibt es genau Informationen zu wichtigen Siedlungen: namentlich Sidor Myrunhalis, Akalona, Deleronis, Skisonaia, Teleropolis sowie zu Dörfern und zu Domänen.
Richtig, richtig gut gefällt mir hier, dass scheinbar der „Städtegenerator“ aus Unter dem Sternenpfeiler verwendet wurde, um die Hauptstadt Sidor Myrunhalis mit Leben zu füllen. Absolut spitze, denn der Generator hat mir schon im Regelwerk super gefallen, aber ihn hier sinnvoll angewendet zu sehen, macht richtig Spaß.
Auch bei den Domänen wurde mit Robores eine beispielhaft ausgearbeitet und historisch und geographisch mit der Umgebung verzahnt.
Den Abschluss des Textteils bieten ein paar Szenarien und Szenarien-Vorschläge. Da ja Abenteuer für mich das sind, was für Rainer Calmund in der Küchenschlacht die Desserts sind, habe ich mir die natürlich nochmal ganz genau angesehen…
Die gestohlene Statue: Äh, ja. Ein „Eichhörnchen“ alles klar…
Mord im Badehaus: Sklaven im Gemäuer. Gefällt mir vom Plot her – von der Organisation her doch „zu DSA“. Und es bleibt dabei: „DSA kann keine Dungeons!“
Die Probleme der feinen Gesellschaft: Detektiv-Abenteuer mit viel zu wenig Fleisch auf den Rippen – also eher Heinz Rühmanns Pater Brown als Otti Fischers Pfarrer Braun. Ganz ehrlich: Ich wäre ein zu schlechter Meister um das guten Gewissens zu leiten.
Nun – die drei Szenarien haben zwischen 2 und 4 Seiten, aber dennoch hätten es jeweils ruhig ein paar Informationen mehr sein dürfen. Da wäre es mir schon fast lieber gewesen, wenn man sie wie die recht gelungenen Szenarienvorschläge wirklich nur kurz angerissen hätte. Aber anscheinend war es Wunsch des Teams auch direkt spielbares Material im Band zu haben – ooookay…
Abschließend gibt es ein Glossar – gerade für die schon erwähnten Seiteneinsteiger absolut nicht verkehrt – sowie eine Art-Newbie-Übersicht zu Myranor in Bezug auf Währung, Götter, Titel, Maße, Kalender… Es folgen noch einige Anpassungen für Wege des Schwerts an Myranor sowie Waffen- und Preislisten – anschließend vier sofort spielbare Archetypen: einen Leonir Shinxir-Gardist, einen menschlichen Brajanspilger, einen Neristo-Streuner, einen Amaunir-Medicus und einen menschlichen Viehtreiber. Okay, wieder etwas viel Fell und Arme für meinen Geschmack, aber man kann klar den Versuch erkennen, etwas myranisches Flair einzufangen – und das hat nunmal viele Haare und Arme…
Dann gibt es Karten zu Sidor Myrunhalis, der Provinz Myrunhall und demimperialen Bereich Myranors, bevor ein wirklich umfangreicher zweieinhalbseitiger Index den Band abrundet.
Fazit: Vom Aufbau her ein beispielhaftes Buch, dem – ich hätte nie gedacht, dass ich das jemals schreiben würde – etwas aventurische Geschwätzigkeit und Leichtigkeit fehlt, das aber sein Ziel locker-flockig erreicht. Wer nicht direkt zum Myranor-Kracher „Jenseits des Horizonts“ greifen will oder die fette Kampagne spielen will, die mit „Die Ewige Mada“ begonnen wurde, sondern lieber eine bodenständige eigene Kampagne von der Pike auf auziehen will, sollte unbedingt hier zugreifen, wenn er seine Spieler nach Myranor locken will.

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