[Interview] Christian Saßenscheidt (Myranor-Autor)

Schon vor einiger Zeit habe ich Sassi, eines der Myranor-Uhrgesteine zu einem Interview geprügelt. Ein grandioser Kerl, der gerade in seinem Aufruf doch weit über den Rollenspieltellerrand hinausschaut…
1. Christian –
schildere doch mal bitte kurz deinen Weg ins Rollenspiel.
Das war eigentlich ganz klassisch: Ein Freund aus meiner
damaligen Siedler-von-Catan-Runde lud mich damals, 1997, zu einem Spiel ein,
das sich etwas komisch anhörte … Kurz darauf war ich begeisterter
DSA-Spieler.
2. Absolut klassisch!
Wie kam es dann zu deinem Engagement für Myranor?
Tatsächlich durch das Jahr des Feuers. Die Kampagne
enttäuschte meine Erwartungen sehr und die Umgestaltung Aventuriens war so erst
mal nichts für mich. Nach damals 9 Jahren Aventurien nahm ich dann 2006 das
Myranor-HC zur Hand und war begeistert von der Erweiterung meiner DSA-Welt und
ihren Möglichkeiten. Speziell das Aufnehmen klassischer DSA-Elemente in anderen
Kontexten ist etwas, was ich sehr liebe und auch in meinen Runden in Myranor
wie den Dunklen Zeiten praktiziere.
3. Wie schafft man
den Schritt von „begeistert sein“ zu „etwas zu einem offiziellen Produkt
beitragen“?
Puah. Das war eine Kombination aus vielen Zufällen, die ich
kaum mal eben kurz zusammenfassen kann. Ich habe mich recht bald aus Eigennutz
für Myranor engagiert – ich wollte ja mehr Material haben – und habe
angefangen, Runden im örtlichen Spieleladen und auf Cons anzubieten. So kam ich
in Kontakt mit der Memoria Myrana und darüber dann zu ersten Autorenkontakten.
Zudem hatte ich den Vorteil, dass ich mich sehr für die DSA4-Regeln
interessiere – und da gab es einfach gerade bei den Myranor-Autoren einen
kleinen Mangel. Olaf Michel konsultierte mich bei seinen ersten Überlegungen zu
einem neuen Magiesystem, und plötzlich war man Bandredakteur … Halt wie die
Jungfrau zum Kinde.
4. Du kannst dir
sicher denken, dass „Myranische Magie“ vermutlich das Rollenspielwerk ist, das
am weitesten von meinen persönlichen Präferenzen entfernt liegen dürfte. Wie
überzeugst du mich davon, es doch einmal aufmerksam zu lesen?
Bei dir? Keine Chance! Wäre Zeitverschwendung. Zumindest,
was den kompletten Regelteil angeht. Du solltest dir wirklich nur die Formeln
durchlesen, für dein Art des Rollenspiels reicht die formale Zauberei völlig,
Ausbauregeln und Spontanzaubern sind nix für dich …
Du siehst, worauf ich hinaus will;)? Es ist modular genug, dass du auch
sehr simple Konstrukte finden kannst, mit denen zu spielen sich lohnt. Das
zieht sich bei Myranor auch konsequenter durch: Es wird so modular wie möglich
gehalten, um auch verschiedene Spielstile gut bedienen zu können. Was ich
übrigens auch in meinen Runden praktiziere, die haben sehr unterschiedliche
Myranors.
Ergo: DU liest dir nur die Formelsammlung durch und die allgemeine Einleitung
zum Zaubern. Den Rest lässt du links liegen und schreibst in der Zeit besser
ein Dungeon, das ich dann crawle…
5. Schreibst du derzeit
noch an offiziellem Myranor-Material?
Im Moment nur an meinem persönlichen Projekt, dem
Era’Sumu-Band, zu dem auch schon einiges an Texten existiert. Leider lässt
meine persönliche Situation – einerseits der Endspurt bei der Dissertation,
andererseits das Versagen meiner Nieren vor 2 Jahren und die sehr zeitraubende
Dialyse – derzeit kaum mehr als konzeptionelle Gespräche zu, obwohl ich gerade
am Regelteil von Myranisches Zauberwerk riesiges Interesse habe.
6. Trotzdem bist du
immer noch im Einsatz als Myraniar. Wie habe ich mir das vorzustellen?
Das ist auch etwas, das ich keinesfalls aufgeben will! Die
Basis meines Engagements war immer das Myranor-Meistern – und den Kontakt zu
den Fans und eben zum praktischen Spiel will ich nicht missen. Außerdem ist es
ein fantastisches Gefühl, zu sehen, was die Leute aus dem machen, was von mir
ins Spiel eingeflossen ist, wen Rassen bespielt werden, die ich regeltechnisch
mitkonzeptioniert habe, oder wieder mal meine Lieblinge, Erasumier oder
Satyare, auftauchen. Und viele Spieler, die ich auf Cons bespaße, haben
teilweise einen längeren Weg mit Myranor zurückgelegt als ich.
Aber zum Thema „wie muss ich mir das vorstellen“:
Ich denke mir ein Szenario aus (fast immer ergebnisoffen).
Dann fahre ich zur Con.
Dann ziehe ich mein T-Shirt an, hänge die Runde aus und
warte.
Und dann schaun mer mal, was die Spieler mir entgegenwerfen
… Ich hatte schon alles von einer wahnvorstellerischen Aventurierin, die sich
für Hela-Horas hielt, über Baramunen bis zum aventurischen Novadi oder einen
Shingwa-Architekten in der Runde.
Es ist eben genauso bunt und vielseitig wie Myranor selbst.
Und genau das liebe ich daran und werde es auch nicht
aufgeben, solange es möglich ist!
7. Das scheint mir
echter Enthusiasmus zu sein. Hattest du den immer in allen Jahren des
Rollenspiels?
Ja.
8. Ich hasse
Interviewer, deren Fragen länger sind als die Antworten der Interviewten.
Könntest du dir vorstellen DAS „untreu“ zu werden und auch für andere Systeme
zu schreiben?
Klar.
(Und ja, auch für Dungeonslayers könnte ich mir das
vorstellen.)
9. Danke für deine
Zeit. Wie alle anderen Interviewten hast auch du nun die Chance auf die
Seifenkiste zu steigen und
ein paar
Worte an das „Volk“ zu richten, die ich fett markieren und rot einfärben werde…
Wenn ihr das hier lest, muss ich euch zu Rollenspiel nichts
mehr erzählen. Daher hier ein anderer Hinweis, der mir sehr wichtig ist: Ich
warte auf ein Organ. Derzeit werde ich wohl noch 5-6 Jahre warten. Ich weiß,
dass viele Menschen in der letzten Monaten misstrauisch gegenüber der
Organspende geworden sind, aber alle Skandale hatten nur einen Grund: Dass es
zu wenig Spenderorgane gibt. Daher bitte ich jeden, der noch keinen Ausweis
hat: Bitte, bitte, BITTE tragt einen bei euch! Man kann ihn einfach hier herunterladen:

http://www.organspendeausweis.org/
Und hier könnt ihr mich einmal live bei der Dialyse sehen:

http://www.sat1bayern.de/news/20120307/welt-nieren-tag-am-8-maerz/
Überlegt es euch. Bitte. Für mich bedeutet es „nur“ massiv erhöhtes
Infarktrisiko, Schmerzen beim Stechen, Verlust von etwas Leistungsfähigkeit und
15 Stunden die Woche im Krankenhaus. Aber andere sterben, weil es keine Organe
für sie gibt!