[Dämmerstunden] Das letzte Stündlein

Die ersten beiden Teile der Anthologie habe ich mir ja schon angesehen:
Nun geht es also dem Herrn Bandredakteur an den Kragen. (Verdammte Axt! Tippt ihr auch jedes Mal „Redakteuer“, wenn ihr das Wort schnell tippt?!?) Wie alle Abenteuer des Bandes ist dieses Abenteuer sprachlich und Restfehler-technisch wirklich spitze, da kann sich Martin John (und auch sein Team) auf die Schultern klopfen.
Wie schon Magnus im Metstübchen für die ersten beiden Abenteuer geschrieben hat (und ja, ich gebe mir große Mühe, ihm in den Abenteuerbesprechungen einen kleinen Schritt voraus zu sein) gilt auch hier – alle spielreleavanten Informationen sind enthalten. Es besteht kaum Gefahr, sich der Meisterwillkür schuldig zu machen – und das ist für mich eigentlich das höchste Gut bei einem Abenteuer.
Auch der Titel Das letzte Stündlein ist clever gewählt und spielt auf den nahenden Tod und auf die Relevanz von Zeit hin, die eine große Rolle in diesem AB spielt. Zeit! Ein gutes Stichwort, denn ich bin zumeist zu doof für Zeitreise-Romane, -Abenteuer oder -Filme. Oft kann ich nicht nachvollziehen warum sich etwas verhalten sollte, wie der Autor sich das vorstellt. Für mich hakt die Zeitreise-Thematik in diesem Abenteuer einige Male, aber das kann auch nur an mir liegen – ich gehe da einfach mal zu Gunsten des Angeklagten davon aus, dass der Autor da einen besseren Überblick hat als ich.
… muss ich sagen, dass ab hier brutalst mit Infos zum Abenteuerinhalt umherfliegen werden? Wohl nicht!
Kommen wir also zum Abenteuer: Vorgeschaltet ist ein Mini-Ermittlungspart, den man sich in Bezug auf die Horror-Kiste fast hätte sparen können, aber vielleicht bildet gerade dieser „betuliche“ Teil einen schönen Kontrast zur restlichen Stimmung und Action. Wir (die Helden) müssen also den schrulligen Gelehrten Librarius retten, der es geschafft hat, im finsteren Thalusa zum Tode verurteilt worden ist.
Thalusa wird hier schön fies und düster geschildert, da kann ich mir gut vorstellen, dort eine kurze, aber umso düstere Kampagne zu leiten. Insgesamt muss ich sagen, dass der Autor einfach toll schreiben kann. Wir haben es hier mit einem sprachlich wirklich guten Abenteuer zu tun, das aber auchvom Spielleiter einiges verlangt. So soll der praktisch aus der Lamäng eine Gerichtsverhandlung spielen – sorry, das könnte ich niemals so hinkriegen, dass ich selber damit zufrieden wäre.
Direkt zu Beginn gibt es einen Abschnitt mit Gestaltungshinweisen, wo auch kurz erklärt wird wo welche Horror-Elemente Platz haben. Auch da tue ich persönlich mich schwer, das alles im Abenteuer so zu leiten, wie es im Idealfall sein könnte. 
Mein größtes Problem mit dem Abenteuer besteht aber in der „Zwischenlösung“. Um den Gelehrten zu retten sollen die Abenteurer eine Gesetzesübertretung begehen, um mit ihm gemeinsam lebendig begraben zu werden. Sorry, aber das würde keine Gruppe tun, die ich kenne. Gerade noch, da zuvor die Gräueltaten der Schergen des Regenten in den buntesten (sorry: düstersten) Farben geschildert werden sollen. Da würden sie jederzeit den Frontalangriff wählen oder einen Bombenalarm melden, damit der Platz geräumt werden muss – aber eine Grabschändung durchführen oder faken, nur um in einen völlig unberechenbaren Knast zu kommen? Ich denke nicht, Tim! Da muss schon einiges an Vertrauen in den plottenden Meister vorhanden sein, damit das tatsächlich so läuft wie Martin John es sich vorstellt.
Leider ist diese Gefangennahme aber absolut unumgänglich, um den tollen Rest des Abenteuers genießen zu können, denn nachdem die Gruppe lebendig begraben wurde, kann sie sich ihren Weg durch einen wirklich gut gestalteten Dungeon bahnen. Okay, dieser ist völlig linear – es geht praktisch von der Raumaufteilung her nur in eine Richtung mit zwei Nebenkammern, die man bei Bedarf mitnehmen kann – aber von der Stimmung und der Gestaltung der Räume wie auch des gesamten Konzepts ist es absolut einer der besseren DSA-Dungeons. Gute Arbeit. Okay, am Schluss das Dungeons steht wieder eine (für mich) etwas fragwürdige Zeit-Gestaltung, aber vielleicht habe auch nur ich Probleme damit wo man wann wie warum landet, wenn man sich in eine Art Stasis-Sarg legt. Auch müssen sie am Schluss mit dem Gelehrten aus dem Herrscher-Zelt über den Platz huschen, dann hätten sie ihn auch flott aus dem Loch herausziehen können.
Insgesamt haben wir hier aber ein gut geschriebenes und gut zu lesendes Abenteuer, das vor allem von seiner hervorragend aufgebauten Atmosphäre und einem echt gelungenen Dungeon lebt. Auf jeden Fall kann ich es mir gut für den heutigen Abend vorstellen.

Würde ich (von wem auch immer) gezwungen in DSA4-Forums-Style Punkte zu vergeben, so hätten wir es auch hier mit 4 von 5 zu tun…