Warhammer Fantasy – Spieler-Handbuch

Ich höre ja seit der ersten Stunde den Söhne Sigmars-Podcast – irgendwann ist es dann doch vonnöten, sich mal etwas genauer mit dem System auseinanderzusetzen – außerdem hat Warhammer genug Old-School-Appeal, um auch seinen Platz auf der Seifenkiste zu finden. Leider konnte ich das System noch nicht spielen, werde aber ganz sicher auf der DreieichCon mal die Chance nutzen einen der Heidelbär-Supporter zu einem Ründchen zu zwingen – dann folgt eine Zweitbesprechung, in der ich sicher in fast allen Punkten zurückrudern muss.
Ich starte mal (sinnvollerweise) mit dem Spieler-Handbuch, das in seiner aktuellen Edition bei den Heidelbären erscheint:
System: Warhammer Fantasy (3. Edition)
Autoren: Jay Little et. al.
Übersetzer: Daniel Schumacher, Oliver Hoffmann, Constantin Künzl, Marcus Lange
Verlag: Heidelberger
Seiten: 330 Seiten (gebunden, vollfarbig)
Erscheinungsjahr: 2011
Preis: 34,95 Euro
ISBN: 978-3- 942-857000

Ein schönes wuchtiges Teil mit dem man seine Spielgruppe amtlich in Schach halten kann. Und dazu noch vollfarbig. Das weiß schonmal zu gefallen. Von außen schon ein sehr beeindruckendes Werk, mit einem manowartypisch – Sorry! – warhammertypisch martialischen Cover. 

… wenn da nur nicht der schnuffige Bär unten rechts in der Ecke meine Gewaltfantasien brutalst ausbremsen würde. „Immersion“ scheint schonmal nicht das Haupt-Designziel des Systems zu sein.
Layout und Illus schaffen relativ souverän den Spagat zwischen 80er Jahre Games Workshop-Flair und modernem, gut strukturiertem System. Der nächste Pluspunkt. Besonders viele Fehler finden sich nicht,

Was gibt es also auf den 330 Seiten zu sehen, außer lässig, brutalen Farb-Illus und kleine bunte Wertkästchen, die dezent an D&D 4 erinnern?
Rollenspielbesprechungen, in denen die Kapitel kurz zusammengefasst werden, sind voll out – ich versuche also einen etwas anderen Weg zu gehen.

Hier also die Zusammenfassung in kurz: Werte & Fähigkeiten, Spielercharakterrassen, Charaktererschaffung, Erfahrung & Steigerungen, Das Spiel, Aktionen & Manöver, Spielmodi, Kampf, Schaden & Heilung, Zustände & Effekte, Wirtschaft & Ausrüstung, Magieregeln, Göttliche Regeln, Das Imperium, WFRSP Light, Anhänge, Die Geschichte des Rattenfängers.
Punkt.

Hier empfehle ich drei Folgen der Söhne Sigmars:
Episode 1 – Charaktereschaffung
Episode 2 – Charaktersteigerung & Das Spiel
Episode 3 – Aktionen, Manöver & Kampf

Ich habe eben schon vom Spagat gesprochen  – neben dem Illustrations-Spagat gibt es auch noch einen Design-Spagat. Ähnlich wie D&D 4 versucht WF die Brücke zwischen Rollen- und Brettspiel zu schlagen, um die „typischen“ FFG oder Heidelberger-Fans für das Rollenspiel zu gewinnen. Man kann das Spiel zwar auch mit dem in Kapitel 14 ausformulierten WFRSP Light ohne Karten und anderen Schnickschnack spielen, für die volle Dröhnung benötigt man allerdings die zusätzlich angebotenen Arsenale, die unterschiedliche Karten und die speziellen Warhammer.Würfel enthalten, um in den Genuss des kompletten Spiels zu kommen.

Mir gefallen besonders die Seiten 10-16 hervorragend, denn hier werden alle vorkommenden Karten, Spielelemente und Würfel in Form von Fotos abgedruckt und erklärt. Richtig gut und didaktisch schön gemacht.
In den einzelnen Kapiteln sind die Reihenfolgen, in denen etwas eingeführt wird, oftmals etwas merkwürdig, denn im Kapitel „Werte & Fähigkeiten“ werden die Werte nur äußerst kurz gestreift und dann kommen Wunden und das Verderbnislimit, bevor es zu den Fertigkeiten geht, sehr verwirrend.

An dieser Stelle sei gesagt, dass ich Anfang der Neunziger mal eine oder zwei Runden Warhammer Fantasy gespielt habe, der Eindruck aber nicht ausreicht, um zu sagen, ob Freunde alter Warhammer-Editionen auf ihre Kosten kommen, oder ob sie komplett abgeschreckt sein dürften – keine Ahnung! 

Jetzt aber mitten rein ins Geschehen!
Man wählt zuerst eine der Rassen – angeboten werden Menschen, Zwerge, Hochelfen und Waldelfen.
Nun zieht man 3 Karrierekarten und wählt eine davon aus – Hardliner wie ich würden natürlich eine ziehen und diese müsste genommen werden.
Anschließend verbaut man Erschaffungspunkte auf die Eigenschaftswerte Stärke/Intelligenz – Widerstand/Willenskraft – Gewandtheit/Charisma, seinen Reichtum, Fertigkeiten und Talente.
Ab hier kickt dann das Brettspiel noch mehr ein und ich bekomme Aktionskarten, bestimme meine Haltung und wähle einen Gruppenbogen aus.
Fertig.

Nicht ganz – das System gibt einem noch 10 Fragen an die Hand, mit denen man dem Charakter etwas mehr Tiefe geben kann. Ein nettes Detail und auf jeden Fall Wasser auf die Mühlen derer, die das Spiel gerne auf der Brettspiel-Rollenspiel-Skala lieber näher an den Bereich Rollenspiel gerückt hätten.

Habe ich schon öfters erwähnt, dass einem viele Hilfestellungen gegeben werden? So gibt es beispielsweise auf S.38 eine Box, die die Charaktererschaffung zusammenfasst und nebenan auf Seite 39 wird ganzseitig ein Karrierebogen vorgestellt – wirklich gut gemacht. 

Müsste ich die drei großen Pluspunkte des Systems aufzählen, so müsste ich mich ganz klar entscheiden für:
– gute optische Darstellung, mit der viele Unklarheiten gar nicht erst auftreten
– viele nette kleine Details und Mechanismen (wie die Haltungensleiste, mit der man das Aggressionspotential seines Charakters angeben kann, die Manöver, um den Kampf abwechslungsreicher zu gestalten oder den Gruppenbogen, mit dem man der Gruppe eine eigene Identität mit zusätzlichen Optionen gibt) – Beispiel gefällig für ein Detail? In der Tabelle, die angibt wovür man Schicksalspunkte erhält und wofür nicht, ist extra angegeben, dass man für Monty Python-Zitate keine SP bekommt. Das wird einige Rollenspieler in ihrer Entwicklung etwas zurückwerfen, aber ich finde es wichtig, das auch schriftlich festzuhalten.
– die gut verständlichen und leicht extravaganten Würfel (seht euch mal S. 60 an)

Mein persönliches Highlight des Bandes sind die Anfangskarrieren – wo sonst kann ich zufällig bestimmen, dass mein Abenteurer das erste Kapitel seiner Saga als Hafenarbeiter schreibt, bevor er Binnenschiffer wird, um schließlich die Welt als Kurier rettet.
Mit den Karrieren Hand in Hand geht der kurze Hintergrundteil, in dem man auf 14 Seiten durch die Geschichte des Imperiums gepeitscht wird – aber schon in diesem kurzen Abschnitt wird einem klar, dass es zwar grim & gritty zugeht, aber immer noch Zeit für ein Augenzwinkern ist – sehr sympathisch.

Fazit: 
Wir haben es mit einem deutlich brettspieligen Rollenspiel zu tun, das gegenüber beispielsweise D&D 4 aber mit einem schmutzigeren Setting punkten kann. 
Will man mit allen Büchern und Arsenalen spielen, ist man gleich eine ganze Stange Geld los, aber als Spieler sollte es reichen, wenn man sich einen Satz Würfel organisiert und darauf hofft, dass der Spielleiter wenigstens Spieler- und Spielleiter-Arsenal besitzt.
Ich freue mich auf jeden Fall darauf, eine Runde zu spielen – und wenn es nicht mit dem Support-Team klappt, verdonnere ich meine Heimatrunde dazu, dem System zumindest 2-3 mal eine Chance zu geben.
Ich tippe mal, dass die Hintergrundwelt ihnen noch oldschoolig genug sein dürfte, um ihnen zu gefallen und das System übersichtlich genug, um sie nicht abzuschrecken.

4 Gedanken zu „Warhammer Fantasy – Spieler-Handbuch“

  1. Brettspielig ja, aber im Gegensatz zu DnD 4 deutlich weniger metagamisch. Und ohne Battlemap. Ich muss zugeben, dass es mir durchaus Spaß macht und der Anteil an Charakterspiel auch nicht weniger hoch ist, als bei WH2 – welches auch Spaß macht (da spiel ich gerade Enemy Within).

  2. Und das Charakterspiel von der greifenklaue ist gut, ich muss es ja wissen da ich sein 3te Edition Spielleiter bin. 🙂

    Das Brettspielige kann man an unwichtigen Stellen auch reduzieren. Z.B. lassen wir die Erholungsphase weg die normalerweise nach einem Akt kommt. Die hat mir persönlich die Stimmung unterbrochen. Ansonsten hat so ziemlich jeder Pappmarker oder Counter einen regeltechnischen Hintergrund der am Ende des Tages sich immer durch den einen oder anderen Würfel auf die Proben auswirkt.

    Mein eigenes Fazit ist, dass ein frisch gebackener Spieler das Spieler Handbuch benötigt um einen Einblick zu bekommen und auch am Ende des Buches alle Karten zu sehen die es gibt. Wenn man sehen will wie sich der Charakter entwickeln soll ist dieses Buch sehr viel besser als Stundenlang die Aktionskarten durchzublättern.

  3. Sehr schönes Review.
    Den Vergleich mit einem Brettspiel hatte ich Anfangs auch, ist aber durchaus nicht gegeben.
    @Moritz Falls du dich traust mit einem Söhne-Sigmars-Podcaster, Warhammer-Faktotum und allgemein völlig Wahnsinnigem zu spielen, stehe ich dir gern zu Verfügung. (auch ausserhalb von irgendwelchen Messen oder Cons) 😉

    AL

  4. Schöne Rezension, allerdings solltest Du es wirklich einmal spielen. Brettspielig ist bei WH3 nämlich nur die Optik (Karten etc.). Das Spiel selber ist unglaublich stark auf Story ausgelegt (allerdings nicht handwedelnd sondern mit tollen Mechanismen). Unsere Chroniken von Haus Carnwennan spielen wir ja auch mit dem WH3-Regelwerk und ich hatte bisher nie das Gefühl, ein Brettspiel vor mir zu haben.

Kommentare sind geschlossen.